D
er englische Schriftstel- ler H. G. Wells (1866 bis 1946) kann als der Be- gründer des Genres „Science- Fiction“ angesehen werden.Filme wie „Star Trek“ und
„Star Wars“ gehen auf seine Erzählungen wie „The War of the Worlds“ zurück. Er war aber seit seiner Kindheit auch ein passionierter Schachspie- ler mit einem ambivalenten Verhältnis zu dieser Leiden- schaft, wie ein Auszug aus seinem Aufsatz „Concerning Chess“ (Schach betreffend) zeigen mag:
„Die Schachleidenschaft ist eine der unverantwortlich- sten der Welt. Sie schlägt der Theorie der natürlichen Se- lektion ins Gesicht. Keine andere Beschäftigung nimmt dich so gefangen mit Haut und Haar, keine befriedigt
dein Verlangen weniger – ein zielloser Auswuchs des Le- bens. Sie vernichtet einen Menschen. Da gibt es bei- spielsweise einen viel ver- sprechenden Politiker oder Künstler, den du zerstören willst. Dolch oder Bombe wären archaisch, plump und unzuverlässig – aber lehre
ihn, impfe ihn mit dem Schachspiel!
Es ist vielleicht gut, dass die richtige Art, Schach zu lehren, so wenig bekannt ist.
Unsere Staatsmänner säßen da mit Taschen- schachs, während das Land zum Teufel füh- re, unsere Armee wür- de sich in karierter Kontemplation vergra- ben, unsere Ernährer würden ihre Frauen vergessen auf der Suche nach unmöglichen Matts. Die ganze Welt wäre ein Chaos.
Ich kann mir gut unsere Kut- scher vorstellen, wie sie in Springerzügen die Charing Cross Road rauf und runter fahren. Und ab und zu ein Selbstmörder mit der patheti- schen Inschrift auf seiner
Brust: ,Ich gab zu früh ein Schach mit meiner Dame.
Der Gedanke daran ist mir unerträglich‘.“ Doch auch Wells irrt gelegentlich, bei- spielsweise bei der folgenden Stellung vom letzten Deut- schen Ärzteturnier. „Ein Matt hängt drohend und steigt nie herab.“ Beim Kon- stanzer Onkologen Dr. med.
Dieter Hardt stieg es sehr wohl herab. Die weißen Freibauern c7 und d6 sind umwandlungsbereit, doch Dr.
Hardt als Schwarzer am Zug, wohlweislich die Turmbeute auf c2 verschmähend, been- dete die Partie trotz hoher Zeitnot mit einem unparier- baren Mattangriff. Wie?
Lösung:
P
rognosen sind ein ziem- lich heikles Unterfangen, vor allem wenn sie in die Zukunft gerichtet sind. Die Irrungen der Experten sind bekanntlich Legende, und die Verwirrung der Anleger folgt der Fehleinschätzung auf dem Fuß, gepaart mit einer fatalen Entscheidungsstarre.Die Gründe, warum die Au- guren so oft schief liegen, sind sicher vielfältig. Manche kön- nen es einfach nicht, andere sit- zen auf einem Berg von Inter- essenkonflikten, aber die weit überwiegende Anzahl verlässt sich auf computerunterstützte Rechenmodelle, die, durchaus kompliziert, gleichwohl Trends der Vergangenheit bloß fort- schreiben, die von der Realität wiederum oft genug brutal ab- gebrochen werden.
So kommt es, jeder Student eines finanzwissenschaftli- chen Oberseminars weiß es, zu der paradoxen Situation, dass im Zinstief ganz wenige
Bauherren zugreifen, sondern erst nach einer spürbaren Renditeerhöhung verschreckt hinterherhecheln und Anle- ger verstärkt in Rentenfonds investieren, wenn die Kapital- marktzinsen anziehen.
Persönlich habe ich über- haupt keinen Zweifel daran, dass wir uns exakt in einer Si- tuation befinden, in der das mittlerweile langjährige Zins- tal sein Ende findet und stetig anziehenden Kapitalmarkt- renditen Platz macht. Allen Unkenrufen zum Trotz ist die konjunkturelle Erholung spe- ziell des europäischen Wirt- schaftsraumes nicht mehr aufzuhalten, was allemal für steigende Zinsen sorgen wird.
Wenn dieses Szenario stimmt, kann es für Bauherren und
Käufer von Immobilien nur ei- nen richtigen Finanzierungs- zeitpunkt geben: so schnell wie möglich zur Tat schreiten, lie- ber heute als morgen, und eine möglichst lange Darlehens- laufzeit mit einem festen Zins- satz vereinbaren. Als Bonbon kommt Schnellentschlossenen zugute, dass Immobilien der- zeit noch vergleichsweise preis- wert zu haben sind.
Andererseits kann es sich für Anleger sehr lohnen, das Wertpapierdepot gründlich durchzufegen. Enthält das Portfolio Rentenfonds mit dem Anlageschwerpunkt lange und mittlere Laufzeiten, kann ein Verkauf durchaus angebracht oder sogar vonnöten sein. Der Effekt steigender Zinsen führt besonders bei lang laufenden
Anleihen zu Kursverlusten,was negativ auf die Rücknahme- preise des Fonds durchschlägt.
Das gilt freilich erst recht für Direktinvestments in Form von Bonds oder festverzinsli- chen Wertpapieren mit einer Laufzeit über fünf Jahren. Ein Tausch zugunsten kurz laufen- der Papiere bringt zwar mo- mentan Zinsnachteile, die aber über das Vermeiden von Kursverlusten meines Erach- tens mehr als aufgefangen werden. Für Neuanlagen emp- fehlen sich derzeit Floater sehr, wie etwa der IKB-Floa- ter mit der Kenn-Nummer 273034. Bei dieser Form von Papieren ist das Kursrisiko null, was sich sehr segensreich auf die Wertentwicklung nie- derschlagen kann. Und bei steigendem Kapitalmarktni- veau gehen die Zinsen auch noch entsprechend hoch. So kann, wer sich dem Herden- trieb entgegenstemmt, etliche
Euro gutmachen. )
S C H L U S S P U N K T
[108] Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 363. September 2004
Nimm keinen Dolch!
Dr. med. Helmut Pfleger
zu den Zinsen
Wider den Herdentrieb
Börsebius
Post Scriptum
Nach dem Springerzug 1. ..
.Sf3!
(nicht auf der Londoner Charing
Cross Road, sondern im Ku
r- saal von Bad Neuenahr) drohte
2.
..
.Tg1 matt.
Weiß versuchte deshalb noch 2. Sg3,musste aber
so die Deckung seines anderen Springers auf h2 aufgeben, so
dass 2. ..
.Txh2 matt setzte.