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Daß es aber auch hierbei nicht ganz ohne Hypothesen abgehen kann, liegt in der Natur der Sache

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401

Semitische Sprachprobleme.

Von H. Baner.

8. Superglossen zu Nöldeke's „Glossen" in Zeitschrift für

Assyriologie XXX, S. 163 fr.

Ich habe mich in meinen sprachwissenschaftlichen Unter¬

suchungen vor allem bemüht, an Stelle der vielfach auf einer naiv¬

vulgären Sprachpsychologie oder auf abstrakt-rationalistischer Aus¬

deutung beruhenden Erklärungen eine auf historische und ver¬

gleichende Betrachtung gegründete zu setzen. Daß es aber auch

hierbei nicht ganz ohne Hypothesen abgehen kann, liegt in der

Natur der Sache. Ich war mir dessen auch immer bewußt und

habe vieles nur als Vermutung und mit Einschränkungen vorgetragen,

die von meinem verehrten Kritiker wohl nicht immer beachtet worden

.sind. Hypothesen überhaupt verbieten zu wollen , hieße aber der

Wissenschaft die Flügel beschneiden; denn fast alle anerkannten

Wahrheiten, soweit sie über die bloße Empirie hinausgehen und eine

kausale Erklärung der Erscheinungen geben , waren einmal Hypo¬

thesen , und mag eine Hypothese noch nicht in allem richtig sein,

so weist sie doch vielleicht den Weg zum Richtigen. Man muß

von einer Hypothese nur verlangen, daß sie alle in Betracht kommen¬

den Erscheinungen erklärt und mit keiner einzigen im Widerspruch

steht. Ob in diesen Dingen etwas weit hergeholt ist, wird immer

eine subjektive Ansicht sein ; aber es gibt im Sprachleben so viele

wunderliche Dinge, die von vornherein nicht nur unwahrscheinlich,

sondern ganz ungeheuerlich und unglaublich erscheinen würden,

wenn sie eben nicht Tatsachen wären. Es braucht deswegen eine

Erklärung noch lange nicht gekünstelt zu sein, wenn sie nicht so¬

zusagen am Wege liegt, so wie auch umgekehrt die der naiven

Betrachtung am nächsten liegende keineswegs immer die richtige

ist. Eine Erklärung darf nur nicht aprioristisch sein, sondern muß

insofern auf dem Boden der Wirklichkeit sich bewegen, als sie sich

durch die Analogien von anderen, womöglich nächstverwandten

Sprachen stützen lassen .muß. Diesen selbstverständlichen Forde¬

rungen glaube ich durchweg Rechnung getragen zu haben, und die

Bemerkungen Nöldeke's haben mich in keinem einzigen Punkte

(2)

von der Überzeugung abbringen können , daß meinen Erklärungs¬

versuchen wenigstens ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit zu¬

kommt. Dies wird, wie ich glaube, aus der Betrachtung der Einzel¬

heiten deutlich werden.

6 1. Den aus dem Ägyptischen und den hamitischen Sprachen

hergeholten Einwand gegen die Priorität des sog. Imperfekt habe

ich bereits in dem betreffenden Aufsatz (ZDMG. 68, 368) vorweg¬

genommen und ausdrücklich betont, „daß das von uns gewonnene

Ergebnis hinsichtlich des relativen Alters der beiden Tempus-

10 formen davon in keiner Weise berührt wird". Durch die langen

Zeiträume soll man sich aber überhaupt nicht so sehr schrecken

lassen. Es gibt prähistorische Tatsachen und Ereignisse, die sehr

klar und sicher, und es gibt solche der jüngsten Vergangenheit, die

sehr dunkel und ungewiß sind. Für die Sicherheit unserer Erkennt-

15 nis ist eben keineswegs immer der Grad der Entfernung maßgebend,

das gilt ganz allgemein und insbesondere auch für sprachliche Er¬

scheinungen. Vieles z. B. in der indogermanischen Ursprache ist

klar und über jeden vernünftigen Zweifel erhaben , vieles in den

modernen Sprachen hingegen rätselhaft oder umstritten. Zu ersterer

so Art gehört nun m. E. das Verhältnis des sog. Imperfekt zum Perfekt

im Semitischen.

2. Was die Namen dieser beiden Tempusformen anlangt . so

bin ich durchaus mit Nöldeke der Ansicht, daß man eingebürgerte

Termini nach Möglichkeit beibehalten muß und daß es höchst

2-j töricht wäre, sie nur deshalb, weil sie weniger zutrefiFend sind, be¬

seitigen zu wollen. Aber die Bezeichnungen „Imperfekt" und „Per¬

fekt" lassen sich, wie ich glaube, nicht mit denen von „Dativ,

Akkusativ" usw. auf eine Stufe stellen. Diese letzteren sind tat¬

sächlich inhaltslose Etiketten , bei denen sich niemand eigentlich

so etwas denkt und die imgrunde nicht mehr besagen wie 3. Fall oder

4. Fall. Bei „Imperfekt" und „Perfekt" liegen aber die Dinge inso¬

fern anders , als wir von den indogermanischen , besonders den

klassischen Sprachen her einen ganz bestimmten Begriff mit ihnen

verbinden , der sich mit der Punktion dieser Tempusfarmen im

35 Semitischen keineswegs deckt. Es muß daher dem hebräischen tiro

zunächst die von ihm mitgebrachte Vorstellung vom Imperfekt aus¬

getrieben und ihm mit vieler Mühe beigebracht werden , daß hier

das Wort in seinem ursprünglichen Sinn der „unvollendeten" Hand¬

lung zu nehmen ist. Kaum hat er das begriffen , so hört er , daß

to dieses „Imperfekt" doch auch (im Hebräischen mit waw, im Akka¬

dischen durchweg) in derselben Bedeutung auftritt wie sonst das

Perfekt. Das muß ihm doch den Kopf verwirren. Hätte man ihm

dagegen das Imperfekt von vornherein als Aorist vorgestellt, so

hätte er, da dieser im Griechischen sowohl als Tempus der Er-

45 Zählung (Indikativ) als auch für die Sphäre der Gegenwart (Kon¬

junktiv und Optativ) dient, eine leidlich zutreffende Vorstellung

von dem Charakter dieses Tempus mitgebracht und brauchte nicht

(3)

Bauer, Semitische Sprachprobleme. 403

zweimal umzulernen. Was vom Imperfekt gilt, gilt in ähnlicher

Weise auch vom Perfekt.

Aber nicht nur didaktische Rücksichten sprechen gegen die

Beibehaltung der genannten Bezeichnungen, sondern auch solche

wissenschaftlicher Natur '). Unsere Grammatiker lassen sich durch 5

die Namen immer wieder verlocken , die imperfektische und die

perfektische Punktion der beiden Tempusformen, die doch historisch

entwickelt ist und nur zu einem Teil mit deren wirklichen Punk¬

tionen sich deckt, als die Grundbedeutung der beiden Pormen an¬

zusetzen und daraus mit mehr oder weniger Geschicklichkeit die 10

übrigen Funktionen abzuleiten. Sie bringen es fertig, auch in

Tilbp• ; 'r .ich" bin klein' und in mubiT : - r : ,du" sollst behüten' einen ur

sprünglich perfektischen Sinn hineinzudeuten , während sich diese

Bedeutungen in Wirklichkeit historisch aus der nominalen Herkunft

bzw. einen urspr. präsentischen Funktion des sog. Perfekts erklären. 15

Eben weil die Punktion der beiden Tempusformen sich historisch

nach verschiedenen Richtungen entwickelt hat, empfiehlt sich eine

ganz indiflTerente Bezeichnung, die von der Funktion der Pormen

gänzlich absieht. Nicht also darum habe ich mich gegen die Bei¬

behaltung der bisherigen (übrigens erst von Ewald eingeführten) «o

Namen ausgesprochen , weil sie weniger genau sind , sondern weil

sie in verschiedener Hinsicht schädlich wirken , besonders weil sie,

wie die Praxis zeigt, immer wieder zu verkehrten Fragestellungen

und noch verkehrteren Antworten führen und weil derjenige , der

in den Namen die Grundbedeutung dieser Formen sieht, sich von 25

vornherein die Einsicht in den wirklichen Sachverhalt versperrt hat.

3. Daß ich Reckendorf's Ausführungen über den Status

constructus übersehen oder vergessen hatte, bedauere ich. Es schadet

indes gar nichts , daß eine Entdeckung (vorausgesetzt , daß es sich

hier um eine solche handelt) mehrmals gemacht wird. Abgesehen .10

davon, daß sie dadurch an innerer Wahrscheinlichkeit gewinnt, wird

sie überhaupt vielfach erst dann bemerkt, wenn der erste Entdecker seinen Prioritätsanspruch geltend macht.

4. Zum 1 und ^ compaginis. — Wie man auch über V^M in'n ur¬

teilen möge, so muß man m. E. jedenfalls mit Lidzbarski daran 00

festhalten , daß im Kalender von Gezer dieses " zur Determination

einer Verbindung dient: riT im^ ,der Monat des Säens', TiSp nn"

bD »der Monat der Ernte von allem'. Wenn nun im Syrischen

und Äthiopischen in solchen Fällen die Konstruktion »sein Monat usw.'

ganz gewöhnlich ist, warum soll sie nicht auch im Hebräischen 10

möglich sein, in Gezer, wie es scheint, noch im lebendigen Gebrauch,

in der Bibel als erstarrter Rest? Das zweite Wort als einen vom

ersten abhängigen Genetiv zu fassen, ist gar nicht nötig, denn der-

1) Der Ausdruck Brugmann's (Griech. Grammatik, Einleitung) von den

»zahlreichen in der grammatischen Terminologie abgelagerten Verkehrtheiten und Unwissenschaftlichkeiten' gilt für das Semitische sich.erlich in gleichem Maße wie für das Indogermanische.

7 %

(4)

artige Konstruktionen (vgl. das deutsche .dem Vater sein Hut") sind vielfach nicht organisch und isoliert zu erklären, sondern durch

Analogie, Kontamination oder Ellipse entstanden. — Daß das phöni¬

zische Suffix i — wirklich i (aus ihi, wie i aus au > ahu) zu lesen 6 .sei, ist offenhar das nächstliegende. Die Vermutung Nöldeke's,

daß es ■—, N— gelautet habe, scheint mir gesucht oder geradezu

unmöglich, eu würde vielmehr durch i wiedergegeben, und warum

überhaupt e, das doch nur bei tert. ^ berechtigt wäre?

5. Zum Passiv. — Daß in der Porm des Passivs ,das Arabische

10 mit dem Aramäischen zusammenstimmt", ist doch offenbar unrichtig.

Der einzigen von Nöldeke angeführten Porm nnipin (deren i

vielleicht durch q'til beeinflußt ist) stehen gegenüber rn:in, nam,

p?n, 5yn, nannn, npain, n:pnh, I'lyrr, die alle mit dem Hebrä¬

ischen {*qu(al, *huqtal) nnd nicht mit dem Arabischen {qutila, uqtila)

15 zusammenstimmen. Damit wird aber auch der Einwand gegen meine

Annahme hinfällig. Es ist mir ein Rätsel, wie Nöldeke das hat

übersehen können.

6. Die Vermutung, daß der im Akkadischen vorliegende Wehe¬

ruf w'a auf die zum Ausdruck schmerzhafter Zustände dienende

20 Porm qutäl eingewirkt hat, habe ich ganz im Vorbeigehen aus¬

gesprochen und ich möchte auf sie kein zu großes Gewicht legen.

Immerbin wäre das echt semitische Sprachmanier, die nach irgend

einem häufig gebrauchten Muster ganze Kategorien vokalisch zu

uniformieren pflegt^).

25 7. Zum syrischen Imperfekt-Präfix n. — Daß der sprach¬

geschichtliche Zufall , daß zahlreiche häufig gebrauchte aramäische

Verba ein / enthalten , auch für n gilt (»dergleichen mit n sinds

wohl ebenso"), müßte doch erst gezeigt werden, ich kann das nicht

finden; die mit anlautendem n kommen ja nicht in Betracht, da

30 dieses im Imperfekt assimiliert zu werden pfiegt. Mit r mag es

viele geben, aber das tut hier nichts zur Sache.

8. iii »Volk" direkt mit »Gemeinschaft" zusammenstellen,

halte ich für ganz unstatthaft. Wir dürfen für den leider nur zu

berechtigten Vorwurf, daß »in Fragen der lautgesetzlichen Entwick-

85 lung in der hebräischen Gramm, überhaupt noch eine reckt lockere

Praxis herrscht" (Sie vers. Metrische Studien, S. 233), nicht neue Belege liefern. Andererseits möchte ich der Behauptung Nöldeke's,

1) So mag es auch bloßer Zufall sein, daß die hebr. Bezeichnungen für Feldarbeiten wie »Krnte', T'iiD »Weinlese", IT"CN »Einsammlung",

wi^n »Pflügezeit" die Vokalisation von "li^^T , Gesang" aufweisen. Aber im Hinblick auf die ausdrücklich bezeugte Tatsache (Ps. 126, G, .Jes. 16, 10), daß diese Arbeiten von vielem Singen begleitet waren, darf man vielleicht doch die Frage aufwerfen, ob jene Vokalisation nicht sekundär nach dem Muster von n"72T ("vgl. auch arab. zam'tr) erfolgt ist.

2 I

(5)

Bauer, Semitische Sprachprobleme. 405

daß jenes durchaus zu trennen sei von dem gleichlautenden

»Inneres , Bauch', ein starkes Fragezeichen entgegensetzen.

Für die nüchterne Betrachtung liegen ja »Bauch* und »Gemeinschaft*

zunächst sehr fern, wenn wir uns aber erinnern, daß qIü ebenfalls

»Bauch* und »Volksstamm' (»kleiner als äJUaS') hedeutet, so ist s

doch auch für das syr. Jcj^die Einheitlichkeit des Wortes wahr¬

scheinlich. Die Vermittlung würde geschaffen durch »Bauch* im

Sinn von »Mutterleib' und den echt semitischen Gedanken , daß

jede Volksgemeinschaft auf Blutsgemeinschaft beruht*). Diese Tat¬

sache weiß natürlich mein verehrter Kritiker besser als ich , wie lo

überhaupt diese Zeilen nicht eigentlich für ihn , sondern für die

Leser seiner Glossen geschrieben sind. — »Einmal im Zuge', möchte

ich sogar fragen , ob nicht hebr. »Rücken* zu jenem syr.

Jcj^ mit dem es ja formell ganz identisch ist, gehört. Dann läge

ein Gegensatzbegriff mit der Grundbedeutung »Wölbung*, die je i5

nach der Betrachtung konvex oder konkav sein kann , zugrunde.

Auch im Indogermanischen ist ein solcher Zusammenhang mehrfach

festgestellt, wie mich mein Kollege Herr Prof. Ritter belehrt;

vgl. urgerm. hüba »Bauch', *hubila »Rücken'. Dagegen kann ii:

m. E. nichts direkt mit na tun haben, sondem muß zunächst so

auf *gaj zurückgehen. Letzten Endes mögen freilich gu\ gf und

uralte lautliche Varianten sein, die sich dann in der Bedeutung

nach verschiedenen Richtungen hin differenziert haben.

9. Gänzlich mißverstanden hat Nöldeke meine Argumentation

aus dem onns der Mesainschrift. Er nimmt an, ich wolle die defek- a

tive Schreibung (ohne *) gegen die Auffassung dieser Form als Dual

ins Feld fuhren, während ich doch das auslautende z meine. Da näm¬

lich bei Mesa der Dual Avie der Plural durchweg auf n ausgeht (inNr

»zweihundert*, iniip) , so müßte die Form , wenn sie Dual wäre,

■jins lauten. Die Annahme, daß Mesa sonst immer n, hier aber so

m für die Mehrheit gebrauche, wäre ja die reinste Willkür. Also

ist doch , meine ich , die Frage im gegenteiligen Sinn apodiktisch

entschieden. Da aber Eir-i? im Hebräischen wie ein Dual aussah,

so konnte es sekundär auch mit ^15 verbunden werden.

10. Zu D53ii und Jv\vN. . — Wenn die Verbindung von Zeit- 85

begriffen mit dem Possessivpronomen im Arabischen und im Akka¬

dischen ganz gewöhnlich und auch dem Aramäischen*) nicht fremd

ist, warum soll dann die Annahme so ganz verkehrt sein, daß auch

1) Vgl. übrigens auch das griech. anXuyji.vov.

2) Auch hier schon mehr oder weniger erstarrt. Icb führe aus Brocltel- mann, Grundriß, II, 260 an: syr. .^O« JjO^ iv rfj rititga xavxr}, chr.-pal.

lOnyO - ^ oväino-i.

(6)

im Hebräischen ein paar solche Verbindungen (wie n7:ii ,an ihrem Tag" = „am Tag") als erstarrte Reste (wie syr. oibOtjL VS) vor¬

liegen? Daß im Hebräischen eine solche Konstruktion nicht mehr

lebendig ist, ist doch gewiß kein Gegengrund. W^oUte man diese

s Forderung zum Gesetz erheben , so dürfte man auch die offen¬

kundigsten Zusammenhänge nicht mehr behaupten und müßte beim

platten Empirismus anlangen.

Das aram. syr. JvNf>. worauf mich Nöldeke hinweist,

konnte ich schon deshalb unmöglich übersehen , weil ich bei der

10 Abfassung jenes Aufsatzes die betreffende Seite von Brockelmann's Grundriß vor mir hatte, der ja gleichfalls j>p>>r>. zu onii stellt. Ich

habe aber meine darauf bezüglichen Ausführungen als zu unsicher

nachträglich gestrichen, will sie nun aber hierher setzen. Die Be¬

ziehung von C5;i" zu )v>v>. , die auch für mich feststeht, muß jeden-

16 falls ziemlich jung sein, da altsem. äm im Hebräischen zu Di hätte

werden müssen, vgl. Disn, Dinr. Da nun ein jüngeres Suffix äm

nur im Kanaanäischen nachweisbar ist, syr. j>r>>r». aber ganz isoliert

steht, so liegt es doch am nächsten, hier eine Entlehnung aus einem

kanaanäischen Dialekt anzunehmen , wie ja im Aramäischen über-

20 haupt viel mehr kanaanäisches Lehngut steckt, als bis jetzt erkannt

ist*). Zugrunde läge natürlich rächt jömäm, sondern yamöm, vgl.

den hebr. Plural D^Jpv Daß nun ein Ausdruck „am Tage" zu der

Bedeutung „Tag" schlechthin sich entwickelt oder in dieser Be¬

deutung übernommen wird, hat wiederum nichts Überraschendes an

2.") sich und wird durch zahlreiche Analogien in anderen Sprachen gestützt, ich erinnere nur an „Weihnachten", „Tübingen" usw., die

ursprünglich adverbiale Kasus waren , oder an „Stambul" aus £tj

zi]v nokiv.

11. Zu Dsn usw. — „Einmal im Zuge möchte Bauer dann

30 auch D:n als „Gnade von ihnen" oder als „Gnade für sie" deuten ;

man denke sich das z. B. bei D:n lybab 13 "rniom Job 2,3!"

Nöldeke will also sagen, D:n in der Bedeutung „ohne Grund",

die es in der angeführten Jobstelle hat , könne unmöglich von

„Gnade" kommen. Aber hängt denn nicht auch „gratis" mit „gratia"

$6 zusammen ? Offenbar liegt auch hier ein Versehen meines Kritikers

vor ^ j^.jLsaj^,) und steht der Zusammenhang von "jn und

D:r;T ■ auch für ihn fest. Wenn aber das,' warum kann das Suffix hier

nicht ebenso erstarrt sein wie in Dbs, das von Haus „sie alle'

,0. P ,. . p

1) Ich nenne nur jjOpD „Unterhalt", jlQjQ^D „Zisterne" (Nöldeke, J. • .c

»CU>^ „Proselyt", Form wie "1135, wohl auch die . p.

Form ■Pix ( „tausend" mit langem a, aucb die aus dem Syrischen nicht recht zu erklärende Form des Nomen agentis: qätOlä.

(7)

Bauer, Semitische Sprachprobleme. 407

bedeutet, dann aber als »insgesamt' auch für die 2. Person gebraucht

wird (Job 17, 10)? Und kann nicht ein so entstandenes Suffix

zur Bildung anderer Adverbien verwendet worden sein ? Ist also

hier wirklich. . .ein höchst Unwahrscheinliches an ein andres gehängt?'.DD

»Es gibt in den semitischen Sprachen doch eine Anzahl von Nomina, s

die mit verschiedenen auf m auslautenden Suffixen gebildet sind.'

Gewiß. Aber solche Suffixe sind gewöhnlich von einem oder einigen

Mustern, wo sie organisch berechtigt sind, analogisch weiter über¬

tragen, und die Erklärung der Herkunft der Suffixe besteht eben

darin, die betreifenden Muster nachzuweisen, von denen sie aus- lo

gegangen sind.

9. Die Entstehung der m-, t- und .y'-Präfixe.

a) Das Präfix m.

Es ist eine alte und gewiß richtige Vermutung, daß das m-

Präfix der Nomina, der Substantiva sowobl als auch der Partizipien, 15

auf das Pronomen mä »was' bzw. ml , man »wer' zurückgeht.

Andererseits stimmt der Vokalismus dieser Nomina in so vielen

Fällen mit dem des sogenannten Imperfekt und Perfekt überein,

daß der von Jakob Barth in seiner »Nominalbildung' nur allzu

schematisch verallgemeinerte Zusammenhang der Nomina mit den so

genannten Verbformen wenigstens für diese Wortklasse außer Zweifel

steht. Wenn wir weiter fragen . wie der Zusammenhang sprach¬

geschichtlich zu denken sei (Barth sowohl wie Lagarde haben

ihn nur in abstrakter Weise behauptet), so liegt die Annahme nahe,

daß Nomina wie maqburu »Grab', mantiqu »Rede", *malbasu »Kleid'*) ss

zurückgehen auf Sätze wie mä"aqburu »was ich grabe", mä^anfi'qu

»was ich rede", *mä^albasu »was ich änziehe' ^). Ebenso begreift

man, daß aus Verbindungen wie »ich sehe, mä^akala Adam" (»was

A. ißt"), mä^qäma {biki) A. (»wo A. steht") leicht die Nomina (im Akkusativ) ma'kala »Nahrung", tiiaqäma »Ort" entstehen konnten, so

So gehen vielleicht auch die akkadischen Formen manähtu »Ruhe¬

ort", mandattu »Tribut" auf Sätze zurück wie mä"näkta {bihi)

»wo du ruhst", iriä^nadanta »was du gibst""). Da aber die Formen

manähta. mandatta wie Akkusative eines Femininum aussahen, so

lag es nahe, dazu einen Nominativ manähtu, mandattu zu bilden ; S5

wir hätten es also mit Pseudo-Pemininen zu tun.

Die auf solche Weise entstandenen Typen zeigen vielfach eine

1) Das ist natürlich nicht so gemeint, als ob die Bildung gerade Ton diesen Wörtern ausgegangen sei, sondern die angeführten Beispiele (das gilt auch von allen folgenden) sollen nur als Typen gelten.

2) Weiterbin konnte ein *7n<l jafliliu „was öffnet' zu *miftihu > nnCXl

„Schlüssel", ein mä jaftahu zu *miflahu > ,SJ*sj>O werden.

3) Diese Bildungen würden also aus einer Zeit stammen, in der das Akkadische nocb die suffigierende Tempusform wio das Westsemitische besaÜ.

? 8 «

(8)

Dehnung der Endsilbe {maqtäl, maqtil, maqtül), die wahrscheinlich

aus den Verhältnissen des Satzdruckes zu erklären ist. Auch werden

schon frühzeitig Vermischungen und Ausgleichungen zwischen den

einzelnen Typen stattgefunden haben , so daß der organische Zu-

6 sammenhang der betreffenden Bildungen mit dem Verbum vielfach

verwischt wurde. Wohl der größte Teil der ?/i-Nomina ist also

nicht organisch, sondern nach Analogie gebildet, ein Umstand, dem

in den Nominalbildungslehren von Barth und Lagarde viel zu

wenig Rechnung getragen wird.

10 b) Das Präfix t.

,Die Herkunft des ^-Präfixes ist noch ganz dunkel' (Brockel¬

mann, Grundriß der vergl. Gramm. I, 383). Eine Aufzählung der

verschiedenen Erklärungsversuche siehe bei Barth, S. 279 ff. Die

Auffassung Barth's selbst (S. 281), daß ,das t- in gleicher Weise

1.5 wie das w-Präfix vor die schlichten Pormen von Grundstammnomina gesetzt" worden sei, ist wiederum mehr abstrakt als historisch ge

dacht. Die historische Erklärung wird vielmehr wohl in derselben

Richtung zu suchen sein wie die der ni-Nomina, d. h. nicht ein

abstrakter Stamm , sondern wirkliche Verbalformen werden diesen

20 Bildungen zu gründe liegen. Dies vorausgesetzt , liegt die Ver¬

mutung nahe , daß die ^-Nomina von Haus aus nichts anderes als

erstarrte Aoristformen der 2. Person sind. Um zu verstehen , wie

solche Pormen zu Infinitiven oder Verbalsubstantive werden konnten,

brauchen wir nur neuarabische Sätze zu betrachten wie bta'rif

25 tiktub, titbuh „kannst du schreiben, kochen ?', btiqdir teqid „kannst

du sagen". Wir können hier die Verbformen tiktub usw. nur durch

einen Infinitiv übersetzen . und auch im Arabischen könnte hier

recht wohl ein Infinitiv oder Verbalsubstantiv (statt tiktub etwa

al-kitäba) stehen. Derartige asynthetische Verbindungen, die auch im

3u Hebräischen und Syrischen vorkommen, auch für das Ursemitische

anzunehmen, ' hat gewißD keine Schwierigkeit.D

Es wären also den maqtul , maqtil , maqtal entsprechend zu¬

nächst die Typen taqtul, taqtil, taqtal entstanden, die nach dem

Verblassen ihrer verbalen Herkunft in allem den Wandlungen der

36 ersteren gefolgt sein werden, vgl. oben. Es sind gewiß nur ganz

wenige, die ihre ursprüngliche organische Porm beibehalten haben,

und jeder Versuch , sie in ihrer Gesamtheit auf Perfekt- und Im¬

perfektstämme zurückführen zu wollen, bedeutet nur eine mecha¬

nische Registrierung ohne geschichtlichen Hintergrund.

40 Wenn die Pormen vielfach zum Intensivstamm (so im Ara¬

bischen taqtil) oder auch zum Kausativstamm gezogen werden (vgl.

die Nachweise bei Barth), so liegt wohl eine Art Adaption vor.

Die Erscheinung wird ihren Ausgang genommen haben von solchen

Pällen, wo der Grundstamm durch den Intensiv- oder Kausativstamm

4.1 abgelöst worden war, während die vom Grundstamm gebildeten

Infinitive oder Verbalsubstantive beibehalten wurden.

2 I *

(9)

Bauer, Hemüüc/ie Sprachprobleme. 409

c) Das Präfix j.

Die mit dem Präfix j gebildeten Noraina dienen im Gegensatz

zu den vorher genannten nicht als Verbalsubstantiva, sondern durch¬

weg als Beschreibeworte oder als Konkreta, besonders als Tier- und

Pfianzennamen. Der Zusammenhang dieser Bildungen mit der Verb- 5

form jaqtul, der sich ja von selber aufdrängt, wird von Barth

m. E. mit Unrecht bestritten. Man braucht nur anzunehmen , daß

sie ursprünglich als Attribut {sifa) zu einem wirklichen oder vor¬

schwebenden Substantiv gedient haben, vgl. Gen. 49, 27 qi^i :int

„ein reißender Wolf oder neuarab. g-***? bellender Hund' lo

(zitiert von Völlers in dieser Zeitschi. 41, 323 aus Hazz el-quhüf).

Sobald einmal solche Pormen als Attribut empfunden wurden, mußte

ihre Herkunft verdunkelt werden und sie konnten, wie jedes andere

Attribut substantivische Bedeutung annehmen. So wird also j^Jb

„Blitz' ursprünglich „fulgens' (eigentlich „quod fulget') bedeuten, i.s

nrt^'; „Öl' ursprünglich „splendens' („quod splendet') , tliiii;" ein

Wasservogel, ursprünglich etwa „der bläst'. Auch die Götzennamen

c^jib und yjjjjtj werden als sifa zu deuten sein : „der hilft' und

„der entgegensteht'.

Wie bei den m- und i-Formen ist auch hier der Endvokal üü

häufig sekundär gedehnt, auch wurde das Präfix in unorganischer

} o ~

Weise als bloßes Bildungselement verwendet: ^j„grün' neben

^yix>-- Indem Barth (§ 154 c) gerade von diesen jungen sekun¬

dären Bildungen ausgeht, wird er auf die falsche Pährte geleitet.

Mit Recht dagegen trennt Barth von den eben besprochenen 25

Bildungen die Nomina propria mit dem Präfix j wie apyi , qoii ,

nnsi usw. Nur betrifft die Verschiedenheit nicht, wie er meint,

die Form überhaupt, denn beide sind von Haus aus Verbformen,

sondern deren Funktion oder syntaktische Beziehung. Während

nämlich die erstgenannten Pormen ursprünglich Attribut eines so

zu ergänzenden Bestimmungswortes waren, sind die zweiten als

Prädikat mit ausgelassenem Gottesnamen als Subjekt zu betrachten.

Auch scheinen die ersteren zum Teil in die Urzeit zurückgehen,

während die zweiten durchweg als jüngere einzelsprachige Bildungen

anzusehen sind. S5

(10)

Kanaanäische Miszellen.

Von Hans Baner.

1. bisnitN, I'TOnaN, ppnbN, NpnbN.

Das ^-Reflexiv des Grundstammes , das in der Mesa-Inschrift

einmal vorkommt (annbNi ,und ich kämpfte') ist im Hebräischen ganz

verschwunden. Daß die Form aber auch einmal in Palästina weitere

Verbreitung hatte, wird bewiesen durch einige Ortsnamen, die ofl'enbar

Infinitive der genannten Form darstellen. Wir meinen zunächst die

Ortsnamen bii<n\äN aus *iStaäl und ri73n;cN aus *iStimä'. Der

erste Name bedeutet ,sich Auskunft erholen', der zweite (von yatä

„hören') dem Sinne nach wohl ungefähr dasselbe. Darf man hier

vielleicht an zwei Orakelstätten denken? Auch "[ipnbN (Jos. 15, 59)

würde, wenn man es auf ^UäjI zurückführen und mit qäJLj gleich¬

setzen darf, bedeuten „sich Bats erholen'.

Nicht ganz so sicher erscheint es, ob wir den Ortsnamen NjTPbN

oder npribs (akkadisch in der ümschrift Altaqä) mit dem arab.

Infinitiv j;iJiaJl aus *iltiqä?' „Vereinigung' zusammenstellen dürfen.

Es wäre dann die Entwicklung iltiqüi > iltiqai < npnbN anzu¬

nehmen und als Bedeutung entweder „Zusammenkunftsort' oder

„Zusammenfiußstelle' zweier Bäche wie „Koblenz'.

2. Saron.

Der Zusammenhang von iitu; (Form wie y^Tn) mit arab.

„feucht sein', akk. serü „üppig wachsen', mesrü „Wachstum' braucht

nur ausgesprochen werden , um sofort einzuleuchten. Der Name

der gesegneten Niederung bedeutet also „Fruchtbarkeit'.

3. n(i)ni:.

In dieser seltsamen mit ni"! verbundenen Form sehe ich ein

Petrefakt aus einer Zeit, wo der Infinit, absol. biajr, bilip; usw.

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