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Archiv "Onkologie: Durch Empathie wird der Berg kleiner" (05.12.2014)

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ONKOLOGIE

Durch Empathie wird der Berg kleiner

Die Verständigung mit Krebspatienten am Krankenbett und im Sprechzimmer zu verbessern, gilt als so dringlich, dass dazu ein eigenes Handlungsfeld im Nationalen Krebsplan verankert wurde. Entsprechende Fortbildungen für Ärzte, wie das „Kompass“-Programm, sind noch nicht populär, aber ein wirksamer Ansatz.

A

uch die beste und einfühl- samste Gesprächsführung macht aus einer schlechten keine gute Nachricht“, betont Dr. med.

Bernd Sonntag von der Uniklinik Köln. Der stellvertretende Leiter der Klinik und Poliklinik für Psy- chosomatik und Psychotherapie be- treut hier mit einem Kollegen das Kommunikationstraining „Kom- pass“. Es wendet sich an Ärzte aller Fachrichtungen, die Krebspatienten behandeln und wurde von einem Medizinerteam aus mehreren Uni- versitätskliniken entwickelt.

Ärzte scheuen sich häufig davor, Gefühle anzusprechen

Das dreitägige Training soll Ärzte in ihren Ressourcen für belastende Gesprächssituationen, von der Di- agnoseeröffnung bis zu Entschei- dungen zur Therapiebegrenzung, stärken. Eine Hürde dabei: „Ärzte haben vielfach Scheu, Gefühle an-

zusprechen. Wir zeigen ihnen, dass sie auf Emotionen ihrer Patienten auch in schwierigen Situationen eingehen können“, erläutert der Kölner Trainer das „Kom- pass“-Konzept, das ausgeschrieben für „Kommunikative Kompetenz zur Verbesserung der Arzt-Patient- Beziehung durch strukturierte Schulung“ steht

Das Herzstück – umrahmt von Modulen zu Gesprächsführung, Umgang mit Emotionen und mit dem Tod – ist ein Praxisteil: In Rol- lenspielen arbeiten die Teilnehmer Aufgaben wie Diagnoseeröffnung nach Staging und eigene Fallbei- spiele, verdichtet zu wörtlich erin- nerten „Critical Incident Reports“, mit Schauspielerpatienten durch.

„Mit dem Trainer wird die besonde- re kommunikative Herausforderung der jeweiligen Szene identifiziert und so das Rollenspiel auf ein Ziel ausgerichtet“, erläutert Sonntag.

Per Feedback und Videoaufnahmen lassen sich typische Strategien er- kennen und modifizieren, etwa das Ausweichen auf die Sachebene, be- vor ein Patient dafür aufnahmefähig ist, oder Versuche, das Scheitern der Therapie positiv zu verbrämen:

„Wir müssen leider die Chemothe- rapie abbrechen, aber wir können etwas gegen die Schmerzen tun“.

Die Alternative lautet „Emotionen aushalten“, die eigenen wie die Re- aktionen des Gegenübers. Was braucht der Patient zu diesem Zeit- punkt? Darauf soll sich die innere Gesprächshaltung ausrichten – was mehr zuhören, nachfragen, Gefühle spiegeln und auch Schweigemo- mente zulassen beinhaltet. „Ärzte treten dabei aus dem ,Macher-Mo- dus‘ heraus“, fasst Sonntag zusam- men. Der Transfer im Klinikalltag scheint zu gelingen: „Ich wundere mich, wie wenig ich reden muss, wenn ich zuhöre und zurückfrage, und brauche nicht mehr Zeit“, hat ein Teilnehmer formuliert.

Kompass-Teilnehmer kommunizieren sicherer

Auch die Angst vor den Gesprächen sinkt tendenziell. In einer kontrol- lierten Studie stellten sich 262 Kompass-Teilnehmer gegenüber 181 Nichtteilnehmern als „deutlich und signifikant sicherer“ in der Kommunikation dar. Das Team sieht darin einen Burnout-vorbeu- genden Einfluss, der sich auch mit einem signifikanten Anstieg auf der Skala „Persönliche Erfüllung“ im Maslach Burnout Inventory (MBI) belegen ließ.

Angelehnt ist das Kompass-Trai- ning an das amerikanische „Onco- talk®-Programm. Prof. Dr. med.

Walter F. Baile vom MD Anderson Cancer Center in Houston gehört zu Fortbildungen zur

Verbesserung des Kommunikations- verhaltens von Ärzten können dabei helfen, Klarheit ins Arzt-Patienten-Ge- spräch zu bringen.

Foto: DRV Westfalen

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 49 I 5. Dezember 2014

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den Entwicklern. Der Verhaltens- wissenschaftler und Psychiater hob die Wirksamkeit erfahrungsbasier- ten Lernens hervor, als er die Key Note Lecture beim Symposium

„Patient-centered Communication in Cancer Care: New Directions“

am 19. September im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidel- berg hielt. „Tell me and I’ll forget, show me and I may remember; in- volve me and I’ll understand“, zi- tierte Baile. Er erläuterte, wie Tech- niken aus dem Sozio- und Psycho- drama (nach Dr. med. Jacob L. Mo- reno) das Rollenspiel methodisch erweitern.

„Help the doctor to step into their shoes“, ist ein Weg zu mehr Empathie. Der Trainee schlüpft da- zu in die Rolle eines konkreten Pa- tienten, um dessen Bedürfnisse zu erspüren. Die Eindrücke werden anschließend in der Arztrolle re- flektiert und für beide Positionen in einem zweiten Durchgang vertieft.

Rollenwechsel und Doppelung „er- zeugen Einfühlungsvermögen und Einsicht in die geeignete Reakti- onsweise“, erklärte Baile. Wie im Sport müssten kommunikative Kompetenzen allerdings trainiert

und angewandt werden. Analog da- zu stellte Baile ein Stufenkonzept für Kommunikationskompetenz vor.

Darin sind Fähigkeiten erster Ord- nung, den Patienten zu begrüßen, ihm offene Fragen zu stellen und zuzuhören, ohne zu unterbrechen.

Darauf bauen erweiterte Fähigkei- ten auf, zum Beispiel der Umgang mit Gefühlsäußerungen (Stufe 2), die Aufgabe, eine Familienkonfe- renz für einen Patienten auf Inten- sivstation durchzuführen (Stufe 3) oder „die eigenen Gefühle zu kon- trollieren, wenn wir eines Behand- lungsfehlers beschuldigt werden“

(Stufe 4).

Patient muss nachvollziehen können, was ihm fehlt

Obwohl qualifizierte Fortbildung nachweislich das objektive Kom- munikationsverhalten verbessert und entlasten kann, ist die Nachfra- ge hierzulande bisher schwach –

„ein zentrales Problem“, befand die Arbeitsgruppe, die sich mit der Um- setzung von Zielvorgaben zur Pa- tientenorientierung im Nationalen Krebsplan befasst. Gründe sehen die Experten unter anderem in der

„dominant biomedizinischen Orien-

tierung der grundständigen medizi- nischen Ausbildung“ und der ver- gleichsweise geringen ideellen und materiellen Würdigung von Ge- sprächsleistungen, heißt es in einem Bericht.

Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) lässt keinen Zweifel daran, dass umgedacht werden muss.

„Noch wichtiger“ als die Erfolge durch neue Behandlungen, For- schung und Innovation in der Medi- kation sei, „dass der Patient versteht, was ihm fehlt und woran er leidet und dass er informierte Entscheidun- gen gemeinsam mit dem medizini- schen Personal treffen kann“, betont Generalsekretär Dr. med. Johannes Bruns in einer Stellungnahme. Die DKG ist daran beteiligt, Empfehlun- gen für Modellcurricula „Kommuni- kation“ für die Säulen der Aus-, Wei- ter- und Fortbildung zu erarbeiten – ein dickes Brett. Doch sei bereits ein großer Fortschritt erreicht, sagt Dr.

med. Simone Wesselmann, Bereichs- leiterin für Zertifizierung. „Entschei- dend ist, dass Normgeber und Fach- gesellschaften an einem Tisch sitzen und sich einig sind, das Drei-Säulen- Konzept umzusetzen“.

Leonie von Manteuffel

44 Prozent aller ländlichen Krankenhäuser schreiben Verluste. Nur etwas mehr als ein Drittel erzielt positive Ergebnisse. Gut 40 Prozent der Kliniken erwarten für 2015 eine weitere Verschlechterung ihrer Lage.

Bis 2020 wird eine deutliche Marktbereinigung durch Klinikfusionen oder Standort- und Abteilungsschließungen erwartet.

Warum schreiben so viele Krankenhäuser in ländlichen Regionen Verluste, und welche Konsequenzen hat dies für die

gesundheitliche Versorgung?

Blum: Die aktuelle Situation ländlicher Kliniken ist sehr kritisch. Das ist das Ergebnis einer Studie der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krankenhaus Institut (DKI).

Anhaltender Kostendruck, Investitionsstau, Fachkräftemangel und demografischer Wandel verursachen auf dem Land teilweise größere Probleme als in Großstädten und Ballungsgebieten. Die Sicherung der Wirtschaftlichkeit, der Erhalt der Investitionsfähigkeit und der sich ver- schärfende Fachkräftemangel sind derzeit die größten Herausforderun- gen für die ländlichen Krankenhäuser. Hier sind innovative Konzepte und ein tiefgreifender Strukturwandel gefragt.

Dabei wächst die Bedeutung ge- rade der ländlichen Kliniken derzeit signifikant, denn Defizite in der am- bulanten ärztlichen Versorgung sor- gen für steigende Patientenzahlen in

den Notaufnahmen. Eine angemessene zukünftige Gesundheitsversor- gung auf dem Land erfordert zwingend umfassende gesundheitspoliti- sche Reformen. Am wichtigsten sind den befragten Krankenhäusern da- bei gesundheitspolitische Strukturmaßnahmen für den ländlichen Raum, wie etwa der Ausbau von Kliniken zu regionalen Gesundheitszentren, die Versorgungsprozesse sektorenübergreifend steuern und integrieren. Die aktuelle Rechtslage ist hierfür ein großes Hemmnis.

Den höchsten Anteil ländlicher Krankenhäuser haben die östlichen Bundesländer (Mecklenburg-Vorpommern: 97 Prozent, Thüringen: 90 Prozent, Brandenburg: 86 Prozent, Sachsen-Anhalt: 76 Prozent, Sach- sen: 96 Prozent). Auch in Schleswig-Holstein stellen sie mit 69 Prozent die Mehrzahl der Kliniken, ebenso in Niedersachsen mit 54 Prozent. Ge- rade dort stehen die ländlichen Krankenhäuser aktuell vor den größten

Schwierigkeiten. Ol

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. Karl Blum, Leiter Geschäftsbereich Forschung beim Deutschen Krankenhaus Institut

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 49 I 5. Dezember 2014

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