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Die Mediation ist ein aussergerichtliches Verfahren zur Konfliktlösung, bei dem die Parteien einander auf freiwilliger Basis gegenüberstehen und mit Unterstützung eines Mediators eine Lösung des Konfliktserarbeiten

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I 092/2008 JGK 10. September 2008 JGK C Interpellation

1525 Coninx, Bern (Grüne)

Weitere Unterschriften: 13 Eingereicht am: 31.03.2008

Quo vadis in Sachen Mediation im Jugendstrafverfahren?

Das Postulat, Täter und Opfer einander gegenüberzustellen, um eine Einigung zu erzielen, ist erzieherisch sinnvoll und deshalb im Jugendstrafverfahren besonders anzustreben. Dies führte dazu, dass in Artikel 8 des Jugendstrafgesetzes (JstG) die Kantone aufgefordert werden, neben dem ordentlichen Strafprozess die Mediation als alternative Massnahme vorzusehen1.

Die Mediation ist ein aussergerichtliches Verfahren zur Konfliktlösung, bei dem die Parteien einander auf freiwilliger Basis gegenüberstehen und mit Unterstützung eines Mediators eine Lösung des Konfliktserarbeiten. Dieser Ansatz findet auch im (Jugend-) Strafrecht seit über 20 Jahren zunehmend internationale Beachtung und Verbreitung2. Mediation vermag sowohl den Täter zur Übernahme von Verantwortung zu bewegen wie auch dem Bedürfnis des Opfers nach emotionaler Aufarbeitung der Tat Rechnung zu tragen. Verschiedene Studien kommen zum Schluss, dass auf Seiten der Opfer ein tiefgreifendes Bedürfnis nach emotionaler Wiedergutmachung besteht3. Opfer wünschen sich oftmals eine Entschuldigung und aufrichtige Reue des Täters. Für die Straftäter ist die emotionale Dimension in erster Linie unangenehm, weil sie der Wut des Verletzten ausgesetzt sind, dennoch haben sie nicht selten ein Bedürfnis ihre Schuldgefühle zu überwinden, ihre Motive darzulegen und den Schaden wiedergutzumachen. Mediation bietet sich hier als pädagogisch wertvolle Intervention an, mittels derer zugleich die stigmatisierende Wirkung des Strafverfahrens eingeschränkt werden kann. Diese alternative Form der Konfliktlösung erweist sich als pragmatisches und konstruktives Instrument, das eine Win-Win-Lösung an strebt, statt einen Gewinn auf der einen- und ein Verlust auf der anderen Seite.

Zurzeit gelten für den Kanton Bern in Sachen Mediation im Jugendstrafverfahren hinsichtlich des materiellen Rechts Artikel 8 JStG und hinsichtlich des Verfahrens Artikel 45b Jugendrechtspflegegesetz (JRPG), und dies voraussichtlich bis zum 31.12.2009.

Artikel 45b JRPG entspricht der von Artikel 8 Absatz 3 JStG geforderten Ausführungsbestimmung. Von Interesse ist, wie sich die Mediation seit dem Inkrafttreten (Anfang 2007) entwickelt hat und wie der Regierungsrat künftig (bis 2009 und nach der Einführung der JStPo auf nationaler Ebene) die Mediation weiterführen und stärken will.

1 Vgl. Materialen zu Mediation im Jugendstrafrecht, in: Begleitbericht zum Vorentwurf für ein Bundesgesetz über das Schweizerische Jugendstrafverfahren, Juni 2001.

2 Vgl. zur sogenannten „Restorative Justice“ : Domenig, Claudio (2008): Restorative Justice und integrative Symbolik. Möglichkeiten eines integrativen Umgangs mit Kriminalität und die Bedeutung von Symbolik in dessen Umsetzung. Haupt Verlag, Bern.

3 Vgl. etwa Strang, Heather (2002): Repair or Revenge: Victims and Restorative Justice. Claredon Press, Oxford.

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Vor diesem Hintergrund wird der Regierungsrat gebeten folgende Fragen zu beantworten:

I. Zum jetzigen Zeitpunkt, also vor Ausserkraftsetzung des JRPG

1. Seit Anfang 2007 ist Artikel 45b JRPG in Kraft: wie wurde er bisher von den Jugendgerichten angewandt? Falls nein, weshalb nicht? Falls ja, welche Erfahrungen wurden dabei gemacht? Gab es Schwierigkeiten?

2. Welche Anreize bestehen, dass Mediationen tatsächlich durchgeführt werden?

3. Wurde eine harmonisierte Praxis durch die Gerichte angestrebt hinsichtlich der Beauftragung der Mediation an eine „anerkannte, dafür geeignete Organisation oder Person“ (Art. 45b Abs. 1 JRPG)? Falls nein, wäre eine Harmonisierung insbesondere betreffend der Auswahl einer geeigneten Organisation oder Person nicht wünschenswert?

4. Sieht der Regierungsrat (oder das Justizdepartement? Oder die Gerichte?) kein Problem darin, dass keine offiziell von der Regierung oder von den Jugendgerichten akkreditierte Organisation oder Liste von akkreditierten MediatorInnen besteht? Wie wird die Qualitätskontrolle getätigt?

II. Nach dem 31.12.2009

1. Wird ein allfälliger Wechsel vom Jugendgerichtsmodell zum Jugendanwaltsmodell Auswirkungen auf die Mediation haben? (ausser, dass sich die Zuständigkeiten ändern dürften)?

2. Artikel 18 JStPO (vorausgesetzt der Nationalrat nimmt diesen in der heutigen Fassung des Entwurfs an) ist weniger detailliert als Artikel 45b JRPG

a) Ist vorgesehen, dass der Inhalt von Artikel 45b JRPG in eine neue kantonale Ausführungsbestimmung überführt wird?

b) Bzw. wie sollen die Ausführungsbestimmung in Erfüllung von Artikel 8 Absatz 3 JStG nach dem 31.12.2009 ausgestaltet werden?

Antwort des Regierungsrates

Sowohl Artikel 45 b Jugendrechtspflegegesetz vom 31. Januar 1993 (JRPG; BSG 322.1) als auch Artikel 8 Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht (JStG; 311.1) sind Kann- Vorschriften, welche den Jugendgerichten das Instrument eines aussergerichtlichen Verfahrens zur Konfliktlösung in die Hand geben. Zufolge der Gewaltenteilung ist der Regierungsrat nicht befugt, die Anwendung von Gesetzesvorschriften, welche im Ermessen der Justizorgane liegen, zu beurteilen. Immerhin lässt sich sagen, dass die optimistische Beurteilung der Mediation, wie sie in der Interpellation zum Ausdruck kommt, nicht durchwegs geteilt wird. Insbesondere machen die Jugendgerichte vielfach die Erfahrung, dass die Opfer kein Bedürfnis verspüren, in einen mehrstufigen und aufwändigen Mediationsprozess einzutreten, oder dass sie sich von einer Strafe eine stärkere Wirkung erhoffen. Der Regierungsrat teilt auch nicht die Auffassung, wonach ein Strafverfahren gegen Jugendliche grundsätzlich stigmatisierende Wirkungen habe.

Gemäss Artikel 2 JStG ist Schutz und Erziehung für die Anwendung des Gesetzes wegleitend. Das heisst selbstverständlich auch, dass nachteilige Auswirkungen möglichst vermieden werden müssen. Verschiedene Verfahrensvorschriften (Ausschluss der Öffentlichkeit, Regelung des Strafregistereintrages etc.) sichern diesen Grundsatz.

Anzumerken ist auch, dass Artikel 8 JStG selber das Mediationsverfahren stark einschränkt. Ausgeschlossen ist es beispielsweise in den Fällen, wo der Jugendliche oder die Jugendliche einer Schutzmassnahme bedarf oder wo eine unbedingte Freiheitsstrafe in Aussicht steht.

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Zu den einzelnen Fragen.

I. Zum jetzigen Zeitpunkt

1. Soweit ersichtlich wurde in ca. fünf Fällen eine Mediation durchgeführt. Sie wird dort eingesetzt, wo es tatsächlich um eine Versöhnung mit dem Opfer geht. Also beispielsweise wenn ein Opfer durch die Straftat persönlich erniedrigt worden ist.

Hingegen steht sie nicht im Vordergrund, wenn es in erster Linie um materielle Wiedergutmachung geht. Haben Jugendliche aus eigener Leistung den Schaden wieder gutgemacht, was insbesondere bei Sachbeschädigungen und kleineren Vermögensdelikten von den Jugendgerichten aktiv gefördert wird, kommt Artikel 21 JStPO zur Anwendung, welcher zur Strafbefreiung führt und eine Mediation somit von Gesetzes wegen ausschliesst. Werden bei Schutzmassnahmen und Strafen Begleitpersonen ernannt, erhalten die jugendgerichtlichen Sozialarbeitenden regelmässig den Auftrag, im Rahmen der pädagogischen Arbeit eine Wiedergutmachung an die Hand zu nehmen. Zusammenfassend lässt sich sagen:

Mediation ist ein Teil des Instrumentariums zur Wiedergutmachung, welche bei jugendgerichtlichen Verfahren im Kanton Bern seit jeher einen sehr grossen Stellenwert hat.

2. Bei „Mediationsfällen“, welche nicht zu Stande gekommen sind, sind es nur vereinzelt die Täterinnen und Täter, die sich verweigern, weil für sie ja der Anreiz einer definitiven Einstellung besteht. Hingegen sind es in der Regel die Opfer, welche verständlicherweise nicht Zeit und Energie in die Sozialisation der Täterinnen und Täter investieren und diese Aufgabe in die Hände der Justiz legen wollen. Für die Jugendgerichte sind die prozessualen Spareffekte der Mediation gering, da der Sachverhalt ohnehin abgeklärt werden muss (Art. 8 Abs. 1 lit.c JStG) und die meisten Verfahren mit einem Urteil ohne Hauptverhandlung abgeschlossen werden. Dazu kommt, dass nur selten bloss ein Delikt allein zur Beurteilung steht.

3. Der Regierungsrat hat keine Kenntnisse über die konkrete Auslese, welche in die Autonomie der Jugendgerichte fällt. Festzustellen ist, dass die Jugendgerichte genügend Angebote erhalten, welche eine Auswahl ermöglichen. Eine

„Harmonisierung betreffend der Auswahl“ ist aus der Sicht des Regierungsrates weder wünschenswert noch angesichts der kleinen Zahlen vom Aufwand her gerechtfertigt.

4. Der Regierungsrat sieht kein Problem darin, dass es keine offiziell von ihm oder den Jugendgerichten angefertigte Akkreditierungsliste gibt. Die Qualität der Mediation zeigt sich in den konkreten Resultaten und die Qualitätskontrolle obliegt den einzelnen Jugendgerichtspräsidentinnen und Jugendgerichtspräsidenten.

II. Nach dem 31.12.2010

1. Ein allfälliger Systemwechsel hat keine Auswirkungen auf die Mediation.

2. a) Es ist nicht vorgesehen, den Inhalt Artikel 45 b JRPG in eine neue kantonale Ausführungsbestimmung zu überführen, da die hauptsächlichen Elemente neu im JStG geregelt sind. Sollten die Fälle von Mediation stark zunehmen, kann allenfalls eine Koordination über Richtlinien des Obergerichts (Jugendrichtermodell) oder der Leitung der Jugendanwaltschaft erfolgen.

b) Artikel 8 Absatz 3 ist eine Ermächtigungsnorm, die nur ausgeschöpft wird, wenn es zwingend notwendig ist. Eine solche Ausführungsbestimmung wird sich zum Beispiel im künftigen Dekret des Grossen Rates über die Berechnung der Kosten finden.

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An den Grossen Rat

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