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Archiv "Olympia und die Medizin: Eine kleine Klinik im olympischen Dorf" (22.09.2000)

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V A R I A

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 97½½Heft 38½½22. September 2000 AA2473

on der Wiederbelebung der Olympischen Spiele zu Ende des 19. Jahr- hunderts durch den französi- schen Philanthropen Baron Pierre de Coubertin (1863 bis 1937) sollte eine beispiellose Ausbreitung des Sports aus- gehen. Jahrelange Bemühun- gen, ein diesbezüglicher Kon- gress und die Gründung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Jahr 1894 waren vorausgegangen. Aus der Überzeugung heraus, dass Berufssportlertum wie bei den klassischen Olympiaden auch dem modernen Sport Schaden zufügen würde, er- wuchs die in die Olympische Charta eingebrachte Ama-

teurklausel für die Teilnahme- berechtigung an Olympischen Spielen.

Vom 5. bis 14. April 1896 kamen dann die I. Olympi- schen Spiele der Neuzeit in Athen zur Austragung. Die Mitwirkung der Medizin war allerdings anfangs außeror- dentlich bescheiden. Im Plan für die Wiedereröffnung der Spiele finden sich keine Hin- weise für medizinische Vor- sorge und Betreuung. Den- noch waren während der I. Olympischen Spiele Ärzte bei den Wettkämpfen anwe- send. Bekannt ist auch, dass den Marathonläufern Ärzte und Ambulanzen folgten, die erschöpfte Läufer pflegten und behandelten.

Während der II. Olympi- schen Winterspiele in St. Mo- ritz 1928 fand dann ein Treffen

von 33 Ärzten aus elf Natio- nen statt. Es war das Grün- dungsdatum der Association Internationale Medico-Spor- tive (AIMS). Hierbei wurde der erste internationale sport- medizinische Kongress ge-

plant, der während der Olympischen Sommer- spiele des gleichen Jah- res in Amsterdam statt- fand. Diese Kongresse sollten von nun an fester Bestandteil der Olympischen Spiele und auch zwischen den Olympiaden abgehal- ten werden. Der Name der Organisation wur- de zwei Jahre später in Fédération Internatio- nale Medico-Sportive et Scientifique geän- dert. Heute ist diese Weltorganisation der Sportmedizin unter der Bezeichnung FIMS be- kannt. Die FIMS grün- dete auch das Olympi- sche Medizinische Ar- chiv, das Erhebungen über die Olympiateil-

nehmer sammelt und im Olympischen Museum von Lausanne untergebracht ist.

Wichtigste Aufgabe dieser Or- ganisation war aber zunächst eine enge Zusammenarbeit mit dem IOC hinsichtlich einer medizinischen Absi- cherung der Olympi- schen Spiele.

Der medizinische Dienst war bei einzel-

nen Spielen ziemlich unzu- reichend organisiert worden.

Noch bei den III. Olym- pischen Winterspielen 1932 im nordamerikanischen Lake Placid fanden sich an der Bobbahn weder Arzt noch Sanitäter, als einige Schlitten aus der Bahn getragen wur- den und es mehrere Schwer- verletzte gab. In den folgen- den Jahren wurde der medizi- nische Wettkampfdienst wäh- rend der Olympischen Spiele maßgeblich verbessert und ausgebaut. Im 1932 in Los Angeles errichteten olympi- schen Dorf gab es eine kleine Klinik mit Laboratorium, phy- siotherapeutischer und Rönt- geneinrichtung. Diese Ein- richtung wurde auch bei den folgenden Olympischen Spie- len beibehalten und weiter vervollkommnet. Besondere Aufgaben in der Vorbereitung der Athleten erwuch- sen mit der Vergabe der Olympischen Spie- le nach Mexiko-City.

Die Höhenlage der Olympiastadt von 1968 (etwa 2 300 m) bereite- te vor allem den Teil- nehmern der Ausdau- erdisziplinen Proble- me. So gingen den Spielen dieser Olym- piade bereits Jahre vor- her Wettbewerbe der Sportwissenschaft und Sportmedizin in aller Welt voraus, um eine optimale Vorbereitung der Sportler auf die Höhenbedingungen zu erreichen. Allgemein beschritt man den Weg, alle Aktiven in Höhen- lagern vorzubereiten, wobei Höhenlage und Dauer des Aufenthalts sehr unterschiedlich ge- wählt wurden. Höhen- trainingslager gehören seither zum festen Pro- gramm vieler Sportver- bände in der Vorberei- tung auf bedeutende Wettkämpfe.

Aus einem Todesfall bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom leiteten sich weitrei- chende Konsequenzen ab. Während des 100-

V Olympia und die Medizin

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Ärztliche Hilfe wurde bei den Olympischen Spielen der Neuzeit immer wieder erforderlich.

Geschichte

Olympische Spiele (1894 bis 2000)

1894 Wiederbelebung der olympi- schen Idee durch Pierre de Coubertin;

Gründung des Internationalen Olym- pischen Komitees (IOC)

1896 I. Olympische Spiele der Neu- zeit in Athen

1924 I. Olympische Winterspiele (Cha- monix/Schweiz)

1928 Erster internationaler sportme- dizinischer Kongress während der IX.

Olympischen Sommerspiele in Am- sterdam

1964 Weltkongress über Doping wäh- rend der XVIII. Olympischen Spiele in Tokio

1967 Gründung der Medizinischen Kommission des IOC

1968 Erstmalige gezielte Doping- kontrollen während der X. Olympi- schen Winterspiele in Grenoble seit 1968 Obligate Geschlechtskon- trollen (Weiblichkeitsnachweis) 1968 Olympische Spiele unter Hö- henbedingungen in Mexiko-City ab 1994 Neuer Turnus Olympischer Winterspiele (künftig jeweils zwei Jah- re nach den Sommerspielen)

16. 9. 2000 Beginn der XXVII. Olym- pischen Sommerspiele der Neuzeit in Sydney

Das U-förmig gestaltete Olympiastadion in Athen von 1896 für 80 000 Zuschauer als private Stiftung des griechischen

Philanthropen Averof Foto: Schirner

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Kilometer-Straßenfahrens bei extremer Hitze erlitten drei dänische Radrennfahrer Hitz- schläge. Einer von ihnen starb.

Wie nachgewiesen wurde, hat- ten alle drei vom Trainer eine Überdosis Amphetamin und Ronicol verabreicht bekom- men. Solche Vorfälle, beson- ders im Straßenradsport, wa- ren nicht neu und sollten noch von weiteren gefolgt werden.

Nachdem aber solche Prakti- ken aus dem Berufsradsport und dem Profi-Boxen in brei- tem Maße ihren Einzug in die olympische Arena anzutreten drohten, wurden Schritte sei- tens des IOC notwendig.

Es sollten aber noch einmal zwei Olympiaden vergehen, ehe mit einer gezielten Do- pingkontrolle und Routine- untersuchungen bei den X.

Winterspielen 1968 in Greno- ble begonnen wurde. Vor- ausgegangen war eine Reihe von Kongressen und Tagun- gen, die sich mit den Grundla- gen des Dopings und seiner Bekämpfung befassten, dar- unter der Weltkongress für Sportmedizin während der Olympischen Spiele 1964 in Tokio. Bedeutungsvoll war 1967 die Gründung der Me- dizinischen Kommission des IOC unter dem Vorsitz des Prinzen Alexandre de Me- rode (Belgien), die zunächst die Grundlagen für eine Do- pingkontrolle erarbeitete.

Die betreuenden Ärzte von Sportmannschaften tragen in diesen Fragen eine große Ver- antwortung. Sie haben über die inzwischen sehr umfang- reichen und ständig aktua- lisierten Dopinglisten genau unterrichtet zu sein (2).

Bei unumgänglicher Ver- ordnung anzeigepflichtiger Substanzen sind diese vor dem Wettkampf schriftlich anzu- zeigen (diesbezügliche ärztli- che Bescheinigung: www.zeit- schrift-sportmedizin.de). Die klassische Substanz der Un- tersuchung ist der Urin, der von den ausgelosten Sportlern unter strenger Kontrolle und protokollarischer Erfassung gefordert wird. Die Proben werden in durch das IOC lizenzierten Laboratorien – weltweit gegenwärtig 47; in

Deutschland zwei (Köln und Kreischa) – hochinformati- ven instrumentellen Analyse- verfahren unterzogen, wobei zwecks genauer Identifikati- on stets noch ein zweites Ver- fahren anzuwenden ist.

Einbezogen in die Doping- kontrollen wurden seit 1976

auch Blutalkoholproben. Sie dienten zunächst dem Nach- weis unerlaubter Alkoholein- nahmen vor Schießwettbewer- ben. Neuerdings erstrecken sich die Blutentnahmen vor al- lem auf bestimmte Ausdauer- disziplinen (Hämatokrit-Be- stimmung). Eine generelle und für den Nachweis bestimmter Manipulationen unabdingba- re Durchführung von Blutent- nahmen im Rahmen der Do- pingkontrollen gibt es bislang noch nicht. Nach dem entspre- chenden Beschluss der Me- dizinischen Kommission des IOC von 1974 wurden seit den Olympischen Spielen 1976 die Kontrollen auf den Nachweis unerlaubter Steroideinnahme erweitert. In die entsprechen- den Untersuchungen werden künftig weitere Verfahren ein- bezogen werden müssen (zum Beispiel Haaranalytik). Hin- zugekommen sind in den letz- ten Jahren auch die so genann- ten Trainingskontrollen (out- of-competition testing). Sie zielen darauf ab, dass jeder Athlet der Spitzenklasse jeder- zeit und überall einer Doping- kontrolle (Urinprobe) unter- zogen werden kann. Auch hier besteht international gegen- wärtig noch erheblicher Re- gelungsbedarf. Mit dem Ge- brauch weiterer verbotener leistungssteigernder Mittel (beispielsweise Erythropoie- tin, Wachstumhormone) er-

gibt sich regelmäßig auch die Problematik des zweifelsfreien Nachweises. Im Falle des Erythropoietins waren es bis- lang nur die Bestimmungen des Hämatokrits, die von den verschiedenen Sportverbän- den bei Ausdauerdisziplinen vorgenommen werden.

Erhöhungen über einen Grenzwert werden zwar ge- genwärtig nicht als schlüssi- ger Dopingnachweis gewer- tet, geben aber Veranlassung zur Verhängung von „Schutz- sperren“. Die unerlaubte Zu- fuhr von Wachstumshormo- nen wird voraussichtlich auch bei den kommenden Olympi- schen Spielen in Sydney noch nicht nachgewiesen werden können. Geplant ist aller- dings, dass alle für die kom- menden Olympischen Spiele akkreditierten Sportler bereits vor den Wettkämpfen Doping- kontrollen unterzogen werden können. Nach den Ankündi- gungen des IOC hat etwa jeder zehnte Teilnehmer mit einer Kontrolle zu rechnen.

Nachweis der Weiblichkeit Als Erster führte der Interna- tionale Leichtathletikverband 1966 obligate Geschlechtsbe- stimmungen bei Frauen ein.

Seit 1968 verlangt auch das IOC von allen Olympiateilneh- merinnen den Nachweis ihrer Weiblichkeit, wobei verbindli- che Sexzertifikate vorzulegen sind. Jede qualifizierte Sportle- rin hat sich vor dem Start die- ser Untersuchung zu unter- ziehen. Die Bestimmung des Kerngeschlechts wurde mittels Haarzupfpräparaten, Wangen- schleimhautabstrichen, seit 1992 auch an Speichelproben

vorgenommen. Zu ermitteln sind das Sexchromatin bezie- hungsweise die spezifischen Leukozytenanhänge (Drum- sticks), um die genotypische Konfiguration eindeutig zuzu- ordnen. Bei Unklarheiten wer- den weitere Untersuchungen angeschlossen. Unregelmäßig-

keiten sind seit Einführung dieser Kontrollen internatio- nal nicht bekannt geworden.

Trotz der weiteren Perfek- tionierung des medizinischen Dienstes durch die Veranstal- ter erhöhte sich auch das me- dizinische Begleitpersonal in den Olympiamannschaften er- heblich. So wird geschätzt, dass bereits 1976 in Montreal auf zehn Athleten ein An- gehöriger des medizinischen Dienstes kam (1). Ebenso wie eine Begrenzung der Teilneh- merzahl plant aber das IOC in- zwischen auch eine Limitie- rung der Betreuer jeder teil- nehmenden Mannschaft. Nach der De-facto-Aufhebung der Amateurregel und der Öff- nung der Olympischen Spiele auch für Berufssportler ist die sportmedizinische Betreuung noch bedeutsamer geworden.

Sie enthält gleichsam auch alle Anforderungen der modernen Arbeitsmedizin, zumal keine wie immer geartete Schwerst- arbeit mit den Anforderungen des heutigen Hochleistungs- trainings vergleichbar ist (5).

Prof. Dr. med. Karl Hans Arndt, Dr. med. Christel Arndt

Literatur bei den Verfassern Anschrift für die Verfasser:

Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Erfurt, Turniergasse 17, 99084 Erfurt, E-Mail: kha-erfurt@t-online.de Aufgabenfelder der Medizin bei Olympischen Spielen Foto: Polydruck AG/Collage

Referenzen

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