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Wichtige Rolle der überfachlichen Kompetenzen

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Academic year: 2022

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PANORAMA 1 |2010 — 17 16 — PANORAMA 1 |2010

BERUFSBILDUNG

Selektionskriterien

Wichtige Rolle

der überfachlichen Kompetenzen

Schulnoten sind für Wirtschaftsberufe wichtiger als im Baugewerbe.

Sozial- und Methodenkompetenzen werden dafür im Baugewerbe stärker beachtet.

Eine Befragung im Rahmen des Forschungsprojekts «FASE B» gibt Hinweise, worauf Berufsbildende achten, wenn sie neue Berufslernende auswählen.

Von Markus P. Neuenschwander und Nathalie Wismer. Markus P. Neuenschwander ist Dozent an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz. Nathalie Wismer hat am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Zürich studiert.

— Das Schulzeugnis ist nach wie vor ein wesentlicher Bestandteil jeder Bewer- bung für eine Lehrstelle. Daneben spie- len die Bewerbungsunterlagen und das Bewerbungsgespräch – vor allem in KMU und im Baugewerbe (dort oft mit den Eltern) – eine wichtige Rolle. Dies geht aus einer Befragung von 243 Be- rufsbildenden aus Betrieben der Ausbil- dungsfelder «Wirtschaft und Verwal- tung», «Baugewerbe Hoch- und Tiefbau»

sowie «Handel» in den Kantonen Luzern und Bern hervor. Sowohl grosse Betrie- be als auch KMU sowie Stadt und Land sind in der repräsentativen Stichprobe vertreten (Wismer, 2008).

Das vorliegende Teilprojekt des For- schungsvorhabens FASE B untersuchte zunächst den Rekrutierungsprozess und zeigt, dass der Lehrstellennachweis (LENA) von den Betrieben nur manch- mal verwendet wird, insgesamt eher häufiger von grösseren Betrieben. Be- rufsverbände werden selten kontak-

tiert, und auch Inserate werden eher selten geschaltet (Abb. 1). Für Inserate wird am häufigsten die Firmenhome- page benutzt (vor allem bei Grossbetrie- ben und im Ausbildungsfeld Wirtschaft und Verwaltung), manchmal werden sie in Zeitungen publiziert. Seltener werden Aushänge im Betrieb oder in Schulen gemacht.

Fleiss und Pflichtbewusstsein Die befragten Berufsbildnerinnen und Berufsbildner stufen unentschuldigte Absenzen im Zeugnis sowie Sozial- und Selbstkompetenzen als besonders wich- tig ein (Abb. 2). Zu Letzteren zählen Mo- tivation und Persönlichkeit, Fleiss und Pflichtbewusstsein, aber auch Teamfä- higkeit, angenehme Umgangsformen und Kontaktfreudigkeit. Diese Befunde bestätigen jene von Stalder und Stricker (cf. PANORAMA 5/09).

Im Vergleich mit den übrigen Selek- tionskriterien sind schulische Fachkom-

petenzen (Schultyp, Zeugnisnoten in Deutsch, Fremdsprachen und Mathe- matik) im Baugewerbe weniger wichtig als in Wirtschaft und Verwaltung. Aller- dings haben Schultyp und Zeugnisno- ten in Wirtschaft und Verwaltung mög- licherweise die Funktion einer Vorselek- tion, weil dort die schulischen Anforde- rungen höher sind. Ausreichende schulische Leistungen definieren hier eine untere Leistungsschwelle, die er- füllt sein muss. Im Baugewerbe sind hingegen Sozial- und Methodenkompe- tenzen die wichtigeren Selektionskrite- rien.

Seltene externe Eignungstests Selektionshilfen werden in allen befrag- ten Ausbildungsfeldern als wichtig er- achtet. Als eher wichtig gelten der Ein- druck im Bewerbungsgespräch, die Schnupperlehre, das Bauchgefühl so- wie Sorgfalt und Vollständigkeit der Be- werbungsunterlagen. Die Ergebnisse aus externen Eignungstests gelten auch als eher wichtig, diese werden aber sel- ten eingesetzt (Abb. 3). Ihre Bedeutung scheint abgenommen zu haben und va- riiert – in Abweichung zu Moser (2004) – nicht nach Betriebsgrösse, sondern nach Ausbildungsfeld. So werden exter- ne Leistungstests im Handel sowie in der Wirtschaft und Verwaltung häufi- ger eingesetzt als im Baugewerbe. Im Baugewerbe und Handel sind interne Eignungstests dafür häufiger als in der Wirtschaft und Verwaltung. Nur eine eher wichtige Rolle spielen bei der Se-

lektion besondere Eigenschaften wie Aussehen und Kleidung, Körperhygie- ne, Körperbau, Schultyp, Geschlecht, Nationalität und familiäres Umfeld des Jugendlichen. Es ist aber insgesamt un- klar, ob hier ein Effekt der sozialen Er- wünschtheit oder politischen Korrekt- heit sichtbar wird, weil viele Berufsbil- dende vorgeben, aufgrund der Schüler- kompetenzen und nicht aufgrund von askriptiven Merkmalen zu entscheiden.

Nach Häberlin, Imdorf und Kronig (2004) sind Geschlecht, Nationalität und Schultyp wichtige vorstrukturie- rende Bedingungen bei der Selektion

von Lernenden. Die Berufsbildner ge- ben an, dass diese Kriterien zwar wich- tig sind, aber weniger wichtig als Sozial- und Selbstkompetenzen und Methoden- kompetenzen, die von Häberlin et al.

nicht untersucht wurden. Eine andere Erklärung könnte darin liegen, dass Ge- schlecht und Nationalität unterschwel- lige Selektionskriterien sind, die nicht bewusst reflektiert werden, aber intui- tiv die Entscheidungsfindung stark be- einflussen. —

Literatur: www.panorama.ch > Zeitschrift

KOMMENTAR

Verschiebung der Akzente

Markus P. Neuenschwander

Die Ergebnisse zur Bedeutung verschiede- ner Selektionskriterien in der Perspektive der Berufsbildenden führen zu einer Ak- zentverschiebung. Schulische Kompetenzen und askriptive Merkmale wie Geschlecht, Nationalität und Schultyp spielen zwar eine Rolle, am wichtigsten werden aber un- entschuldigte Absenzen sowie Sozial- und Selbstkompetenzen bewertet. Die über- fachlichen Kompetenzen erhalten in der Perspektive der Berufsbildenden einen hö- heren Stellenwert als es der Volksschullehr- plan nahelegt. Unabhängig davon bleiben fachspezifische Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen für die meisten Be- rufe wichtige Selektionskriterien. Das Trai- ning von sozialen Kompetenzen und ihre

Beurteilung in der Schule sollten mehr Aufmerksamkeit erhalten. Insbesondere Jugendliche mit hoher Delinquenzneigung dürften im Lehrstellenmarkt grosse Schwie rigkeiten haben. Ihre Chancen kön- nen gesteigert werden, wenn ihre sozialen Kompetenzen gezielt trainiert werden. Die- ses Training soll aber kein «Konformitäts- training» sein.

Die Ergebnisse der Untersuchung tra- gen dazu bei, die Ziele der Sekundarstufe I mit den Anforderungen der Berufsbildung zu koordinieren. Schülerinnen und Schüler möchten sich erwiesenermassen stärker auf den Beruf und das Leben als Erwachse- ne vorbereiten als die Ziele von Lehrperso- nen dies nahe legen. Gleichwohl darf die Schule nicht auf eine Zubringerfunktion für die Wirtschaft reduziert werden. —

«Schüler möchten sich stärker auf den Beruf und das Leben als

Erwachsene vorbereiten.»

Abb 1: Der Lehrstellennachweis LENA hat eine nur mässige Bedeutung für die Betriebe: Sie melden freie Stellen nur manchmal an.

1 2 3 4 5

mehr Bewerbungen als Lehrstellen

1 2 3 4 5

Mittelwert Häufi gkeit nie = 1 – immer = 5 Spontanbewerbung

keine geeigneten Bewerbenden Lehrstellennachweis LENA Berufsverband Inserate

Stellungnahmen der Lehrbetriebe zum Berufswahlgeschehen

Abb. 2: In den beruflichen Ausbildungsfeldern «Wirtschaft und Verwaltung», «Handel» und

«Baugewerbe Hoch- und Tiefbau» wird der Stellenwert von schulischem Wissen und Noten sowie Selbst-, Sozial- und Sachkompetenzen bei der Selektion unterschiedlich gewichtet. (Skala: 1 = überhaupt nicht wichtig, 6 = äusserst wichtig).

1 2 3 4 5 6

unentschuldigte Absenzen entschuldigte Absenzen Sozial- und Selbstkompetenzen Selektionshilfen Methodenkompetenzen schul. Fachkompetenzen bes. Eigenschaften

1 2 3 4 5 6

Handel Wirtschaft und Verwaltung Baugewerbe Die Unterschiede nach Berufsfeld

Abb 3: Bei der Auswahl der Jugendlichen für eine Lehrstelle spielen das Zeugnis, die Bewerbungs- unterlagen und das Gespräch fast immer eine sehr wichtige Rolle.

1 2 3 4 5

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Schulzeugnis Bewerbungsgespräch Bewerbungsunterlagen Schnupperlehre Betriebsbesuch Gespräch mit den Eltern interner Eignungstest externer Eignungstest Gruppeninterview

1 2 3 4 5

Mittelwert Häufi gkeit nie = 1 – immer = 5 Gewichtung der Selektionshilfen

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