Lineare Algebra 1 12. Übungsblatt Lösungshinweise
Fachbereich Mathematik WS 2011/2012
Prof. Dr. A. Kollross 26. Januar 2012
K. Schwieger
Gruppenübung
Aufgabe G1
SeiV der reelle Vektorraum, der von den Funktionen inB:= (f1, . . . ,f5), fi:R→R, mit
f1(t):=sin(t), f2(t):=cos(t), f3(t):=sin(t)·cos(t), f4(t):=sin2(t), f5(t):=cos2(t)
aufgespannt wird. Wir betrachten die Ableitungϕ:V →V, f 7→f0.
(a) Zeigen Sie, dassB eine Basis vonV ist.
(b) Bestimmen Sie die Matrix[ϕ]BB.
(c) Bestimmen Sie jeweils eine Basis des Kerns und des Bildes vonϕ.
Lösungshinweise:
Aufgabe G2
Seienv1, . . . ,vn∈Rnbeliebige Vektoren. Zeigen Sie, dass die folgenden Aussagen äquivalent sind:
(a) Die Matrizenvivjt,1≤i,j≤n, inMn(R)sind linear unabhängig.
(b) Die Vektorenv1, . . . ,vninRnsind linear unabhängig.
Lösungshinweise: Sind die Vektorenv1, . . . ,vn linear abhängig, so lässt sich einer der Vektoren als Linearkombi- nation der übrigen Darstellen. Wir nehmen o.B.d.A. an, dass sichv1als Linearkombination vonv2, . . . ,vndarstellen lässt, d.h. es gibtµ2, . . . ,µn∈Rmit
v1=µ2v2+· · ·+µnvn.
Dann gilt
v1vjt=µ2v2vjt+· · ·+µnvnvjT.
Also sind auch die Matrizenv1vjt mit1≤j≤nlinear abhängig, damit erst rechtvivjt mit1≤i,j≤n.
Umgekehrt seienv1, . . . ,vn linear unabhängig. Dann gibt es eine invertierbare MatrixS ∈Mn(R)mitSvi =ei für jedes1≤i≤n, wobeie1, . . . ,endie kanonische Basis vonRnbezeichnet. Es folgt
SvivtjSt= (Svi)(Svj)t =eietj=Ei,j,
wobei Ei,j die Matrix mit einer 1 in der i-ten Zeile und j-ten Spalte bezeichnet und sonst Nulleneinträgen be- zeichnet. Die MatrizenEi,jsind linear unabängig. Daraus folgt, dass auchvivjt linear unabhängig sind: Ist nämlich Pn
i,j=1µi,jvivjt=0, so folgt auch0=S Pn
i,j=1µi,jvivjt
St=Pn
i,j=1µi,jEi,jund somitµi,j=0für alle1≤i,j≤n.
Aufgabe G3
Wir betrachten den RingMn(R)aller reellen(n×n)-Matrizen. Für eine TeilmengeS⊆Mn(R)heißt die Menge
S0:={B∈Mn(R)| ∀A∈S: AB=BA}
dieKommutantevonS.
(a) Zeigen Sie, dass die KommutanteS0einer beliebigen TeilmengeS⊆Mn(R)ein linearer Teilraum ist, der unter Multiplikation abgeschlossen ist. (Ein solcher Teilraum heißt auchUnteralgebravonMn(R).)
(b) SeiDn⊆Mn(R)die Menge aller Diagonalmatrizen. Zeigen SieDn0 =Dn.
(c) Zeigen Sie, dass die KommutanteMn(R)0genau aus den skalaren Vielfachen der Einheitsmatrix besteht.
(d) Sei0<k<n. Wir bezeichnen mitA die Menge aller Blockmatrizen der Form
A=
A1 0 0 A2
mit MatrizenA1∈Mk(R)undA2∈Mn−k(R). Bestimmen Sie die Kommutante vonA. Lösungshinweise:
(a) Einfach nachrechnen.
(b) Klar ist, dass alle Diagonalmatrizen kommutieren, alsoD0n⊇Dn. SeiB=:(bi,j)i,jeine Matrix in der Kommu- tanteDn0. Wir zeigen, dassbi,j=0für allei6=jgilt. Seien also1≤i,j≤nmiti6=j. SeiAdie Diagonalmatrix, die nur in deri-ten Zeile/Spalte eine Eins hat und sonst Nullen als Einträge hat. Dann gilt für den Eintrag der MatrixC:=AB=BAan deri-ten Zeilen, j-te Spalte zum einen
ci,j=
n
X
k=1
ai,kbk,j=ai,jbi,j=bi,j
zum anderen
ci,j=
n
X
k=1
bi,kak,j=0 ,
alsobi,j=0.
(c) Klar ist, dass alle Vielfachen der Einheitsmatrix tatsächlich in der Kommutante Mn(R)0 liegen. Weiter gilt (klar!): IstS1⊆S2, so giltS20 ⊆S10. Nach dem vorherigen Aufgabenteil besteht damit die KommutanteMn(R)0 nur aus Diagonalmatrizen. Sei also B =:(bi,j)i,j eine Diagonalmatrix mit Diagonaleinträgen bi,i =:λi. Be- zeichne mitEi,jdie Matrix, die nur in deri-ten Zeile, j-ten Spalte eine Eins und sonst Nullen als Eintrag hat.
Dann gilt
BEi,j=λiEi,j, Ei,jB=λjEi,j.
LiegtBin der KommutantenMn(R)0, so folgt darausλi=λj, d.h.Balle Diagonaleinträge sind gleich.
(d) Die Kommutante vonA enthält alle Blockmatrizen der Form
B=
λ1Ek 0 0 λ2En−k
(1)
mit Skalarenλ1,λ2∈Rund den entsprechenden EinheitsmatrizenEkbzw.En−k. Ist nun umgekehrt
B=:
B1,1 B1,2 B2,1 B2,2
eine beliebige Matrix in der KommutantenA0, so gilt für alleA1∈Mk(R)undA2∈Mn−k(R)
A1B1,1 A1B1,2 A2B2,1 A2B2,2
=
A1 0 0 A2
B=B
A1 0 0 A2
=
B1,1A1 B1,2A2 B2,1A1 B2,2A2
.
Insbesondere giltA1B1,1=B1,1A1undA2B2,2=B2,2A2. Nach dem vorherigen Aufgabenteil sind folglich B1,1 und B2,2Vielfache der entsprechenden Einheitsmatrix. Für die spezielle Wahl A1:=0 undA2 :=En−k folgt weiter0=A1B1,2=B1,2A2=B1,2und analogB2,1=0. Insgesamt istBalso tatsächlich von der Form in (1).
Hausübung
Aufgabe H1 (Duale Abbildungen)
Für eine lineare Abbildungϕ:V→W zwischen VektorräumenV undW bezeichnen wir mit ϕ∗:W∗→V∗, ϕ(ω):=ω◦ϕ
die duale Abbildung zwischen den DualräumenV∗undW∗. Zeigen Sie:
(a) Für zwei lineare Abbildungenϕ:U→V undψ:V→W gilt(ψ◦ϕ)∗=ϕ∗◦ψ∗. (b) Istϕsurjektiv, so istϕ∗injektiv.
SeienV undW endlich-dimensional. SeiB := (v1, . . . ,vn)eine Basis vonV undC := (w1, . . . ,wm)ein Basis von W. Wir bezeichnen jeweils mitB0:= (v10, . . . ,vn0)undC0:= (w01, . . . ,wn0)die zugehörige duale Basis.
(c) Zeigen Sie für eine lineare Abbildungϕ:V→W: IstA= [ϕ]BC, so istAt= [ϕ∗]CB00. Hierbei bezeichnetAt die transponierte Matrix zuA.
Die folgenden Zusatzfragen führen zwar um Einiges über den Stoff hinaus. Eine Beschäftigung damit liefert aber u.U. tiefere Einblicke in die Problematik:
(d*) Wie sieht es mit der Umkehrung von (b) aus?
(e*) Folgt aus der Injektivität vonϕdie Surjektivität vonϕ∗? Oder umgekehrt?
Lösungshinweise:
(a) (ψ◦ϕ)∗(ω) =ω◦(ψ◦ϕ) = (ω◦ψ)◦ϕ=ϕ∗(ω◦ψ) =ϕ∗ ϕ∗(ω) .
(b) Seiω∈W∗ mit0=ϕ∗(ω) =ω◦ϕ. Dann ist jeder Vektorw∈W von der Formw=ϕ(v)für einv ∈V, und somit folgtω(w) = (ω◦ϕ)(v) =0, d.h.ω=0.
(c) Betrachte die Matrix[ϕ]BC =:(ai,j). Dann sind die Einträge der Matrix dadurch bestimmt, dass für jedesjgilt
ϕ(vj) =X
i
ai,jwj.
Weil für die duale Basisw0i(wj) =δi,jgilt, folgt
ai,j=w0i ϕ(vj) .
Analog gilt für die Einträge der Matrix[ϕ∗]CB00=:(bi,j)i,j
bi,j= ϕ∗(w0j)(vi).
Zusammen ergibt sich alsoai,j=bj,i.
Aufgabe H2
Für welcheα,β∈Rist das GleichungssystemAx=bmit
A:=
1 1 1 1
−2 0 −1 −6
1 3 3 3
3 1 1 α
1 5 4 0
, b:=
1
−2 5 β−1+3
lösbar? Geben Sie jeweils die Lösungsmenge an.
Lösungshinweise: Mit Gauss–Jordan–Algorithmus
1 1 1 1 1
−2 0 −1 −6 −2
1 3 3 3 5
3 1 1 α −1
1 5 4 0 β+3
1 1 1 1 1
0 2 1 −4 0
0 2 2 2 4
0 −2 −2 α−3 −4
0 4 3 −1 β+2
1 1 1 1 1
0 2 1 −4 0
0 0 1 6 4
0 0 −1 α−7 −4
0 0 1 7 β+2
1 1 1 1 1
0 2 1 −4 0
0 0 1 6 4
0 0 0 α−1 0
0 0 0 1 β−2
1 1 1 1 1
0 2 1 −4 0
0 0 1 6 4
0 0 0 1 β−2
0 0 0 0 (2−β)(α−1)
Wir sehen also, dass das lineare Gleichungssystem genau dann lösbar ist, fallsβ=2oderα=1gilt.
1.Fallβ=2(αbel.): Für das homogene SystemAx=0gibt es gibt nur die triviale Lösungx4=x3=x2=x1=0.
Als spezielle Lösung erhalten wir x=
−1
−2 4 0
(welches in diesem Fall die einzige Lösung vonAx=cist!).
2. Fallβ6=0,α=1: Wieder gibt es nur die triviale Lösung x = 0für das homogene System. Die spezielle (und
einzige) Lösung des inhomogenen Systems istx=
−1
−12 16
−2
+β
0 5
−6 1
.
Aufgabe H3
Wir betrachten den RingM2(R)der reellen(2×2)-Matrizen. Erinnern Sie sich, dass die MengeGL2(R)der inver- tierbaren Matrizen eine Gruppe bilden. Wir definieren
det a b
c d
:=ad−bc.
Für eine MatrixAheißt der Wertdet(A)dieDeterminantevonA.
(a) Zeigen Sie, dass die Menge
SL2(R):={A∈GL2(R)| det(A) =1}
eine Untergruppe vonGL2(R)ist. Diese Gruppe heißt auch diespezielle, lineare Gruppe.
(b) Zeigen Sie, dass die Menge
O2(R):={A∈GL2(R)|At·A=E=A·At}
eine Untergruppe vonGL2(R)ist. Diese Gruppe heißt auch dieorthogonale Gruppe.
(c) Machen Sie sich klar, dass der SchnittSO2(R):=SL2(R)∩O2(R)wieder eine Untergruppe vonGL2(R)ist.
Die GruppeSO2(R)heißt auchspezielle, orthogonale Gruppe. Zeigen Sie, dass jede MatrixA∈SO2(R)von der Form
Aϕ:=
cos(ϕ) −sin(ϕ) sin(ϕ) cos(ϕ)
für eine reelle Zahl ϕ ist. Folgern Sie, dass die Gruppe SO2(R) isomorph zum Einheitskreis-Gruppe {eiϕ|ϕ∈R} ⊆Cist.
Lösungshinweise:
(a) Die Inverse einer MatrixA=:a b
c d
ist gegeben durch
A−1= 1 det(A)
d −b
−c a
.
Den Rest rechnet man einfach nach.
(b) Klar.
(c) Man verifiziert sofort, dass die Matrizen der gegebenen Form tatsächlich im Schnitt liegen. Für eine MatrixA im Schnitt vonSL2(R)undO2(R)giltdet(A) =1undA−1=At, also mitA=:a b
c d
ad−bc=1 , d=a, −b=c, (−c=b), (a=d).
Sie ist also von der Form
A=
a −c c a
mita,b∈Rmita2+c2=1. Es gibt also eine Zahlϕ∈Rmita=cos(ϕ)undc=sin(ϕ). Damit istA=Aϕ von der gewünschten Form.
Die Isomorphie haben wir eigentlich schon gezeigt. Wir wissen nämlich, dass die Abbildung C→ M2(R), x+i y7→x−y
y x
ein injektiver Homomorphismus von Ringen ist (8. Übung, Aufgabe H1). Insbesondere ist die Abbildungeiϕ7→Aϕein Gruppen-Isomorphismus.