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Archiv "„Gesundheit in sozialer Verantwortung„: Vorschläge zur Umsetzung des Krebsregistergesetzes" (26.01.1996)

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ie präventivmedizinischen Lei- stungen und die Maßnah- men zur Gesundheitsförderung nehmen im Ausgabenbudget der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) noch einen relativ geringen Anteil ein. Die Ausgaben dürften heu- te drei bis vier Prozent des gesamten GKV-Etats betragen (1995: rund 250 Milliarden DM). Andererseits hat die epidemiologische Forschung in den letzten Jahren aufgeholt. Eine darauf abgestellte Gesundheitsberichterstat- tung, eine wesentliche Grundlage für die politische Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen, wird systema- tisch ausgebaut – so jedenfalls die Ankündigungen aus Bonn. So soll bei- spielsweise das Statistische Bundesamt im Rahmen der Gesundheitsberichter- stattung einen Sonderbericht über

„Allergien“ im Rahmen eines modell- haften Sonderberichtes erstellen (ein weiteres „versorgungsbezogenes“ The- ma im Rahmen dieser Berichterstat- tung: „Das Zusammenwirken des am- bulanten und stationären Sektors unter besonderer Berücksichtigung der Opti- mierung und Zuordnung der Lei- stungserbringung“). Noch hakt es beim Aufbau einer kompletten Berichter- stattung; das vom Bundesgesundheits- ministerium damit beauftragte Institut wird noch erhebliche Grundlagenar- beit leisten müssen. Im Statistischen Bundesamt sind Fachreferenten spezi- ell für die Berichterstattung tätig.

Beim Frankfurter Kongreß der Deutschen Zentrale berichtete der zuständige Referatsleiter im Bundes-

gesundheitsministerium, Ministerial- rat Dr. med. Albert Statz, Kinderarzt, daß die Bundesregierung seit 1987 im Rahmen des Programms „Gesund- heitsforschung 2000“ bisher rund 90 Millionen DM speziell für die Aller- gie- und Lungenforschung bereitge- stellt habe, darunter für den Schwer- punkt „Allergische Erkrankungen“

rund 28 Millionen DM. Diese Förde- rung ist für mehrere Förderschwer- punkte des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie sowie des Bundesge- sundheitsministeriums im Rahmen

der ressortbezogenen Modell- und Forschungsprogramme zur Präventi- on und Aufklärung im Bereich der Erkrankungen des allergischen For- menkreises vorgesehen. Darunter sind auch die Schwerpunkte „Public- Health-Forschung“ und „Unkonven- tionelle medizinische Richtungen“.

Daß die Prävention allergischer Erkrankungen in Deutschland ähnlich wie in anderen Industriegesellschaften besonders gefördert werden sollte, un- terstreicht die Tatsache, daß zuneh- mend mehr junge und erwachsene Menschen von allergischen Erkran- kungen (Asthma, Rhinitis, Neuroder- mitis und anderen Erkrankungen) be- troffen sind (bereits ein Viertel der Be- völkerung). Heute liegt die Prävalenz bei allergischen Erkrankungen in Mit- teleuropa zwischen 20 und 30 Prozent.

Insbesondere nimmt die Erkrankungs- häufigkeit bei Kindern und Jugendli- chen in den letzten Jahren überdurch- schnittlich zu. Unter den Hautkrank- heiten im Kindes- und Jugendalter hat das atopische Ekzem (Neurodermitis, endogenes Ekzem) erheblich an Be- deutung zugenommen. In verschiede- nen Regionen in Deutschland sind 10 bis 20 Prozent der für diese allergische Erkrankung disponierten Kinder und Jugendlichen betroffen. Entsprechend ausgabenintensiv ist das Krankheits- bild, auch für die Krankenkassen. !

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Gesundheitsforschung/Prävention

Die Allergie-Prävention soll forciert werden

Die Bundesregierung beabsichtigt, die Allergie- und Lungenforschung im Rahmen des Forschungsprogramms „Gesundheitsforschung 2000“ weiter zu forcieren und den Forschungsschwerpunkt „Allergische Erkrankungen“ über das Bundesge- sundheitsministerium zusätzlich zu fördern. Darüber gab der XXIII. Kongreß der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege e.V. (DZV) über „Prävention allergischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter“ Ende 1995 in Frank- furt/Main reichlich Anschauungsmaterial.

Forschungsprojekte „Allergie-Prävention“

c„Gesundheitliche Aufklärung und ambulante Schulung zur Sekundärprävention asthmakranker Kinder und Jugendlicher“ (insbesondere modellhafte Erprobung der Kooperation von niedergelassenen Ärzten, Selbsthilfegruppen, Schulungsbe- auftragten und Gesundheitsämtern);

cExpertise zur Vorbereitung einer neuen Dokumentations- und Informationsstel- le für Allergiefragen im Kindesalter. Das Bundesgesundheitsministerium hat ein Modellprojekt ausgeschrieben, das zunächst die Fachliteratur sammeln und ana- lysieren soll (auch die Deutsche Zentrale hat hierzu 1995 eine Studie vorgelegt);

c„Ambulante gesundheitliche Versorgung und Vorsorge mit Kindern von atopi- schem Ekzem“ (abgeschlossen). Ausgeschrieben ist ein Modellvorhaben „Ge- sundheitliche Aufklärung und ambulante Schulung zur Sekundärprävention von Kindern mit atopischem Ekzem“;

cgeplant ist ein Projekt „Frühintervention bei rezidivierenden obstruktiven Atem- wegserkrankungen im Säuglings- und Kleinkinderalter“;

cFörderung eines Informationsverbundes dermatologischer Kliniken im Hinblick auf Kontaktdermatitiden;

c„Bestandsaufnahme und Analyse von Behandlungsleitlinien sowie Patienten- schulungsprogramme im Bereich der chronisch obstruktiven Atemwegserkran- kungen im Erwachsenenalter“ (ebenfalls ausgeschrieben vom BMG);

cFörderung einzelner Projekte von Allergie-Selbsthilfeverbänden im Rahmen der gesundheitlichen Aufklärung, zum Beispiel in Berlin;

cProjekte der Europäischen Union (EU) zur Verbesserung des Verbraucher-

schutzes für Nahrungsmittelallergiker. N

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Immer noch gibt es in Deutsch- land Behandlungslücken. Die Koope- ration der Therapeuten mit den Be- troffenen und Selbsthilfegruppen ist nicht immer reibungslos und nicht flächendeckend. Die Therapeuten ha- ben, so wurde in Frankfurt festge- stellt, hier eine „Bringschuld“ gegen- über den Erkrankten und deren An- gehörigen. Die Wissenschaftler wie- sen darauf hin, daß der wichtigste Zeitpunkt zur Allergieprävention das Säuglings-, Vorschul- und Schulalter sei. Hier ließen sich bereits frühzeitig Allergie-Dispositionen erkennen und durch fachliche Informationen, ge- sundheitliche Aufklärung und zum Teil durch Anleitung und Durch- führung von wissenschaftlich qualifi- zierten Schulungen günstige Gegen- strategien einleiten.

Kassenengagement

Peter Eßer, Abteilung „Forschung und Gesundheit“ im Bundesverband der Innungskrankenkassen, Bergisch Gladbach, sagte beim DZV-Kongreß, daß die medizinischen Maßnahmen zur Allergiebekämpfung, zur Prävention und zur Behandlung damit verwandter Hauterkrankungen im Rahmen der gesetzlichen und privaten Krankenver- sicherung als Regelleistung übernom- men würden. Die Verbände der Kran- kenkassen wollen nach Angaben von Peter Eßer prüfen, ob zwischen den Krankenkassen und den ärztlichen Or- ganisationen (Kassenärztliche Bun- desvereinigung u. a.) Erprobungsrege- lungen vertraglich vereinbart und finanziell gefördert werden können.

Voraussetzung sei auch hier ein ausrei- chender Qualitätsstandard und eine begleitende Überprüfung der Maß- nahmen, so daß ein vertretbares Ko- sten-Nutzen-Verhältnis erzielt wird.

Die Krankenkassen fördern ohnedies bereits aus der Regelfinanzierung oder per Satzung Modellprojekte auch von Selbsthilfegruppen.

Aktiv in die Aufklärungs- und In- formationskampagnen zur Allergie- Prävention speziell bei Kindern und Jugendlichen sind die Bundeszentra- le für gesundheitliche Aufklärung, Köln, und die Deutsche Zentrale für Volksgesundheitspflege e.V. in Frank- furt eingeschaltet. Dr. Harald Clade

A-166 (26) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 4, 26. Januar 1996

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE/DIE REPORTAGE

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ach langjähriger Tätigkeit als Oberarzt an einem Kranken- haus der Maximalversorgung stand für den Chirurgen (Ge- fäßchirurgie) Dr. med. Christian Sell- schopp (47) fest: Gerade im Span- nungsfeld einer sich verschärfenden Kostendämpfung im Gesundheitswe- sen sind Alternativen zu einer Lauf- bahn im etablierten Kliniksektor mit allen dort vorhandenen Zwängen großer Einrichtungen und zur Nieder- lassung in einer „herkömmlichen“

chirurgischen Praxis mit dort un- umgänglichen infrastrukturellen Be- schränkungen durchaus sinn- und reizvoll. So reifte bei dem niederlas- sungswilligen Klinikarzt der Ent- schluß, sich als Spezialist seiner Fach- richtung zusammen mit zehn anderen Fachärzten verschiedener Fachrich- tungen unter einem Dach, nämlich der Organisationseinheit Praxisklinik, niederzulassen. Damit ging Dr. Sell- schopp das Wagnis ein, in der auf der

„grünen Wiese“ in Kiel-Wellingsdorf am Ostufer der Kieler Förde neu er- richteten Praxisklinik im Verbund mit anderen selbständigen Einzel- und Gruppenpraxen tätig zu werden – zu- gleich sich ganz auf sein Fachgebiet zu konzentrieren, gleichzeitig die gesame Infrastruktur der praxis- klinischen Einrichtungen zu nutzen, sich administrativer, organisatori- scher und finanzieller Spezialtätigkei- ten, die er nicht gelernt hat, zu ent-

ledigen und diese auf die Verwaltung der Praxisklinik zu verlagern.

Das Modell Praxisklinik in der Bundesrepublik Deutschland ist inzwi- schen 26 Jahre alt: Im Februar 1970 hatte der Radiologe Dr. med. Hartmut Krukemeyer die erste Praxisklinik in Osnabrück gegründet. Beispielgebend war die Mayo Clinic in Rochester/

USA, die in einer Art geballtem Fach- arztkombinat eine realistische Verzah- nung ambulant-stationär erprobte.

Das angestrebte Ziel dabei war, den Standard spezialärztlicher Versorgung an vollstationären Einrichtungen und Kliniken der Grund- und Regelversor- gung zu erreichen und möglichst noch zu übertreffen, dabei auf den konsi- liarischen Dienst ebenso wie einen in- terdisziplinären Bereitschaftsdienst und Notfalleinrichtungen so zurück- greifen zu können, wie sie in Kranken- häusern vorgehalten werden.

Praxiskliniken fristen immer noch ein Schattendasein. Nach Schät- zungen dürfte es maximal 20 bis 25 dieser Einrichtungen geben; weitere Neugründungen sind zwar projek- tiert, aber die planerischen und be- darfsrechtlichen Gründungsvoraus- setzungen sind zumeist nicht bis ins Tezett durchgespielt. Nach dem Vor- bild einer 1991 eröffneten Einrichtung in Dortmund gelten in Kiel die glei- chen Strukturmerkmale, speziell für den Sektor des ambulanten Operie- rens. Die Ausstattung orientiert sich

Modell Praxisklinik/Ambulantes Operieren

Fachärzte spüren die Knute der Kostendämpfung

Das System „Praxisklinik“ ebenso wie das ambulante Operieren in hochtechnisch

ausgerüsteten Facharztpraxen stehen in der Gesundheitspolitik ebenso wie in den

Programmen der Parteien und bei den Ärzteverbänden hoch im Kurs. Das ambu-

lante Operieren in Facharztpraxen wird vor allem auch zur Mobilisierung von Ra-

tionalisierungs- und Wirtschaftlichkeitsreserven ebenso wie zur Verzahnung pro-

pagiert. Prädestiniert für das ambulante Operieren sind neben Einzelpraxen vor

allem praxisklinische Einrichtungen. Allerdings läßt die Realität erkennen, warum

das ambulante Operieren und Praxiskliniken noch ein Schattendasein führen. Der

Gesetzgeber will Abhilfe schaffen. Ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation.

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hinsichtlich der medizinisch-techni- schen und ärztlich-fachlichen Voraus- setzungen am Klinikstandard mit dem Vorteil, „näher an den Patienten und seine Mitwelt heranzukommen, hin- sichtlich der Organisationsform der Versorgung aber an den Strukturen des niedergelassenen vertragsärztli- chen Bereichs“. In der Praxisklinik sind die Fachärzte vorwiegend opera- tiver Fächer als selbständige Ver- tragsärzte niedergelassen, zum Teil im Rahmen von fachübergreifenden Ge- meinschaftspraxen. Flächen, Appara- te und Fachpersonal werden gemein- schaftlich per Vertrag genutzt. Zentra- le Funktionen, wie etwa die Verwal- tung, Abrechnung, Datenverarbei- tung, Empfang und Service-Funktio- nen, werden gemeinsam organisiert und die Kosten aufgeteilt.

Der Praxisklinik-Facharzt steht zum Klinikträger weder in einem An- stellungsverhältnis noch in einem ar- beitnehmerähnlichen Kontrakt, son- dern ist freiberuflich tätiger Praxis- arzt mit vollem unternehmerischem Risiko. Zur stationären Versorgung der Patienten schließt der Arzt wie ein Belegarzt einen Belegarztvertrag mit dem Praxisklinikbetreiber sowie einen Miet- beziehungsweise Pacht- vertrag für die Nutzung von Räumen und Geräten ab. Die medizinisch- technische Ausrüstung steht sowohl den Arztpraxen als auch der Klinik für ambulante und stationäre Leistun- gen zur Verfügung. Durch eine gemeinsame, auch mit Terminen und Belegungsverträgen abgestimm- te Nutzung soll eine möglichst opti- male Auslastung erreicht werden.

Infrastruktur

Die Infrastruktur ist ganz auf die Bedürfnisse der angeschlossenen Pra- xisklinikärzte ausgelegt:

– Eine Operationseinheit verfügt über drei vollklimatisierte OP-Säle (DIN 1946) mit den zum Klinikstan- dard zählenden Schleusensystemen, Nebenräumen und einer voll funkti- onsfähigen Sterilisationseinheit.

– Dem Operationsbereich ange- schlossen ist ein Aufwachbereich mit apparativem Monitoring und ständig präsenter Überwachung durch das Fachpersonal. Zusätzlich zu dem Auf-

wachraum sind kleine räumliche Ein- heiten vorhanden, um beispielsweise Müttern mit Kleinkindern, aber auch älteren Patienten am Operationstag ein „Rooming in“ zu ermöglichen.

– Sämtliche operativ tätigen Ärzte der Praxisklinik sind in unmit- telbarer räumlicher Nachbarschaft zum OP in Praxen unter einem Dach tätig. Dies gewährleistet einen naht- losen Übergang von präoperativer Aufklärung und Bera-

tung zum Eingriff bis hin zur postoperativen nachambulanten Be- treuung – im engen Zusammenspiel mit dem niedergelassenen Fach- und Allgemein- arzt, mit dem Hausarzt des Patienten.

Als Wunschein- richtung bezeichnet Dr. Christian Sell- schopp die im Zen- trum der Praxisklinik vorgehaltene Reha- bilitationseinheit und die eng mit dem ortho- pädischen Facharzt- bereich kooperieren-

de selbständige Praxis für Physikali- sche Therapie.

Die postoperative Nachsorge er- folgt in enger Kooperation mit den zuweisenden Ärzten und mit ambu- lanten Pflegediensten. Für Dr. Sell- schopp war die Kooperation mit an- deren Praxisklinikärzten deswegen so interessant, weil mit dem hohen Qua- litätsstandard und der „patientenzen- trierten Interdisziplinarität der Pra- xisklinik auf dem Klavier gespielt werden konnte, das wir von der Uni- versitätsklinik her gewohnt waren“.

Allerdings, dies gab Sellschopp unumwunden zu: Es müssen einige Voraussetzungen für den praxisklini- schen Betrieb erfüllt sein: Auch bei Rückgriff auf den praxisklinisch typi- schen Konsiliardienst und den ge- meinschaftlich genutzten Hinter- grund- und Bereitschaftsdienst ist es Voraussetzung des ambulanten Ope- rierens, auch auf nicht vorhersehbare Weiterungen des Eingriffs angemes- sen reagieren zu können. Dr. Sell- schopp: Es darf eine ambulant ge- plante Operation nicht etwa deshalb um jeden Preis auch ambulant abge-

schlossen werden müssen, weil die Möglichkeiten eines Verweilens auch über Nacht nicht vorhanden sind.

Qualitative Strukturvoraussetzung ist deshalb, eine begrenzte Anzahl von praxisklinischen Betten vorzuhalten, die nach der herkömmlichen Eintei- lung als klassische Krankenhausbet- ten anzusehen wären. Chirurg Sell- schopp hat in Abstimmung mit seinen Kollegen und dem Klinikträger dafür Sorge getragen, daß auf einer gesonderten Station 18 Kurzliege- betten vorgehalten werden. Diese Stati- on entspricht den in Krankenhausverord- nungen definierten Nutzungsvorausset- zungen für den Be- trieb von Kranken- hausbetten.

Über die Vortei- le des praxisklinisch- ambulanten Operie- rens informiert Sell- schopp weiter: Bei wohldurchdachter Infrastruktur und kollegialer Abstim- mung ist es möglich, das Spektrum operativer, elektiv vorzunehmender Operationen auf solche Eingriffe zu erweitern, die bisher ausschließlich an Krankenhausabteilungen vollsta- tionär durchgeführt werden mußten.

Dadurch können relativ kurze Liege- zeiten erzielt werden. Im allgemein- chirurgischen Bereich betrifft dies zum Beispiel die minimal-invasive la- paroskopische Operation des Gallen- steinleidens sowie einen Großteil der Chirurgie der Schilddrüse. Auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie werden auch rekonstruktive Eingriffe bei ar- teriellen peripheren Gefäßverengun- gen möglich, an die nahtlos die Reha- bilitation angeschlossen werden kann.

Im unfallchirurgischen Bereich sind unter anderem Eingriffe bei unkom- plizierten Brüchen und Bandrekon- struktionen durchführbar.

Ein auf den ersten Blick als para- dox erscheinendes Phänomen mußte Sellschopp aufklären: Eine Auswei- tung des Spektrums für ambulante Operationen im praxisklinischen Be- reich löst zunächst einen zusätzlichen Bedarf an Betten aus. Allerdings han-

T H E M E N D E R Z E I T DIE REPORTAGE

Dr. med. Christian Sellschopp, Chirurg/

Gefäßchirurgie, Kiel Foto: privat

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delt es sich nicht um klassische Kran- kenhausbetten mit dem üblichen In- vestitionsvolumen von durchschnitt- lich 300 000 DM je Bett. Dies unter- streicht schon die Relation zwischen Anzahl der Betten und Operateuren.

Im Gegensatz zum herkömmlichen Belegarztsystem mit etwa 25 Betten je Operateur sind in den Praxiskliniken bei gleicher OP-Kapazität für jeden Operateur nur zwei Betten erforder- lich. Diese sind zur maximal 72stündi- gen postoperativen Überwachung vorgesehen. Die Praxisklinikärzte sind davon überzeugt, daß durch die in Praxiskliniken vorgehaltenen billi- geren Spezialbetten eine neue, bisher nicht vorhandene Möglichkeit zur Pa- tientenversorgung zwischen ambu- lantem und herkömmlich stationärem Bereich ermöglicht wird.

Gestufte Versorgung

Die Praxiskliniken nehmen für sich in Anspruch, sich in eine gestufte Versorgungsstruktur von Vertrags- arztpraxen, Krankenhäusern der Grund-, Regel-, Schwerpunkt- bis hin zur Maximalversorgung einzupassen.

Typisch für die praxisklinische Versorgung ist die kurzstationäre Chirurgie (12 bis 48, maximal 72 Stun- den stationäre Versorgung). Arbeits- teilung und Arbeitsverdichtung in praxisklinischen Einrichtungen sol- len, so die Vorstellungen, bisher sta- tionär versorgte Eingriffe mit relativ kurzer Verweildauer in Praxisklini- ken verlagern und stationäre Kapa- zitäten abbauen oder für typisch sta- tionär zu versorgende Fälle frei ma- chen. Wenn dies gelänge, wäre dies in der Tat ein Beitrag zur Steuerung knapper Ressourcen im System und zur langfristigen Kostendämpfung.

Systemtypische Kennzeichen von Praxiskliniken sind die durchgän- gige Versorgung, die Personalität und die direkte Beziehung zwischen Arzt und Patient, die „patientenzentrierte Interdisziplinarität zwischen Praxis und Krankenhaus“, so Dr. Sellschopp treffend. Ausschlaggebend, eine Kar- riere als Vertragsfacharzt in einer Pra- xisklinik zu starten und dem Anstalts- krankenhaus ade zu sagen, war die Chance, im Team kooperierender selbständig tätiger Ärzte ein relativ

breites Spektrum fachärztlicher Tä- tigkeit eigenverantwortlich durch- führen zu können, so Sellschopp.

Allerdings hakt der Fortgang praxisklinischer Einrichtungen viel- fach noch an den finanziellen und ge- setzgeberischen Rahmenbedingun- gen, die eher bremsen und hemmen statt fördern. Dies bekam auch das Modell Dortmund (Medical Center) zu spüren. Dort verweigerten die Krankenkassen und Behörden die Anerkennung einer begrenzten Zahl von Betten in der Praxisklinik mit dem Argument, daß ein Bedarf beste- hen und dieser durch die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan des Landes sanktioniert werden müsse.

Dann müßten auch die öffentlichen Fördermittel vom Land bereitgestellt werden.

Tatsache ist: Der Klinikbetreiber der Praxisklinik verzichtet aus eige- nem Entschluß völlig auf den Rück- griff auf öffentliche Fördermittel und die Anerkennung im Krankenhaus- bedarfsplan des Landes. Praxisklinik- ärzte und -träger legen Wert auf die

Feststellung, über den Grundbedarf an Betten hinaus auch ein öffentliches Versorgungsinteresse im Sinne der Vielfalt der Träger und der Speziali- sierung zu übernehmen und den am- bulanten und stationären Behand- lungsbereich dadurch stärker zu ver- zahnen. Deshalb dürfe der Abschluß eines Versorgungsvertrages (§ 109 SGB V) nicht immer gleichgesetzt werden mit dem Anspruch auf Auf- nahme in den Krankenhausbedarfs- plan und die öffentliche Förderung.

Ein anderes Handicap für Pra- xiskliniken entsteht in dem Moment, wenn ein zugelassener Vertragsarzt die Praxisklinik plötzlich verläßt und sich an anderer Stelle im Planungs- bereich niederläßt. Dann kann diese Arztpraxis in der Praxisklinik nicht mehr besetzt werden, wenn der Zulassungsbezirk gesperrt ist. Die Praxisklinik ist darum zum Aus- sterben verurteilt, verursacht durch die rigiden und inflexible Zulassungs- steuerung und -drosselung nach Maßgabe des Gesundheitsstruktur- gesetzes. Dr. Harald Clade

A-170 (30) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 4, 26. Januar 1996

T H E M E N D E R Z E I T DIE REPORTAGE/TAGUNGSBERICHT

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ie gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Präven- tion (DGSMP), der Deut- schen Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS) und der Deut- schen Arbeitsgemeinschaft für Epide- miologie (DA Epi) fand Ende Sep- tember in Magdeburg und damit erst- malig in den neuen Ländern statt. Die Tagung stand unter dem Thema „Ge- sundheit in sozialer Verantwortung“.

Sie umfaßte wissenschaftliche Sitzun- gen unter anderem zu Schwerpunkten der Epidemiologie, Gesundheitsöko- nomie, Qualitätssicherung, soziale Ungleichheit und Versorgungsfor- schung sowie Arbeitsgruppensitzun- gen und Workshops. 500 Teilnehmer an drei Konferenztagen belegen Viel- falt und Aktualität des Programms.

Prof. Bernd Badura (Bielefeld) thematisierte in seinem Festvortrag zentrale Aspekte sozialer Verantwor- tung in unserem Gesundheitswesen.

Darunter versteht er in erster Linie die Bekämpfung seiner Intransparenz und die Überwindung der Anbieter- dominanz. Er plädierte für eine wis- senschaftlich begründete Evaluation des Gesundheitswesens, die den Pro- zeß der Leistungserbringung zum An- satzpunkt eines umfassenden Qua- litätsmanagements macht. Hinsicht- lich der Dominanz von Leistungser- bringern und Kostenträgern gelte es, den ganzen Menschen und interakti- onsintensive Leistungen wieder in den Mittelpunkt der medizinischen Versorgung zu stellen. Prof. Jörg Michaelis (Mainz) stellte während der Tagung ein Grundsatzpapier seiner

„Gesundheit in sozialer Verantwortung“

Vorschläge zur Umsetzung

des Krebsregistergesetzes

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Arbeitsgruppe zur Umsetzung des Krebsregistergesetzes (KRG) vor.

Das KRG verpflichtet die Bundeslän- der, spätestens zum 1. Januar 1999 flächendeckend bevölkerungsbezo- gene Krebsregister einzurichten. Mit einer Ausnahme gibt es zum derzeiti- gen Zeitpunkt in allen Bundesländern Pläne für Landeskrebsregister. Die Arbeitsgruppe hat in Magdeburg Vor- schläge für eine technische Realisie- rung nach dem sogenannten Michae- lis-Modell erarbeitet.

Es sieht eine Trennung der Regi- ster in eine Vertrauens- und eine Registerstelle vor. Während die Vertrauensstelle für Datenprüfung, Rückfragen an die meldenden Ein- richtungen und die Verschlüsselung der persönlichen Daten zuständig ist, erfolgen in der Registerstelle die Langzeitspeicherung, das Record Linkage verschiedener Datensätze, die Routineberichterstattung und die epidemiologische Forschung. Für die abgestimmte bundesweite Arbeit der Register und ihren länderübergrei- fenden Datenabgleich ist auf Bundes- ebene eine einheitliche Vergabe von Kontrollnummern unabdingbar. Auf Landesebene sind im Falle mehrerer Vertrauensstellen zusätzlich einheit- liche Verfahren und Schlüssel für ei- ne symmetrische Verschlüsselung personenbezogener Datensätze er- forderlich.

In Rheinland-Pfalz schon umgesetzt

Im Krebsregister Rheinland- Pfalz ist dieses Konzept bereits weit- gehend umgesetzt und hat sich als praktikabel erwiesen. Nachdem die Meldung von Krebsfällen anhand von Meldebogen des Registers, über Nachsorgeleitstellen und klinische Register realisiert ist, sollen zukünftig Pathologen, Melderegister und Ge- sundheitsämter (Todesbescheinigun- gen) einbezogen werden.

Nach den Ausführungen von Cornelia Baumgardt-Elms (Krebsre- gister Hamburg) und Christa Steg- maier (Krebsregister Saarland) sind ohne regelmäßige Abgleichungen zwischen Krebs- und Melderegistern einerseits sowie zwischen den Krebs- registern untereinander andererseits

keine validen Schätzungen von Inzi- denzen und Prävalenzen möglich.

Ausführlich diskutiert wurde im Plenum die zukünftige Organisation der Epidemiologie in Deutschland. In der sachlich wie emotional geführten Aussprache befürworteten PD Dr.

Nikolaus Becker (Heidelberg) und Prof. Ulrich Keil (Münster) die Grün- dung einer eigenständigen Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie an Stelle der DA Epi, die bislang durch die Fachgesellschaften DGMSP und Deutsche Gesellschaft für Medizini- sche Informatik, Biometrie und Epi- demiologie (GMDS) sowie die Deut- sche Region der Internationalen Bio- metrischen Gesellschaft (BG-DR) getragen wird. Begründet wurde die- ser Vorschlag mit der bisher fehlen- den Mitgestaltungsmöglichkeit vieler Epidemiologen in der DA Epi auf- grund ihres Delegationsprinzips und durch die damit verbundene Konzen- tration der Kräfte in Richtung auf ei- ne weitere Verbreitung der Epide- miologie in Deutschland.

Von anderen Diskussionsteilneh- mern – Prof. Heiner Raspe (Lübeck), PD Dr. Maria Blettner (Heidelberg), Prof. Heinz Erich Wichmann (Neu- herberg) – wurde hingegen die Arbeit der DA Epi in den vergangenen Jah- ren gewürdigt. Sie habe dazu beige- tragen, die durchaus konkurrierenden Eigeninteressen der Muttergesell- schaften zu bündeln. Sie repräsentie- re in idealer Weise die Interdisziplina- rität des Faches Epidemiologie und könne derzeit die verschiedenen Fachrichtungen der epidemiologisch tätigen Wissenschaftler besser inte- grieren als eine neu aufzubauende Gesellschaft. Zur Zeit solle sich daher die DA Epi mit Unterstützung der an- deren Fachgesellschaften weiter ent- wickeln, bis zu einem späteren Zeit- punkt bei einer stärkeren Veranke- rung der Epidemiologie in Deutsch- land über die Gründung einer eigenen Fachgesellschaft entschieden werden könne.

Die Diskussion endete mit einem Kompromiß: Es soll an einer Aufwer- tung der Jahrestagungen der DA Epi und an einer Schärfung ihres Profils auch auf europäischer Ebene gearbei- tet werden. Zudem soll die Satzung der DA Epi hinsichtlich einer breite- ren Mitwirkungsmöglichkeit der Epi-

demiologen umgestaltet werden. Alle Beteiligten erklärten sich zu einer Mitwirkung an diesem Prozeß bereit.

Tarifsystem in GKV und PKV

Schwerpunkte einer Sitzung Ge- sundheitsökonomie waren Struktur- analysen der gesetzlichen und priva- ten Krankenversicherungen und Er- fahrungsberichte zu alternativen Ta- rifsystemen in der GKV. Prof. Jürgen Wasem (Köln) diskutierte Lösungs- möglichkeiten für das Problem der mit dem Alter extrem ansteigenden Prämien in der PKV. Umsetzungs- fähig erscheinen vor allem ein Aus- bau des Umlageverfahrens analog zur GKV und eine Stärkung des Kapital- deckungselements auf der Grundlage einer geschätzten Krankheitskosten- entwicklung. Aufgrund einer Analyse von Jahresabschlüssen privater und gesetzlicher Krankenversicherungen kommt Dr. Ingo Böhlert (Magde- burg) zum Schluß, daß weder GKV noch PKV vollständig befriedigende Instrumente zur Lösung der mit steigenden Ausgaben verbundenen Probleme besitzen. Es zeige sich eine Tendenz zur Konvergenz beider Versicherungssysteme. Elke-Maria Schmidt und Eva-Maria Malin (Es- sen) berichteten von einem Modell- versuch Beitragsrückzahlung in meh- reren Betriebskrankenkassen. Höhe- ren Verwaltungskosten standen nur geringe Einsparungen bei den Ge- sundheitsausgaben gegenüber, da die Rückzahlungen vor allem den Versi- cherten zugute kamen, die bislang schon wenig zum Arzt gingen. Eine Beitragsrückzahlung erscheint daher nicht als wirksames Instrument der Kostendämpfung, sondern als Mittel der Selektion guter Risiken.

Anschrift der Verfasser:

Dr. Enno Swart

Prof. Dr. Bernt-Peter Robra Dr. Ingo Böhlert

Dr. Frank Schneider Institut für Sozialmedizin Medizinische Fakultät

der Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Straße 44

39120 Magdeburg

T H E M E N D E R Z E I T TAGUNGSBERICHT

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