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Totale Herrschaft und öffentliches Handeln Grundbegriffe des philosophischen Denkens von Hannah Arendt (1906-1975)

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Dr. Christian Thies, Institut für Philosophie, Universität Rostock, D-18051 Rostock

Tagung der Evangelischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern, Güstrow, 26.-28.11.2004 Denken ohne Geländer – Eine Einführung in das Werk Hannah Arendts

Totale Herrschaft und öffentliches Handeln

Grundbegriffe des philosophischen Denkens von Hannah Arendt (1906-1975)

Einige wichtige Schriften Arendts und ihre zentralen Thesen

• Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 3 Teile: I. Antisemitismus, II. Imperialismus, III. Totale Herrschaft (engl. 1951, dt. 1955; München/Zürich 1986); wichtig ist vor allem das zuerst 1953 für eine Jaspers-Festschrift verfasste letzte Kapitel „Ideologie und Terror“ (S. 703-732)

These: Sowjetkommunismus (von 1924 bis 1953) und Nationalsozialismus sind Herrschafts- formen einer neuen Art, nämlich des Totalitarismus. Als solche unterscheiden sie sich von Tyrannis und Despotie, Autokratie und Diktatur. (In der Gegenwart kommt ein weiterer neuer Typ hinzu, die Niemandsherrschaft.)

• Vita activa oder Vom tätigen Leben (engl. 1958: „The Human Condition. Central dilemmas facing modern man“, dt. 1960; München/Zürich 1981)

These: Die menschliche Existenz ist in der Moderne aus dem Gleichgewicht geraten.

Grundbegriffe:

– Leben, Existenz, Weltlichkeit – Natalität, Mortalität, Pluralität – Arbeiten, Herstellen, Handeln – vita activa und vita contemplativa

• Über die Revolution (engl. 1963, dt. 1965; München/Zürich 1974)

These: Wir sollten uns (was leider auch für die USA gilt) eher an der amerikanischen (1776ff.) als an der Französischen Revolution orientieren. Denn letztere verquickte politische mit sozialen und ideologischen Fragen, orientierte sich nicht an (politischer) Freiheit, sondern an Wohlstand oder philosophischen Idealen.

• Macht und Gewalt (engl. u. dt. 1970; München/Zürich 121996)

These: Wir sollten klar zwischen Macht und Gewalt unterscheiden. Gewalt beruht auf der Tätigkeit des Herstellens, ist immer instrumental und kann auch von einem Einzelnen ausgeübt werden. Macht hingegen beruht auf der Tätigkeit des Handelns, ist selbstzweckhaft und kann nur von vielen, die sich in kommunikativer Freiheit zusammentun, entwickelt werden.

Bibliographie

• Ursula Ludz: Bibliographie. In: Hannah Arendt: Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk. München/Wien ²1997. S. 255-332

Ausgewählte Sekundärliteratur

• Seyla Benhabib: Hannah Arendt. Die melancholische Denkerin der Moderne (engl. 1996, dt. von K. Wördemann). Hamburg 1998

• Jürgen Habermas: Hannah Arendts Begriff der Macht (1976). In: ders.: Philosophisch- politische Profile. Frankfurt a. M. ²1991. S. 228-248

• Wolfgang Heuer: Hannah Arendt in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1987

• Otfried Höffe: Politische Ethik im Gespräch mit Hannah Arendt. In: P. Kemper (Hg.): Die Zukunft des Politischen. Ausblicke auf Hannah Arendt. Frankfurt a. M. 1993. S. 13-33

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Dr. Christian Thies, Institut für Philosophie, Universität Rostock, D-18051 Rostock

Vortrag Güstrow 27.11.2004: Totale Herrschaft und öffentliches Handeln. Grundbegriffe des philosophischen Denkens von Hannah Arendt

Stufen der historischen Veränderung nach Hannah Arendts „Vita activa“

Klassische griechische Antike (ARISTOTELES)

1. theoretisches Leben Welt ewig

2. politisches Leben Mensch sterblich

3. Genuss-Leben

4. kaufmännisches Leben

Römische Republik 1. vita contemplativa

2. vita activa (= politisches Leben) 3. Arbeit

Christliches Weltbild (vgl. BENEDIKT: ora et labora)

1. vita contemplativa Welt vergänglich

2. Arbeit Seele unsterblich

3. Politik

Frühe Neuzeit (seit dem 16. Jahrhundert)

1. vita activa Weltentfremdung

1.1. Herstellen Seele sterblicher Leib

1.2. Arbeit 1.3. Politik 2. vita contemplativa

Moderne Weltverlust

nur noch Arbeit Leben als biologischer Vorgang

(Herstellen wird zur Arbeit,

Politik und Kontemplation sind in der Massen- gesellschaft nicht mehr möglich)

Postmoderne

eine Arbeitsgesellschaft, technische Welt?

der die Arbeit ausgegangen ist künstliches Leben?

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Dr. Christian Thies, Institut für Philosophie, Universität Rostock, D-18051 Rostock

Arbeiten Herstellen Handeln

Bestimmung des Men- schen

animal laborans homo faber zoon politikon

Grundbedingung Notwendigkeiten des Le- bens und der Erde

Weltlichkeit als Sphäre menschlicher Existenz

Pluralität und Verschieden- heit der Menschen

Zweck Selbsterhaltung Schaffung einer dauerhaf- ten Heimat

Verständigung über zwi- schenmenschliche Angele- genheiten

Verhältnis zur Natur eingebettet in die Natur insofern weltlos

Reich der Notwendigkeit

Gegenpol zur veränderli- chen Natur

Reich der Souveränität

unabhängig von der Natur

Reich der Freiheit

Ort Haushalt (oikos)

in der Moderne: Fabrik

Werkstatt Öffentlichkeit (polis)

Paradigma Haushaltsarbeit

Gebären und Erziehen

Handwerker Künstler

Gespräch

politische Versammlung Sozialform prinzipiell allein möglich

heute extreme Arbeitstei- lung

am besten allein

sonst Meister-Schüler-Ver- hältnis

nur interaktiv

Gleichheit der Ungleichen

Verlaufsform zyklisch

endlose Wiederholung

linear

klarer Anfang und defini- tives Ende

selbstzweckhaft (vollzugsorientiert) Hilfsmittel Arbeit unseres Körpers Werk unserer Hände Sprache

Produkt Verbrauchsgegenstände Gebrauchsgegenstände Macht

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Referenzen

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