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Archiv "Wo das Gestern noch Gegenwart ist: Impressionen von einem Autobummel durch die Auvergne" (17.09.1982)

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Erst spät zieht das Frühjahr in das Vallee de Mandailles ein, und selbst im Sommer bleiben seine Höhen, auf denen fast nur Ginster und Heidekraut wachsen, grau, denn was vorherrscht, ist karstiges Gestein Fotos (3): Stuhler

Leserdienst

Hinweise •Anregungen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 37

vom 17. September 1982

Wo das Gestern noch Gegenwart ist

Impressionen von einem Autobummel durch die Auvergne

Die hohe Zeit der Auvergne lag zu Beginn unsere Jahrtau- sends. Feste Schlösser wie das Chateau de Pesteils bei Polminhac nahe Aurillac be- herrschten damals das Land, und sie scheinen es heute noch zu beherrschen

Die einschlägigen Miche- lin-Karten, das Handbuch

„Logis de France" und ein Kunstführer durch Frank- reich bilden das Rüstzeug, das man für einen Auto- bummel durch die Auver- gne braucht, zusätzlich ist allerdings noch der feste Entschluß unerläßlich, nicht jede romanische Kir- che und jedes mittelalterli- che Schloß besichtigen zu wollen, denn in der Auver- gne sind die Kostbarkeiten der Baukunst immer nur ei- nen Steinwurf voneinander entfernt, und ein Fanatiker, der es auf fünfundzwanzig romanische Kirchen an ei- nem Tag bringen wollte, könnte dieses Ziel ohne Schwierigkeiten erreichen.

Die Beschilderung der Straßen ist erstklassig.

Selbst wenn man an einer Kreuzung nicht weiß, wie man etwa nach Saugues oder nach Lavoute-Chilhac

kommt, weil die entspre- chenden Schilder fehlen, so weiß man doch immer- hin, daß man auf der Route Nationale Nummer 590 bleiben möchte, und dar- über informiert fast jeder Kilometerstein am Straßen- rand.

Die Auvergne gilt als ein Stück Erde, das seine be- wegte Vergangenheit im Anschauungsunterricht präsentiert: Vulkanland- schaft mit Kraterseen und hohen Wasserfällen, mit den heißesten Quellen Eu- ropas, mit Lavaplateaus.

den sogenannten Puys und Necks und Dykes, alles ur- alte Zeugen der Erdge- schichte. Ihr Bild ist herb.

melancholisch fast, rauh.

verschlossen und zuge- knöpft, und genauso zuge- knöpft wirken die Schlös- ser der Auvergne, die farb- losen Festungen gleichen

Farblos grau sind auch die Kirchen und ebenso die stillen Wacholder- und Hei- dekrauthöhen, über denen die Sonne glüht. Das ganze Land scheint keinen Platz zu haben für das Heitere.

Eher schon gibt sich die Auvergne dramatisch mit dunklen Kraterseen und dunklen Kieferwäldern.

Ihre hohe Zeit lag zu Be- ginn dieses Jahrtausends, im elften und zwölften Jahrhundert). Sie war da- mals schon so dicht besie- delt wie heute, und fünf- hundert feste Schlösser be- herrschten das kleine Land. Manchmal könnte man glauben, in der Auver- gne habe man damals, in der Glanzzeit, die Uhren angehalten. Ihr Gestern ist Gegenwart geblieben. Die Fernsehantennen auf den Schornsteinen wirken hier wie wirre Sendboten der Moderne, wie Eindringlin- ge, die sich nicht assimilie- ren können.

Franzosen kommen zum Ferienmachen kaum in die Auvergne. Sie fliehen im Sommer aus den Zentren in alle vier Himmelsrichtun- gen ihres Landes, in die Py- renäen und in die Breta- gne, an die Cöte d'Azur und zur Cöte d'Or, in die Alpen und in die Vogesen.

Das Massif Central und da- mit die Auvergne interes- siert höchstens die Aus- länder.

Wählt man das Städtchen St. Flour als Ausgangs- punkt für einen Autobum- mel durch dieses Land, so ist man gut beraten. Der

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 37 vom 17. September 1982 81

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Leserdienst

Hinweise • Anregungen

Autobummel durch die Auvergne

Ort war einst eine keltische Burg, später dann die Kapi- tale der ganzen Auvergne, Bischofssitz und kulturel- les Zentrum — unbesiegt im Hundertjährigen Krieg. Die Altstadt thront wie eine Gralsburg auf einem Ba- saltkegel, der zu grauen, überdimensionalen Orgel- pfeifen erodiert ist. Zu ih- ren Füßen am Flüßchen Lauder liegt die neue Stadt mit guten Hotels und guter Tafel. Oben auf dem Kegel ist die Vergangenheit Frankreichs noch lebendi- ge Gegenwart. Die Gassen riechen nach Weihrauch, und die Zahl der Kirchen ist so groß, daß einige außer Dienst gestellt wurden.

Prompt siedelten sich in ih- ren Nischen rund um sie herum kleine Läden an:

Bäcker, die lange französi- sche Brote, duftende Brio- ches und mancherlei regio- nale Spezialitäten anbie- ten. Daneben gibt es Par- füm aus Paris, Antiquitä- ten, rustikale Möbel, Kup- fergeschirr, Souvenirs, Spitzen und — nicht zu ver- gessen — in Delikatessen- lädchen den Käse aus Can- tal, Waldhimbeerlikör und Enzian.

Die Gäßchen sind so schmal, daß man sich fragt, ob die Straßen breiter sind oder die Autos. Die Franzo- sen nehmen das nicht ein- mal zum Anlaß, den Ein- bahnverkehr einzuführen.

Es wird sich schon alles finden, und man lernt in der Tat, sich geduldig zu arrangieren.

Die gotische Kathedrale, die St. Flour überragt, steht wie ein Symbol für die gan- ze Auvergne. Eher gleicht sie einer Festung aus Bas- alt denn einem Gotteshaus.

Drinnen erzählt eine alte Frau mit Stoppelhaaren am Kinn von den Wundertaten des Beau Dieu noir. Der schöne schwarze Gott, ei- ne lebensgroße Christus- statue aus Holz, geschaffen im 15. Jahrhundert, wird fortan zu den Kunstwerken gehören, die man nicht

Manchmal könnte man glau- ben, in der Auvergne habe man vor Hunderten von Jah- ren die Uhren angehalten.

Das Gestern dieser Land- schaft ist Gegenwart geblie- ben, so etwa in Rude, einem fast verlassenen Dorf inmit- ten der Berge von Cantal mehr vergißt, genau wie die romanischen Reliefs von Autun oder wie Hammurabi im Louvre.

Was nun den eigentlichen Autobummel angeht, so sollte man sich — selbst wenn man in die Auvergne fuhr, weil man sich für ei- nen ausgemachten Indivi- dualisten hält — im Syndicat d'Initiative, gleich neben der Kathedrale, den Hand- zettel „Circuits tou risti- ques" geben lassen. Darin sind die lohnendsten Rundtouren und Ausflüge zusammengefaßt und be- schrieben, besser als man das selber austüfteln kann.

An einem Nachmittag fährt man zu den Staudämmen und Schluchten der Truyä- re. Die Straßen sind leer und die Ufer einsam. Gele- gentlich lassen Sonntagsfi- scher ihre Angeln ins Was- ser hängen, und im Hinter- grund dräut die Ruine des Chateau d'Alleuze über der Truyäre — dramatische Erinnerungen an vergange- ne Zeiten. Waldhimbeer- duft und Farnkrautdschun- gel säumen den Weg. Am vielfach gewundenen Lauf der Truyäre laden einsame Buchten zum Schwimmen und zum Sonnenbaden ein.

Stille umfaßt das Land, un- termalt nur von Grillenge- zirp und Bienengesumm.

Die Auvergne lädt zum Ver- weilen ein und zum Lang- samfahren. Bummelt man weiter, dann entdeckt man abseits das Landschlöß- chen eines vergessenen Geschlechts: eine Allee, winzige Fenster, eine Frei- treppe hinter Ginsterhek- ken, vergessen am Rande der Welt. Erreicht man ei- nes der Dörfer, an deren Eingang ein Schild verkün- det: „Eglise romaine XI siöcle", dann kann man ge- trost Halt machen. Die Tü- ren sind nie verschlossen.

Eher schon kommt ein alter Pfarrer herbeigelaufen, um das Licht anzuzünden und um dem fremden Besucher wortlos ein Blatt in die Hand zu drücken, auf dem fein säuberlich von Hand geschrieben steht, daß all diese frühmittelalterlichen Kunstwerke, die einen um- geben, z. B. aus einer ro- manischen Kirche in näch- ster Nähe stammen, die un- ter dem Wasserspiegel der aufgestauten Truyäre ver- sank.

Über die Route Nationale 126 geht es weiter nach Au- rillac und zum berühmten Chateau d'Anjony. Das viertürmige Schloß thront wie eine Festung hoch über dem Tal, bewohnt bis auf den heutigen Tag. Die mittelalterlichen Fresken im Innern lohnen eine Füh- rung.

Nicht minder lohnt Pesteils bei Polminhac. Die Nach- kommen des Mannes, der sich vor rund fünfhundert Jahren dieses Sinnbild ei- ner düsteren, feudalen Epoche bauen ließ, bewoh- nen das Kastell in der fünf- zehnten Generation.

Ein paar Kilometer weiter schießen Betonklötze, Wol- kenkratzer mit zwanzig Stockwerken in den blauen Himmel. In Super Lorian wartet das Massif Central mit hypermodernen Appar- tements, Ferienhäusern

Monte Carlo stellt sich vor

Mit einer handlichen Bro- schüre stellt sich Monaco Monte Carlo an der Cöte d'Azur vor. Das Bändchen bringt einen geschichtli- chen Überblick, Informatio- nen über Kunst, Wissen- schaft und die Museen, über Literatur, Briefmar- ken, Radio und Fernsehen, ferner über Sport und das Hotelangebot. Hinzu kommt noch ein Beitrag über das neue Stadtviertel Fontvieille. Wer die 32seiti- ge Broschüre durchliest, weiß eigentlich alles, was man über Monaco Monte Carlo wissen muß. Kosten- loser Bezug ist möglich durch: Fürstentum Mona- co, Staatliche Zentrale für Tourismus und Kongresse, Postfach 11 11 42, 6000 Frankfurt am Main 1.MMC/H

und Bungalows auf. Skilifte sind da und Seilbahnen für den Sommerbetrieb. Dro- ben, auf dem 1858 Meter hohen Plomb du Cantal bietet sich die Auvergne aus der Vogelschau an.

Das schönste aller Schlös- ser — ist es das Chateau de Val im See? Die schönste aller Kirchen — ist es die von Le Puy en Velay auf dem nadelspitzen Zarafel- sen, die von St. Nectaire oder die von Orcival? Es ist schwer, sich zu ent- scheiden.

Eine andere Erinnerung ist die an eine Eintragung in das Wunschbuch einer Wallfahrtskirche: „Notre Dame, bitte mach, daß ich einen Brief von Lisa be- komme, le plus vite possi- ble. Ich liebe sie, aber sie ist deutsch." Ilse Tubbesing Informationen: Amtliches Französisches Fremden- verkehrsbüro, Kaiserstraße 12, 6000 Frankfurt/Main, Telefon 06 11/75 20 29.

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