Blick auf die an der Durance gelegene Stadt Sisteron mit ihrer hoch gelegenen Zitadelle
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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Heft 34
vom 27. August 1982
Grenoble, Ausgangspunkt der Route Napoleon
Sonntag abend in Greno- ble. Kantig und hart stehen im Westen die Berge vor der untergehenden Sonne, grandiose Schatten in Nachtschwarz und Blau.
Die Wolken darüber haben silbrige Säume. Von Süden her schiebt sich ein endlo- ser Lindwurm in die Stadt.
Auto an Auto kehren die Ausflügler heim, auf jener schmalen Straße, die heute noch den Namen des Man- nes trägt, der sie einst be- rühmt gemacht hat: Route Napoleon.
Der kleine Korse, der ein so großer Kaiser war, muß ein nicht minder großer Schau- spieler gewesen sein: Acht Tage lang war er, aus der Verbannung kommend, auf steilen, steinigen Straßen durch die Alpen unterwegs gewesen. Vor Grenoble standen die Regimenter der königlichen Armee, um ihn am Weitermarsch zu hindern. Angesichts der auf ihn gerichteten Geweh- re öffnete der Korse seinen Waffenrock über dem Her- zen und sagte: „Soldaten, ich bin euer Kaiser! Wer von euch seinen General töten will — voilä, hier bin ich!" Da war niemand, der dieser Geste hätte wider- stehen können — die könig- liche Armee wurde auf der
„Prairie de la Recontre"
augenblicklich wieder kai- serlich.
Heute ist dieses Feld eine Wiese der Erinnerung: Auf steinernem Sockel, hoch zu Roß sitzt der Kaiser, die Hand in den Uniformrock geschoben. Ein eisernes
Gitter schützt ihn vor der Zudringlichkeit der Touri- sten. Und es sind nicht we- nige, die auf dem Weg in den Süden die Route wäh- len, auf der einst Napoleon zurückkehrte. Sie zu pas- sieren ist schon längst kei- ne beschwerliche, gefährli- che Schinderei mehr — kaum eine andere Gebirgs- straße ist so gut ausgebaut.
Durch tiefe Täler
und über grandiose Berge in den Süden
In der Nacht hat es gereg- net. Wolkenfetzen hängen über den fast tausend Me- ter hoch gelegenen Seen von Laffrey. Schnee liegt auf den Gipfeln der Drei- tausender ringsumher.
Schneidender Wind weht.
Eine dramatische Land-
schaft. Aber La Mure ist bunt und fröhlich: Wie je- den Montag ist Markttag.
Zwei Polizisten halten dem Städtchen die Autos vom Leibe, schicken auch uns auf eine Umleitung. Da stei- gen wir lieber aus, vertre- ten uns die Beine und schnuppern all die tausend Düfte, die über einem fran- zösischen Markt liegen.
Knoblauch und Zwiebeln hängen in langen Strän- gen, glänzende Aubergi- nen, goldgelbe Gemüseku- chen, Lauch, Pilze und fri- sche Kräuter aus den Ber- gen liegen in Körben, blu- menbunt ist das alles und nicht minder bunt sind die Kleider und Anzüge, die an langen Stangen hängen.
Wir genießen das alles bei schwarzem Cafä aus winzi- gen Täßchen.
Hinter dem Ort senkt sich die Straße in eine Schlucht, klettert jenseits mühsam den Hang wieder hinauf, wie so oft noch auf dieser 325 Kilometer langen Strecke bis zur Cöte d'Azur. Die Täler werden immer tiefer, die Berge im-
Auf der Straße des Korsen
Von Grenoble durch die französischen Alpen zum Mittelmeer
Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 34 vom 27. August 1982 67
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Auf der Straße des Korsen
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mer grandioser. Doch was uns immer wieder stau- nend anhalten läßt, ist All- tägliches für den zahnlo- sen Ziegenhirten am Weg- rand, der für die Kamera ein faltiges Lächeln auf- setzt: „Sie haben nicht zu- fällig eine Zigarette ... ?"
„das schöne Schloß in der
schönsten Landschaft"
Sisteron liegt auf halbem Weg zum Mittelmeer. Der Tag ist warm, der Süden ist schon zu spüren. Südlich auch das Bild der Stadt zur Mittagszeit. Die kleinen Lädchen im Zentrum sind geschlossen — Siesta! Wir stiefeln zur Zitadelle hin- auf. 13. Jahrhundert: „Das schönste Schloß in der schönsten Landschaft, die ich kenne", sagte König Karl der Vierte, der Fünf- te . . . ? —Wer weiß es. Grell leuchten weiße Kalkfelsen vor tiefblauem Himmel. Die Durance, zu einem kleinen See gestaut, ist reinstes Türkis. Altersgraue Häuser schmiegen sich an den schrundigen Berg, der wie der Buckel eines Sauriers ist. Pferdegetrappel und Marschmusik werden laut.
Per Knopfdruck tönt ein Stück Geschichte der Grande Nation aus Laut- sprechern. Victoire! Gloire!
— Drunten in den Gassen schläft immer noch alles.
Die Straße führte viele Kilo- meter, breit und bequem, über ein weites Hochland, jetzt klettert sie wieder auf und ab. Braunerdiges Steinzeug, Krüge, Töpfe und bauchige Vasen war- ten am Wegrand auf Käu- fer. Und auf dem Col de
Läques, mehr als elfhun- dert Meter hoch, verkauft eine alte Frau Lavendel.
Nur den Himmel, Felsen und zerzauste Bäume hat sie zur Gesellschaft.
Castellane taucht vor uns im Tal auf. Auch hier ist Markttag — doch welch ein
Tip für Reisende entlang der Route Napoleon: Von Castel- lance aus führt eine sehr loh- nende Rundfahrt von etwa 130 Kilometern um den 20 Ki- lometer langen Canon de Ver- don. Diese gigantische Stra- ße kann in der Talsohle be- gangen und von zahlreichen Aussichtspunkten von der Autostraße aus betrachtet werden Fotos: Stuhler Unterschied zum kalten, regnerischen Mure-Markt am frühen Morgen: Der Duft von Lavendel und Ker- zenwachs liegt hier über den Ständen. In bunten Flakons leuchten Parfüms und öle.
Eigentlich hatten wir einen Abstecher zu den Gorges du Verdon machen wollen, zu jenen Schluchten, deren Wände mehr als hundert Meter tief fast senkrecht abfallen. Einen Katzen- sprung nur ist es bis dort- hin von Castellane aus.
Aber dann lockte das Mit- telmeer unwiderstehlich, an dessen Horizont Wasser und Himmel im Blau ver- schwimmen. Josef Dörr
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