• Keine Ergebnisse gefunden

Geiz soll geil sein …

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Geiz soll geil sein …"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Wer dächte angesichts crashender Börsenkurse nicht etwas häufiger ans Sparen als auch schon? Ist ja verständlich; man gibt, wenn der Buchwert des Port- folios sinkt, halt eher mal kein Geld für ein Bild eines lokalen Künstlers aus. Oder leistet sich mal keinen Tignanello. Stattdessen zahlt man mit dem verblei- benden Geld die hohen Steuern aus den Boomjahren.

Mit diesen unseren Steuern versucht der soziale Staat dann, den Künstlern, denen niemand mehr Bilder abkauft, mit Stipendien oder Ankäufen über irgend- welche Fonds ein Auskommen zu sichern und zahlt den Serviceangestellten, die sich der Wirt nicht mehr leisten kann, Arbeitslosengelder. Bloss, soviel Geld, wie wenn wirs direkt unter die Leute bringen könnten, kommt, wen wunderts, auf dem Umweg über die Behörden, niemals bei eben diesen Leuten an.

Auf diese Weise sparen aber nicht nur wir Private.

Auch «der Staat» (gemeint ist natürlich der büro- kratische Verwaltungsapparat, wobei der mit einem Apparat auch wieder wenig zu tun hat, aber seis drum) spart. Natürlich nicht bei sich selber. Lieber lässt er sparen – von anderen. Und am allerliebsten verordnet. Verordnetes Sparen ist speziell beliebt in sensibeln Bereichen wie dem Gesundheitswesen.

Also werden Originalpräparate künstlich verteuert (über erhöhte Selbstbehalte), auf dass die Leute spa- rend auf Generika wechseln. Und natürlich sparen auch die Krankenkassen, mit eifriger Unterstützung des Staats. Sie schicken ihre Versicherten neuer- dings ins nahe Ausland zur Rehabilitation oder zur Operation. Denn schliesslich ist im Schwarzwald nicht nur alles niedlicher, sondern auch billiger.

Merkwürdigerweise, obschon die Ausgaben der Deut- schen fürs Gesundheitswesen gemessen am BSP sich kaum von jenen der Schweiz unterscheiden. Zwar ist solches Auslagern von Medizin ins Ausland nicht rechtens. Aber welcher Bundesrat hat schon Lust, sich an bestehende Gesetze zu halten, wenns dem Gesamtwohl dient? P.C. jedenfalls nicht. Gesetze egal, Hauptsache gespart. Ha, wenn wir das alle so halten könnten, wie freute sich da das Gesamtwohl!

Dass die Reha-Kliniken bei unseren Nachbarn rote Zahlen schreiben und massiv subventioniert werden, ist eine andere Sache. Dass «dank» der bei uns ein- gesparten, dafür im Ausland oft unter blosser Vor- täuschung von gleicher Leistung für weniger Geld getätigten, Ausgaben Arbeitsplätze verloren gehen, ist ein ärgerlicher Nebeneffekt, der allenfalls bei der

Arbeitslosenkasse zu Buch schlägt. Was solls? Augen zu und Hirn auf Stand-by. Lieber huldigt man ange- sichts der kurzfristigen Vorteile auf dem Altar des Sparschweins der, im Inland zu Gunsten staatlicher Institutionen krampfhaft verhinderten, Schimäre Wettbewerb. Und erst noch einem verzerrten.

Wehe, wenn die Sparer und politischen Geizlinge dereinst auf die Idee kommen, «wir» könnten nicht nur von den niedrigeren Löhnen und längeren Arbeitszeiten übermüdeter deutscher Assistenzärzte profitieren, sondern auch von den bescheiden gewordenen Ansprüchen deutscher Praktiker, die vielleicht froh wären, sie müssten im letzten Drittel des Quartals wegen Ausschöpfen des Budgets nicht mehr bloss Gratisbehandlungen an deutschen Kas- senpatienten vornehmen, sondern könnten sich mit zwar wenig, aber zumindest zuverlässig zahlenden Schweizer Patienten ein Zubrot verdienen. Dann werden wir Ärzte an den vielen Vernissagen noch seltener ein Bild erstehen, unseren Wein wohlweis- lich bei Aldi kaufen und unseren Politikern endlich glauben, dass Geiz geil sein kann.

Richard Altorfer

ARS MEDICI 13 2006

585

E d i t o r i a l

Geiz soll geil sein …

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Als Baschar al-Assad im Jahr 2000 die Nachfolge seines Vaters Hafis al- Assad antrat, hofften viele, dass der junge, in London ausgebildete Augen- arzt die Lösung einiger

Da die Zinssätze für Kredite je- doch meist vertraglich an die Geldmarktsätze gebunden sind, leiden in erster Linie die Ren- tabilität, die Kapitalschöpfung und die

Looking into the current discussions in Sweden, the author comes to the end, that to over- come this unfortunate situation and to return back to there radical sources, the Leftist

6. also nochmal kurz, um was es konkret geht: es geht darum, dass wir Gottes manifeste Gegenwart lieben, brauchen und mehr davon wollen. Das ist konkret die Gegenwart des

Aber weggestoßen habe sie ihn auch nicht, obwohl sie sich geekelt habe.. Wenn sie nicht begeistert genug reagiert habe, habe er gesagt: »Ach komm, es gefällt dir

Erreicht der Riester-Vertrag eine Verzinsung von 5,6 Prozent, ergibt sich eine mo- natliche Nettorente, wie sie für die private Vorsorge errechnet wurde. Eine solche Wertentwicklung

Wenn sich das Sparverhalten ändert, wird überwiegend weniger oder gar nicht mehr gespart?. Wegen der niedrigen Zinsen spare

Die Erträge aus Gebühren und Provisionen der fünf größten dänischen Banken beliefen sich im Jahr 2015 insgesamt auf 47,5 Mrd.. Dies bedeutet eine Steigerung um 50 Prozent