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(1)

Tahtagy-Lieder aus dem Taurus Von W. Heffening-Bonn

Auf Anregung G. Bergstrasskr's knüpfte ich im Jahre

1918 während meiner Tätigkeit als Militär-Dolmetscher im

Taurus in den wenigen freien Stunden Beziehungen zu den

dortigen Tahtagy an. Meine Beobachtungen über diese selt¬

samen Leute wurden bereits im Neuen Orient IV (1919),

S. 264/65, mitgeteilt. Seitdem sind von türkischer Seite

einige Arbeiten über die Tahtagy erschienen; die wichtigste

ist Y. ZiYA, Tahtacllar^). Dieser bietet auch einige religiöse

Lieder der Tahtagy, bei denen man aber den Eindruck hat,

daß sie in die Schriftsprache umgesetzt sind. Dies veranlaßt

mich, die wenigen von mir damals gesammelten Lieder (von

den Tahtagy selbst als Türkü bezeichnet) trotz einiger Un¬

klarheiten zu veröffentlichen. Sie wurden mir diktiert von dem

greisen Häggi 'Ali aus Camalan an der Paßstraße durch die Ki-

likischen Pforten (Lied Nr. 1—5) und von Emir aus Kozugy-

beleüi, westlich von Mersina (Nr. 6). Sie waren beide — wie

alle mir bekannten Tahtagy — Analphabeten und gehörten zu

der Tahtagy-Kolonie bei Karapunar im Taurus, die zur Zeit

des Eisenbahnbaues zum Holzfällen dort angesiedelt war.

Nachdem ich diese beiden Leute durch Vermittlung von

Türken als Kenner von Liedern ausfindig gemacht hatte,

waren sie doch schwer zu bewegen, meinem für sie sonder¬

baren und unverständlichen Wunsche zu willfahren. Schlie߬

lich gelang es mir, an vier Abenden unter den ungünstigsten

Verhältnissen im trüben und flackernden Scheine eines Holz¬

feuers sechs Lieder aufzuzeichnen. Als ich aber begann, den

greisen Häggi 'Ali nach einzelnen Wörtern zu fragen, die mir

1) Darülfünun Ilahiyat Fakültesi Mecmuasi H. 12 (1929) S. 61-80, H. 13, S. 55-80, H. 14 (1930), S. 73-80, H. 15, S. 70-80, H. 17, S. 72-80.

(2)

148 W. Heffenino, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus

und meinen türkisclien Freunden (so auch einem ortsansässigen

Türken aus Anasa bei Bozanti, dem ich Aufklärung über

einige mir nicht geläufige Berg- und Ortsnamen verdanke)

unverständlich waren, erhob er sich nach kurzer Zeit mit dem

Bemerken ,,Ich habe zu tun" und setzte sich an das Feuer

vor seiner Hütte. Seine Gunst war verscherzt.

Worauf ich schon im Neuen Orient hinwies, sprechen die

Tahtagy im Taurus, d. h. eigentlich die der Adana-Ebene

(denn daher stammten meine Gewährsleute), ein Kaba

Türköe, das von anderen Türken, selbst von Bauern der

dortigen Gegend, nicht ganz verstanden wird. Ihre Sprache

scheint dem Dialekt der Jürüken nahe zu stehen, wie sie ja

auch ethnisch nichts anderes als Jürüken sind und die Be¬

zeichnung Tahtagy nur nach ihrer beruflichen Tätigkeit als

Holzfäller und Brettschneider erhielten*).

Lied Nr. 4 und 5 schildern zwei Wanderungen durch den

Taurus, die eine von der Adana-Ebene durch die Kihkischen

Pforten über Bozanti, Buldurug in der Richtung nach Kaisari

(Caesarea), die andere durch die Kihkischen Pforten über

Bozanti, Ciftehän zur Bor-Ebene in die Gegend von Nigde.

Zum leichteren Verständnis füge ich eine kleine Skizze dieser

Strecken mit den vorkommenden Ortsnamen bei"). Eine

Perle türkischer Volksdichtung ist besonders das letzte Lied.

Die Umschrift der Texte habe ich natürlich so belassen,

wie ich sie damals dem Gehör nach niederschrieb ; nur wurde

1) Vgl. TsAKTROGLü, Die Jürüken in Ausland, Jg. 64 (1891).

2) Eingesehen wurden folgende Karten: Kiepkbt, Karte von Klein¬

asien (1844); Major Fischer, Karte von den Nordabhängen des Bulgar- und Allah-dag (1845) 1:150000; Herzfeld, Reiseroute in Westcilicien 1:300 000 in Peterm. Mitteilg. 55 (1909); die von der Kartograph. Abtlg.

der Preuß. Landesaufnahme bearbeitete Karte von Mesopotamien und

Syrien (Blatt Adana, 1918) 1:400000, die Operationskarte (Blatt

Konia, 1915) 1:800000 und Karte der Gegend zwischen Bozanti und

Tarsus (1917) 1:100000; die englische Generalstabskarte ^sio A/iVior (Blatt Cilician gates, 1919) 1:250000 sowie die neue türkische Karte

1:800000. Trotzdem war aber die Lage der Orts- und Bergnämen

Ejribük, Kara Kuju, Bürügek dag und Kös ünü nicht zu ermitteln. Eiie

neue türkische Generalstabskarte (1:100000) war mir trotz vieler Be¬

mühungen leider nicht zugänglich.

(3)
(4)

150 W. Heffening, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus

vereinzeltes q, et, ai stets durch /c, ej, aj ersetzt, wie ich

es in den meisten Fällen geschrieben hatte. Sonstige Ab¬

weichungen von der ursprünglichen Niederschrift werden an

Ort und Stelle angegeben. Zur Kontrolle hatte ich mir die

Texte ein zweites Mal vorsagen lassen, was natürlich einzelne

Berichtigungen zur Folge hatte, die hier ebenfalls an Ort und

Stelle vermerkt sind.

Herr Professor Zeki Validi hatte die Freundlichkeit, die

Texte mit mir durchzusprechen. Seiner Vermittlung verdanke

ich es auch, daß Herr Orhan Saik in Ankara Text und Über¬

setzung einer Durchsicht unterzog. An einigen fraglichen

Stellen war mir seine zustimmende oder ablehnende Äußerung

besonders wertvoll. Trotzdem ist es aber nicht geglückt, alles

restlos zu klären.

Öfters zitiert werden die folgenden dialektologischen

Arbeiten :

Jacob, Zur Grammatik des Vulgär-Türkischen in ZDMG

LII (1898).

Bonelli, Appunti grammaticale e lessicale di Turco volgare

in Actes du douzieme congres internal, des orientalistes,

Florenz 1901, II, 285 ff.

Kowalski, Osmanisch-türkische Dialekte in EI IV, 99811.

Deny, Grammaire de la langue turque, Paris 1921.

I.

1. Elimde birberim war

her jerden habarym war

kab böjlesin kab

kapämasan bak

böjlesim bak.

2. Bir taj aldym jazym

jelisi kujründan uzun

kermitin sandym hej guzum

zarar ajlary akyiyp gelir.

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W. Heffening, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus 151

1. In meiner Hand habe ich Portulak,

Von jedem Ort habe ich Kunde.

Nimm solches weg, nimm's weg!

Wenn du es nicht wegnehmen kannst, sieh solches an,

sieh es an !

2. Ein Füllen kaufte ich im Sommer.

Seine Mähne war länger als sein Schweif.

An seine Wunderkraft glaubte ich, mein Liebling,

Die Unglücksmonde kommen auf einmal zusammen.

1. birberim — ^j^j^. — böjlesim = böjlesin mit .\ssimilation des n an das folgende b.

2. kujründan < kujrugundan. — kermitin = kerämetini; zur Aus¬

stoßung des langen Vokals vgl. Bonelli S. 318: <>.yf- > amjezäde.

IL Bir jigirt atta bininges

MissisiÄ dewrindini geimenges olmaz

ünü böjük derler Melemengoglu iadyryny iniri

bir kafe sinin iimenges olmaz.

Sobald ein junger Mann zu Pferde steigt —

Ohne den Paß von Missis zu überschreiten, geht es nicht.

Sein Ruhm ist groß, sagt man. Steig am Zelte des Mele¬

mengoglu ab.

Ohne daß du einen Kaffee trinkst, geht es nicht.

jigirt: die Entwicklung eines r vor t ist mir sonst nicht bekannt, wohl die eines Nasals; vgl. Bonelli, S. 313; Kowalski §51. — atta: zu

dieser scheinbaren Doppelkonsonanz vgl. Kowalski § 52. — Zu den

Formen bininges usw. vgl. Bonelli, S. 313, Dent § 1392, Kowalski

§ 71. — dewrind = derbend. — Die Melemengi sind ein Volksstamm im

Taurus, vgl. Ritteb, Erdkunde XIX, 265.

III.

El ele pelek elden öykan topalak

topalagyn jarysy jumurtanyn sarysy

bindim deive bojnuna gittim Helep joluna

Helep jolu Hmbazar iUnde aj gezer

5 aj beni korkuttu kulagymy sarkyty

11«

(6)

152 W. Heffening, Taljtagy-Lieder aus dem Taurus

bedel büdel sil elini süpür kojnuüa

bir oda japdyrdym bin elli direkli

bir sufla iykartyrdym baly börekli

Ali bej sorarsah 6atal jürekli

10 aty karyn kendi toruii wezirih wardur benim.

Hand an Hand ist es das Himmelsall, aus der Hand her¬

ausgleitend ist es Topalak.

Die Hälfte des Topalak ist das Gelb des Eies.

Ich stieg auf den Rücken des Kameles, machte mich auf

den Weg nach Haleb.

Der Weg nach Haleb ist lebensgefährlich, auf ihm geht

der Mond einher.

Der Mond setzte mich in Schrecken, ließ mein öhrchen

herabhängen.

Dreh deine Hände übereinander, reinige sie und (leg sie

über Kreuz) auf deine Brust.

Ein Zimmer habe ich errichten lassen mit tausendfünfzig

Pfeilern.

Einen Tisch habe ich herrichten lassen mit Honig und mit

Kuchen.

Wenn du 'Ali Bej fragst, er ist ein mutiger Held.

Führet das Pferd herein, , ich habe einen Wezir(?).

Vers 1 und 2 scheinen ein Rätsel zu sein ; aber eine Lösung wurde mir nicht gegeben.

1. Zu topalak schreibt Paul Lucas, Voyage, Amsterdam 1714,

1,273: ,, Autours de ces demolitions [in Tarsus] en plusieurs endroits croissent sous terre de petites racines semblables ä des oeufs de pigeon ; et que l'on appelle en Türe Taupalac. Ces racines sont un peu plates,

et ont en meme tems de petits rejettons comme des cheveux ... au

rapport des habitans de Tarse, elles ont quantite de vertus extraordi- naires." Das Wort bedeutet eigentlich ,,rund" und soll als Pflanzen¬

name — als Pflanze (ot) wurde es mir hier vom Sänger bezeichnet —

nach den Wörterbüchern sein: Nardostachis jatamansi oder Cyperus

bulbosus oder Moschuswurzel (Rbdhodse) oder Galanga (Samt) oder

eine Art Galanga (Samt, Qämüs; Barbier de Mbtnabd). Nach freund¬

licher Mitteilung meines Kollegen, Herrn Prof. Dr. W. Schumacher,

scheiden auf Grund der Beschreibung von Lucas Galanga, Cyperus

bulbosus und Moschuswurzel aus. Nach seiner Ansicht dürfte es sich

vielleicht um eine Pflanze aus der Familie der Valerianaceae handeln

(7)

W. Heffenino, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus 153

und könnte das bei Redhouse angegebene Nardostachis jatamansi oder

Patrinia oder eine Valeriana-Art selbst sein, die alle als Heilpflaiizen benutzt werden und außer Nardostachis jat. (eine aus China stammende

Droge) im Mittelmeergebiet vorkommen. Daraus, daß diese Baldrian¬

gewächse einen moschusähnlichen Geruch haben, würde sich eine Ver¬

wechslung mit Moschuswurzel bei Redhouse erklären.

4. Sambazar = gän pazary.

4. 5. aj: vielleicht ajy ,,Bär" zu lesen, was in Metrum und Sinn besser paßt.

5. kulagymy < hulagyjymy.

6. bedel büdel usw. erklärte mir der Sänger, indem er seine Hände

übereinanderdrehte und dann die Arme über Kreuz vor seine Brust

legte, so daß die Hände in den Achselhöhlen lagen. Zu bedel büdel vgl.

Ausdrücke wie laf lüf bei Bonelli in GSAI XIII (1900), 179.

7. -9. Vgl. Giese, Materialien, 1,84 Nr. 57.

8. sufla = sofra; vgl. Jacob S. 713. — börekli erklärte mir der

Sänger als ein Gebäck mit Fleischeinlage.

9. latal jürekli erklärte mir der Sänger durch: hic bir Sej korkmaz

adam. Vgl. WefIq PaSa s. v.

10. Dieser Vers ist unverständlich, karyn: veraltetes Wort mit der Bedeutung sokmak, girdirmek (Samt). — wezirih: wohl wezirim lu lesen.

IV.

1. Sana derim saha öokru owa

kolanga konmadyk jerlerinmy kaldy

aSyb aSyp geden Ufte wezirler jerlerihmy kaldy

biz aSymadyk berlermy kaldy.

2. HaSesih deli günläm haSesin

ne iakarly bozlu darlar aSarsyh

SarySyha tor majala öesersin

biz aiymadyk berlermy kaldy.

3. Bejlidur Gülek bogazy bejli

baSda oturan bir a-a jolu

Tekerin baSy algiivan teli

biz aSymadyk berlermi kaldy.

4. Tekri iykyngas ardyg arasy

göz göz olmuS sinamyh jarasy

Janyk handan kdldyralym gözelerin syrasy

biz agimadyk berlerme kaldy.

(8)

154 W. Heffening, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus

5. Bozanti sorarsen akar bulanyr

Ejribükden nebe dostlar dolanyr

Fundyklyda ne6e güzel sulanyr

aSdy derler kömiir gözlüm Suradan.

6. Buldurugu cykyngas jolum jakyn

sa-yna soluna hamaHly dakyn

Jaur Enehilinden kendini sakyn

aSdy derler kömür gözlüm suradan.

7. Nebi olmus nebinih dileri

titireSir Sebdilimin dodaklary

Engürü Karaman koga Kajsari

Deger Stambuly dos bejliklerih.

1. Zu dir sage ich, zu dir, Cokru Owa.

Gibt es auf dir noch Orte, wo sie nicht gezeltet haben?

Gibt es auf dir noch Orte, Cifte Wezire, wo sie auf- und

absteigen ?

Gibt es noch Pässe, die wir nicht überschreiten konnten?

2. Lange lebe, mein wildes Herz, lange lebe!

Was besteigst du die blitzenden, vereisten Berge?

Ziehst heimlich nach Saryäyk mit der jungen Kamelin?

Gibt es noch Pässe, die wir nicht überschreiten konnten?

3. Fürstlich ist Gülek Bogaz, fürstlich.

An der Spitze sitzt eines Aga's Sohn.

Die Spitze des Tekir ist ein Judasbaum-Hügel.

Gibt es noch Pässe, die wir nicht überschreiten konnten?

4. Wenn ich den Tekir besteige, so ist es inmitten von

Wacholder.

Löcher wurden die Wunden meiner Brust.

Von Janykchan laßt uns die Reihen der Schönen weg¬

nehmen !

Gibt es noch Pässe, die wir nicht überschreiten konnten?

(9)

W. Heffening, Tahta|y-Lieder aus dem Taurus 155

5. Wenn du den Bozanti-Fluß fragst, er fließt dahin und wird

trübe.

Wieviel Freunde streifen vom Ejribük her herum?

Wieviel Schöne schöpfen in Fundykly Wasser?

Von hier, sagt man, ist meine Kohlenäugige hinauf¬

gestiegen.

6. Wenn ich den Buldurug besteige, ist mein Weg nahe.

An deine Rechte, an deine Linke hänge das Amulett.

Vor Jaur Enehili sei auf der Hut!

Von hier, sagt man, ist meine Kohlenäugige hinauf¬

gestiegen.

7. Er ist Prophet geworden, die Zunge eines Propheten.

Es zittern die Lippen meiner Sebdil.

So viel wie Angora, Karaman, das alte Kaisari,

Wie Stambul gelten (mir), o Freundin, deine langen Haare.

1. Cokru owa: Adana-Ebene. — kolanga = kolahna < kolahda;

vgl. Kowalski § 58. kolaii ist der breite, dicke Gurt am Rande des

Zeltes (Samy, Qämüs; WefIq Pasa). Hier als pars pro toto. Bei der

ersten Niederschrift notierte ich: kolangy. — geden für gitdik; Stamm get- „gehen" auch in Aidin vgl. Foy in Keleti Szemle I, 184; zu geden

als Gerundium vgl. Kowalski § 78. — Ufte wezirler vom Sänger bei der

Wiederholung eingefügt. — aSymadyk = aäamadyk. — berlermy -

beUermi mit Dissimilation.

2. haiesin = /aSasyn; zur Nasalierung des n vgl. Foy, Aidinisch-

türkisch in Keleti Szemle I, 287. — SarySyha Dativ von SarySyk, vgl.

unten Lied V, 4: kawaha < kawaga (über y > h vgl. Jacob S. 708).

Gemeint ist der Sarysek Chan der Karten, der bei Mehmed Edib, Manäsik al-hajj jil (^jU geschrieben wird, vgl. Taeschneb, Wegenetz, S. 138. —

iesersiii = cizersin; zur Bedeutung denke ich an eine Verkürzung des

Ausdruckes /an iizmek; vgl. Samt, Qämüs; Redhocse s. v. — maja

(eig. : jedes weibliche Zuchttier) vom Sänger durch deve erklärt; ein bei

den Jürüken gebräuchliches persisches Lehnwort für Kamelstute vgl.

TsAKYBOGLü iu Ausland, Jg. 1891, S. 367, Vambeey in Keleti Szemle,

I, 18, Giese, Materialien, I, 64 Nr. 20 (Türkmenen); Barbier de Mey- NARD S. V.

3. a-a jolu = aga oglu mit Gleitlaut zwischen den beiden Vokalen.

Zum Verschwinden des g vgl. Kowalski § 12. — Tekerin basy liegt auf

der Paßstraße durch die kihkischen Pforten bei Ibrahim Pasa qal'asy;

in türkischen Quellen bei Taeschner, Wegenetz, S. 140, Tekir bell ge¬

nannt. — aljiwan = argiwan, der im Mittelmeergebiet verbreitete

Judasbaum (Cercis siliquastrum), der zur Blütezeit noch keine Blätter,

(10)

156 W. Hepfbnino, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus

sondern nur rosa- oder purpurfarbene Blüten trägt und daher von

weitem einen ähnlichen Eindruck wie unsere Pfirsichblüte hervorruft.

Die Tekir-Höhe wird mit blühenden Judasbäumen verglichen wegen

der sich dort befindenden roten Nagelfluh-Terrasse, vgl. Frech, Geologie Kleinasiens im Bereich der Bagdadbahn in Zeitschrift d. Deutschen Geolo¬

gischen Gesellschaft LXVIII (1916), 17 u. Taf. 22.

4. iykyn^as vgl. oben Lied II. — Ein Janik Chän hat Niebuhr,

Reisebesehreibung, III, Taf. 9, zwischen Akköprü und Gülek eingezeich¬

net. Oder soll hier nur allgemein ein durch Brand zerstörter Chan ge¬

meint sein? — ajimadyk = aSamadyk.

5. Ejribük eine auf den Karten nicht eingetragene dichtbewaldete ansteigende Bergschlucht. Zu bük vgl. Lehge-i 'otmäni s. v. — Fundykly,

Quelle und Chan an der Straße Bozanti—Caesarea, etwas nördlich von

Bozanti.

6. Bulduruj: nach einem Ortsansässigen aus Ana$a bei Bozanti ein Bergname eines Berges bei Bozanti. Auf der Karte der Preuß. Landes¬

aufnahme von Mesopotamien (1:400 000) heißt die Paßhöhe am Körkün

SU an der Straße von Bozanti nach Kaisari : Bulduruö und auf der Karte in Schaffer, Cilicia heißt der von dieser Paßhöhe nach Norden fließende

Fluß, an dem auch Enegil liegt, Bulduruö su. Nach E. J. Davis, Life

in Asiatic Turkey, London 1879, S. 214 (hier Bulderoöhh geschrieben),

ist dieser schneebedeckte Berg von der Tekir-Paßhöhe aus zu sehen. —

hama'ily: Amulette pflegt man vielfach auf die Schulter zu legen, so

hat z. B. die von Le Coq im Baessler-Archiv II (1912), 234 abgebildete

Puppe der Abdäl in der Gegend von Zängirli (Adana) auf der linken

Schulter ein Amulett. — Jaur Enehili: nach demselben Ortsansässigen

aus Anasa ein Dorfname. Es ist das auf den modernen Karten ein¬

getragene Dorf Enegil, das nördlich der eben erwähnten Paßhöhe an

der Straße nach Kaisari liegt. Auf Kiepert's Karte von Kleinasien (1844) steht noch die Form: Einehel, ebenso bei Feridun: J^l (vgl. Taebchner, Wegenetz, S. 185); Aucher-Eloy, Relations de voyages en Orient, Paris 1843, 1, 75, kennt bei der Beschreibung seines Weges von Caesarea nach

Bozanti bereits die in unserem Liede vorkommende Namensform:

Giaour-Eneili, wenn ich auch seine Deutung ,,eglise des infidfeles" für falsch halte. — kendini: in der Niederschrift kendinis, was sich durch Herüberziehen des folgenden s erklärt.

7. dileri — dilleri; auf den Gebrauch der Pluralendung für Gegen¬

stände, die nur einzeln vorkommen, hat schon Kowalski in WZKM

XXXIII (1926), 222 aufmerksam gemacht. - Sebdil ist nach freund¬

licher Mitteilung von Herrn Orhan Saik ein Eigenname; der Sänger

erklärte es mir durch sewgili. — dos = dost; zum Abfall des t nach s

vgl. Kowalski § 49 f, ist auch im Azeri sehr häufig, vgl. Foy in

MSOSAs. VI (1902), 191. - bejlik erklärte mir der Sänger als die lang

herabhängenden Haare der Frauen; nach Samy, Qämüs: ein großer

langer Mantel der Dorfbewohner.

(11)

W. Hbpfkkino, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus 157

V.

1. Kara kujudan göSdü oba

jene düsdü bene gaba

ama ihgaz durmam tobe

ben sinamda jarelijim.

2. IniS eSen iS Hajwa bej

karSysy Bürügek da-y

dostun ettim Bulgar dag

ben sinamda jarelijim.

3. öiftehandan jolum aSar

Urum ineSine dühr

KöS ühände derdim biSer

ben sinamda jarelijim.

4. öaj kawaha asdym sazy

ufagyk unutmuS bizi

Bor owasy bir düz jazy

ben sinamda jarelijim.

5. Kissassar Borun Nigdesi

6ezazlym göwsüjüm dujmesi

cog olur Ereglih mejwasi

ben sinamda jarelijim.

6. Karamandan Kajsariden Mersin uragel

Adana bejlek sehiri hiö buldmadym dehgini

hiö sewdijim.

1. Von Kara Kuju brach die Zeltengruppe auf,

Wiederum machte sie halt, für mich umsonst!

Aber lange bleibe ich nicht, Gott bewahre!

Ich bin an meiner Brust verwundet.

2. Der Abstieg geht schnell vonstatten (?), Hajwa bej

gegenüber liegt der Bürügek Dag.

Zum Freunde nahm ich den Bulgar Dag.

Ich bin an meiner Brust verwundet.

(12)

158 W. Heffening, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus

3. Von Ciftehän steigt mein Weg bergan,

Beim Abstieg nach Rum (AnatoHen) fällt er ab,

In Kö§üüü kocht mein Schmerz.

Ich bin an meiner Brust verwundet.

4. An die Flußpappel habe ich die Laute gehängt.

Die Kleine hat mich vergessen.

Die Bor-Ebene ist eine flache Sommerebene.

Ich bin an meiner Brust verwundet.

5. Kissassar ist das Nigde der Bor-Ebene.

Laß uns aufknöpfen die Knöpfe meines Kittels!

Zahlreich sind die Früchte von Eregli.

Ich bin an meiner Brust verwundet.

6. Von Karaman, von Kajsari bis nach Mersin,

Adana, die fürsthche Stadt, nichts fand ich, was ihr gleicht,

nichts, mein Lieber.

1. Kara Kuju: Lage dieses Brunnens ist mir unbelcannt. — göHü =

göldü, vgl. Kowalski §36. — zu bene vgl. Kowalski §59. — iiigaz:

eri ursprünglich in (Samt, Qämüs) + gaz (= ^-) vgl. Dent § 928;

Janskt, Krimtatarische Gesänge (Sitzber. Ak.Wiss.WienBd. 211,3) Nr. 72.

2. Hajwa bej: Fluß und Chan zwischen Tekir und Bozanti, vgl.

ScHAFFEB, Cilicia, S. 80; Davis, Life, S. 214; Baedeker, S. 301. —

Bürüjek dag ist auf den Karten nicht eingetragen.

3. ineSine < iniSinne < iniSinde vgl. Kowalski § 58. — Köi üHü ist auf den Karten nicht zu finden. KöS wohl gleich KjöSk (zum Abfall

von k vgl. Kowalski § 32). Das Grabmal Kösk önü bei Kaisari dürfte

hier wohl kaum in Frage kommen. — biser: zu p > 6 vgl. Kowalski

§29a.

4. kawaha < kaiuaga; über y > h vgl. oben Lied IV, 2. — Zu jazy

vgl. Redhouse u. Samt, Qämüs s. v.

5. Kissassar: Verschiedene verderbte oder volksetymologische

Formen des Ortsnamens Kilise Hisar (Tyana) führt Kiepert, Memoir

über die Construction der Karte von Kleinasien, Berlin 1854, S. 71 an:

Ketsch Hissar, Kis Hissar, Kisse Hissar, Kesserhissar, Konisse oder Kenisse Hissar. Der obigen Form am nächsten steht die Form Klissesar bei Tbxier und Klisesar auf der griechischen Karte des Erzbischofs

Ktrillus (Wien 1812). Der heutige Name ist Öküzlü Hisar. Vgl. auch

Ramsat in Geograph. Journal XXII (1903), 407. — cezazlym = iözelim

(Orhan Saik). — göwsüjüm < göwslüjüm < gögüslijim mit Konso¬

nantenvereinfachung. Nach Joh. Ottbb, Reise in die Türkei, Nürnberg 1781, I, 71 ist die Gegend von Eregli obstreich und fruchtbar.

(13)

W. Hbfpbnino, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus 159 6. uragee eigentlicii ein sonst nur im Osttürkischen vorkommendes

Gerundium auf -kei (vgl. Deny, § 1395c) von ogramak, hier aber zu

einer Postposition erstarrt; vgl. den Gebrauch von gelinge, warynja ,,bis". Die Dativendung von Mersin{e) ist vor dem folgenden Vokal

ausgestoßen, vgl. Kowalski § 56. — Der Gebrauch von sewdijim im

Sinne von sewgilim findet sich sehr oft, z. B. Giese, Materialien, I, 69:

silada sevdijim jollara baqar; Kunos, Oszmdn-török nepköltisi gyüjteminy, II, 299: herkes sewdijini aldy jürüdü; Kunos, Adakaie, Nr. 36 u. ö.

VI.

1. Demir kalemine jazy jazarym

derdim 6ogumus kürbet elde gezerim

korkarym kürbet elde kalyr mezerim

jar garib mezer ini gären aglasyn.

2. Ne zor olur kürbet elin ölümü

felek tuttu söjletmez dilimi

söjle anama gözlemesin jolumu

ahirde aglarym silaji.

3. Jyga dag basynda kar bölük bölük

esme karib gijelerim delik

ölüm Alahaft emri zulum ajrylyk

ölümden zor geldi ajrylyk.

4. Bir mektub jazdym saldym ana sana mahsus

isken tuturam jykylsyn Tarsys

ben gittim anaü sen kaldyn öhsüz

ahirde aglarym silaji.

5. Barnpora bindim konturam kajdi

ipek mendilimi dalgalar aldy

bizim görüSmemiz mahSera kaldy

ahirde aglarym silaji.

1. Mit eiserner Feder schreibe ich einen Brief.

Mein Schmerz ist wohl groß, in der Fremde wandere ich.

Ich fürchte, in der Fremde wird mein Grab sein.

Freund, wer das Grab des Fremden sieht, soll weinen!

(14)

160 W. Heffenino, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus

2. Wie hart ist der Tod in der Fremde!

Das Schicksal hat ergriffen meine Zunge, die keine Laute

mehr hervorbringt.

Sag meiner Mutter: sie möge nicht mehr nach meinem

Wege Ausschau halten.

Am Ende beweine ich die Heimat.

3. Auf dem hohen Berge liegt Schnee in Haufen.

Wehe nicht, mein armes Herz ist durchbohrt.

Der Tod ist Gottes Bestimmung, grausam ist die Trennung.

Schwerer als der Tod galt mir die Trennung.

4. Einen Brief schrieb ich, schickte ihn ab, Mutter, für dich!

Ich möchte einen Wohnort annehmen, Tarsus soll verfallen.

Ich ging, Mutter, du bist verwaist geblieben.

Am Ende beweine ich die Heimat.

5. Auf den Dampfer stieg ich, mein Schuh glitt aus;

Mein seidenes Taschentuch ergriffen die Wellen.

Unser Wiedersehen ist für den jüngsten Tag geblieben.

Am Ende beweine ich die Heimat.

Inhaltlich vgl. Gikse, Materialien, 1,59, Nr. 12; 1,80

Nr. 48.

1. kalemine = kalem ile vgl. Jacob, S. 715; Bonelli, S. 309; Ko¬

walski § 80. — kürbet elde : Niederschrift hier wie an den folgenden Stellen: kürbet telde; ich hörte also eine Doppelkonsonanz. Vgl. Kowals¬

ki § 52. — güren = gören vgl. Kowalski § 3.

2. anama: zur .\usdehnung des n auf Fälle, wo es nicht hingehört, vgl. Foy, Aidinisch-türkisch in Keleti Szemle I, 289. Dies wird jedoch

von Kowalski § 13 bezweifelt. — sila: zur Bedeutung vgl. Samy

Qämüs s. 4i^; Heffenino, Türk. Volkslieder in Islam XIII, 249, Nr. 17.

3. Zu Vers 1—2 vgl. Giese, Materialien 1, 63, Nr. 19: Jüje dä baiyndti xar belik belik esme, sahar jeli, jijerim delik. Giese I, 71, Nr. 31: belik belik olmuS daylarin qary. Ferner Räsänem, Chansons populaires turques in Studia Orientalia IV (1932), S. 48, Nr. 34: akan suläre bölük bölük

bölstler. — karib: „arm" vgl. Samy, Redhouse unter — §ijelerim =

jijerlerim; z\irl>ll> l vgl. Kowalski § 39i. — Zu Vers 3 —4 vgl. Giese, Materialien I, 73, Nr. 35: ölüm allahyh emri airylyq güidür ölümden beter oldu airylyq. — alahah = allahyn vgl. Bonelli, S. 322; Räsänem in Jour. Soc. Finno-Ougrienne XLI (1925/26), Lied Nr. 11: allahan emri.

(15)

«

W. Hbffenwo, Tahtagy-Lieder aus dem Taurus 161

4. isken = iskän; zu ö > e vgl. Bonblli, S. 319. — tuturam =

^l^oT^ ; zu diesem Optativ vgl. Kowalski § 68. — anan : ana mit nasa¬

liertem Endvokale, vgl. Kowalski § 10. — öhsüz erklärte der Sänger

mit jalynyz; es wäre also öksüz; zum Schwinden des k vgl. Kowalski

§32.

5. dalgalar aldy : in der ersten Niederschrift notierte ich dalgaldy. —

Zu dem Gedanken in Vers 3 vgl. Janskt, Krimtatarische Gesänge,

Wien 1930, S. 95, Nr. 2.

Zeitachrift d. DMO Bd. «1 (Nene Folge Bd. U) 11

(16)

Der Spiegel Salomons

Ein abessinisches Amulett

Von Sebastian Euringer-Dillingen a. D.

Vorbemerkungen

Unter den Zaubersachen, die A. Rücker-Münster bei einem

Aufenthalt in Jerusalem von dortigen abessinischen Amu¬

lettenfabrikanten erworben und mir in zuvorkommenster

Weise überlassen hat, dürfte nach ,,der Binde der Recht¬

fertigung" (Lefäfa sedeq), die ich anderswo herausgeben werde,

„der Spiegel Salomons", Masheta Salomon, wegen seiner

Eigenart das meiste Interesse verdienen.

Dieses Amulett war ursprünglich ein kleines (1 dm x3 cm),

unscheinbares, in mehreren Lagen kunstvoll zusammen¬

gefaltetes Paketchen aus dünnem gelblichem Papier. Jetzt

mißt es auf Pappe aufgezogen 34 x21 cm. Es ist nur auf einer

Seite beschrieben, und zwar durchgängig mit roter Tinte,

und mit zahlreichen (59)^) magischen Figuren (Diagrammen)

in gleicher Farbe ausgestattet.

Der Text ist in Form einer Spirale sehr kunstfertig aus

freier Hand geschrieben. Er beginnt auf der oberen Seite und

zwar unten in der Mitte mit dem üblichen Basma (= „im

Namen") und windet sich in neun Spiralen um einen 7,5 cm

im Durchmesser großen Kern nach oben, um etwas unterhalb

der Mitte der linken Seite zu enden.

Das Britische Museum bewahrt eine Anzahl von Tonschüsseln,

deren Innenseiten mit hebräischen und aramäischen Beschwörungs¬

texten in Spiralform beschrieben sind. Sie wurden durch die englischen

Ausgrabungen in Mesopotamien (1850 — 1906) unter den vier Ecken

hebräischer Häuser in Hille (Babel), Kuta, Niffur usw. entdeckt. Die ältesten gehören dem 2. vorchristlichen, die jüngsten dem 6. nachchrist-

1) 58 außerhalb des Textes und eine im Zentrum desselben.

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