• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Onkologie/Tumorzentren: Anklage und Verteidigung" (10.10.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Onkologie/Tumorzentren: Anklage und Verteidigung" (10.10.2003)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

D

as Tumorzentrum Heidelberg/

Mannheim wurde als eines der er- sten in Deutschland vor 25 Jahren gegründet. Partner sind das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), Hei- delberg, die Universitätskliniken in Hei- delberg und Mannheim sowie die Thoraxklinik Heidelberg. Ziel war es, die Behandlung von Krebspatienten zu ver- bessern. Erreicht werden sollte dies durch eine Verzahnung von Grundla- genforschung, klinischer Forschung und der Versorgung am Krankenbett. Es galt, neue Therapieoptionen schneller zu ent- wickeln und in die Praxis umzusetzen.

Das Tumorzentrum Heidelberg/

Mannheim nahm sein Jubiläum zum Anlass, kritisch Bilanz zu ziehen. Dies geschah in Form einer virtuellen Ge- richtsverhandlung vor der Presse, wo sich die Vertreter der verschiedenen Fachdisziplinen den Vorwürfen stellten, die (unter anderem) auf dem 24. Deut- schen Krebskongress in Berlin vom damaligen Präsidenten Prof. Lothar Weißbach gegen die Tumorzentren in Deutschland erhoben wurden.

Besonders eine mangelnde interdis- ziplinäre Zusammenarbeit und die un- genügende Umsetzung innovativer Therapien könne man dem Zentrum al- lein aufgrund seiner besonderen Kon- stellation innerhalb der deutschen Tu- morzentren nicht vorwerfen. Durch die Einbindung des Deutschen Krebsfor- schungszentrums sei die onkologische Grundlagenforschung in allen klini- schen Projekten des Tumorzentrums beteiligt gewesen und eine interdiszi- plinäre Zusammenarbeit gepflegt wor- den, betonte der Vorsitzende des Hei- delberger Tumorzentrums, Prof. Dr.

Dr. Michael Wannenmacher. Aus For- schersicht erklärte Prof. Peter Kram- mer (Leiter der Abteilung Immungene- tik am DKFZ): „Wir brauchen den

Input aus der Klinik, und die Kliniker brauchen uns.“

Mit zwei markanten Beispielen un- termauerte der Hämatoonkologe Prof.

Antony D. Ho (DKFZ) die Umsetzung der Grundlagenforschung in die Klinik:

Vor zwanzig Jahren habe man die Stammzelltherapie bei Leukämien im Rahmen eines Forschungsprojekts des Tumorzentrums begonnen und die Wirksamkeit dieses experimentellen Ansatzes an der Hämatologischen Kli-

nik bewiesen. Seither sei das Heidel- berger Stammzell-Transplantationszen- trum Anlaufpunkt für Patienten aus dem In- und Ausland.

Als zweites Beispiel nannte Ho die Schwerionentherapie. Mit diesem inno- vativen Ansatz, den Grundlagenforscher und Kliniker gemeinsam entwickelt ha- ben, können früher nicht heilbare Hirn-

tumoren (Chondrosarkome an der Schä- delbasis oder maligne Meningiome) nun therapeutisch besser angegangen werden – mit einem Heilungserfolg von 90 Pro- zent. Inzwischen würden deutschland- weit 70 Prozent aller Patienten mit die- sen bislang therapierefraktären Tumoren in einer Heidelberger Studie rekrutiert, erklärte Strahlentherapeut Prof. Jürgen Debus vom DKFZ.

Generell sehen die Heidelberger Kli- niker und Wissenschaftler bei der Um- setzung von experimentellen Verfahren in Deutschland noch erheblichen Ver- besserungsbedarf. „Es mangelt an Geld für Therapieoptimierungsstudien“, kri- tisiert Debus. Apoptoseforscher Kram- mer schildert es plastisch. Für ihn kommt der Weg, ein Verfahren von der Grundlagenforschung in die Klinik zu bringen, „einer Besteigung des Mount Everest gleich“. Da die extrem teuren experimentellen Therapien über den akademisch-wissenschaftlichen Betrieb nicht mehr zu finanzieren seien, sei man auf die industrielle Förderung angewie- sen. Auch hier würden die Mittel erheb- lich knapper, monierte Wannenmacher:

Zum einen habe sich ein Großteil der pharmazeutischen Firmen ins Ausland abgesetzt, zum anderen investiere die Industrie erst in Phase-II-Studien.

Trotz einiger internationaler Rück- schläge und vielfacher Kritik wird der gegenwärtige Fatalismus gegenüber der Gentherapie am Tumorzentrum Hei- delberg/Mannheim nicht geteilt. Gera- de bei Tumorerkrankungen sei die Gentherapie nach wie vor ein viel ver- sprechender Ansatz, sagte Dr. Gerhard Moldenhauer (Abteilung Molekulare Immunologie am DKFZ), weil man hier nicht zwingend auf den gefährlichen Gentransfer mit Viren angewiesen sei.

In drei Kooperationsprojekten verfolge das DKFZ zusammen mit Ärzten des P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4110. Oktober 2003 AA2631

Onkologie/Tumorzentren

Anklage und Verteidigung

Das Tumorzentrum Heidelberg/Mannheim nimmt sein 25-jähriges Jubiläum zum Anlass, kritisch Bilanz für diese Organisationsform onkologischer Betreuung zu ziehen.

Medizinreport

Lichtmikroskopische Untersuchung im Tu- morzentrum Heidelberg/Mannheim, wo jähr- lich 16 000 Krebspatienten behandelt wer- den, davon 6 000 neu Erkrankte

Foto:dpa

(2)

Universitätsklinikums Mannheim die- sen Ansatz weiter. So werden im Rah- men eines Projektes Tumorzellen der Krebspatienten mit kostimulatorischen Molekülen wie Interleukin 2, B7-1 und B7-2 bestückt. Die so veränderten Tu- morzellen sollen nach einer Vakzi- nierungstherapie vom Immunsystem erkannt werden. Damit verbindet man die Hoffnung, residuale Tumorzellen nach konventioneller Behandlung zu eliminieren.

Fallbesprechungen in interdisziplinären Konsilen

Ein zweiter Ansatz: Die Wissenschaftler verändern Killerzellen, also die Effek- torzellen des Immunsystems, in ihren Erkennungseigenschaften dahingehend, dass sie gezielt auf Tumorzellen gelenkt werden können. Dazu wird der Erken- nungskomplex auf den Effektorzellen durch Gentransfer so verändert, dass er spezifisch mit einem Tumorantigen rea- giert, das die Tumorzelle auf ihrer Ober- fläche ausprägt. Diese „umprogram- mierten“ Killerzellen können in Gewe- bekultur vermehrt und dem Patienten anschließend zurückgegeben werden.

Hängt die Behandlungsqualität vom Zufall ab, wie von Kritikern postuliert wird? Auch hier kontern die Wissen- schaftler. Was für die Heidelberger Thoraxklinik gilt – die Abstimmung der Therapiestrategie durch ein interdiszi-

plinäres Team –, wird in den Sitzungen der onkologischen Arbeitskreise auch bei anderen Tumorarten praktiziert.Am Klinikum in Mannheim werden nieder- gelassene Proktologen für die Entwick- lung neuer Therapiestrategien beim Rektumkarzinom mit an die Klinik ge- holt, beschreibt der Direktor der dorti- gen Chirurgischen Uniklinik, Prof. Ste- fan Post, das Vorgehen. Fallbesprechun- gen, die von niedergelassenen Ärzten an das Tumorzentrum herangetragen wer- den, werden in interdisziplinären Konsi- len erörtert.

Das Ziel, dass Patienten mit einer be- stimmten Tumorart in eine „Behand- lungstür“ hineingehen und dort von An- fang an interdisziplinär adäqat versorgt werden, wird vom Tumorzentrum ver- folgt. Ein erster Schritt in diese Richtung ist das „Comprehensive Cancer Center“.

In dieser interdisziplinären Tumorambu- lanz sollen in der Pilotphase zunächst Patienten mit Lymphomen und gastroin- testinalen Tumoren wie Pankreaskrebs von einem interdiziplinären Experten- team betreut werden. Dazu zählen Strahlentherapeuten, chirurgische und internistische Onkologen, aber auch Pa- thologen und Epidemiologen.

Auch das „heiße Eisen“ Krebs- früherkennung, die nach Aussage von Weissbach nicht effizient und zu teuer sei, wurde angepackt. Seit der Ein- führung der gesetzlichen Vorsorgeun- tersuchung auf dem Gebiet des Gebär- mutterhalskrebses sei die Mortalität

der in Deutschland betroffenen Frauen nahezu halbiert worden, betonte Prof.

Gunter Bastert, Direktor der Heidel- berger Universitäts-Frauenklinik. Beim Brustkrebs mangele es an Daten. Weil es hier kein suffizientes Krebsregister gebe und das Screening nicht – wie in anderen Ländern – überwacht wurde, sei man im Hinblick auf die Bewertung von Behandlungserfolgen bei Brust- krebs in Deutschland auf Hochrech- nungen einzelner kleiner Register be- ziehungsweise europäische Zahlen an- gewiesen, sagte Bastert.

Die Aufgabe in Deutschland sei es nun, das Brustkrebsscreening nach eu- ropäischen Leitlinien auch in Deutsch- land qualitativ hochwertig umzusetzen.

Derzeit werde die Heidelberger Uni- versitäts-Frauenklinik als Brustzen- trum einem Zertifizierungsverfahren unterzogen. Er kritisierte, dass sich vie- le Zentren mit dem Namen „Brustzen- trum“ schmückten, ohne den qualitati- ven Anforderungen zu entsprechen.

Defizite räumte der Leiter des Hei- delberger Tumorzentrums bei der Do- kumentation ein. Dies resultiere aus ei- nem „überzogenen Datenschutz“, dar- über könne man in anderen Ländern nur Kritik üben. Im Tumorzentrum Heidelberg/Mannheim werden jährlich rund 16 000 onkologische Patienten versorgt, davon 6 000 neu Erkrankte.

Das Zentrum wird von Bund und Land mit etwa 2,8 Millionen Euro jährlich gefördert. Ingeborg Bördlein P O L I T I K

A

A2634 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4110. Oktober 2003

Die Metastasierung ist ein komplexer Prozess. Die Tumor- zellen lösen sich vom Primärtumor ab, wandern in das Ge- fäß- oder Lymphsystem ein und infiltrieren von dort aus die Organe. Für diesen Ortswechsel müssen die Tumorzellen Bindegewebe und Gefäßmembranen passieren. Dies setzt voraus, dass sie ihre Form und ihre elastischen Eigenschaf- ten – ihre Zellarchitektur – rasch verändern. Wissenschaft- ler der Universität Ulm und der Universität Heidelberg be- richten in der Septemberausgabe von Nature Cell Biology, dass ein bioaktives Lipid, Sphingosylphosphorylcholin, das Zytoskelett und die elastischen Eigenschaften von mensch- lichen Tumorzellen grundlegend verändern kann. Dieses Lipid kommt physiologischerweise beim Menschen im Blut vor, bei Patienten mit Tumorerkrankungen in erhöhter Konzentration.

Bringt man dieses Lipid mit menschlichen Tumorzellen zusammen, ändert sich deren Zytoskelett-Struktur. Die Ke- ratinfilamente werden durch das Lipid völlig neu organi- siert. Auch werden im Kontext dieser Neuorganisation die Zellen elastischer, „weicher“ und damit leichter verform- bar. Dieser nur durch das Lipid auslösbare „Weichmacher- effekt“ tritt innerhalb weniger Minuten ein.

Menschliche Tumorzellen aus Bauchspeicheldrüsen- und Magenkarzinomen, die mit dem Lipid behandelt wurden, wandern dadurch deutlich leichter durch Membranporen, die wesentlich kleiner sind als die Zellen selbst. Die Be- obachtungen zeigen einen völlig neuen Mechanismus der Formänderung sowie der Änderung der elastischen Eigen- schaften von Tumorzellen als Voraussetzung ihrer kolonisie- renden Einwanderung in Gefäße und Gewebe. EB

Metastasierung: Bioaktives Lipid als „Weichmacher“

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Measured flow structure is close to obtained from the baroclinic calculations and measured by means of the ship mounted ADCP (Fig 6).. These data – mostly the barothropic

while( count >= COUNT_HALT1 && count <= COUNT_HALT2 ) {. pthread_cond_wait( &condition_cond,

http://www2.h-net.msu.edu/announce/show.cgi?ID=135542 Title: The Historical Society of New Mexico will hold its 2004 Annual Meeting and Conference on April 22-24th in Los Alamos,

GTDS beschäftigt, ist vor allem von der umfassenden Funktionalität des Doku- mentationssystems überzeugt: So wur- den Funktionen zur Verbesserung der Kommunikation und der Planung

• Gib allen St¨ ucken (auch den zwischendurch ben¨ otigten) eine eindeutige Bezeichnung.. • Erg¨ anze die Skizze durch Verl¨ angern oder Parallelverschieben

Indeed, using the 10 Be-based accumulation rate reconstruction and the saturation vapour relationship between accumulation rate and surface temper- ature leads to an underestimation

SAG werden nur für zuverlässige Empfänger erteilt. Der Antragsteller hat die Zuverlässigkeit des Empfängers insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung des Verwendungszwecks und

Das Polycarbonat entsteht auch durch Polykondensation nur im Unterschied zu den Estern durch Abspaltung von HCl und nicht von Wasser. Bei der Estersynthese würde statt