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P H Y S I K I M A L LTA G

40 Physik Journal 12 (2013) Nr. 2 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

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ür manch einen bedeutet es einen Eingriff in die Privat- sphäre, gleichzeitig geht es um ein Mehr an Sicherheit: Die Ein- führung von Körperscannern zur Personenkontrolle an Flughäfen hat in den vergangenen Jahren mas- sive Wider stände bei Datenschüt- zern und einzelnen Passagieren erzeugt. Die als „Nacktscanner“

abgestempelten Geräte gerieten in Deutschland in die Kritik, weil sie datenschutzrechtlich relevante Informationen erheben und einen entsprechenden Umgang mit den Daten erforderlich machen. Zudem verlief ein Langzeittest der Bundes- polizei am Hamburger Flughafen in den Jahren 2010 und 2011 mehr als holprig, was die Erkennungs- rate der Geräte betraf. Seit kurzem stehen am Flughafen in Frankfurt am Main drei Millimeterwellen- Körperscanner, die USA-Reisende freiwillig anstelle der manuellen Kontrolle nutzen können.

Solche Körperscanner arbeiten mit elektromagnetischen Wellen, deren Wellenlängen etwa zwischen einem halben und zehn Millime- ter liegen. Auch wenn sie immer wieder als Terahertzscanner be- zeichnet werden, arbeiten sie nur bei Frequenzen zwischen 20 und 800 Gigahertz, oft im zweistelligen Gigahertzbereich.

Natürlich hängt der konkrete Aufbau eines Körperscanners vom Hersteller ab, das Prinzip bleibt je-

doch das gleiche: Ein oder mehrere Sender strahlen Millimeterwellen ab, die vom Passagier zum Teil absorbiert und zum Teil reflek- tiert werden. Aus der Laufzeit des empfangenen Signals ergibt sich die Entfernung zur betroffenen Körperstelle, aus der Amplitude wiederum lässt sich auf die Mate- rialeigenschaften – und damit auf einen lokalen Kontrastwert im spä- teren Bild – schließen. Bei der Mes- sung wird der Passagier von allen Seiten abgescannt, um die gesamte Körperkontur sichtbar zu machen.

Zu jedem Voxel, also Pixel mit drei Raumkoordinaten, zeichnet das Gerät die zugehörige Amplitude auf. In Echtzeit errechnet ein Al- gorithmus daraus eine Front- und Rückansicht der Person (Abb. 1).

Als Detektoren für die gestreu- ten Millimeterwellen kommt klas- sische Radartechnik zum Einsatz, etwa Schottky-Dioden auf Silizium- basis, die es als vollintegrierte Lö- sung gibt. Die empfangene elektro- magnetische Welle wird mit einem lokalen Oszillator gemischt und dadurch in ein niederfrequentes Signal im Kilohertzbereich umge- wandelt, das sich elektronisch ver- stärken und auswerten lässt. Zahl und Anordnung der Detektoren hängen von der Art der späteren

Bildrekonstruktion und von weite- ren limitierenden Faktoren ab: So steigen etwa die Systemkosten min- destens umgekehrt proportional zur Wellenlänge. Auch die Rechen- leistung begrenzt das System. Da die Signallaufzeiten in der Größen- ordnung von Nanosekunden liegen, muss die Elektronik die Mess- signale sehr rasch digitalisieren, um ein Echtzeitbild zu erzeugen. Ab einer gewissen Zahl von Empfän- gern wird das selbst mit der heute verfügbaren Technik schwierig.

Daher ist die konkrete technische Auslegung eines Körperscanners immer ein Kompromiss zwischen Geld, angestrebter Auflösung, mög- lichst geringer Absorption durch Kleidung und Echtzeitverarbeitung.

Blick durch die Kleidung Entscheidend für die Absorption und Reflexion von Millimeterwel- len sind die Materialeigenschaften des menschlichen Körpers und der Kleidung. Hier kommt es zu einem relativ komplexen Zusammenspiel durch die beteiligten Moleküle und vorherrschenden Strukturgrößen.

Unterhalb von einem Millimeter Wellenlänge (300 Gigahertz) absor- biert der menschliche Körper stark, weil in diesem Bereich viele Reso- nanzfrequenzen von Biomolekülen

n Hände hoch und still gestanden!

Körperscanner sollen an Flughäfen für mehr Sicherheit sorgen. Mithilfe von Millimeterwellen erkennen die Geräte, ob ein Passagier unerlaubte Dinge ins Flugzeug zu schmuggeln versucht.

In den USA gehören Körperscanner an den Flughäfen längst zur Routine. In Deutschland misslang der Testlauf in

Hamburg, doch jetzt stehen die ersten drei Geräte am Frankfurter Flughafen.

Abb. 1 Die Sicherheitsbeamten am Flughafen entscheiden an- hand dieser Bilder, ob ein Passagier die Kontrolle passieren darf oder ob er womöglich Sprengstoff oder Waffen schmuggeln will. Aus Datenschutzgründen sitzen die Beamten in einem separaten Raum und sehen den jeweiligen Passagier nicht.

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L3 Ch. Charisius / Reuters

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© 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 12 (2013) Nr. 2 41 und Wasser liegen. Auf einem sol-

chen Millimeterwellenbild sieht der Körper eines Menschen also dunkel aus, und verdächtige Gegenstän- de heben sich als Reflexe ab. Die Transmission der Kleidung dagegen sinkt in diesem Bereich rasch, weil die Stoffstrukturen ähnlich groß sind wie die Wellenlänge und es somit zu Interferenzen kommt.

Oberhalb einer Wellenlänge von einem Zentimeter dämpft die Klei- dung kaum noch, weil typische Stoffdicken deutlich kleiner als die Wellenlänge sind. In diesem Fre- quenzbereich reflektiert aber die menschliche Haut stark, sodass sich ein verdächtiger Gegenstand durch ein verändertes Reflexionsverhalten bemerkbar macht.

Neben diesem, von den Material- eigenschaften bestimmten Verhal- ten sinkt aufgrund der Abbe schen Formel die räumliche Auflösung eines Körperscanners mit zuneh- mender Wellenlänge. Heutige

Millimeterwellen-Körperscanner erreichen eine Auflösung von rund einem Zentimeter, die nächste Generation stößt sogar zu einigen Millimetern vor.

Unsichtbares nachgewiesen Die Stärke von Körperscannern ist ihre Empfindlichkeit für den Nachweis von Materialien, die mit den türrahmenförmigen Metalldetektoren an Flughäfen nur unzureichend oder gar nicht nachzuweisen sind. Hierzu gehö- ren zum Teil Keramiken, etwa in Form von Messern, oder Plastik- sprengstoffe. Am Körper getragene Plastiksprengstoffe zeigen sich im Millimeterwellenbild aufgrund der unterschiedlichen Dielektri- zitätszahl von menschlicher Haut und Sprengstoffmaterial: An der Grenzfläche zwischen Sprengstoff- päckchen und Körper kommt es zu einer zusätzlichen Reflexion, die der Algorithmus des Scanners

bei der Auswertung als Hinweis auf einen Gegenstand interpretiert (Abb. 2).

Dieses Messprinzip verdeutlicht das Grundproblem der Körper- scanner: Letztlich muss der Algo- rithmus sehr schwache Kontrast- unterschiede in einem Schwarz- weißbild interpretieren, ohne dass er über unabhängige Materialinfor- mationen verfügt. Bereits eine Falte in der Kleidung kann Bildartefakte erzeugen, weil die Absorption an dieser Stelle deutlich steigt. Das erklärt zum Beispiel die hohe Zahl an Fehlalarmen während der Kör- perscannertests in Hamburg. Falsch positive Resultate kosten aber viel Zeit, da eine Nachkontrolle des Pas- sagiers erforderlich ist – und Zeit ist ein entscheidender Faktor bei einer Routinekontrolle: Ein Mehr an Sicherheit bei Flügen darf aus wirtschaftlichen Gründen auf Dau- er kein Mehr an Zeit erfordern.+)

Michael Vogel

Abb. 2 Am Gerät ist statt der Körperstrukturen nur ein stilisier- ter Mensch zu erkennen. Auffällige Stellen sind gelb markiert.

L3

Neben Millimeterwellen-Körper- scannern gibt es Geräte, die mit Rönt- genstrahlung arbeiten. Ein solcher Röntgenscanner misst die von der Haut oberfläche des Passagiers zu rück - ge streute Compton-Strahlung und rekonstruiert aus der zu jedem Pixel gehörenden Amplitude des empfan- genen Signals eine Front- und Rück- ansicht. Die erreichbare Auflösung ist bei Metallen und vielen Keramiken sehr gut, bei rein organischen Verbin- dungen dagegen nicht, weil der Kon- trast zum menschlichen Körper sehr gering ist. Röntgenscanner sind in der EU wegen der Strahlenbelastung für

Standardkontrollen nicht zugelassen – in den USA dagegen schon. Doch auch dort führt die öffentliche Debatte über die Strahlenbelastung zu einem Um- denken: Millimeterwellenscanner er- setzen immer öfter Röntgenscanner.

Vertreter der Strahlenschutzkommis- sion haben darauf hingewiesen, dass mögliche Wechselwirkungen der Milli- meterwellen mit den Zellen der Haut bislang wenig bis gar nicht erforscht wurden. Allerdings ist die Leistungs- dichte der meisten Körperscanner mit nur 10–6 Milliwatt pro Quadratzentime- ter sehr gering.

R Ö N T G E N R Ü C K S T R E U U N G A L S A LT E R N AT I V E

+) Ich danke Torsten May vom Institut für Photonische Technolo- gien, Jena, für hilfreiche Erläuterungen.

bis Big Bang gibt es kaum ein Gebiet, auf dem sie nicht vertreten sind.

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Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA , E-Mail: service@wiley-vch.de, www.wiley-vch.de Max Rauner und Stefan Jorda

Irrtum und Preisänderungen vorbehalten.

Abbildung

Abb. 1  Die Sicherheitsbeamten am Flughafen entscheiden an- an-hand dieser Bilder, ob ein Passagier die Kontrolle passieren darf  oder ob er womöglich Sprengstoff oder Waffen schmuggeln  will
Abb. 2  Am Gerät ist statt der Körperstrukturen nur ein stilisier- stilisier-ter Mensch zu erkennen

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