Hausärzteverband
Rückendeckung für Regierungspläne
BDA sieht Gesundheitsministerin Schmidt auf dem richtigen Weg.
D
er Deutsche Hausärzteverband (BDA) hat sich im Wesentlichen hinter die Reformpläne der Bun- desregierung gestellt. Grundsätzlich be- grüße der BDA die von Schmidt vorge- brachten Reformideen, erklärte Prof.Dr. med. Klaus-Dieter Kossow, Vorsit- zender des Hausärzteverbandes, bei ei- ner Pressekonferenz in Berlin.
Nach den bisher bekannt gewordenen Plänen des Gesundheitsministeriums könnten die Hausärzte bei der anste- henden Reform des Gesundheitssystems zu den Gewinnern zählen. So sollen Hausärzte künftig als Lotsen im Gesund- heitswesen fungieren. Vorgesehen ist ei-
ne Vergütung der Allgemeinmediziner über Kopfpauschalen. Wie aus einer
„Rohfassung“ des Ministeriums für ei- nen Gesetzentwurf hervorgeht, soll die Stellung des Hausarztes über ein Haus- arztmodell gestärkt werden: Patienten, die an einem solchen Modell teilnehmen, könnten von den Zuzahlungen bei Arz- neimitteln weitgehend befreit werden.
Mit der Entscheidung, den Hausarzt als „engsten Betreuer ins Zentrum“ der
Versorgung zu stellen, habe der Gesetz- geber den „richtigen Weg“ eingeschla- gen, erklärte BDA-Vorsitzender Kossow.
Auf Ablehnung bei den Hausärzten stößt dagegen die geplante Positivliste für Arzneimittel. Da Deutschland ein
„Entwicklungsland in der Epidemiolo- gie“ sei, fehlten wichtige Grundlagen, um die Auswirkungen der Positivliste in der Versorgung beurteilen zu können, erklärte Robert Festersen, Geschäfts- führer des Hausärzteverbandes, gegen- über dem Deutschen Ärzteblatt. Zudem seien Wettbewerbsverzerrungen zu er- warten. „Sinnvoller und zielführender“
sei dagegen eine Negativliste.Wenig Zu- spruch finden auch die Pläne, poliklini- sche Strukturen in der ambulanten Ver- sorgung einzuführen. Der ambulante Sektor werde durch das „große Engage- ment der Freiberufler“ getragen. Des- halb sei ein Angestelltenverhältnis über Polikliniken nicht sachgemäß. „Mit der für das Funktionieren der ambulanten Versorgung notwendigen Selbstausbeu- tungsbereitschaft der freiberuflich täti- gen Vertragsärzte kann dann nicht mehr gerechnet werden“, sagte Festersen.
Als „einen guten Einstieg“ in die Diskussion bezeichneten die Hausärzte auch die Reformvorschläge der Union.
Begrüßt wird insbesondere deren An- satz, die Patienten an den Behandlungs- kosten zu beteiligen. Durch eine Eigen- beteiligung, so hofft der Hausärztever- band, werde bei Patienten das Bewusst- sein für wirtschaftliches Verhalten ge- schärft. Außerdem steige die Bereit- schaft der Versicherten, an den Haus- arztmodellen teilzunehmen. Die kosten- senkende Lotsenfunktion des Hausarz- tes käme so zum Tragen. Auch der von der Union geforderten Etablierung grö- ßerer Wahlmöglichkeiten für die Versi- cherten steht der BDA positiv gegen- über. Dabei sollten die Versicherten aber auch Hausarzttarife wählen können.
Wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat rechnet Hausärzte-Chef Kossow frühestens ab Oktober mit ei- nem abstimmungsreifen Gesetzentwurf.
Der BDA-Präsident erwartet, dass die Ergebnisse der Rürup-Kommission gro- ßen Einfluss auf die Pläne der Regie- rung haben werden. Änderungen seien auch im Zuge der anstehenden Ver- handlungen mit der Unions-Opposition
zu erwarten. Timo Blöß
P O L I T I K
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A670 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1114. März 2003
Behörden vorgebrachten Vorwürfe häufig zu einem Rechtfertigungsdruck und zu der Neigung des Arztes, umfas- sende Angaben zu machen, ohne den genauen Gegenstand des Vorwurfs zu kennen. Hiervon rät der Berliner Rechtsanwalt Dr. jur. Daniel Krause dringend ab. Jede erfolgreiche Verteidi- gung setze eine genaue Analyse der Vorwürfe voraus. Zudem seien wegen der mittlerweile stark ausdifferenzier- ten Rechtslage zur strafrechtlichen Haftung für Behandlungsfehler die ver- schiedenen Verteidigungsoptionen nur durch eine kompetente rechtliche Be- gleitung effizient zu nutzen. Über einen Rechtsanwalt könne in die Ermittlungs- akten der Staatsanwaltschaft Einsicht genommen werden. Bis dahin komme dem Arzt ein Schweigerecht zu, von dem er in jedem Fall Gebrauch machen sollte, rät der Anwalt.
Ärzte wieder Ärzte sein lassen
Budgetvorgaben und juristisch ein- klagbare Forderungen der Mitarbeiter stellen insbesondere leitende Ärzte vor Konflikte. Die Finanz- und Personalho- heit liege beim Träger, die sich aus den Budgets ergebenden Konsequenzen blieben dagegen beim leitenden Arzt hängen, kritisierte Prof. Dr. med. Hans- Friedrich Kienzle von der Chirurgi- schen Klinik im Krankenhaus Köln- Holweide. Kienzle wies am Rande des Symposions der Kaiserin-Friedrich- Stiftung darauf hin, dass dies seit eini- ger Zeit sogar in Chefarztverträgen festgeschrieben werde. Es müsse des- halb dringend diskutiert werden, wer für etwaige Fehler einzustehen habe, die sich aus zu kurzen Übergaben, nicht ausreichenden Weiterbildungsmöglich- keiten und eingeschränkten internen Besprechungszeiten in der Klinik ergä- ben. Die Konflikte würden nur gelöst, wenn man „Ärzte wieder Ärzte“ sein ließe. Dies bedeute auch, dass Chefärz- te nicht als Manager deformiert wür- den und Aufgaben bekämen, für die sie nicht ausgebildet seien. Kienzle: „Wel- cher Gesundheitsökonom oder Ver- waltungsleiter kann schon einen Blind- darm operieren? Also braucht ein Chirurg auch keine Bilanz erstellen zu
können.“ Samir Rabbata
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Kossow, Vorsitzen- der des Deutschen Hausärzteverbandes: „Der Gesetzgeber hat den richtigen Weg einge- schlagen.“ Foto: Johannes Aevermann