• Keine Ergebnisse gefunden

Wie das Prickeln in den Schaumwein kommt Eveline Duda

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Wie das Prickeln in den Schaumwein kommt Eveline Duda"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Wie das Prickeln in den Schaumwein kommt

Eveline Duda

Bei Schaumwein denken die meisten an Champagner, Prosecco oder Cava. Schweizer Schaumwein ist dagegen kaum bekannt. Zu Unrecht, denn er braucht sich bezüglich Qualität und Preis nicht zu verstecken.

Méthode traditionelle ist Schweizer Standard

Auf der Suche nach einem Alternativprodukt, das den Wein ergänzt und nicht konkurrenziert, begann Paul Gasser vor 13 Jahren mit der Schaumweinherstellung. Zuerst nur für den eigenen Verkauf, dann für die stetig wachsende Kundschaft.« Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum ein Schaumwein aus dem Ausland sein soll», sagt Gasser, der sich in den letzten 30 Jahren vom Nebenerwerbskelterer zum zweitgrössten Schaumweinhersteller in der Schweiz emporgearbeitet hat. 300 000 Schaumweinflaschen mit je 0.75 Liter Inhalt verlassen pro Jahr sein unscheinbares, neues Industriegebäude in Ellikon. Vor fünf Jahren begann er

ausserdem mit Apfelschaumwein, den man im Volksmund« Chlöpfmost» nennt und der inzwischen schon als Argument für neue Hochstammobstanlagen gebraucht wird. Wie Gasser arbeiten auch noch ein knappes Dutzend Schaumweinproduzenten in der Schweiz überwiegend mit der «Méthode traditionelle», die die Gärung in der Flasche vorschreibt.

Genau so, wie es auch in der Champagne gemacht wird.

Prosecco & Co. für die Masse

225 Kilometer weiter westlich füllt der grösste Schweizer Hersteller, Mauler & CIE, bereits seit vier Generationen Schaumwein ab. Rund 500 000 Flaschen verlassen dieses Jahr die Produktionsstätten im neuenburgischen Môtiers. Einige davon werden über die Prodega ihren Weg in die Schweizer Gastronomie finden, denn Mauler’s Vin Mousseux hat den Einstieg in den Cash & Carrymarkt geschafft. Damit hat er Zugang zum Massenmarkt, aber auch Angriffsfläche für die Konkurrenz bekommen. Denn selbst wenn Jean-Marie Mauler betont, dass er «nur kleine Mengen» und auch nur für spezielle Cuvées (Weinmischungen) Importwein verarbeitet, so wird er trotzdem von der Schweizer Weinszene kritisch beäugt.

Der Schaumweinmarkt in der Schweiz wächst nach wie vor, dennoch sind Schweizer Produkte bei Weinhändlern und im Detailhandel selten bis gar nicht anzutreffen. «Die grosse Masse will nach wie vor ausländische Produkte» erklärt Jürg Roshard von der Perlwein Pur GmbH. Warum das so ist, bleibt Gegenstand von Spekulationen. Am Preis kann’s nicht liegen, denn der bewegt sich zwischen Champagner und Prosecco. Auch die Qualität kann bestens mithalten, wie verschiedene Fachleute bestätigen. Trotzdem floriert der Verkauf nur direkt beim Produzenten. Nun will die Swiss Wine, die Marketingorganisation der Weinbranche, abklären, ob und wie sie sich in diesem Markt engagieren kann. Allerdings

(2)

macht man sich keine Illusionen: Der Marketingaufwand wird gross werden. Die Arboner Mosterei Möhl hat bereits erfahren, wie schwer es zurzeit ist, ein neues Produkt im Detailhandel zu platzieren. Mit dem Apfelschaumwein « Cuvée Jean-Georges» hat Möhl zwar ein erstklassiges Produkt im Sortiment, das im Direktverkauf auch gut läuft. Doch beim Detailhandel harzt es. Ernst Möhl zieht deshalb nach fünf Jahren eine nüchterne Bilanz:

«Der Absatz ist nicht gerade berauschend». Wie künstlicher Schnee wirbeln die weissen Kügelchen durch die Flüssigkeit und drehen einige ungestüme Runden, bevor sie auf den Flaschenboden schweben, wo sie, immer noch wippend, liegen bleiben. Die Flaschen klirren leise und es zischt, wenn die Maschine ihnen den Kronenkorken aufdrückt. Die Abfüllung läuft den Routiniers flüssig von der Hand. In wenigen Minuten ist der Hallauer Blanc de Noir von Kunde Nr. 234 abgefüllt und wandert, mit Zucker und Sekthefen angereichert, in den Gärraum. Der nächste Edelstahltank wird vorbereitet. Diesmal handelt es sich um 600 Liter Muscat, die der Kunde Nr. 312 in der Weinkellerei von Paul Gasser zu Schämpis veredeln lässt. Wobei es sich beim Schämpis korrekterweise um «Schaumwein» handelt; «Schweizer Schaumwein» genau genommen, da er hier in Ellikon an der Thur produziert wird. Würde Ellikon nicht an der Thur, sondern in der Champagne liegen, dann wäre der Schämpis ein

«Champagner» , in Spanien ein «Cava» und in deutschen Landen bekäme er den Übernamen Sekt. Vorausgesetzt natürlich, dass er eine zweite Gärung durchläuft und nicht einfach mit Kohlensäure beimpft wird, wie das bei Getränken « mit zugegebener Kohlensäure» der Fall ist.

Schaumwein im Lohnauftrag

Im 20 Grad warmen Gärraum erwacht der Wein zu neuem Leben. Die Sekthefen aus den weissen Kügelchen beginnen sofort, die 24 Gramm Zucker, die jeder Liter Wein erhalten hat, in Alkohol und Kohlensäure aufzuspalten. Rasch machen sich erste Bläschen bemerkbar.

Weil die Kohlensäure nicht entweichen kann, steigt der Druck in der Flasche auf rund 6 bar, mehr als doppelt so viel wie im Autopneu. Mindestens vier weitere Monate hat die Kohlensäure Zeit sich mit dem Wein zu verbinden. Dann wird der Hals der kopfüber stehenden Flasche schockgekühlt, damit die inzwischen abgestorbenen Hefezellen als Eispfropfen aus dem Flaschenhals gezogen werden können. Mit der so genannten Fülldosage wird der Flüssigkeitsverlust ausgeglichen. Auch wenn die Gärmethode, die Temperatur, die Reifung, ja selbst die Machart der Flasche zur Qualität des Schaumweins beitragen, so ist es doch immer noch der Wein, der den Charakter bestimmt. Erst zum Schluss entscheidet der Auftraggeber, ob er «brut» oder «sec» vorzieht. Dementsprechend wird die Fülldosage, eine Mischung aus Wein und Zucker, eingestellt. Für « brut» darf der Schaumwein höchstens 15 g Restzucker pro Liter enthalten; für «sec» zwischen 17 und 35 g; und bei « doux» liegt die unterste Grenze bei 50 g. Verkorkt, etikettiert und trinkfertig verlassen danach die meisten Flaschen die Weinkellerei in dieselbe Richtung, aus welcher der Rohwein kam. Denn Gasser produziert für rund 350 Ostschweizer, Tessiner und Westschweizer Weinund Obstbauern Schaumwein im Lohnauftrag. Seine Infrastruktur hat er darauf abgestimmt, auch Kleinstmengen ab 400 Litern rationell verarbeiten zu können. Die Rechnung geht auf: «Rund ein Viertel unserer Produktionsmenge ist Schaumwein. Von der Arbeit her macht er aber 40 Prozent aus».2004 – Rekordjahr für Schaumwein In den letzten Jahren ist der Schaumweinkonsum in der Schweiz laufend gestiegen, allein zwischen 2001 und 2003 um insgesamt 10 Prozent auf 10.3 Mio. Liter. Im Jahr 2004 wurden bis Ende September bereits 10.4 Mio. Liter verkauft. Und das dicke Ende kommt erst noch: Knapp die Hälfte des Schaumweinkonsums geht erst in den letzten drei Monaten über den Ladentisch.

2004 wird somit auf jeden Fall ein Rekordjahr, wie der Marktbeobachter des Schweizer Weinbranchenverbands mitteilt. Der grosse Abräumer ist Prosecco, der bereits aus jeder fünften Schämpisflasche im Land sprudelt und prozentual den Champagner längstens überholt hat. Mit 3.5 Prozent oder rund 500 000 Litern in diesem Jahr besetzen die Schweizer Schaumweine im Grosshandel nur eine kleine Nische. Doch der Anteil der Direktverkäufe ab Produzent ist in diesen Statistiken nicht erfasst – er dürfte noch einmal so viel betragen.

SZOW 05/03 S.27

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Indem auf eine detail- lierte Darstellung wissenschaftlicher Theorien und empirischer Befunde weitgehend verzichtet wird, soll Lesen kann man lernen auch Leserinnen und

Besondere Verdienste habe sich die BLÄK mit dem bekannt luftigen und fröhlichen weiß-blauen Bayern-Logo durch die ab 1997 durchgeführten Seminare nach dem Curriculum

Ein neuer Gesell- schaftsvertrag muss von der libanesischen Gesellschaft selbst kommen, und Deutschland und andere internationale Partner müssen bereit sein, die

werden müssen, damit Landwirte ihre unternehmerischen Fähigkeiten besser entwickeln können. Andererseits soll ein Diagnoseinstrument entwickelt werden, mit welchem Landwirte

Westliche Demokratien werden ihre Streitkräfte in Kleinen Kriegen an der Peripherie des euro-atlantischen Stabilitätsraums, aber auch jenseits davon einsetzen..

So enthalten zum Beispiel Pro- dukte für Frauen mit leichten depressiven Verstimmungen aufgrund der Wechseljahre, oder Menschen mit Konzentra- tionsstörungen, zum Beispiel

zufuhr nicht: Weder können so alle Körperfunktionen konstant aufrechterhalten werden, noch ist eine Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen

Tortilla flatbread, filled with lettuce, spiced salsa sauce ,corn, backed meat balls and kidney beans.. Vegetarian Wrap