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Der Einfluss thermisch induzierter Spannungen auf den Haftverbund zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik

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Academic year: 2022

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des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover

Der Einfluss thermisch induzierter Spannungen auf den Haftverbund zwischen Zirkoniumdioxid

und Verblendkeramik

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnheilkunde

in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Gerd Göstemeyer aus Hildesheim

Hannover 2011

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Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am: 07.09.2011

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann

Betreuer dieser Arbeit: PD Dr. med. dent. Philipp Kohorst

Referent: PD Dr. med. dent. Anton Demling

Korreferent: PD Dr. med. dent. Thomas Schwarze

Tag der mündlichen Prüfung: 07.09.2011 Promotionsausschussmitglieder:

Prof. Dr. med. dent. Werner Geurtsen Prof. Dr. med. Burkhard Schwab Prof. Dr. med. Bernd Haubitz

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung... 1

2 Literaturübersicht ... 3

2.1 Definition und Einteilung der Dentalkeramiken ... 3

2.1.1 Silikatkeramik... 4

2.1.2 Oxidkeramik... 5

2.1.3 Zirkoniumdioxid... 5

2.2 Kronen und Brücken aus Zirkoniumdioxid ... 10

2.2.1 Gerüstherstellung ... 10

2.2.2 Verblendung ... 13

2.2.3 Klinische Zuverlässigkeit und Komplikationen ... 14

2.3 Mechanische Eigenschaften ... 16

2.3.1 Biegefestigkeit ... 16

2.3.2 Elastizitätsmodul... 17

2.3.3 Risszähigkeit... 17

2.4 Thermische Eigenschaften ... 17

2.4.1 Wärmeausdehnungskoeffizient... 18

2.4.2 Glasübergangstemperatur ... 20

2.4.3 Thermisch induzierte Spannungen ... 21

2.5 Der Verbund zwischen Gerüst- und Verblendkeramik ... 22

2.5.1 Verbundmechanismus ... 23

2.5.2 Einfluss des Wärmeausdehnungskoeffizienten ... 23

2.5.3 Prüfmethoden ... 25

2.5.3.1 Zugprüfung ... 25

2.5.3.2 Druckprüfung ... 26

(4)

2.5.3.3 Scherprüfung ... 26

2.5.3.4 Biegeprüfung ... 27

2.5.3.5 Bestimmung der Energiefreisetzungsrate... 28

3 Problemstellung ... 31

4 Material und Methoden ... 32

4.1 Übersicht ... 32

4.1.1 Verwendete Keramiken ... 32

4.1.2 Studienaufbau... 33

4.1.2.1 Untersuchung der thermischen Expansion ... 33

4.1.2.2 Ermittlung der Energiefreisetzungsrate ... 33

4.2 Dilatometrische Untersuchung... 36

4.2.1 Herstellung der Dilatometerproben ... 36

4.2.1.1 Proben aus Verblendkeramik ... 36

4.2.1.2 Proben aus Zirkoniumdioxid ... 38

4.2.2 Durchführung der Messungen ... 38

4.2.2.1 Temperaturprofil ... 39

4.2.2.2 Messwertaufbereitung ... 39

4.2.3 Auswertung der Dilatometerkurven... 40

4.2.3.1 Berechnung der Residualspannung ... 41

4.3 Ermittlung der Energiefreisetzungsrate... 42

4.3.1 Herstellung der Proben... 43

4.3.1.1 Herstellung des Gerüstanteils... 43

4.3.1.2 Verblendung der Gerüste ... 43

4.3.1.3 Einstellen der Verblendkeramikschichtstärke ... 46

4.3.1.4 Kerben der Proben ... 47

(5)

4.3.2 Aufbau der Prüfvorrichtung ... 49

4.3.3 Durchführung der Messungen ... 50

4.3.4 Verlauf der Kraft-Dehnungskurven ... 50

4.3.5 Auswertung der Kraft-Dehnungskurven... 52

4.3.6 Berechnung der Energiefreisetzungsrate ... 52

4.4 Fraktographische Analyse im Rasterelektronenmikroskop... 53

4.5 Statistische Auswertung ... 54

5 Ergebnisse... 55

5.1 Dilatometrische Untersuchung... 55

5.1.1 Linearer Ausdehnungskoeffizient... 55

5.1.2 Glasübergangstemperatur ... 56

5.1.3 Thermische Residualspannung ... 57

5.1.4 Differenz zwischen α2 und α1... 59

5.2 Energiefreisetzungsrate ... 60

5.2.1 Komplikationen ... 60

5.2.2 Energiefreisetzungsraten der schnell abgekühlten Proben... 61

5.2.3 Energiefreisetzungsraten der langsam abgekühlten Proben ... 62

5.2.4 Einfluss der Residualspannung ... 63

5.2.5 Einfluss der Abkühlgeschwindigkeit... 64

5.3 Fraktografische Analyse ... 66

5.3.1 Lava Ceram ... 67

5.3.2 Zirox... 69

5.3.3 VM9 ... 71

5.3.4 Triceram ... 73

6 Diskussion... 76

(6)

6.1 Diskussion der Methodik ... 76

6.1.1 Dilatometrische Untersuchung... 76

6.1.1.1 Probenherstellung ... 76

6.1.1.2 Durchführung der Messungen ... 78

6.1.1.3 Berechnung der Residualspannungen ... 79

6.1.2 Energiefreisetzungsrate... 80

6.1.2.1 Probenherstellung ... 80

6.1.2.2 Durchführung der Messungen ... 82

6.1.2.3 Berechnung der Energiefreisetzungsrate ... 82

6.2 Diskussion der Ergebnisse ... 83

6.2.1 Dilatometrische Untersuchung... 83

6.2.1.1 Ausdehnungskoeffizient und Glasübergangstemperatur ... 83

6.2.1.2 Residualspannung... 85

6.2.2 Energiefreisetzungsrate... 88

6.2.2.1 Einfluss thermischer Residualspannungen... 89

6.2.2.2 Einfluss der Abkühlgeschwindigkeit... 92

6.2.2.3 Fraktografische Analyse ... 94

6.2.2.4 Klinische Relevanz ... 95

7 Zusammenfassung ... 97

8 Literaturverzeichnis ... 99

9 Curriculum Vitae ... 112

10 Erklärung ... 113

11 Danksagung ... 115

(7)

1 Einleitung

Zahnersatzmaterialien müssen hohe Anforderungen erfüllen. Sie müssen den mechani- schen, thermischen und chemischen Belastungen im Mundhöhlenmilieu über einen lan- gen Zeitraum widerstehen können. Zudem sollen die physiologischen Vorgänge im menschlichen Organismus durch die Eingliederung von Zahnersatz möglichst wenig beeinflusst werden. Daneben sollen sie, vor allem im sichtbaren Bereich, optische Ei- genschaften aufweisen, mit denen sich die dentogingivale Ästhetik möglichst exakt imi- tieren lässt.

Auf dem Gebiet der Kronen- und Brückenprothetik kommen zur ästhetischen Versor- gung von Zahnhartsubstanzdefekten und Zahnverlusten seit etwa 50 Jahren vorwiegend Versorgungen zum Einsatz, die auf Metall-Keramik-Verbundsystemen basieren. Diese Restaurationstechnik gilt heute noch bei vielen Indikationen als Standardversorgung.

Der Einsatz von Metallen in der Mundhöhle weist jedoch unter biologischen und ästhe- tischen Gesichtspunkten Defizite auf. So können Metalllegierungen im Mundhöhlenmi- lieu korrodieren. Da Metalle keinerlei Lichtdurchlässigkeit aufweisen, ist die ästhetische Wiederherstellung von Zahnhartsubstanz und einer natürlich wirkenden Gingiva bei der Verwendung von metallkeramischen Versorgungen nicht in vollem Maße zufrieden stellend.

Um höheren Anforderungen an Ästhetik und Biokompatibilität gerecht zu werden, wur- den vor einiger Zeit Vollkeramikrestaurationen in der Zahnmedizin etabliert. Neben ästhetischen Vorteilen sind es vor allem physikalische und biologische Aspekte, die für die Anwendung von vollkeramischen Versorgungen zum Ersatz verloren gegangener Zahnhartsubstanz oder fehlender Zähne von Bedeutung sind. So verhält sich Keramik im Gegensatz zu Metall im Mundhöhlenmilieu chemisch nahezu inert und somit neutral zu anderen Restaurationsmaterialien. Zudem weist sie nur eine geringe Wärmeleitfähig- keit auf. Damit ist Keramik das restaurative Material, welches den chemischen und bio- logischen Eigenschaften natürlicher Zahnhartsubstanz am meisten ähnelt.

Durch ihre höhere Bruchanfälligkeit und der im Vergleich zu metallkeramischen Res- taurationen schlechteren Passgenauigkeit konnten sich vollkeramische Restaurationen

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jedoch lange Zeit nur bedingt durchsetzen. Ihre Anwendung blieb bis in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts auf kleinere Versorgungen wie kurzspannige Brücken im Frontzahnbereich, Einzelzahnkronen, Inlays und Veneers beschränkt. Erst mit der Wei- terentwicklung neuer computergestützter Herstellungsverfahren konnten moderne Hochleistungskeramiken auf der Basis von Zirkoniumdioxid auch für den zahnmedizi- nischen Bereich nutzbar gemacht werden. Verschiedene Untersuchungen konnten be- reits zeigen, dass sich dieser Werkstoff aufgrund seiner hohen mechanischen Festigkeit selbst für die Anfertigung mehrgliedriger Brücken im hochbelasteten Seitenzahnbereich eignet. Zwar ist die Herstellung von Zahnersatz, der vollständig aus Zirkoniumdioxid besteht, möglich, jedoch weisen solche Restaurationen aufgrund der opaken Eigenschaf- ten dieses Werkstoffs ästhetische Defizite auf. Daher werden Restaurationen auf der Basis von Zirkoniumdioxid üblicherweise mit glashaltigen Keramiken verblendet.

Aufgrund des kurzen Anwendungszeitraumes mangelt es derzeit noch an Langzeiterfah- rungen mit Versorgungen aus Zirkoniumdioxid. Einige klinische Untersuchungen über kurze Zeitspannen konnten jedoch bereits zeigen, dass es nach der Eingliederung von Zirkoniumdioxidkronen und -brücken häufig zu technischen Komplikationen infolge von Frakturen und Abplatzungen der Verblendkeramik kommt. Als eine der Hauptursa- chen für diese Misserfolge werden vor allem Spannungen zwischen Gerüst und Ver- blendkeramik diskutiert, die beim Abkühlen nach dem Sinterprozess durch thermische Kontraktion entstehen.

Um die Haltbarkeit von Restaurationen auf der Basis von Zirkoniumdioxid weiter zu optimieren, ist es daher notwendig, den Einfluss thermisch bedingter Spannungen auf den Verbund zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik zu untersuchen. Hier- durch können Erkenntnisse abgeleitet werden, mit denen es möglich ist, eine bessere Abstimmung der thermischen Kontraktionseigenschaften zwischen beiden Verbund- partnern zu finden.

(9)

2 Literaturübersicht

2.1 Definition und Einteilung der Dentalkeramiken

Der Begriff „Keramik“ wird definiert als anorganische nichtmetallische Verbindung, die in Wasser schwer löslich und zu wenigstens 30 % kristalliner Struktur ist [1-3]. Die- se pauschale Definition kann auch für die Dentalkeramiken aufgrund der Vielzahl un- terschiedlicher Produkte nicht weiter eingegrenzt werden [3, 4].

Ausgangsmaterial der traditionellen dentalkeramischen Werkstoffe sind die Silikate.

Dies sind Verbindungen der Kieselsäure in unterschiedlichsten Modifikationen und Zu- sammensetzungen [3]. In der Regel werden diese Werkstoffe bei Raumtemperatur aus einer Rohmasse geformt und erhalten ihre typischen Werkstoffeigenschaften durch eine Temperaturbehandlung zwischen 700 und 2000 °C. Dabei kann die Formgebung je nach Keramiksorte einerseits durch Verschweißen der Partikel an ihren Kontaktflächen, dem so genannten Sintern, oder durch Schmelzfluss mit anschließender Kristallisation erfol- gen [2-4]. Keramiken können auf supramolekularer Ebene kristalline (Keramik- Merkmal) und quasiamorphe (Glas-Merkmal) Strukturen ausbilden. Bei den kristallinen Anteilen handelt es sich um regelmäßige Anordnungen von Atomen über ionische und kovalente Bindungen. Sind keine Regelmäßigkeiten im Gefüge vorhanden, spricht man von einer nichtkristallinen, amorphen Struktur [5]. Festigkeit und Lichtdurchlässigkeit des Werkstoffs werden im wesentlichen durch den Gehalt an kristallinen Strukturen beeinflusst. So weisen Keramiken mit einem hohen Kristallanteil in der Regel eine hohe mechanische Festigkeit bei geringerer Lichtdurchlässigkeit auf. Keramiken mit einem hohen Anteil an amorphen Glasstrukturen verhalten sich in der Regel lichtdurchlässiger, bei reduzierter mechanischer Festigkeit [6]. Eine Einteilung der Keramiken kann nach unterschiedlichen Gesichtspunkten vorgenommen werden. Häufig werden die Herstel- lungsart (Sintern, Pressen, Gießen) oder der Anwendungsbereich (Gebrauchskeramik, Baukeramik, Technische Keramik) als Einteilungskriterium herangezogen. Eine weitere Möglichkeit bietet die Einteilung nach dem chemischen Aufbau (Abb. 2.1.), der insbe- sondere für Dentalkeramiken sinnvoll ist, da hiernach eine Abschätzung der Festigkeit möglich ist [1, 7-9].

(10)

Abb. 2.1: Einteilung der Dentalkeramiken nach [7]

2.1.1 Silikatkeramik

Die silikatkeramischen Werkstoffe stellen die älteste Gruppe der Keramiken dar [10].

Hierbei handelt es sich um Verbindungen der Kieselsäure in unterschiedlichsten Modi- fikationen. Ihre Hauptbestandteile sind Feldspat (60-80 %), Quarz (15-25 %) und Kao- lin (0-5 %) [3, 5, 11]. Damit unterscheiden sie sich bezüglich ihrer Zusammensetzung deutlich von den Porzellanen (Tabelle 2.1.) [3]. Silikatkeramiken sind überwiegend he- terogene Werkstoffe, die aus gleichen oder unterschiedlichen Kristallen bestehen, die von einer Glasphase umgeben sind [1, 7, 12]. Die Verarbeitung der Silikatkeramiken geschieht zumeist durch Sintern oder in Gieß- oder Pressverfahren. Da die niedrigen Sintertemperaturen zuverlässig mit den auf dem Markt befindlichen Öfen erzielt werden können, erfolgt ihre Verarbeitung zumeist unter relativ geringem Aufwand im Dentalla- bor [10].

Dentalkeramik

Silikatkeramik

- glasreiche Matrix

- kristalline Phasen und Glasphasen - niedrige Sintertemperaturen

Oxidkeramik

- einphasige, einkomponentige Metalloxide (>90 %)

- kein bis geringer Glasanteil - hohe Sintertemperaturen

Feldspatkeramik Gemahlenes Feld- spatglas, das gesintert wird

Glaskeramik Ausgangspunkt Glas, das einem Kristallisa- tionsprozess unter- worfen wird

Glasinfiltriert Angesintertes Alumi- niumoxidpulver, das mit Glas infiltriert wird

Polykristallin Sehr gleichmäßiges Mirkogefüge, hohe Sintertemperaturen, glasphasenfrei

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Tabelle 2.1: Vergleich der Zusammensetzung von Silikatkeramik und Porzellan nach [3, 5]

Zusammensetzung von Silikatkeramik und Porzellan Silikatkeramik Porzellan

Feldspat 60 – 80 % 20 – 30 %

Quarz 15 – 25 % 20 – 25 %

Kaolin 0 – 5 % 40 – 60 %

2.1.2 Oxidkeramik

Während die Silikatkeramiken einen hohen Anteil an Glasphase aufweisen, liegt bei den Oxidkeramiken eine Dominanz der kristallinen Phase vor. Diese kristalline Phase wird durch Oxidverbindungen verschiedener unedeler Metalle gebildet. Sie können aus ein- fachen Oxiden wie Aluminiumoxid, Zirkoniumdioxid und Titandioxid oder aus kom- plexen Mischoxiden wie Spinell oder Mullit bestehen [1, 7, 8]. Unter den Oxidkerami- ken ist Zirkoniumdioxid der derzeit wichtigste zahnmedizinische Werkstoff. Restaurati- onen aus dieser Werkstoffgruppe weisen eine deutlich höhere Festigkeit als die konven- tionellen Silikatkeramiken auf. Daher werden sie auch Hochleistungskeramiken genannt [13, 14]. Aufgrund ihrer Opazität werden aus diesen Werkstoffen üblicherweise Gerüste für Kronen und Brücken angefertigt, die später mit geeigneten Silikatkeramiken ver- blendet werden [1]. Nach Herstellungsverfahren und Zusammensetzung werden glasin- filtrierte und polykristalline Oxidkeramiken unterschieden [7, 15].

2.1.3 Zirkoniumdioxid

Oft werden die Begriffe Zirkoniumdioxid, Zirkon, Zirkonium und Zirkonoxid synonym verwendet, was aus werkstoffkundlicher Sicht unzutreffend ist. Als Zirkon wird allge- mein Zirkoniumsilikat bezeichnet, ein häufig in der Erdkruste vorkommendes Mineral.

Dieses Mineral ist Ausgangsstoff zur Herstellung des reinen Zirkoniums, eines Metalles aus der Titangruppe. Das Zirkonium bildet ähnlich wie Titan an seiner Oberfläche dün- ne Oxidschichten. Die wichtigste Verbindung dieses Metalls ist das Zirkoniumdioxid (ZrO2), welches in vulkanischem Gestein auch unter der Bezeichnung Baddeleyit in der Natur vorkommt. Der Name Zirkonoxid stellt eine häufig in der technischen Literatur

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verwendete Kurzform des Begriffs Zirkoniumdioxid dar [1, 16, 17]. Das für medizini- sche und zahnmedizinische Bereiche eingesetzte Zirkoniumdioxid wird durch aufwen- dige chemische Prozesse aus Zirkoniumsilikat gewonnen. Auf die Verwendung von natürlichem Zirkoniumdioxid (Baddeleyit) wird aufgrund von Verunreinigungen mit unterschiedlichen metallischen Spurenelementen, die zu unerwünschten Verfärbungen im Werkstoff führen würden, verzichtet [16].

Zirkoniumdioxid zeichnet sich durch eine hohe mechanische Festigkeit aus. Jedoch macht das Phänomen der so genannten Umwandlungsverstärkung, diesen Werkstoff für die Anwendung im dentalen Bereich interessant [18]. Grundlage hierfür ist das poly- morphe Verhalten von Zirkoniumdioxid. Reines Zirkoniumdioxid kann in Abhängigkeit von der Temperatur in drei verschiedenen Modifikationen vorkommen (Abb. 2.2). Von Raumtemperatur bis zu einer Temperatur von 1170 °C liegt es in der monoklinen Kris- tallphase vor. Bei Temperaturen über 1170 °C wechselt die monokline in die tetragonale Phase und bleibt bis zu einer Temperatur von 2370 °C stabil. Oberhalb von 2370 °C liegt das Zirkoniumdioxid bis zu seinem Schmelzpunkt bei 2680 °C in der kubischen Kristallphase vor [1, 19-22]. Während der Abkühlung kommt es bei jedem Phasenüber- gang zu einer sprunghaften Volumenzunahme im Werkstoff. Bei dem Übergang von der kubischen Kristallphase in die tetragonale Phase beträgt die Volumenzunahme ca.

2,3 %. Der Übergang von der tetragonalen zur monoklinen Phase ist mit einer Volu- menzunahme von etwa 4,5 % verbunden [19]. Diese phasenabhängigen Volumenände- rungen sind vollständig reversibel [23].

Abb. 2.2: Schematische Darstellung der temperaturabhängigen Phasentransformation von Zirko- niumdioxid modifiziert nach [7]

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Von besonderer Bedeutung ist die auch als „martensitische t→m-Umwandlung“ be- zeichnete Phasentransformation von der tetragonalen in die monokline Phase. Die mit der t→m-Umwandlung einhergehende Volumenexpansion würde in der Abkühlphase bei reinem Zirkoniumdioxid zu hohen Spannungen und dadurch zur Bildung von Mi- krorissen führen. Da zum Sintern von Rohlingen aus Zirkoniumdioxid Temperaturen von 1500-1600 °C notwendig sind, wird der Temperaturbereich, bei dem die martensiti- sche t→m-Umwandlung stattfindet, in jedem Fall durchlaufen. Jedoch kann durch den Einbau verschiedener oxidischer Verbindungen in das Kristallgitter die Umwandlungs- temperatur auf Raumtemperatur herabgesetzt werden und dadurch das Zirkoniumdioxid in seiner tetragonalen Phase stabilisiert werden [21]. Die wichtigsten Oxide, die zur Stabilisierung der tetragonalen Phase eingesetzt werden, sind Magnesiumoxid (MgO), Kalziumoxid (CaO), Ceriumoxid (CeO2) und Yttriumoxid (Y2O3) [1, 21, 22]. Durch die Einlagerung von Stabilisierungsoxiden wird auch der Effekt der Umwandlungsverstär- kung erst ermöglicht, welcher dem Zirkoniumdioxid seine hohe Risszähigkeit verleiht [7, 21, 24]. Umgangssprachlich wird dieser Mechanismus oft auch als Selbstheilungs- mechanismus oder „Airbag-Effekt“ bezeichnet, da sich die Zirkoniumdioxidteilchen durch die Volumenvergrößerung bei der martensitischen Transformation „aufblasen“

und dadurch die Rissausbreitung verhindern. Voraussetzung für diesen Mechanismus ist die Einlagerung von umwandlungsfähigen tetragonalen Zirkoniumoxidteilchen in die Kristallmatrix [1, 7]. Die Festigkeitssteigerung des Werkstoffes lässt sich dabei auf zwei grundsätzliche Mechanismen zurückführen. Zum einen kann eine spontane t→m Um- wandlung zu feinen Mikrorissen in der Umgebung eines Zirkoniumdioxidteilchens füh- ren, die auf die Volumenvergrößerung bei der Phasentransformation zurückzuführen sind. Ein sich ausbreitender kritischer Riss läuft sich an diesen Mikrorissen tot oder wird am Zirkoniumdioxidteilchen abgelenkt. Zum anderen kann die t→m Umwandlung durch hohe Zugspannungen, die an jeder Spitze eines sich ausbreitenden Risses vorherr- schen, induziert werden. Das größere Volumen der monoklinen Kristallform führt dabei zu lokalen Druckspannungen an der Rissspitze. Durch diesen Druck werden die Riss- flanken zusammengedrückt, wodurch das weitere Risswachstum erschwert bzw. ge- stoppt wird. [7, 22, 23, 25-27].

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Je nach Art und Gehalt an oxidischen Verbindungen lassen sich Zirkoniumdioxidkera- miken weiter unterteilen. Durch die Einlagerung hoher Konzentrationen von Fremdoxi- den wird beim vollstabilisierten Zirkoniumdioxid (FSZ: fully stabilized zirconia) die kubische Form des Zirkoniumdioxids bis auf Raumtemperatur stabilisiert und damit die t→m-Umwandlung umgangen. Dies ist durch Zusatz von 8 Mol % Yttriumoxid mög- lich. Da durch das kubische Kristallgefüge die Umwandlungsverstärkung zur Festig- keitssteigerung nicht genutzt werden kann, wird diese Keramiksorte jedoch nicht im Dentalbereich eingesetzt [21]. Im Gegensatz zum vollstabilisierten Zirkoniumdioxid ist beim teilstabilisiertem Zirkoniumdioxid (PSZ: partially stabilized zirconia) die Menge an Stabilisierungsoxiden so weit herabgesetzt, dass neben der kubischen Phase auch ein gewisser umwandlungsfähiger tetragonaler Kristallanteil im Keramikgefüge vorliegt.

Somit bestehen teilstabilisierte Zirkoniumdioxidkeramiken aus einer Mischung aus ku- bischen, tetragonalen und monoklinen Phasen [7]. Untersuchungen an Y2O3-dotiertem Zirkoniumdioxid haben gezeigt, dass sich die mechanischen Eigenschaften mit dem Gehalt an tetragonaler Phase verbessern lassen. Daher wurden Zirkoniumdioxidkerami- ken entwickelt, deren Kristallstruktur vollständig in der tetragonaler Phase vorliegt, was bei einem Zusatz von 3 Mol % Yttriumoxid der Fall ist [21, 28]. Diese Werkstoffklasse wird auch als tetragonaler Zirkoniumdioxid Polykristall (TZP: tetragonal zirconia po- lycristals) bezeichnet. Bei der Dotierung mit 3 Mol % Yttriumoxid spricht man von 3Y- TZP.

Derzeit werden drei Arten von Keramiksystemen auf der Basis von Zirkoniumdioxid im zahnmedizinischen Bereich genutzt. Dabei handelt es sich um Yttriumoxid-stabilisiertes tetragonales polykristallines Zirkoniumdioxid (Y-TZP), Zirkoniumdioxid-verstärktes Aluminiumoxid (ZTA) und teilstabilisiertes Zirkoniumdioxid (PSZ) [19]. Die zurzeit am häufigsten verwendeten Y-TZP-Keramiken bestehen mit einem Anteil von 96- 99,5 % fast vollständig aus tetragonalen Zirkoniumdioxidpartikeln [20]. Dabei spielt vor allem die Größe der TZP-Partikel für die mechanische Festigkeit eine entscheidende Rolle. Je größer die Partikel, desto eher findet eine unerwünschte spontane t→m- Transformation statt. Bei kleineren Partikeldurchmessern ist die Transformationsrate niedriger. Während des Herstellungsprozesses haben Sintertemperatur und Sinterzeit einen entscheidenden Einfluss auf das mechanische Verhalten des Werkstoffs, da hier-

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durch die Größe der TZP-Partikel beeinflusst wird [19, 20]. Y-TZP-Keramiken für den zahnmedizinischen Einsatz sollten in Abhängigkeit von der Sintertemperatur eine Korngröße zwischen 0,2-0,5 μm aufweisen [22, 29, 30]. Durch einen Zusatz von Alu- miniumoxid in geringen Konzentrationen (< 1 Gew.-%), kann die Korrosionsbeständig- keit dieses Werkstoffs erhöht werden. [31]. Einige Beispiele für häufig eingesetzte Y- TZP-Keramiken sind Lava Frame (3M Espe, Seefeld, D), Cercon Base (Degudent Dentsply, Hanau, D), ZS-Blanks (KaVo Everest, Leutkirch, D) und Vita In-Ceram YZ Cubes (Vita-Zahnfabrig, Bad Säckingen, D). Ein weiterer Ansatz, die Umwandlungs- verstärkung von Zirkoniumdioxid zur Festigkeitssteigerung zu nutzen ist die Einlage- rung von umwandlungsfähigen Zirkoniumdioxidpartikeln in eine Aluminiumoxidma- trix. Daraus resultiert eine zirkoniumdioxidverstärkte Aluminiumoxidkeramik (ZTA).

Bei einigen neu entwickelten ZTA-Keramiken wird durch aufwändige Herstellungsver- fahren eine feinere und gleichmäßigere Verteilung von Zirkoniumdioxid-Körnern in der Aluminiumoxidmatrix erzielt. Diese so genannten Ce-TZP/A Nanokeramiken weisen im Vergleich zu herkömmlichen Y-TZP Keramiken nochmals verbesserte Materialei- genschaften auf [19, 32]. Ein Beispiel für eine in der Zahnmedizin eingesetzte Ce- TZP/A-Keramik ist das Produkt nanoZir (Hint-ELs GmbH, Griesheim, D). Bei den teilstabilisierten Zirkoniumdioxidkeramiken (PZT) liegen einzelne umwandlungsfähige TZP-Partikel eingebettet in einer Matrix aus kubisch stabilisiertem Zirkoniumdioxid vor. Als Teilstabilisatoren können z. B. CaO und MgO (ca. 8-10 Mol %) dienen, wobei sich vor allem das Mg-PSZ für den Einsatz in der Zahnmedizin zu eignen scheint [10].

PSZ-Keramiken weisen jedoch im Vergleich zu den TZP-Keramiken eine geringere Festigkeit auf. Denzir-M (Dentronic AB, Skelleftea, Schweden) ist ein Vertreter der Mg-PSZ-Keramiken für den dentalen Einsatz [19, 33].

Aufgrund seiner physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften ist Zirko- niumdioxid neben zahlreichen technischen Anwendungsgebieten vor allem für den Ein- satz als Biomaterial im medizinischen und zahnmedizinischen Bereich von großer Be- deutung. In der Humanmedizin wird dieser Werkstoff hauptsächlich zur Anfertigung von Gelenkprothesen eingesetzt. So befinden sich bereits seit Mitte der 1980er Jahre künstliche Hüftgelenke mit Kugelköpfen aus Zirkoniumdioxid im klinischen Einsatz [17, 34]. Mitte der 1990er Jahre wurde dieses Material zunächst als ästhetische Alterna-

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tive für Metallbrackets in der Kieferorthopädie und in Form von konfektionierten Stift- aufbauten in der zahnärztlichen Prothetik eingeführt [35]. Heute wird Zirkoniumdioxid zur Herstellung von Kronengerüsten, Brückengerüsten, Implantatabutments, Inlaybrü- cken und Teleskopkronen angewandt. Somit kann der Werkstoff als echte Alternative zu den herkömmlichen Dentallegierungen angesehen werden [7, 36, 37]. Auch der Ein- satz von Implantaten aus diesem Werkstoff scheint möglich, befindet sich derzeit je- doch noch in der Erprobungsphase [1, 27].

2.2 Kronen und Brücken aus Zirkoniumdioxid

Aufgrund seiner hohen Schmelz- und Zersetzungstemperaturen ist die Verarbeitung von Zirkoniumdioxid mit herkömmlichen Verarbeitungsmethoden wie Sinter- und Press- techniken im Dentallabor nicht möglich. So wird die Formgebung von Restaurationen aus diesem Werkstoff zumeist an industriell hergestellten Rohlingen mit Hilfe von ab- tragenden Verfahren durchgeführt. Die Herstellung von Restaurationen, die vollständig aus Zirkoniumdioxid bestehen ist zwar möglich, jedoch wird dieser Werkstoff aufgrund seiner Opazität und Oberflächenhärte vor allem als Gerüstmaterial eingesetzt. Daher erfolgt die Komplettierung des Zirkoniumdioxidgerüstes in der Regel durch das Aufsin- tern geeigneter Verblendkeramiken im Dentallabor [1, 7].

2.2.1 Gerüstherstellung

Zur maschinellen Herstellung von Gerüsten auf der Basis von Zirkoniumdioxid stehen derzeit eine Reihe unterschiedlicher Systeme zur Verfügung. Dabei kann grundsätzlich zwischen analogen und digitalen Verfahren unterschieden werden. Bei den analogen Herstellungsverfahren handelt es sich um Kopierschleifverfahren. Hierbei wird zunächst ein Modell des Gerüsts aus Kunststoff oder Wachs vom Zahntechniker modelliert. An- schließend wird das Gerüstmodell taktil abgetastet, wobei die Form synchron im Ko- pierschleifgerät aus dem Rohling gefräst wird [15, 37, 38].

Die Mehrzahl der derzeit auf dem Markt befindlichen Systeme zur Herstellung von Zir- koniumdioxidgerüsten basiert auf digitalen Verarbeitungsverfahren. Durch den Einsatz der digitalen Datenerfassung und -weiterverarbeitung kann ein Herstellungsprozess rea- lisiert werden, der von der dreidimensionalen Erfassung der Präparation über die Gene-

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rierung des Datensatzes für ein virtuelles Gerüst bis zur Gerüstherstellung mittels CNC- Fräsmaschine (CNC = Computer Numeric Control) vollständig automatisch ablaufen kann. Neben dem Vorteil der Zeit- und Kostenersparnis kann durch die Automatisie- rung der Arbeitsabläufe eine gleichbleibend hohe Produktionsqualität der Restauratio- nen realisiert werden [39-42].

Die digitale Datenverarbeitung kann dabei an unterschiedlichen Punkten des Produkti- onsablaufs ansetzen. So kann bereits die Konstruktion der Restauration am Computer erfolgen (CAD = Computer Aided Design) oder die automatisierte Herstellung des Zahnersatzes erfolgt nach Datensätzen, die auf einer durch den Zahntechniker angefer- tigten Gerüstmodellation beruhen (CAM = Computer Aided Manufacturing). Somit können die computergestützten Fertigungswege für Zirkoniumdioxidrestaurationen in CAD/CAM-Verfahren und CAM-Verfahren unterteilt werden [15].

Für die Herstellung von Zirkoniumdioxidgerüsten kommen zumeist CAD/CAM- Systeme zum Einsatz. Dabei umfasst die Herstellung der Restauration in der Regel fol- gende Schritte [39]:

1. Dreidimensionale Datenerfassung der zu rekonstruierenden Region 2. CAD: Erstellung von Modelldatensätzen und Konstruktionsdatensätzen

3. CAM: Erstellung von Fertigungsdatensätzen und Fertigung der Restauration in der CNC-Fräseinheit

Für die Datenerfassung werden optische oder mechanische Systeme eingesetzt. Bei den mechanischen Verfahren wird die Objektoberfläche mit Hilfe eines Tasters erfasst. Bei den optischen Digitalisierungsverfahren wird die zu rekonstruierende Region mit Hilfe von Laser oder Weißlicht gescannt [15, 36]. Dabei kann der Scanvorgang entweder di- rekt im Mund des Patienten erfolgen oder an einem nach konventioneller Abformung angefertigten Modell. Für die Herstellung von Verblendungen von CAD/CAM gefertig- tem Zahnersatz ist jedoch die Modellherstellung unentbehrlich [43]. Je nach Art der Restauration und des angewandten Systems kann der Umfang der Datenerfassung vari- ieren. Neben der Oberfläche der Stümpfe können auch die benachbarten oder antagonis- tischen Zähne sowie die Gingiva des Kiefers erfasst und digitalisiert werden [15, 39].

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Die computergestützte Konstruktion der Restauration kann, in Abhängigkeit von der Komplexität der Versorgung, vollautomatisch erfolgen oder erfordert die Mitarbeit des Anwenders. So können Einzelkronengerüste mit einheitlicher Schichtstärke weitgehend automatisch konstruiert werden, während individuell verstärkte Kronen- und Brücken- gerüste sowie Implantatsuprastrukturen die Interaktion des Anwenders erfordern [39].

Durch neuere CAD-Software ist es möglich, werkstoffkundliche Anforderungen sowie klinische Erfahrungen in ein so genanntes „intelligentes Gerüstdesign“ einfließen zu lassen. Dabei kann beispielsweise die Gerüstkeramik in entsprechenden Bereichen so verstärkt werden, dass die Verblendkeramik in einer gleichmäßigen Schichtstärke auf- gebrannt werden kann, wodurch die Gefahr von Verblendfrakturen verringert wird [36].

Der CAM-Prozess beinhaltet die Umsetzung der aus dem CAD-Vorgang gewonnenen Daten in die eigentliche Herstellung der Restauration. Dabei wird zunächst durch die CAM-Software die dreidimensionale Geometrie des digitalen Zahnersatzes in Fräsbah- nen umgerechnet. Im nächsten Arbeitsschritt wird das Werkstück nach diesen Ferti- gungsdatensätzen aus einem Rohling herausgefräst bzw. -geschliffen [15, 44]. Die Formgebung erfolgt dabei entweder vor (Grün- oder Weißbearbeitung) oder nach (Hartbearbeitung) dem endgültigen Sinterprozess des Rohlings. Bei der Grünbearbei- tung wird das Werkstück aus einem durch primäre Verdichtung des Ausgangspulvers (CIP = kaltisostatisches Pressen) hergestellten, ungesinterten Rohling, dem so genann- ten Grünling, herausgefräst. Der mit dem anschließenden Sinterprozess verbundene Volumenschwund von 30 % muss bei der Konstruktion des Werkstückes berücksichtigt werden [21]. Bedingt durch ihre geringe Eigenfestigkeit ist jedoch das Handling dieser Art von Rohlingen in der Verfahrenskette erschwert [17]. Daher werden derzeit teilge- sinterte Rohlingen (= Weißlinge) mit höherer Festigkeit im zahnmedizinischen Bereich bevorzugt eingesetzt. Der Vorteil der Weißbearbeitung gegenüber der Hartbearbeitung besteht in kurzen Fräszeiten bei geringem Werkzeugverschleiß. Jedoch findet auch hier beim anschließenden Sinterprozess eine Sinterschrumpfung von 25 % statt, die bei der Fertigung mit einberechnet werden muss [7, 17]. Zur Hartbearbeitung werden dicht ge- sinterte Zirkoniumdioxidohlinge verwendet, die keinen weiteren Brennvorgang zur Fer- tigstellung des Gerüstes erfordern. Dabei kommen zumeist Rohlinge zum Einsatz, die durch einen heißisostatischen Pressvorgang (HIP = Hot Isostatic Postcompaction) unter

(19)

industriellen Bedingungen nachvergütet werden. Bei diesem Prozess werden die Objek- te unter hohem Druck von 500-2000 bar bei Temperaturen bis 1500 °C in einer Inertga- satmosphäre nachverdichtet. Im Gefüge vorhandene Porösitäten werden dabei zusam- mengedrückt und die mittlere Korngröße nimmt ab, was eine Verbesserung von Festig- keit, Transluzenz und Mundbeständigkeit des Werkstoffes bewirkt [17, 21, 45]. Bedingt durch die hohe Festigkeit ist dieses Fertigungsverfahren jedoch mit langen Schleifzeiten und einem hohen Werkzeugverschleiß verbunden [17, 38].

Viele Dentallabore besitzen mittlerweile ein eigenes CAD/CAM-System und sind somit in der Lage, Zirkoniumdioxidgerüste selbst zu konstruieren und zu fertigen (= dezentra- le Fertigung). Darüber hinaus wurde in den letzten Jahren eine große Anzahl von Fräs- zentren eröffnet, welche die Dienstleistung des Formschleifens für Dentallabore anbie- ten (= zentrale Fertigung). Hierbei besteht zum einen die Möglichkeit, das Modell im Labor einzuscannen und den CAD-Prozess selbst durchzuführen. Das Fräszentrum stellt anhand der erstellten Datensätze das Gerüst her. Zum anderen kann der Scanvorgang und der CAD-Prozess auch durch das Fräszentrum vorgenommen werden. Um die Ge- ometrie des Gerüstes selbst mitbestimmen zu können, kann dabei das Labor das Modell mitsamt modelliertem WAX-up des Gerüstes in das Fräszentrum einschicken [15, 38].

2.2.2 Verblendung

Zur Verblendung von Zirkoniumdioxidgerüsten kommen derzeit verschiedene Kerami- ken aus der Gruppe der silikatkeramischen Werkstoffe unter Anwendung unterschiedli- cher Verarbeitungstechniken zum Einsatz. So kann die Komplettierung der Restauration durch Überpressen des Gerüstes mit einer Glaskeramik erfolgen [1]. Eine weitere Mög- lichkeit bietet das Aufsintern einer CAD/CAM gefertigten Verblendkappe auf das Zir- koniumdioxidgerüst zu so genannten Sinterverbundkronen [46, 47]. Die derzeit gän- gigste Technik zur Verblendung von Zirkoniumdioxid besteht jedoch im Aufschichten geeigneter Feldspatkeramiken, analog den Methoden aus dem Bereich der Metallkera- mik. Je nach Hersteller werden dabei unterschiedliche Vorgehensweisen vorgegeben.

Grundsätzlich erfolgt die Verblendschichttechnik jedoch in folgenden Arbeitschritten:

(20)

1. Anrauhen der Gerüstoberfläche (optional)

2. Auftragen eines Liners und/oder Opakers (optional)

3. Schichten der verschiedenen keramischen Massen (Dentin, Schneide, Schmelz, Glasur) bei unterschiedlichen Bränden

4. Abschließender Glanzbrand

Um optimale ästhetische Ergebnisse zu erzielen, sollte das Zirkoniumdioxidgerüst eine zahnähnliche Grundfarbe aufweisen. Daher bieten einige Hersteller industriell einge- färbte Rohlinge an. Ungefärbte Rohlinge können entweder im Weißzustand manuell eingefärbt oder können nach dem Sinterprozess mit zahnfarbenen Linern oder Opakern abgedeckt werden [38]. Zur Verbesserung des Haftverbundes wird von einigen Herstel- lern auch das Anrauhen der Gerüstoberfläche durch Korundstrahlen und das Auftragen eines Liners empfohlen. Der Nutzen dieser Arbeitsschritte ist jedoch nicht wissenschaft- lich belegt und wird daher nicht von jedem Hersteller vorgegeben [1, 48-50]. Das Schichten der Keramikmassen erfolgt in der Regel bei mehreren Vakuumbränden, da einerseits die Sinterschrumpfung der Verblendkeramik korrigiert werden muss und zum anderen erst durch die Verwendung von Massen unterschiedlicher Opazität und Farbe der Zahn naturgetreu nachgebildet werden kann. Wenn das Objekt seine endgültige Form erreicht hat, wird ein Glanzbrand unter atmosphärischem Druck durchgeführt.

Dabei erhält die Restauration eine glatte Oberfläche [3].

2.2.3 Klinische Zuverlässigkeit und Komplikationen

Aufgrund des relativ kurzen Anwendungszeitraumes liegen derzeit erst wenige klini- sche Studien zu Überlebensraten von Kronen und Brücken aus Zirkoniumdioxid vor. So beschränken sich die längsten Beobachtungszeiträume auf fünf Jahre. Als Vergleichs- maßstab zur Beurteilung der Haltbarkeit von Versorgungen auf der Basis von Zirkoni- umdioxid gilt dabei die klinische Zuverlässigkeit metallkeramischer Restaurationen. Ein Vergleich einzelner Studien ist schwierig, da die Ergebnisse von verschiedenen Fakto- ren wie dem angewandtes System, der Art der eingegliederten Restaurationen, der erho- benen Parameter und der Arbeitstechnik der Anwender abhängig ist. Generell geht je- doch aus bislang vorliegenden Untersuchungen hervor, dass Gerüstfrakturen von Zirko- niumdioxidrestaurationen selbst bei mehrgliedrigen Brücken selten auftreten. So scheint Zirkoniumdioxid als Gerüstmaterial eine ausreichende Festigkeit aufzuweisen [19, 51-

(21)

54]. Das Auftreten biologischer Komplikationen wie Sekundärkaries, Vitalitätsverlust, Zahnfraktur und Parodontalerkrankungen wird unterschiedlich beurteilt. In den meisten Studien wurde kein signifikant häufigeres Auftreten solcher Komplikationen im Ver- gleich zu Metallkeramikversorgungen beobachtet [51-53]. In einer anderen Studie kam es jedoch zu einem gehäuften Auftreten von Sekundärkaries [55]. Die häufigste Kom- plikation bei der Anwendung von Zirkoniumdioxidrestaurationen besteht in der Abplat- zung von Verblendkeramik. Diese Komplikation tritt in fast allen klinischen Studien auf. Dabei kann der Frakturverlauf innerhalb der Verblendkeramik liegen (= Chipping) oder es können nach der Abplatzung von Verblendmaterial Bereiche der Gerüstoberflä- che freiliegen (= Delamination) [56]. Unter klinischen Bedingungen ist es jedoch häufig nicht möglich, zwischen beiden Frakturmodi zu unterscheiden, da hierzu die Restaurati- on elektronenmikroskopisch untersucht werden müsste. In der Regel erfordern kleinere Abplatzungen von Verblendmaterial jedoch keine Neuanfertigung der Restauration [57]. In der Literatur wird eine Komplikationsrate durch Abplatzungen von Verblend- material von 4 % bis 50 % in einem Fünfjahreszeitraum angegeben [19, 38, 52, 54, 55].

Diese Komplikation wurde bei metallkeramischen Restaurationen mit etwa 0,3 % bei Einzelkronen und 2,9 % bei Brücken nach fünf Jahren deutlich seltener beobachtet [53, 58].

Aufgrund der klinischen Erfahrung mit Kronen und Brücken aus Zirkoniumdioxid lässt sich schließen, dass dieser Werkstoff ausreichende Stabilität als Gerüstwerkstoff auf- weist. Auch biologische Komplikationen treten bei dieser Art der Versorgung nicht sig- nifikant häufiger auf als bei metallkeramischen Systemen [53]. Der Schwachpunkt bei Zirkoniumdioxidversorgungen liegt im Verbund zwischen Gerüst- und Verblendkera- mik. Da sich die Festigkeitseigenschaften von Verblendkeramiken für Metallgerüste nicht von denen für Zirkoniumdioxidgerüste unterscheiden, wird das Problem der Ver- blendkeramikfrakturen bei Zirkoniumdioxidrestaurationen auf eine unzureichende Kompatibilität zwischen Gerüst und Verblendung zurückgeführt [38, 59].

(22)

2.3 Mechanische Eigenschaften

Um die physikalischen Eigenschaften eines Werkstoffes einschätzen zu können, müssen Parameter erhoben werden, welche eine objektive Aussage über dessen Verhalten unter den entsprechenden Prüfbedingungen erlauben. Durch die Anwendung von standardi- sierten Normprüfungen (ISO, EN, DIN) wird gewährleistet, dass die ermittelten Daten durch eine reproduzierbare Vorgehensweise erhoben werden. Dadurch ist es möglich, die werkstoffkundlichen Parameter unterschiedlicher Werkstoffe unabhängig vom Ort, an dem die Daten ermittelt wurden, miteinander zu vergleichen [7]. Die Mindestanfor- derungen für Dentalkeramiken werden in den Normen DIN EN ISO 6872 und ISO 13356 vorgegeben [60, 61]. Tabelle 2.2 zeigt eine Übersicht einiger physikalischer Kennwerte von Dentalkeramiken.

Tabelle 2.2: Mechanische Kennwerte verschiedener Dentalkeramiken nach Herstellerangaben

Mechanische Kennwerte von Dentalkeramiken Keramiktyp Produkt

(Beispiele)

E-Modul (GPa)

Biegefestigkeit (MPa)

Risszähigkeit (MPa·m1/2)

Feldspatkeramik Lava Ceram 80 100 1,1

Glaskeramik -leuzitverstärkt -Lithiumdisilikat

IPS-Empress

IPS e.max Press

62 95

160 400

1,3 2,75 glasinfiltrierte

Oxidkeramik

InCeram Alumina InCeram Zirkonia

283 257

500 600

3,9 4,4

Al2O3 - Keramik Procera Alumina 330-400 310-380 3 ZrO2 – Keramik

- Y-TZP - Y-TZP gehipt - Ce-TZP/A

Lava Frame Digizon-A HIP Hint-ELS nanoZir

205 210 210

1100 1300 1480

5-10 7 8

2.3.1 Biegefestigkeit

Keramiken sind auf Druck gut belastbar. Jedoch weisen sie aufgrund ihrer spröden Ma- terialeigenschaften eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Zugspannungen auf. Der Grund hierfür ist, dass Druckspannungen entstehende Risse schließen, während Zug- spannungen die Rissflanken öffnen, wodurch sich der Riss weiter ausbreitet [1]. Die Biegefestigkeit stellt die kritische Biegezugspannung dar, bei der ein Bruch durch Riss-

(23)

bildung eingeleitet wird. Sie ist ein Maß für die Grenze der elastischen Belastbarkeit eines Werkstoffs [62]. Zur Prüfung der Biegefestigkeit wird ein normierter Prüfkörper unter Biegespannung gesetzt und bei steigender Krafteinleitung bis zum Bruch belastet.

Der Wert der Biegefestigkeit (Kürzel: σ, Einheit: MPa oder N/mm2) ist dabei die zum Bruch führende Kraft, bezogen auf den Querschnitt des Prüfkörpers. Zur Ermittelung der Biegefestigkeit von Dentalkeramiken haben sich in den Normen der Drei-Punkt- Biegetest und der biaxiale Biegetest durchgesetzt [60, 61].

2.3.2 Elastizitätsmodul

Der Elastizitätsmodul oder E-Modul (Kürzel: E, Einheit: GPa oder KN/mm2) beschreibt den Widerstand eines Werkstoffes gegenüber einer elastischen Verformung. Dieser Wert ist ein Maß für die Steifigkeit des Materials. Der E-Modul wird zumeist durch Erstellung eines Spannungs-Dehnungs-Diagramms bei Zug- oder Biegeversuchen er- mittelt. Dabei stellt der Elastizitätsmodul die Steigung im linearen Bereichs der Span- nungs-Dehnungs-Kurve dar [62, 63].

2.3.3 Risszähigkeit

Die Riss- oder Bruchzähigkeit beschreibt den Widerstand, den ein Werkstoff aufbringen kann, um einen initiierten Riss an seinem weiteren Fortschreiten zu hindern. Dabei gibt der Spannungsintensitätsfaktor oder die kritische Riss-, bzw. Bruchzähigkeit (Kürzel:

K1C, Einheit: MPa·m1/2) die Belastungsgrenze an, bei dem instabiles Risswachstum auf- tritt, so dass die Rissausbreitung auch bei Entlastung der Probe nicht mehr gestoppt werden kann [25, 62, 64]. Die Ermittlung des Spannungsintensitätsfaktors geschieht zumeist in standardisierten Vier-Punkt-Biegeversuchen an Prüfkörpern mit einem defi- nierten Anriss in der Zugzone, wobei die Probe bis zum Bruch belastet wird [7].

2.4 Thermische Eigenschaften

Im Allgemeinen dehnt sich jeder Körper mit steigender Temperatur aus. Grundlage für diese Eigenschaft sind anharmonische Schwingungen der Atome. Bei Erhöhung der Temperatur vergrößert sich die Schwingungsamplitude, was zu einer Zunahme ihres Abstandes im Festkörpergefüge und damit zur Ausdehnung führt [65]. Die thermische Dehnung von Keramiken ist im Vergleich zu anderen Werkstoffen relativ gering und

(24)

vergleichbar mit derjenigen von Schmelz und Dentin [5]. Dennoch ist die genaue Kenntnis über das thermische Expansionsverhalten insbesondere bei Verbundwerkstof- fen notwendig, die hohen Temperaturunterschieden ausgesetzt sind. Bei der Herstellung von Kronen und Brücken aus Zirkoniumdioxid werden beim Sintern der Verblendung Temperaturen zwischen 700 °C und 900 °C erreicht. Bei der Abkühlung der Restaurati- onen auf Raumtemperatur können, bedingt durch unterschiedliche Ausdehnungs- eigenschaften der Verbundpartner, Spannungen entstehen.

2.4.1 Wärmeausdehnungskoeffizient

Um die thermische Kompatibilität zwischen Zirkoniumdioxid- und Verblendkeramik einschätzen zu können, geben die Hersteller den linearen Wärmeausdehnungskoeffi- zienten WAK (Kürzel: α, Einheit: K-1) an. Er beschreibt den Grad der Längenänderung eines Prüfkörpers bei einer Temperaturänderung von einem Kelvin. Tabelle 2.3 zeigt eine Einteilung der Dentalkeramiken nach ihrem WAK. Der WAK eines Werkstoffes kann nach folgender Gleichung berechnet werden (Gleichung 2.1) [66]:

dT dl l

=

0

α 1 (2.1)

Dabei ist:

α linearer Wärmeausdehnungskoeffizient l0 Ausgangslänge der Probe

dT Temperaturbereich der Messung

dl Längenänderung der Probe nach durchlaufen des Temperaturbereichs dT

Die Bestimmung des Wärmeausdehnungskoeffizienten von Dentalkeramiken erfolgt in der Regel durch dilatometrische Messungen an Keramikproben nach DIN EN ISO 6872 [60]. Dabei soll der WAK der Keramik für einen Temperaturbereich zwischen 25- 500 °C bzw. bis zur Glasübergangstemperatur angegeben werden. Der WAK von Zir- koniumdioxid liegt bei 10-10,5 ·10-6 K-1. Analog zu den metallkeramischen Verbund- systemen wird von den meisten Herstellern ein um 5-10 % niedrigerer WAK für die Verblendkeramik angestrebt. Dabei soll durch die geringere Kontraktion der Verblend- keramik beim Abkühlen der Restauration eine Druckspannung in der Verblendung er-

(25)

zeugt werden. Das stabilere Gerüst wird dabei unter Zugspannung gesetzt. Diese Vor- gehensweise soll zu einer Festigkeitssteigerung der gesamten Restauration führen [1, 16, 62].

Tabelle 2.3: Einteilung der Dentalkeramiken nach ihrem Wärmeausdehnungskoeffizienten modifi- ziert nach [62]

Einteilung der Dentalkeramiken nach WAK WAK

(10-6K-1)

Keramiktyp Produkte

(Beispiele)

reines Al2O3 Procera

7-8

Al2O3 verstärkte Keramik InCeram Alumina, InCeram Spinell, InCeramZirconia

8-10 Verblendkeramiken für Zirkoniumdioxid

Vita VM9, Lava Ceram, Cercon ceram kiss, Triceram

Titankeramik Triceram, Duceratin

Lithium-Disilikat Empress 2, Optec3G 9-10

Zirkoniumdioxid CerconBase, Lava Frame, DCZircon 11,6-13,4 Klassische leuzithaltige

Metallkeramiken

Vita VM 13, Duceram Plus, CeHa White 16-17 Niedrigschmelzende

Verblendkeramiken

Vita VM 15, Creation LF, dentCeram LF 15-18 Klassische Presskeramiken Empress, OptecOPC

Tabelle 2.4 zeigt eine Übersicht der WAK-Werte einiger aufeinander abgestimmter Zir- koniumdioxid- und Verblendkeramiken. Es wird deutlich, dass die Hersteller bei der Anpassung der WAK-Werte zwischen Gerüst und Verblendung unterschiedliche Kon- zepte verfolgen. So ist beispielsweise der WAK-Unterschied zwischen Gerüst und Ver- blendung beim Lava-System, im Gegensatz zu den übrigen Systemen, relativ gering.

(26)

Tabelle 2.4: Übersicht der Wärmeausdehnungskoeffizienten einiger Zirkoniumdioxidgerüst- und Verblendkeramiken nach Herstellerangaben

Ausdehnungskoeffizienten verschiedener Zirkoniumdioxid- und Verblendkeramiken

Hersteller Gerüstkeramik WAK

(10-6K-1)

Verblendkeramik WAK

(10-6K-1)

Vita Zahnfabrik

Vita In-Ceram YZ- Cubes

10,5 Vita VM9 8,8-9,2

3M Espe Lava Frame 10,4 ± 0,2 Lava Ceram 10,1 ± 0,2 Ivoclar

Vicadent

IPS e.max ZirCAD 10,8 IPS e.max Ceram 9,5 DeguDent Cercon Base 10,5 Cercon ceram kiss 9,2 Amann

Girrbach

Ceramill Zi 10 Creation ZI/ZF 9,5

Nobel Biocare

Procera

Crown/Bridge Zirconia

10,4 NobelRondo Zirconia

9,3

2.4.2 Glasübergangstemperatur

Die Glasübergangstemperatur einer Keramik kennzeichnet die Temperatur, bei der die Keramik vom festen in den plastischen Zustand übergeht. Dilatometerkurven von glas- keramischen Materialien weisen in diesem Temperaturbereich eine deutliche Kurven- krümmung auf (Abb. 4.7). Der Scheitelpunkt der Kurvenkrümmung wird als Glasüber- gangstemperatur (Tg) definiert [60, 66, 67]. Genauer betrachtet handelt es sich dabei jedoch eher um einen Temperaturbereich als um einen Temperaturpunkt. Spannungen, die aufgrund unterschiedlicher Ausdehnungseigenschaften von Gerüst und Verbendung entstehen, können nach Durchlaufen der Glasübergangstemperatur nicht mehr durch plastische Verformung der Verblendkeramik ausgeglichen werden. Somit ist die Glas- übergangstemperatur ein wichtiger Wert, um das Ausmaß thermisch induzierter Span- nungen, die während der Abkühlung zwischen Gerüst und Verblendung entstehen, beur- teilen zu können [68-71].

(27)

2.4.3 Thermisch induzierte Spannungen

Bedingt durch die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungseigenschaften der Ver- bundpartner können beim Verblendprozess Spannungen zwischen Gerüst und Verblen- dung entstehen. Die Intensität dieser Spannungen, die sich beim Abkühlen der Restaura- tion bilden, hängt vor allem vom WAK beider Werkstoffe und dem Temperaturbereich ab, in dem die Verblendkeramik im festen Zustand vorliegt. Dies ist der Temperaturbe- reich zwischen Raumtemperatur und Glasübergangstemperatur. Die thermische Residu- alspannung kann nach folgender Formel berechnet werden (Gleichung 2.2) [72-75]:

T k

Tg

T

Δ

⋅ Δ

=

α

σ

0

(2.2) Dabei ist:

σ Residualspannung zwischen Gerüst und Verblendung Tg Glasübergangstemperatur

T0 Raumtemperatur

k Materialkonstante, enthält Poissonzahl, Elastizitätsmodul und Geometriefaktor Δα Differenz der Wärmeausdehnungskoeffizienten beider Werkstoffe

ΔT Temperaturdifferenz zwischen Raumtemperatur und Glasübergangstemperatur und der Verblendkeramik

Grundlage dieser Berechnung ist eine Gleichung, die von Timoshenko zur Spannungs- berechnung bei Bimetallen unter Wärmeeinwirkung entwickelt wurde [76]. In die Mate- rialkonstante k können neben den materialspezifischen Parametern Poissonzahl und Elastizitätsmodul auch die geometrischen Abmessungen des Prüfkörpers mit einfließen.

Jedoch hat diese Konstante zur Berechnung der Residualspannung von Werkstoffen mit ähnlichen Materialeigenschaften und Geometrien nur einen geringen Einfluss auf das Ergebnis [72]. So wurde in zwei Untersuchungen zur Spannungsberechnung zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik lediglich das Produkt aus ∆α·ΔT ermittelt [50, 77].

Es konnte gezeigt werden, dass auch oberhalb der Glasübergangstemperatur, in einem Temperaturbereich also, in dem die Verblendkeramik plastisch verformbar ist, Span- nungen in der Verblendkeramik entstehen können [78]. In Abhängigkeit von der Zeit,

(28)

die der Verblendkeramik zum Abkühlen zur Verfügung steht, können diese Spannungen durch plastische Verformung der Verblendkeramik wieder abgebaut werden [79, 80].

Bedingt durch die geringe Wärmeleitfähigkeit von Zirkoniumdioxid kommt es nach dem Sinterprozess zur Entstehung von hohen Temperaturunterschieden zwischen der Verbundfläche zum Gerüst und der Oberfläche der Verblendkeramik. Beim Erstarren der Verblendkeramik entlang dieses Temperaturgradienten können Residualpannungen entstehen [78, 80]. Daher wird mittlerweile von einigen Herstellern empfohlen, langsa- me Abkühlraten von der Sintertemperatur bis zur Glasübergangstemperatur bei der Ver- blendung von Zirkoniumdioxidgerüsten einzuhalten. Ziel dieser Vorgehensweise ist es, den Ausgleich entstandener Spannungen durch plastische Verformung in der Verblend- keramik zu ermöglichen. Daher nennt man diesen Prozess auch Entspannungsabküh- lung [81, 82].

2.5 Der Verbund zwischen Gerüst- und Verblendkeramik

Das gehäufte Auftreten von Sprüngen und Abplatzungen der Verblendkeramik bei Vollkeramikrestaurationen auf der Basis von Zirkoniumdioxid wird zumeist auf einen unzureichenden Verbund zwischen Gerüst und Verblendung zurückgeführt. Einige ex- perimentelle Studien haben sich mit der Untersuchung des Haftverbundes zwischen Zirkoniumdioxidgerüst und Verblendkeramik beschäftigt. Sie konnten zeigen, dass Frakturen in der Regel kohäsiv innerhalb des Verblendmaterials verlaufen und zumeist eine dünne Schicht Verblendkeramik auf dem Gerüstmaterial verbleibt [50, 69, 83-87].

So scheint die Verbundfestigkeit zwischen Keramikverblendung und Gerüst größer zu sein als die Festigkeit der Verblendkeramik. Da die Risse in der Verblendung zumeist in der Nähe vom Gerüst verlaufen oder von der Verbundfläche ausgehen, wird jedoch da- von ausgegangen, dass die häufig beobachteten Komplikationen durch Frakturen der Verblendkeramik vor allem auf Kompatibilitätsprobleme zwischen Zirkoniumdioxidge- rüst- und Verblendkeramik zurückzuführen sind [50, 69, 84].

(29)

2.5.1 Verbundmechanismus

Derzeit liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, durch die der Verbundme- chanismus zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik vollständig erklärt werden kann. Jedoch gibt es einige Ansätze, den Verbund in Analogie zum metallkeramischen Verbund zu beschreiben [88, 89]. So wird die Adhäsion von Verblendkeramik auf Zir- koniumdioxid zum Teil auf eine mikromechanische Verankerung zurückgeführt. Diese wird durch das Einfließen der Verblendkeramik in Unterschnitte und Vertiefungen der Gerüstoberfläche während des Brennvorganges erzeugt. Je rauher die Gerüstoberfläche und je besser das Benetzungsverhalten der Verblendkeramik ist, desto stärker wäre der durch mikromechanische Retention erzeugte Verbund. Daher empfehlen einige Herstel- ler das Sandstrahlen des Gerüstes und die Verwendung von Linern mit einer geringen Viskosität zur Steigerung des mechanischen Verbundes [88]. Ob diese Maßnahmen sinnvoll sind, wird kontrovers diskutiert. So findet selbst auf polierten Zirkoniumdi- oxidgerüsten ein guter Verbund der Verblendkeramik statt, was darauf hin deutet, dass auch ein chemischer Verbund bestehen muss [38, 50]. Dieser kann zum einen durch Sauerstoffbrückenbindungen und zum anderen durch zwischenmolekulare Anziehungs- kräfte bewirkt werden. Dabei wird angenommen, dass vor allem die Sauerstoffbrücken eine große Bedeutung haben. Bei metallkeramischen Versorgungen gilt es als aner- kannt, dass der Verbund zum großen Teil durch die Bildung von Sauerstoffbrücken zwischen den Metalloxiden des Gerüstwerkstoffes und den Silikaten der Verblendkera- mik erzeugt wird [3]. So liegt die Annahme nahe, dass auch zwischen Zirkoniumdioxid, dem Oxid des Metalls Zirkonium, und der Verblendkeramik solche Bindungstypen ent- stehen [88, 89]. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit sind zwischenmolekulare Anzie- hungskräfte oder Van-der-Waals-Kräfte. Ihnen wird jedoch bei vollkeramischen Schichtsystemen wie auch bei metallkeramischen Versorgungen nur ein geringer Bei- trag zum Verbund zugeschrieben [3, 88].

2.5.2 Einfluss des Wärmeausdehnungskoeffizienten

Für die Stabilität der Restaurationen ist die Anpassung der Ausdehnungskoeffizienten zwischen Gerüst und Verblendung von großer Bedeutung. Entsprechend den Erfahrun- gen bei den etablierten metallkeramischen Systemen werden zur Verblendung von Zir- koniumdioxid Keramiken eingesetzt, die einen um etwa 5-10 % niedrigeren WAK auf-

(30)

weisen als das Gerüst. Bei der Abkühlung der Restauration entstehen dadurch Druck- spannungen in der Verblendkeramik und Zugspannungen im Gerüst. Durch die Druck- spannung erhält die empfindlichere Verblendkeramik eine gewisse Toleranz gegenüber während der Funktionsphase auftretenden Zugbelastungen. Die auf das festere Zirkoni- umdioxidgerüst einwirkenden Zugspannungen schaden diesem Werkstoff aufgrund sei- ner hohen Festigkeit nicht. Aus dieser Vorgehensweise resultiert eine erhöhte Gesamt- festigkeit der Restauration [5, 63, 89, 90]. Dabei ist es entscheidend, dass die Ausdeh- nungskoeffizienten von Gerüst und Verblendung optimal aufeinander abgestimmt sind (Abb. 2.3).

Abb. 2.3: Folgen einer unzureichenden Anpassung der WAK-Werte zwischen Gerüst- und Ver- blendkeramik, modifiziert nach [5]

Ist der WAK der Verblendkeramik zu niedrig, kann es aufgrund der erhöhten Druck- spannung zu schalenförmigen Abplatzungen in der Verblendkeramik kommen. Bei der Verwendung von Verblendkeramik mit einem höherem WAK als der Gerüstkeramik kommt es durch die resultierenden Zugspannungen zu senkrecht zur Verbundfläche verlaufenden Rissen [5]. Über das optimale Maß der WAK-Differenz zwischen Gerüst und Verblendung bei Restaurationen auf der Basis von Zirkoniumdioxid besteht Unei- nigkeit (Tabelle 2.4) [90]. So wird das häufige klinische Versagen der Verblendkeramik bei Zirkoniumdioxidrestaurationen oft auf die unzureichende Anpassung des Ausdeh- nungsverhaltens beider Verbundpartner zurückgeführt [19, 53, 91]. Zudem scheint auf- grund der geringen elastischen Verformbarkeit von Zirkoniumdioxidgerüsten der Ver- bund zur Verblendkeramik empfindlicher auf thermisch induzierte Spannungen zu rea- gieren als der metallkeramische Verbund [89]. Darüber hinaus hat nicht nur die WAK- Differenz zwischen Gerüst und Verblendung einen Einfluss auf die Stabilität der Ver- blendung. Vielmehr spielen auch Spannungen, die beim Übergang der Verblendkeramik vom plastischen in den festen Zustand entstehen eine Rolle [69, 71, 77].

(31)

2.5.3 Prüfmethoden

Derzeit ist keine Norm verfügbar, durch die eine Prüfung des Verbundes zwischen Zir- koniumdioxid- und Verblendkeramik vorgegeben wird. Im Gegensatz dazu ist die Prü- fung der Verbundfestigkeit bei metallkeramischen Versorgungen durch den Biegetest nach Schwickerath (DIN EN ISO 9693) standardisiert [92]. So kamen bisher unter- schiedliche Methoden zur Prüfung des Haftverbundes bei Vollkeramikschichtsystemen zum Einsatz. Grundsätzlich erfolgt die Untersuchung der Verbundfestigkeit durch das Erzeugen kritischer Spannungen in der Grenzfläche zwischen Gerüst und Verblendung.

Die Durchführung der Verbundprüfung kann an Proben mit einfacher Geometrie oder an stilisierten Restaurationsgeometrien erfolgen. Nach Art der Krafteinleitung werden Zug-, Druck-, Scher- und Biegeprüfung unterschieden [93].

2.5.3.1 Zugprüfung

Zugprüfungen werden zumeist an Prüfkörpern mit genau definierter Geometrie durch- geführt. Dabei erfolgt eine axiale Zugbelastung bis zum Bruch im Verbundbereich der Probe (Abb. 2.4). Die exakte Ausrichtung der Probe und die Einhaltung einer definier- ten Verbundfläche sind hierbei von großer Bedeutung. So muss gewährleistet sein, dass die angreifende Zugkraft genau senkrecht auf die Verbundfläche wirkt. Die Verbundfes- tigkeit ergibt sich dabei aus der Kraft, die für den Bruch benötigt wurde, bezogen auf die Verbundfläche [88, 94].

Abb. 2.4: Microtensile Bond Strength Test

Die Durchführung einer Zugprüfung zur Messung der Adhäsion von Restaurationsmate- rialien an Zahnhartsubstanz wird durch die ISO Norm 11405 vorgegeben [95]. Diese

(32)

Methode wurde auch in abgewandelter Form für die Messung der Verbundfestigkeit zwischen Keramiken in Form eines Mikrozugtests (engl. Mikrotensile Bond Strength Test) beschrieben [84, 96-98].

2.5.3.2 Druckprüfung

Abb. 2.5: Versuchsaufbau nach Voss

Druckversuche werden in der Zahnmedizin vor allem an realen oder stilisierten Restau- rationen durchgeführt. Bei dem Druckversuch nach Voss wird dabei eine Druckkraft auf die Inzisalkante einer verblendeten Krone ausgeübt (Abb. 2.5) [99]. Diese Untersu- chung eignet sich auch für verblendete Kronen aus Zirkoniumdioxid [77]. Der Vorteil dieser Methode ist, dass hierbei auf die Grenzfläche zwischen Gerüst und Verblendung Kräfte erzeugt werden, die den Belastungen in der Mundhöhle ähnlich sind. Aufgrund der nur bedingt einheitlichen Restaurationsformen kann jedoch die Krafteinleitung nie exakt am gleichen Angriffspunkt erfolgen. Dadurch kommt es zu einer starken Streuung der Messwerte [88, 94].

2.5.3.3 Scherprüfung

Die Scherprüfung ist ein häufig in der Zahnmedizin eingesetztes Verfahren. So ist ein Normversuch zur Prüfung der Adhäsion zahnärztlicher Restaurationswerkstoffe an Zahnhartsubstanz ein Scherversuch (ISO/TS 11405) [95]. Auch bei der Prüfung des Verbundes zwischen Zirkoniumdioxid- und Verblendkeramik werden häufig Scherver- suche eingesetzt. Dabei erfolgt die Durchführung häufig in Anlehnung an ISO 11405 [83, 85, 100] oder nach der Methode von Schmitz und Schulmeyer [50, 69, 87].

(33)

Abb. 2.6a: Versuchsaufbau nach ISO 11405 Abb. 2.6b: Versuchsaufbau nach Schmitz und Schulmeyer

Bei einem Scherversuch wird das Verblendmaterial in Richtung der Verbundfläche zum Gerüst durch das Aufbringen einer Zug- oder Druckbelastung verschoben bzw. abge- schert (Abb. 2.6) [94]. Um Dreh- und Biegemomente zu vermeiden, sollte der Abscher- stempel möglichst dicht an der Verbundzone angreifen. Die Scherverbundfestigkeit wird dabei als Quotient aus der Bruchlast und der Haftfläche der Verblendung berech- net [101]. Ein Problem bei allen Scherversuchen ist die außerhalb der Verbundzone angreifende Kraft. Der Abscherstempel hat immer einen geringen Abstand zu der Ver- bundzone. Dadurch entstehen Dreh- und Biegemomente, die das Ergebnis verfälschen können [94, 96].

2.5.3.4 Biegeprüfung

Abb. 2.7: Biegetest nach Schwickerath

Die bekannteste Biegeprüfung zur Bestimmung der Verbundfestigkeit zwischen Metall und Keramik ist der Drei-Punkt-Biegeversuch nach Schwickerath (DIN EN ISO 9693) [92, 102]. Dabei wird ein Gerüst mit definierter Verblendfläche kontinuierlich belastet, bis sich die Verblendkeramik vom Metallgerüst ablöst (Abb. 2.7). Zur Berechnung der Verbundfestigkeit wird neben der Kraft zur Auslösung des Risses der Elastizitätsmodul

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und die Dicke des Gerüstes mit berücksichtigt [92]. Die Anwendung der Biegeprüfung nach Schwickerath bei Vollkeramik ist problematisch, da sich keramische Gerüste nicht duktil verhalten wie Metalle. Dadurch kommt es bei vielen keramischen Systemen eher zu Biegebrüchen der Proben und nicht zu einem Riss im Bereich der Verbundfläche [88]. Dennoch ist es gelungen, diese Methode für die Untersuchung des Haftverbunds zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik einzusetzen [103].

2.5.3.5 Bestimmung der Energiefreisetzungsrate

Die Ermittlung der Energiefreisetzungsrate ist ein neues Verfahren zur Prüfung des Haftverbundes bei zahnmedizinischen Werkstoffen. Der theoretische Hintergrund für dieses Verfahren ist das Energiekriterium von Griffith, durch das die Ausbreitung von Rissen in spröden Materialien beschrieben werden kann [88, 104]. Griffith erkannte, dass in einem Körper mit einem Riss elastische Energie gespeichert wird. Bei Verlänge- rung des Risses unter Last wird ein Teil der Energie freigesetzt und für die Erzeugung neuer Oberflächen an den Rissflanken verbraucht. Die in dem Riss gespeicherte elasti- sche Energie wird also zum Teil in Oberflächenenergie umgesetzt [104-106]. Dabei ist die Kraft, die aufgebracht werden muss, um den Riss voranzutreiben, abhängig von der Risszähigkeit des Materials. Die Energiefreisetzungsrate (Kürzel: G, Einheit J/m2) eines Werkstoffes beschreibt die Energie, welche in einem System zur Erzeugung neuer Bruchoberflächen aus der im Riss gespeicherten elastischen Energie freigesetzt wird.

Für die Ermittlung der Energiefreisetzungsrate ist es entscheidend, dass die Rissausbrei- tung unter konstanter Krafteinleitung bei langsamer Rissgeschwindigkeit stattfindet. Bei hoher Rissgeschwindigkeit verhält sich das Material zunehmend spröder. So sind katast- rophale Brüche nicht interpretierbar [88].

Abb. 2.8a: Versuchsaufbau zur Ermittlung der Energiefreisetzungsrate

Abb. 2.8b: Rissausbreitung während der Krafteinleitung

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Auf dem Gebiet der zahnmedizinischen Werkstoffkunde wurde die Ermittelung der Energiefreisetzungsrate bereits zur Untersuchung des Verbundes zwischen Metallen und Keramik bzw. Kunststoff eingesetzt [107-109]. Die Anwendung dieses Verfahrens scheint sich auch für Verbundprüfungen an vollkeramischen Systemen zu eignen [48].

Die Bestimmung der Energiefreisetzungsrate geschieht an gekerbten, rechteckigen Pro- ben in einer Vier-Punkt-Biegeprüfvorrichtung (Abb. 2.8a). Bei Krafteinleitung kommt es ausgehend von der Kerbe zu einem Riss, der sich zunächst in Richtung des Gerüstes ausbreitet. Nach dem Erreichen der Gerüstoberfläche verläuft der Riss entlang der Ver- bundfläche zwischen Gerüst und Verblendung in Richtung der Auflagen (Abb. 2.8b).

Dabei kommt es während der Rissausbreitung zu einer Phase, bei dem die in das System durch Krafteinwirkung eingebrachte Energie vollständig zur Rissverlängerung ver- braucht wird. Die Kraftdehnungskurve bildet in dieser Phase der Rissausbreitung ein Plateau. Aus der Kraft, die in dem Plateau gemessen wurde, lässt sich die Energiefrei- setzungsrate nach folgender Formel berechnen (Gleichung 2.3) [48, 110].

( )( )

3 2

2 2

2 1

h b E

l G F

g

μg

η −

= (2.3)

Dabei ist:

G Energiefreisetzungsrate

F gemessene Kraft im Kurvenplateau

l Längendifferenz zwischen inneren und äußeren Auflagen μ Poissonzahl

E Elastizitätsmodul b Breite der Probe h Höhe der Probe g Index für Gerüst

η geometrischer Faktor, beinhaltet die Elastizitätsmoduln und Poissonzahlen von Gerüst und Verblendkeramik

Der Vorteil dieser Testmethode liegt in der Möglichkeit, einen Riss in der Nähe der Verbundfläche kontrolliert voranzutreiben. Katastrophale Brüche und unkontrollierte Krafteinwirkung, wie sie bei Druck-, Zug-, und Scherversuchen auftreten, werden ver-

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mieden. Darüber hinaus fließen in die Berechnung der Energiefreisetzungsrate durch die Berücksichtigung von Poissonzahl und Elastizitätsmodul die Materialeigenschaften der zu testenden Werkstoffe mit ein [48, 88]. Ergebnisse aus Untersuchungen zur Ermitt- lung der Energiefreisetzungsrate bei metallkeramischen Systemen sind mit den Ergeb- nissen aus dem standardisierten Schwickerath-Test vergleichbar [111].

(37)

3 Problemstellung

Das Auftreten von Abplatzungen von Verblendkeramik ist die häufigste Komplikation bei der klinischen Anwendung von Kronen und Brücken auf der Basis von Zirkonium- dioxid. Die genauen Ursachen für dieses Problem sind derzeit noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass thermisch induzierte Spannungen eine wesentli- che Rolle bei der Entstehung von Verblendkeramikabplatzungen spielen. Als Anhalts- punkt zur Abschätzung der thermischen Kompatibilität zwischen Gerüst und Verblen- dung werden von den Herstellern die nach ISO 6872 ermittelten Werte für den linearen Wärmeausdehnungskoeffizienten angegeben. Dabei wird zumeist ein Temperaturbe- reich zwischen Raumtemperatur und 500 °C berücksichtigt. Entscheidend für das Auf- treten von thermisch induzierten Spannungen zwischen Gerüst und Verblendung ist jedoch vor allem der Temperaturbereich bis zur Glasübergangstemperatur, welcher je nach Keramikprodukt variieren kann. Zudem können auch bei Temperaturen oberhalb der Glasübergangstemperatur Spannungen in der Verblendkeramik entstehen. Das Ausmaß dieser Spannungen kann durch die Abkühlgeschwindigkeit der Restauration während des Sinterprozesses beeinflusst werden.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Auswirkungen von thermisch induzierten Spannungen auf den Verbund zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik zu un- tersuchen. Hierzu soll die Wärmeausdehnung von Zirkoniumdioxid und unterschiedli- chen Verblendkeramiken mittels Dilatometrie untersucht und die thermischen Residual- spannungen zwischen den Verbundpartnern berechnet werden. Zur Evaluation der Ver- bundfestigkeit soll die Energiefreisetzungsrate eines kontrolliert verlaufenden Risses in der Verbundszone zwischen Gerüst und Verblendung ermittelt werden. Daneben soll der Effekt unterschiedlicher Abkühlgeschwindigkeiten während des Sinterprozesses auf den Verbund untersucht werden.

(38)

4 Material und Methoden

4.1 Übersicht

4.1.1 Verwendete Keramiken

Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit wurden an einer Zirkoniumdioxidkeramik und den Dentinmassen von sieben Verblendkeramiken durchgeführt. Dabei wurden zum Teil Verblendkeramiken eingesetzt, die nicht für die Verblendung von Zirkoniumdioxid vorgesehen sind. Tabelle 4.1 zeigt eine Übersicht der verwendeten Keramiksorten.

Tabelle 4.1: Übersicht der in dieser Studie verwendeten Keramiken

Übersicht der verwendeten Keramiken

Handelsname Hersteller Anwendungsbereich

Lava Frame Gerüstkeramik

Lava Ceram

3M/Espe, Seefeld, D

Vita VM 9 Vita Zahnfabrik, Bad Säckingen, D Triceram Dentaurum J.P. Winkelstroeter KG,

Ispringen, D Zirox

Verblendkeramik für Zirkoniumdioxidgerüste

Allux

Wieland Dental + Technik GmbH

& Co. KG, Pforzheim, D Vita VM 7

Verblendkeramik für Aluminiumdioxid-

gerüste Vita VM 13

Vita Zahnfabrik, Bad Säckingen, D

Verblendkeramik für Metallgerüste

Referenzen

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2 Ebd. Huntington, Der Kampf der Kulturen. The Clash of Civilizations. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. verbinden, der ja eine Erwiderung auf Huntington verfasst hat 4 • Es

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