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in Raum, in dem sich ein Tuch im Luftzug eines Ventilators leicht bewegt.Abgebildet ist eine Situation, die inzwischen auch von me- dizinischen Laien erkannt wird: Eine Zelle wird an- gestochen, und es wird ihr der Zellkern entnommen, viel- leicht auch ein neuer einge- pflanzt. Die Szene wird von einer Schwarzlichtlampe in ein geheimnisvolles Licht ge- taucht. In einer seitlich ste- henden Vitrine befinden sich Schmuck und noch verpackte Kleidungsstücke. Der Besu- cher wird beim Umhergehen von einer sanften, eingängi- gen Musik begleitet, wie sie aus Warteräumen bekannt ist.
Erstmalig war diese Raum- installation im Rahmen des Projekts „Lo Spirito del Lago 2003“ zu sehen. Sie war der Beitrag des Künstlers zum Thema „Die Versuchung des Heiligen Antonius“; später tauchte die gleiche Installati- on in der Wanderausstellung
„Kunst und Tabu“ (2004/2005) auf. Dieser Kontext eröffnet den Zugang zum Kunstwerk.
Worin bestehen die Versu- chungen zu Beginn des 21.
Jahrhunderts? Eine der größ- ten hat sich der Mensch in Form der Gentechnik er- öffnet. Wie weitgehend sollen wir die darin liegenden Mög- lichkeiten nutzen? Welche Stellung nimmt die Gesell- schaft zur Präimplantations- diagnostik ein, wie stehen wir zu genmanipulierten Pflan- zen, was sagen wir zu der Möglichkeit, eines Tages „De- signer-Babys“ zu kreieren?
Eine schöne neue Welt? Was die einen enthusiastisch pro- pagieren, rührt an die Tabus der anderen. Dem Eingriff in Gottes Schöpfung und Gefah- ren des Missbrauchs auf der einen Seite stehen die Mög- lichkeiten neuer Behand- lungskonzepte auf der ande- ren Seite gegenüber. Wird man eines Tages bei sanfter Musik im Sprechzimmer des
Genetikers besprechen kön- nen – und vor allem auch wol- len –, welche Augen- und Haarfarbe, welchen Intelli- genzquotienten das Kind ha- ben soll? Wird man dies aussu-
chen können wie Kleidung und Schmuck, die ebenfalls in dieser Rauminstallation aus- liegen? Die Entscheidung fällt in den Köpfen – und im Labor:
in vitro veritas. Hartmut Kraft V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 611. Februar 2005 AA371
Kunst und Psyche
Tabu der Neuzeit
Foto:Harald Fuchs
Biografie Harald Fuchs Geboren 1954 in Rehau/Oberfranken.
1974 bis 1978 Studium Grafik-Design an der Fachhochschule Würzburg.
1978 bis 1982 Studium freie Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart bei R. Schoofs.
Seit 1982 Professor im Bereich Kommuni- kationsdesign/Mixed Media in Düssel- dorf. Lebt in Köln.
Literatur
Fuchs H: Perforierte Parallelwelten. Kata- log Museum Schloss Morsbroich, Köln:
Salon Verlag, 2003.
Fuchs H: Heimspiel – Harald Fuchs. Re- hau: Rehau-Art, 2003.
Kraft H (Hrsg.): Die Versuchung des Hl.
Antonius – Lo Spirito del Lago 2003.
Köln: Salon Verlag, 2004.
Kraft H: Tabu-Magie und soziale Wirklich- keit. Düsseldorf: Walter Verlag, 2004.
„In vitro veritas“ (2003 ff.), Rauminstallation mit verschiedenen Materialien, circa 3 m × 4 m
„Ex-Libris-Wissen schaffen“
Bundespräsident wird Schirmherr
Bundespräsident Horst Köhler hat die Schirmherrschaft über das Spenden- projekt „Ex-Libris-Wissen schaffen“
übernommen. Seit nunmehr fünf Jah- ren sammelt „Ex Libris“ Geld- und Sachspenden für die unterfinanzier- ten deutschen Hochschulbibliothe- ken. Mehr als 3 000 Spenderinnen und Spender – zumeist Ehemalige, die ihrer Uni helfen wollen – haben rund eine Million Euro gespendet und begünstigen regelmäßig mehr als 100 Hochschulen. Namhafte Kurato- ren wie Marcel Reich-Ranicki, Lothar Späth und Lord Dahrendorf helfen aktiv mit. Weitere Informationen un- ter www.wissenschaffen.de. Förder- willige können ihre Spende unter An- gabe von Hochschule und Fachbereich richten an: Wissen schaffen e.V., Post- bank Hamburg, Konto: 42 208 208.EB
D
en Anlass zur Ausstel- lung „Europas Juden im Mittelalter“ im Histori- schen Museum der Pfalz bil- det der 900. Jahrestag der Weihe der mittelalterlichen Synagoge in der Altstadt von Speyer. Die unter Schirm- herrschaft des spanischen Königs Juan Carlos und Bun- despräsident Horst Köhlers stehende Ausstellung, die den Zeitraum zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert um- fasst, ist bis zum 20. März zu sehen. Im Fokus der Präsen- tation, die umfassende Ein- blicke in Geschichte und Kultur des Judentums er- möglicht, stehen seine bei- den großen mittelalterlichenTraditionskreise: Aschkenas im Mittelrheingebiet zwi- schen Worms, Speyer und Mainz und Sepharad auf der Nordhälfte der Iberischen Halbinsel. Von hier aus nah- men die geistige, religiöse und wirtschaftliche Entwick-
lung des europäischen Ju- dentums und seine Ausbrei- tung ihren Anfang.
Mit der Präsentation der größtenteils noch nie öffent- lich gezeigten Objekte gelingt es Museumsdirektorin Cor- nelia Ewigleben und ihrem Team, den Besuchern den Blick zu öffnen für eine ihnen bislang unbekannte Welt.
Gleichzeitig hilft sie, durch Wort und Bild aus Unkennt- nis entstandene, weit verbrei- tete Klischees zu korrigieren.
Dazu bietet die Ausstellung ein reichhaltiges Begleitpro- gramm an. Reich bestückt ist die Abteilung mit naturwis- senschaftlichen und medizini- schen Werken zur Chirurgie, Heilmittelkunde und Apo- thekenwesen.
Informationen über Tele- fon: 0 62 32/62 02 22, Internet:
www.museum.speyer. de. BSR
Speyer
Europas Juden im Mittelalter
Foto:Museum Speyer