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(1)707 Heinrich Thorbecke

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707

Heinrich Thorbecke.

Wenn der Unterzeichnete an dieser Stelle das Wort ergreift,

um dem allzu friih verstorbenen Freunde einen kurzen Nachruf zu

widmen, so darf er sich mit Stolz darauf berufen, dass wohl kein

anderer Fachgenosse während beinahe 25 Jahren so eng mit dem

der Wissenschaft nun Entrissenen verbunden war, wie er. Es ist

ein tragisches Geschick, dass Thorbecke, unmittelbar vor dem An¬

tritt der ordentlichen Professur in Heidelberg, die zu bekleiden ihm

eine besondere Freude gewesen sein würde, aus dem Leben scheiden

musste. Um so mehr drängt es uns, hier öffentlich auszusprechen, was die Wissenschaft, vor allem aber auch, was unsere Gesellschaft

und was seine Freunde an ihm verloren haben.

Andreas Heinrich Thorbecke war am 14. März 1837 zu

Meiningen geboren. Im Jahre 1844 siedelten seine Eltern nach

Mannheim über. Da der Vater im Jahre 1846 starb, übergab die

Mutter im Frühjahr 1847 den Knaben der Erziehungsanstalt Salz-

mann's in Schnepfenthal; der Verstorbene hat derselben stets eine

dankbare Erinnerung bewahrt. Schon iu Schnepfenthal, besonders

aber später, von 1851 bis 1854 in Mannheim, wurden die Lehrer

auf die hervorragende philologische Begabung des Knaben auf¬

merksam. Von 1854 bis 1858 studirte Thorbecke in Erlangen,

Göttingen , Berlin , Jena und Heidelberg , somit bei den meisten

Koryphäen jener Zeit, classische Philologie und bestand im November

1858 das philologische Staatsexamen; 1859 erwarb er sich die

Doctorwürde. Nachdem er kurze Zeit eine Hauslehrerstelle ver¬

sehen hatte, begab er sich im Jahre 1859 nach München, wo er

nun endlich unter Joseph Müller's kundiger Leitung das Studium

der orientalischen Sprachen begann , jedoch zunächst noch so , dass

er dieser seiner innersten Neigung nicht alle Zeit widmen konute.

Im Jahre 1864 siedelte er nach Leipzig über; durch sein Wissen

überragte er alle anderen damaligen Schüler Fleischer's und wurde

denselben fortan ein treuer und uneigennütziger Beratber. Schon

damals prägte sich der Charakterzug in ihm aus, dass es ihm bloss

um die Sache, den Fortschritt der Wissenschaft, zu thun war, nicht

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708 Heinrich Thorbecke.

Tim seinen eigenen wissenschaftlichen Buhm. Seine Abschriften

arabischer Codices überliess er neidlos andem; was das Durchsehen und Durchcorrigiren fremder Arbeiten betrifFt, so war Jedermann, der mit solchen Anliegen an ihn ' herantrat , sicher, bei ihm keine

Fehlbitte zu thun. Insofem wäre er der praedestinirte Nachfolger Fleischer's gewesen, dessen Wirken in dieser Hinsicht er uns selbst

vor Kurzem (ZDMG. 42, 698) so beredt geschildert hat. Die Theil¬

nahme an fremden Unternehmungen ist auch theilweise der Gmnd

dafür, dass in der langen Reihe von Jahren, die er als Privatdocent

{von 1868 an) und als ausserordentlicher Professor (von 1873 an)

in Heidelberg zubrachte, verhältnissmässig wenige Arbeiten von ihm

erschienen sind. Auch nahm er sich, i. J. 1885 nach HaUe bemfen,

woselbst er 1887 endUch Ordinarius wurde, der Angelegenheiten

unserer Gesellschaft, in deren engeren Vorstand er eintrat, wie auch des Fleischer'schen Nachlasses mit grossem Eifer an.

Seine hterarischen Arbeiten bewegen sich auf dem Felde der

altarabischen Poesie (Antarah, Leipzig 1867; Die Mufaddalijät.

Erstes Heft, Leipzig 1885), auf welchem Gebiet er unumschränkte

Autorität, colossale Belesenheit und die reichsten Sammlvmgen be¬

sass. Keiner wäre so wie er berufen gewesen, in der schwierigen

Frage nach der Aechtheit dieser Literaturgattung entscheidende

Urtheile zu fällen und das dringende Bedürfniss nach einem Special¬

wörterbuch derselben zu befriedigen. Aber noch ein zweiter Charakter¬

zug hinderte ihn daran: er war sich selbst nie genug; er wollte

bloss VoUkommenes liefem und dehnte daher seine Lectüre immer

weiter aus. Ein zweites von ihm im Anschluss an die Fleischer'sche

Schule angebautes Gebiet war die Erforschung der Geschichte der

arabischen Sprache. Er wusste in geradezu staunenswertber Weise

Bescheid über arabische Vulgärdialekte; was jemand im Occident

darüber sammeln konnte, hat er mit regstem Fleisse in seine um¬

fangreichen lexicalischen und grammaticaUschen Sammlungen ein¬

getragen. Was er an einschlägigen Anmerkungen seinen Ausgaben

der Dun-at al-gawwäs (Leipzig 1871) und des §abbäg (Strassburg

1886) beigefügt hat, sind bloss Fi'agmente aus diesem reichen

Material. Seine grosse Belesenheit zeigte er gelegentlich auch in

Recensionen ; dabei pflegte er stets eine FüUe von Textverbessemngeu

zu liefern. Auch an der Herausgabe des Tabari war er betheiligt

(1881, Secunda Series I, p. 1—295).

Es stimmt uns wehmüthig, denken zu müssen, dass Thorbecke

mit seinen grossen Gaben und seinem reichen Wissen das Beste

erst noch hätte leisten können und geleistet hätte, wenn er länger

gelebt hätte. Ebenso sehr aber wie seine Unterstützung in wissen¬

schaftlicher Hinsicht, werden wir, die wir ihm näher standen, seine

Persönlichkeit vermissen. Ich kann dem nicht besser Ausdruck

geben, als wenn ich auf Thorbecke das Wort des arabischen Dichters

auwende, welches Rückert Hamasa No. 391 so meisterlich wieder¬

gegeben hat:

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Heinrich Thorbecke. 709

„Wie manch traute Freunde, deren keinem die Heimlichkeit

Des andem ich sehen liess, und ich selbst bin ihr aller Band.

Ein Thalwinkel meines Herzens liegt jedem eingeräumt.

Ein Ort des Vertrauens, zu dem den Zugang kein andrer fand.

Sie wohnen getrennt im Land, indess ihre Heimlichkeit Vertraut ist dem sichem Fels, den sprengt keine Menschenhand".

Neben seiner Uneigennützigkeit war ja eben seine absolute

Zuverlässigkeit ein hervorstechender Charakterzug. Auch im gesell¬

schaftlichen Leben spielte er in unserem Freundes- wie in grösseren

akademischen Kreisen eine grosse EoUe ; er gab, wo er auch immer

war, den Ton an. Uebrigens war er auch deswegen ein vortreff¬

licher Gesellschafter, weil er eine ausgedehnte allgemeine Bildung

und namentlich auch viel Interesse für Kunst besass. Seinem

beissenden Spotte verfiel freihch alles Halbe, Hohle, Gemachte rmd

Uebertriebene ; in dieser Beziehung konnte er derbe Wahrheiten

sagen.

Seine Gesundheit schien ausserordentlich fest zn sein; da warf

ihn, während er in den Neujahrsferien in Mannheim war, ein Typhus

aufs Krankenlager; nach wenigen Tagen machte, am 3. Januar 1890,

ein Herzschlag seinem Leben unerwartet ein Ende. Mögen diese

wenigen Zeilen genügen, um das Andenken an ihn als hervorragenden Gelehrten sowie als treuen und aufrichtigen Freund auch in weiteren Kreisen lebendig zu erhalten.

Tübingen, Januar 1890.

A. Socin.

(4)

710

Namenregister

Bacher 206. 613

Bang 525 674

Barth 177

Bartholomae 664

Böhtlingk . 53. 596. 598. 604. 607

Bühler 128. 273

'Bühler 348

»Cardahi 675

Geiger 579

*Glsmondi 675

Glaser 662

Gottheil . 121

Grierson 468

Grünbaum 1

Guidi 388

•de Harlez 705

Himly 415. 555

Hommel 653

Hom 30. 609

Houtsma 69

HUbschmann 308

Jacob 353

Jacobi 464

Jensen 192

Achaemeniden-Inschriften , Bei¬

träge zur Erklärung der . . 525 Achaemeniden, Zur Religion des 674 Aethiopisehen , Hamitische Be¬

standtheile im 317

•Alberuni's India 329

Alttürkisches Gedicht, Ein . . 69 (Arabischen, Dehnung von aus¬

lautendem a, i, u im . . .616)

Arisches 664

Kampbausen 335

•Kautzsch 335

•Kessler 535

Konow . _ 297

Kuhn 618

•Lavoix 682

Leumann 348

Meyer 550

Nestle 704

Nöldeke 535. 675

•Nöldeke 550

Praetorius 317. 616

Rehatsek 673

Roth 590

•Sachau 329

Schils 705

Socin 707

•Socin 335

Sprenger 329

•Sprenger, G 704

V. Stackelberg 671

Stickel 682

Völlers 99. 313

Zubaty 619

Asoka-Inschriften . . . 128. 273 Assyrischen , Zu den Nominal-

suSixen m (-a, -i, -u) und n

(-a, -i, -u) im 192

Balücische Texte mit Ueber¬

setznng 579

Bihärl Language, Selected Spe¬

cimens of 468

Elija Levita's wissenschaftlicho

Leistungen 206

Sachregister.

1) • bezeichnet die Verfasser und Titel der besproebenen Werke.

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