• Keine Ergebnisse gefunden

Beurteilung des antioxidativen Potentials von diätetisch zugeführtem [alpha]-Tocopherol in nitritreduzierter Rohwurst

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Beurteilung des antioxidativen Potentials von diätetisch zugeführtem [alpha]-Tocopherol in nitritreduzierter Rohwurst"

Copied!
181
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

der Tierärztlichen Hochschule Hannover

__________________________________________________________

Beurteilung des antioxidativen Potentials von diätetisch zugeführtem α-Tocopherol

in nitritreduzierter Rohwurst

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer

DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Katharina Sammet

aus Neuilly sur Seine (Frankreich)

Hannover 2004

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. H.-P. Sallmann Priv.-Doz. Dr. B. Nowak

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. H.-P. Sallmann Priv.-Doz. Dr. B. Nowak

2. Gutachter: Apl.-Prof. Dr. C. Gissel

Tag der mündlichen Prüfung: 24.05.2004

Diese Arbeit wurde aus den Mitteln der Fritz-Ahberg-Stiftung gefördert.

(3)

Meinen Eltern, Geschwistern

und meinem Mann

(4)

Kongress der Gesellschaft Deutscher Lebensmitteltechnologen e.V. (GDL) 25. – 27. 09. 2003 in Stuttgart-Hohenheim

(Kurzvortrag mit erweitertem Abstract)

44. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft

29. 09 – 2. 10. 2003 in Garmisch-Partenkirchen (Kurzvortrag mit erweitertem Abstract)

(5)

INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG...1

2. LITERATUR ...3

2.1 ROHWURST...3

2.1.1 Definition ...3

2.1.2 Technologie...3

2.1.3 Qualitätsveränderungen der Rohwurst ...4

2.2 OXIDATIONSVORGÄNGE IM ERZEUGNIS ROHWURST ...6

2.2.1 Chemie ...6

2.2.2 Reaktive Sauerstoffformen und Sauerstoffradikale ...7

2.2.2.1 Singulett-Sauerstoff...8

2.2.2.2 Superoxid-Radikal und Perhydroxyl-Radikal ...8

2.2.2.3 Hydroxyl-Radikal ...8

2.2.2.4. Wasserstoffperoxid...9

2.2.3 Katalysatoren...9

2.2.3.1 Eisen ...10

2.2.3.2 Myoglobin ...12

2.3.4 Mechanismus der Lipidperoxidation ...14

2.3.5 Sekundärprodukte der Lipidperoxidation ...16

2.3 ANTIOXIDANTIEN...19

2.3.1 α-Tocopherol ...20

2.3.1.1 Vorkommen ...22

2.3.1.2 Versorgungsempfehlung (Schwein und Mensch) ...23

2.3.1.3 Absorption und Transport...25

2.3.1.4 Antioxidative Wirkung...27

2.4 NITRIT UND KOCHSALZ ...29

2.4.1 Nitrit ...29

2.4.2 Kochsalz...31

3. MATERIAL UND METHODEN...33

3.1 VERSUCHSDESIGN ...33

3.1.1 Versuchstiere und Tierhaltung...33

3.1.2 Versuchsfutter ...34

3.1.3 Schlachtung und Wurstherstellung ...34

3.1.4 Reifung ...35

3.1.5 Verpackung ...35

3.1.6 Lagerung ...36

3.2 UNTERSUCHUNGSMETHODEN ...38

3.2.1 Physikalische Untersuchungen...38

3.2.1.1 pH- und aw-Wert ...38

3.2.1.2 L*,a*,b*-Farbmessung ...39

3.2.2 Chemische Untersuchungen ...40

3.2.2.1 Trockensubstanz ...40

3.2.2.2 Asche ...41

(6)

3.2.2.3 Gesamtfettgehalt ... 41

3.2.2.4 Gesamteiweiß... 42

3.2.2.5 Hydroxyprolin... 42

3.2.2.6 Nitrat-Nitritbestimmung ... 43

3.2.2.7 Bestimmung der Umrötung ... 44

3.2.3 Biochemische Untersuchungen ... 45

3.2.3.1 Bestimmung des α-Tocopherolgehaltes ... 45

3.2.3.2 Bestimmung der TBARS... 46

3.2.3.3 Bestimmung der antioxidativen Kapazität ... 48

3.2.3.4 Bestimmung der Aldehydkonzentration ... 49

3.2.3.5 Bestimmung des Fettsäuremusters ... 50

3.2.4 Sensorische Untersuchung ... 51

3.3 STATISTISCHE AUSWERTUNG... 53

4. ERGEBNISSE ... 54

4.1 ERGEBNISSE DER FÜTTERUNGSPHASE... 54

4.1.1 Mastleistung... 54

4.2 ERGEBNISSE DER PHYSIKALISCHEN UNTERSUCHUNGEN ... 55

4.2.1 pH-Wert ... 55

4.2.2 aw-Wert ... 56

4.2.3 L*, a*, b*- Farbwerte ... 57

4.2.3.1 a*-Wert... 57

4.2.3.2 b*-Wert... 58

4.2.3.3 L*-Wert... 59

4.3 ERGEBNISSE DER CHEMISCHEN UNTERSUCHUNGEN ... 60

4.3.1 Chemische Vollanalyse... 60

4.3.2 Gesamtnitrat-/-nitritgehalt ... 61

4.3.3 Nitritgehalt... 62

4.3.4 Umrötung ... 64

4.4 ERGEBNISSE DER BIOCHEMISCHEN UNTERSUCHUNGEN... 65

4.4.1 α-Tocopherolgehalt im Plasma und in den Geweben ... 65

4.4.2 α-Tocopherolgehalt in der Rohwurst ... 67

4.4.3 Thiobarbitursäurereaktive Substanzen (TBARS) in der Rohwurst ... 68

4.4.4 Aldehyde... 69

4.4.4.1 Gesamtaldehyde... 69

4.4.4.2 Malondialdehyd... 71

4.4.4.3 Heptenal ... 72

4.4.4.4 Oktenal ... 73

4.4.4.5 4-Hydroxynonenal... 75

4.4.5 Antioxidative Kapazität/Messung der Chemilumineszenz... 77

4.4.5.1 Verzögerungszeit... 77

4.4.5.2 Kurvenintegral... 78

4.4.6 Fettsäuremuster... 80

4.4.6.1 Gesättigte Fettsäuren ... 80

4.4.6.2 ω3-Fettsäuren... 81

4.4.6.3 ω6-Fettsäuren... 82

4.5 ERGEBNISSE DER SENSORISCHEN UNTERSUCHUNG ... 84

(7)

5. DISKUSSION ...90

5.1 MATERIAL UND METHODE ...90

5.1.1 α-Tocopherolgehalte und Zeitraum der Diät ...90

5.1.2 Rohwurstherstellung und Lagerung...92

5.1.3 Untersuchungsparameter ...94

5.2 ERGEBNISSE ...96

5.2.1 α-Tocopherolgehalt im Plasma und in den Geweben...96

5.2.2 α-Tocopherolgehalt in der Rohwurst...99

5.2.3 Reifungsparameter ...101

5.2.4 Gesamtnitrat, -nitrit ...103

5.2.5 L*, a*, b*-Farbwerte ...105

5.2.6 Thiobarbitursäure-Reaktive-Substanzen ...108

5.2.7 Aldehyde ...111

5.2.8 Chemilumineszenz ...114

5.2.9 Fettsäuremuster ...116

5.2.10 Sensorik ...117

5.3 SCHLUSSFOLGERUNG ...121

6. ZUSAMMENFASSUNG ...122

7. SUMMARY...125

8. LITERATURVERZEICHNIS ...128

9. ANHANG...151

9.1 TABELLENANHANG ...151

9.2 GERÄTE UND VERBRAUCHSMATERIALIEN...168

(8)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Es werden die offiziellen Abkürzungen für chemische Elemente, Verbindungen sowie Einheiten verwendet und darüber hinaus die nachstehend aufgeführten:

ABAP 2,2-Azobis (2 Aminopropan) Dihydrochlorid

Abb. Abbildung

α-TOC α-Tocopherol

α-TTP α-Tocopherol-Transfer-Protein Aqua dest. destilliertes Wasser

AUC Fläche unter der Kurve (area under the curve)

aw Wasseraktivität

AWT Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung BEFFE bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß

BEFFE/FE bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß im Fleischeiweiß BHA Butylhydroxyanisol

BHT Butylhydroxytoluol

bzw. beziehungsweise

ca. circa

CIE Commission Internationale de l`Eclairage 1976 cpm counts per minute

DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung d. h. das heißt

DLG Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft

E Exponent

Eh-Wert Redoxpotential et al. und andere (et alii) EVOH Ethylvinylalkohol FMV Futtermittelverordnung

GC Gaschromatographie

GEH Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere

Gew. Gewichtsprozent

(9)

HDL Lipoproteine hoher Dichte (high density lipoproteins) HFlV Hackfleisch-Verordnung

HNE 4-Hydroxynonenal

HPLC Hochdruckflüssigkeitschromatographie (High Performance Liquid Chromatography)

IU Internationale Einheit (International Unit)

KG Kontrollgruppe

LD50 mittlere letale Dosis

LDL Lipoproteine geringer Dichte (low density lipoproteins)

LM Lebendmasse

LmB Deutsches Lebensmittelbuch

LMBG Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz

Lux Beleuchtungsstärke

M. Musculus

Mb Desoxymyoglobin

MbO2 Oxymyoglobin

MDA Malondialdehyd

MMb+ Metmyoglobin

MUFA einfach ungesättigte Fettsäuren (mono unsaturated fatty acids) M.g.b. Musculus glutaeobiceps

M.l.d. Musculus longissimus dorsi

MW Mittelwert

n Anzahl

NPS Nitritpökelsalz

NRC Nutrient Requirements Council p Irrtumswahrscheinlichkeit p.a. zur Analyse (pro analysi)

PE Polyethylen

PET Polyester

PIC Schweineveredelungsbetrieb (Pig Improvement Company) PUFA mehrfach ungesättigte Fettsäuren (poly unsaturated fatty acids)

(10)

RDA empfohlene diätetische Menge (recommended dietary allowance)

rpHPLC reversed phase Hochdruckflüssigkeitschromatographie (reversed phase High Pressure Liquid Chromatographie)

S. Seite

SB Selbstbedienung

SD Standardabweichung

SFA gesättigte Fettsäuren (saturated fatty acids) s. u. siehe unten

Tab. Tabelle

TÄ D-α-Tocopherol-Äquivalent

TBA Thiobarbitursäure

TBARS Thiobarbitursäure-reaktive-Substanzen (Thiobarbituratic acid reactive substances)

t (lag) Verzögerungszeit

TS Trockensubstanz

U/min Umdrehungen pro Minute

VG Versuchsgruppe

VLDL very low density lipoproteins

ZZulVO Zusatzstoff-Zulassungs-Verordnung 100 ppm Nitritgruppe mit 100 ppm Nitrit im NPS 50 ppm Nitritgruppe mit 50 ppm Nitrit im NPS 25 ppm Nitritgruppe mit 25 ppm Nitrit im NPS

0 ppm Nitritgruppe mit 0 ppm Nitrit im NPS (nur Kochsalz)

(11)

1. EINLEITUNG

Rohwurst wird im Deutschen Lebensmittelbuch (2003) als ungekühlt lagerfähiges Produkt beschrieben, das in der Praxis häufig in aufgeschnittener Form unter Schutzatmosphäre verpackt und in beleuchteten Kühlregalen im Handel dargeboten wird. Hierbei kann die Intensität der Beleuchtung das Eintreten von Oxidationsvorgängen fördern, welche die Haltbarkeit des Produktes vermindern.

Zudem ist die Gefahr einer Lipidperoxidation bei der Rohwurst aufgrund der starken Zerkleinerung des Fleisches, dem Kontakt mit Sauerstoff während der Herstellung und dem recht hohen Fettanteil besonders gegeben. Den oxidativen Prozessen versucht man durch sauerstoffarme Verpackungen oder durch Zusätze von Antioxidantien entgegenzuwirken. Chemische Antioxidantien werden aufgrund der geringen Verbraucherakzeptanz ungern eingesetzt (McCARTHY et al. 2001a), so dass das Interesse am α-Tocopherol als natürliches Antioxidans mit der Fähigkeit sich in vivo in die Membran einzulagern, wächst. Es ist bekannt, dass mit einer erhöhten α-Tocopherol-Zufuhr über das Futter bei Mastschweinen auch erhöhte α-Tocopherol-Konzentrationen in den Körpergeweben und damit im späteren Produkt erreicht werden können (ZANARDI et al. 1999; PHILLIPS et al. 2001). In diesem Zusammenhang wird auch eine gesteigerte antioxidative Wirksamkeit dieser Substanz anhand verschiedener Parameter beschrieben. Allerdings ist die Besonderheit bei dem Produkt Rohwurst der komplexe Aufbau aus prooxidativ und antioxidativ wirksamen Substanzen.

Mehrere Untersuchungen über die antioxidative Wirkung von diätetisch zugeführtem Vitamin E bei Mastschweinen und den aus diesen Tieren hergestellten Rohschinken werden in der Literatur beschrieben (BOSI et al. 2000; CORONADO et al. 2002), jedoch nur wenige beschäftigen sich mit dem Erzeugnis Rohwurst (ZANARDI et al.

1999; HARMS et al. 2003). Nitrit wird in Form des Nitritpökelsalzes (NPS) zur Umrötung des Wurstgutes in Mengen bis zu 400 ppm zugesetzt. Das Nitrit besitzt ebenfalls eine antioxidative Kompetenz (LÜCKE 1999). Hohe Nitritzusätze stehen deshalb im Verdacht, die antioxidativen Effekte des α-Tocopherols in gereiften und

(12)

gelagerten Rohwürsten überdecken zu können (HARMS et al. 2003). In der vorliegenden Arbeit wurden aus diesem Grund Schweine mit unterschiedlichen

α-Tocopherol Mengen gefüttert. Aus dem Fleisch und Fettgewebe dieser Tiere wurden Rohwürste mit Nitritzugaben von 0 bis 100 ppm Nitrit/NPS hergestellt. Dabei interessierten insbesondere die Interaktionen zwischen dem antioxidativen Potential des α-Tocopherols und dem des Nitrits. Im Hinblick auf die mit dem Nitrit im Zusammenhang stehende Nitrosamin-Problematik (kanzerogene Wirkung) wäre mit gezielter Reduzierung des Nitrits im NPS bei erhaltenem oxidativen Schutz ein Fortschritt zugunsten des Verbraucherschutzes in der Lebensmittelproduktion zu erzielen.

(13)

2. LITERATUR

2.1 Rohwurst

2.1.1 Definition

Die Rohwurst wird der Gruppe der Wurstwaren untergeordnet. Diese werden gemäß der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse folgendermaßen definiert:

Wurstgemenge sind bestimmte, unter Verwendung von geschmacksgebenden und/oder technologisch begründeten Zutaten zubereitete, schnittfeste oder streichfähige Gemenge aus zerkleinertem Fleisch, Fettgewebe und sortenbezogen, teilweise auch aus Innereien oder sonstigen Tierkörperteilen. Das Produkt Rohwurst wird durch folgende Eigenschaften von anderen Wurstwaren abgegrenzt:

umgerötet, ungekühlt lagerfähig (über + 10 °C), meist roh verzehrt, streichfähig oder nach einer mit Austrocknung verbundenen Reifung schnittfest geworden (DEUTSCHES LEBENSMITTELBUCH 2003).

2.1.2 Technologie

Das Fleischerzeugnis Rohwurst besteht aus zerkleinertem Schweine- und/oder Rindfleisch, zerkleinertem Fett, Salz, Nitrit oder Nitrat, Zuckerstoffen, Gewürzen und verschiedenen Zusatzstoffen sowie teilweise mit einer oder mehreren Bakterienkulturen (Starterkulturen) (STAHNKE 1995). Bei der Herstellung wird das Fleisch nach grober Zerkleinerung vor der weiteren Verarbeitung 24 h bei ca. 0°C gekühlt oder sogar mit dem Fettgewebe zusammen 24 h eingefroren, um einer Erwärmung des Brätes im Kutter entgegen zu wirken (FEHLHABER et al.1992). Der Austrieb von eingebrachtem Sauerstoff aus dem Produkt durch Vermengung und Abfüllung unter Vakuum ist ein wichtiger Vorgang hinsichtlich der erstrebten guten Haltbarkeit. Die frischen Würste werden in Klimakammern während der Reifung getrocknet und geräuchert. Die Räucherung hat neben anderen positiven Wirkungen eine bakterizide und antioxidative Wirkung (BELITZ u. GROSCH 1992). Die antioxidative Wirkung wird durch die in das Erzeugnis diffundierenden Phenole, Phenolaldehyde und Phenolsäuren bewirkt (TERNES 1994). Eine gleichzeitige

(14)

Räucherung mit Flüssigrauch und Holzrauch bewirkt eine deutliche Reduktion an Lipidperoxidation in Rohschinken (CORONADO et al. 2000). Hinsichtlich ihrer Reifezeit werden schnellgereifte und langgereifte schnittfeste Rohwürste unterschieden. Die schnellgereiften Rohwürste werden in einem Zeitraum von 0,5 - 2 Wochen gereift, erreichen einen pH-Wert von 4,8 - 5,2 und einen aw-Wert von 0,95 - 0,90. Die langgereiften Rohwürste werden über 4 - 10 Wochen gereift, erreichen einen pH-Wert von 5,3 - 5,8 und einen aw-Wert von 0,90 - 0,65 (LEISTNER 1986).

Die Stabilität der Rohwurst wird durch fünf Faktoren, auch Hürden genannt, bewirkt:

aw-Wert-Absenkung, pH-Wert-Verringerung, Redoxpotential, Konkurrenzflora und Konservierungsstoffe (LEISTNER 1986). Die Bedeutung des Produkts Rohwurst zeigt sich am Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland, welcher im Jahre 2000 bei etwa 5,4 kg (Salami, Teewurst etc.) lag (Quelle: Deutscher Fleischerverband 2000).

2.1.3 Qualitätsveränderungen der Rohwurst

Der Konsument beurteilt Fleisch bei seiner Kaufentscheidung zusätzlich zum Preis nach den Eigenschaften: optischer Eindruck, Konsistenz und Aroma (GRAY et al.

1996).

Schon während des Herstellungsvorgangs können durch Verwendung von minderwertigen Rohstoffen Mängel bis hin zum Verderb auftreten. Die Bezeichnung Verderb steht für den Vorgang bei einem Lebensmittel, bei dem es durch nachteilige Veränderungen des Grundzustandes zu einer Unbrauchbarkeit für den menschlichen Verzehr kommt (FEHLHABER et al.1992). Als Ursachen für die Qualitätsverschlechterung kommen zusätzlich zu Mikroorganismen, originären Enzymen, physiologischen Ursachen, Parasiten und Schädlingen auch chemisch physikalische Einflüsse in Betracht. Der Qualitätsverlust äußert sich in einer Abnahme des Aromas, der Farbe, der Konsistenz und des Nährwertes. Die Entstehung von gesundheitsschädlichen Verbindungen ist möglich (KANNER 1994).

Die Fettoxidation ist einer der ersten Mechanismen bei der Qualitätsabnahme eines Fleischerzeugnisses während der Lagerung (MONAHAN et al. 1990). Begünstigt

(15)

oder sogar verursacht wird dieser Vorgang vor allem im Zeitraum der Aufbewahrung durch Sauerstoff, Wärme, Licht, Feuchtigkeit, Anwesenheit von Metallspuren (Fe, Cu) und durch die Tätigkeit von Mikroorganismen (FRANZKE 1996). Nach BUCKLEY et al. (1989) scheinen sich die oxidativen Vorgänge auf Membranebene abzuspielen.

Diese Empfindlichkeit für oxidative Vorgänge ist mit der hohen Anzahl an mehrfach ungesättigten Fettsäuren innerhalb der Membranen begründet. Die Fleischerzeugnisse vom Schwein sind laut Literatur oxidationsempfindlicher als die Fleischprodukte von anderen Tierarten (CHANNON 2002). Die Zelle hat in vivo verschiedene Mechanismen zum Schutz vor oxidativen Vorgängen, wie z. B.

Katalasen oder Glutathion-Peroxidasen, welche jedoch post mortem und bei der Weiterverarbeitung durch Zugabe von verschiedenen Stoffen, z. B. Salz, in ihrer Aktivität eingeschränkt werden (HERNANDEZ et al. 2002).

Die Zusammensetzung und die Technologie machen das Fleischerzeugnis Rohwurst zu einem besonders oxidationsempfindlichen Produkt. Die Zerkleinerung des Fleisches während der Herstellung führt zu einer Zerstörung der Membranintegrität, so dass die freigelegten Phospholipide der Einwirkung von Sauerstoff, Enzymen, Hämoproteinen und Metallionen ausgesetzt werden (ASHGAR 1988). Einen zusätzlichen Einfluss hat der untergemischte Luftsauerstoff, indem er zu einem relativ hohen Eh-Wert (Redoxpotential) im Fleischgemenge (LEISTNER 1986) führt, was mit der vergrößerten Fettoberfläche das Eintreten einer Lipidoxidation begünstigt (WIRTH 1990; GIACCONE 1991).

Während der Reifung gibt es auch erwünschte Veränderungen der Fette, welche hydrolytischer und oxidativer Natur sind und das typische Aroma erzeugen (DEMEYER et al. 1974). Die Hydrolyse der Triglyceride kann entweder durch mikrobielle oder durch endogene Lipasen bedingt sein und führt zu einem Anstieg der freien Fettsäuren im Produkt (FERNANDEZ 1994). Die freien Fettsäuren sind jedoch anfälliger für oxidative Prozesse als ihre Gegenstücke, welche noch an Triglyceride und Phospholipide gebunden vorliegen (COUTRON-GAMBOTTI et al.

1999). Die flüchtigen Verbindungen aus der Lipidperoxidation, wie Aldehyde und Ketone, sind, solange ihre Konzentration unter der off-flavour-Schwelle bleibt,

(16)

wichtige Aromakomponenten. Sie können jedoch in höheren Konzentrationen zu unterschiedlichen Geschmacksveränderungen des Produkts, wie beißig, kratzig oder ranzig, führen, welche das Produkt für den menschlichen Verzehr unbrauchbar werden lassen (BELITZ u. GROSCH 1992).

2.2 Oxidationsvorgänge im Erzeugnis Rohwurst

2.2.1 Chemie

Oxidationsprozesse in Lebensmitteln treten häufig aufgrund von Reaktionen mit freien Radikalen ein. Die Oxidation wird unter Mitwirkung von freien Radikalen auch als Autooxidation bezeichnet, wenn es sich bei dem Oxidationsmittel um Sauerstoff handelt. Der Ablauf kann in drei Reaktionsschritte eingeteilt werden:

Initiation (Kettenstart), Propagation (Kettenwachstum und –verzweigung) und Termination (Kettenabbruch) (BELITZ u. GROSCH 1992; PARKIN u. DAMODARAN 1993; FRANKEL 1998).

XH X * + H * (1)

X * + O2 XOO * (2)

XOO * + XH XOOH + X * (3)

X * + X * X-X (4)

Im ersten Schritt, der Initiation (1), wird durch ein aktives Sauerstoffatom oder durch sehr energiereiche Strahlung ein Wasserstoffatom (H*) von einer biologischen Komponente (XH) abgezogen, so dass ein freies Radikal (X*) entsteht. Im zweiten Schritt, der Propagation (2) + (3), ist die Kettenreaktion in Gang gesetzt und produziert unter Sauerstoffverbrauch neue freie Radikale, wie Peroxidradikale (XOO*) oder Peroxide (XOOH). Der dritte Schritt, die Termination (4), ist der Abbruch der Kettenreaktion durch die Reaktion von zwei Radikalen miteinander zu stabilen Produkten. In Lebensmitteln ist Sauerstoff mit seinen chemischen

(17)

Verbindungen, wie Wasserstoff-Peroxid, Kalzium-Peroxid und Benzoyl-Peroxide sowie Kaliumbromat (KBrO3) das wichtigste Oxidationsmittel. Neben den Sauerstoff- Verbindungen gibt es auch andere starke Oxidationsmittel, wie Fluor, Brom und Eisen (PARKIN u. DAMODARAN 1993). Eine direkte Reaktion zwischen organischen Komponenten und Sauerstoff findet aufgrund der unterschiedlichen Elektronenspin- Konfiguration nicht ohne weiteres statt. Der Sauerstoff ist in seinem Grundzustand ein Triplett, Biomoleküle befinden sich jedoch im Singulett-Zustand (BELITZ u.

GROSCH 1992; MONAHAN 2000). Diese Spin-Einschränkung kann durch Initiatoren oder durch verschiedene Faktoren überwunden werden: Temperatur, physiologische Reaktionen von Sauerstoff zu Wasser, Photooxidation (Photosensibilisatoren), Strahlung, Singulett-Sauerstoff, Übergangsmetalle, Komplexe oder enzymatische Katalyse (GRAY et al. 1992; MONAHAN 2000). Es kommt zur Bildung von reaktiven Sauerstoffformen durch Änderung der Elektronenkonfiguration oder zur Bildung von Sauerstoffradikalen mit einem ungepaarten Elektron (BAST 1991).

2.2.2 Reaktive Sauerstoffformen und Sauerstoffradikale

Freie Radikale besitzen ein einzelnes, ungepaartes Elektron und sind nach außen hin ungeladen (FRANKEL 1998). Peroxide sind für die Radikalkettenreaktion deswegen von Bedeutung, da sie aufgrund der nur schwachen Sauerstoff- Sauerstoff-Bindung leicht zu freien Radikalen zerfallen können (DENISOV 2003).

Tabelle 1 zeigt die verschiedenen Initiatoren für die Lipidperoxidationen im Muskel, auf die im weiteren Verlauf einzeln eingegangen wird.

Tab.1: Initiatoren für die Lipidoxidation im Muskel (mod. nach ASGHAR et al. 1988)

Singulett-Sauerstoff Superoxid-Radikal Hydroxyl-Radikal Wasserstoffperoxid Ferrylionen

Perferrylionen

Eisen (II)-Sauerstoff-Eisen(III)-Komplex

(18)

2.2.2.1 Singulett-Sauerstoff

In der Typ-II-Reaktion nach Gollnick wird durch Absorption von UV-Licht oder Tageslicht ein Sensibilisator, z. B. aus der Gruppe der Porphyrine oder Flavine, in einen energetisch angeregten Zustand gebracht. Der Sensibilisator überträgt nun diese Energie auf den Sauerstoff und überführt ihn damit in den elektrophilen Singulett-Zustand (BEKBÖLET 1990; KANNER et al. 1994).

2.2.2.2 Superoxid-Radikal und Perhydroxyl-Radikal

Die Ein-Elektronenreduktion von Sauerstoff führt zur Bildung des Superoxid- Radikals. Diese kann physikalisch durch UV-Licht, Röntgen- oder Gammastrahlen induziert worden sein oder durch Autooxidation reduzierter Zwischenprodukte des Stoffwechsels entstehen. In der Atmungskette kann Superoxid bei der Nebenreaktion des Cytochrom P 450 entweder direkt oder über Autooxidation von Semichinonen entstehen. Das Ubisemichinon, welches den Sauerstoff in der Atmungskette reduziert, kann zudem bei der Superoxidbildung eine Rolle spielen (BAST 1986;

BRANDT 2003). Auch bei der Autooxidation von Oxymyoglobin zu Metmyoglobin kann es zur Entstehung von Superoxiden kommen (KANNER et al. 1994), sowie bei der Oxidation von Hämoglobin zu Oxyhämoglobin in den Erythrozyten, wobei das Superoxid während der Umwandlung zum Methämoglobin durch ein Zwischenprodukt in Form eines Komplexes mit Sauerstoff entsteht (FRANKEL 1998).

Im Bereich der Immunabwehr spielt die Bildung von Superoxid durch Makrophagen, Monozyten und Neutrophilen Granulozyten eine Rolle (JULIET 2003). Das Superoxid reagiert im sauren pH-Bereich mit Wasserstoffionen unter Bildung von reaktiven Perhydroxylradikalen (BELITZ u. GROSCH 1992).

2.2.2.3 Hydroxyl-Radikal

Auch das Hydroxyl-Radikal ist ein Zwischenprodukt der Mitochondrien bei der Reduktion des Sauerstoffs zu Wasser (MORRISEY et al. 1998). In der Chemie ist kein reaktiveres Radikal als das Hydroxyl-Radikal bekannt, welches in verschiedenen Bereichen entsteht, z. B. durch aktivierte Phagozyten, autoxidierende Verbindungen und Xanthinoxidasen (FRANKEL 1998). Dabei ist dieses Radikal häufig auch in vivo für die Lipidperoxidation verantwortlich (HALLIWELL 1991).

(19)

Die meisten Hydroxyl-Radikale entstehen in vivo bei dem metall-katalysierten Abbau von Wasserstoffperoxid (s. a. unter Fenton-Reaktion):

Mn+1 + H2O2 M(n+1)+ + HO* + HO-

Der Katalysator ist ein Übergangsmetall (Mn+1), wie das im Organismus häufig vorkommende Eisen (Fe2+), auf dessen besondere Funktion in Oxidationsvorgängen in einem späteren Abschnitt noch eingegangen wird (GRAY et al.1992; KANNER 1994).

2.2.2.4. Wasserstoffperoxid

Im Rahmen der Haber-Weiss Reaktion (s. u.) entsteht Wasserstoffperoxid als Zwischenprodukt und ist damit bei der Bildung von reaktivem Hydroxyl-Radikal beteiligt, was auch die zellschädigende Wirkung von bakteriell gebildetem Wasserstoffperoxid erklärt. Des Weiteren entsteht das Wasserstoffperoxid bei der Ein-Elektronreduktion des Sauerstoffs zu Wasser in der Atmungskette (PARKIN u.

DAMODARAN 1993). Das Enzym Superoxid-Dismutase, welches in vivo vor Radikalen schützen soll, bildet Wasserstoffperoxid aus zwei Superoxid-Radikalen unter Verwendung von Wasserstoffionen. In den Peroxisomen aller Eukaryontenzellen entsteht bei der Oxidoreduktase-Reaktion, z. B. durch D- Aminosäure-Oxidasen, bei der Übertragung von Wasserstoff von einem reduzierten Substrat auf molekularen Sauerstoff Wasserstoffperoxid, welches von der ebenfalls vorhandenen Katalase wieder abgebaut wird (REHNER et al. 1999). In der Typ-I- Reaktion nach Gollnick reagiert ein durch Absorption von UV-Licht oder Tageslicht angeregter Sensibilisator mit einem Biomolekül, welches letztendlich zur Entstehung von Wasserstoffperoxid und Superoxid aus molekularem Sauerstoff führt (PARKIN u.

DAMODARAN 1993).

2.2.3 Katalysatoren

Katalysatoren von oxidativen Reaktionen können enzymatischer oder nicht- enzymatischer Natur sein (PARKIN et al. 1993). Nichtenzymatischer Natur sind die

(20)

Übergangsmetalle, bei welchen die Ionen nicht komplett besetzte d-Orbitale aufweisen. Untersuchungen zur prooxidativen Wirkung der muskeleigenen Übergangsmetalle Eisen, Kupfer und Kobalt konnten in einem in-vitro-Versuch zeigen, dass die prooxidative Wirkung von Fe2+ größer als die von Cu2+, und diese wiederum größer als die von Co2+ ist (TICHIVANGANA u. MORRISSEY 1985). Die Bedeutung der Übergangsmetalle für biologische Systeme liegt in ihrer Fähigkeit, in Komplexen Elektronen zu übertragen und in ihrer Teilnahme an Säure-Base- Reaktionen (CRICHTON 1991).

2.2.3.1 Eisen

Rotes Fleisch, wie z. B. Schweinefleisch, enthält große Mengen an essentiellen Nährstoffen: hochwertiges Protein, Niacin, B-Vitamine, Eisen und Zink (VERBEKE et al. 1999). Jedoch birgt der Gehalt an Übergangsmetallen auch die Gefahr einer Katalyse unerwünschter oxidativer Prozesse im Erzeugnis. Viele Untersuchungen konnten die prooxidative Wirkung von Eisen auch im Zusammenhang mit Lipidperoxidation belegen (TICHIVANGANA et al. 1985; YOSHINO et al.1999;

OSBORN et al. 2003). Ein Versuch von WATTS (1954) ergab, dass Lichteinwirkung die Eisen-induzierte Oxidation in Fleischprodukten beschleunigt.

EISEN: VORKOMMEN UND CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN

Der Gesamtkörperbestand an Eisen verteilt sich zu ⅔ auf Hämoglobin und zu einer geringeren Menge auf Myoglobin. Der restliche Teil befindet sich in der Vielzahl an Eisen-beinhaltenden Enzymen und im Serum gebunden an das Glycoprotein Transferrin (KANNER 1994). Den kleinsten Anteil macht freies, ungebundenes Eisen aus, welches nach ersten Erkenntnissen als Komplex an ATP, ADP und Citrat saturierend an Mitochondrien bindet (WEAVER et al. 1990; CRICHTON 1991).

Das Fe3+-Ion ist eine starke Säure mit einer hohen Affinität für Liganden in Form von starken Basen, besonders für solche, die Sauerstoff als Donor-Atom beinhalten, z. B.

Hydroxyl- oder Carboxyl-Gruppen. Das Fe2+-Atom ist dagegen eine eher schwache Säure und kann sich sowohl an schwache, als auch an starke Sauerstoff-basierende Liganden binden, z. B. Protoporphyrin (CRICHTON 1991). Die Basizität des fünften

(21)

Liganden bestimmt die Art der Bindung des sechsten Liganden, damit z. B. keine Oxidation des Fe2+ im Myoglobin bei einer Bindung mit molekularem Sauerstoff eintritt (BELITZ u. GROSCH 1992).

EISEN: KATALYSATOR BEI OXIDATIONEN

In oxidativen Vorgängen wirkt das Eisen in mehrfacher Weise prooxidativ. Zum einen kann das Übergangsmetall indirekt durch Reaktionen mit molekularem Sauerstoff und damit verbundener Freisetzung von reaktivem Superoxid/Perhydroxylsauerstoff prooxidativ wirken, zum anderen direkt durch Katalyse der Spaltung von Lipidhydroperoxiden zu einem Hydroxid-Ion und einem Alkoxyl-Radikal, was dann die Kettenreaktion fortsetzt (HALLIWELL 1991; PARKIN u. DAMODARAN 1993;

KANNER 1994).

In der Fenton-Reaktion (1) kommt es durch eine Reaktion zwischen H2O2 und Fe2+

zu einer Hydroxylradikal-Bildung, welche für neue oxidative Reaktionen verantwortlich sein kann (GRAY et al.1992):

Fe2+ + H2O2 Fe3+ + *OH + OH- (1)

Ascorbinsäure, welche häufig in Lebensmitteln enthalten ist oder zugesetzt wird, kann bei der Fenton-Reaktion unterstützend wirken, indem sie Fe3+ zu Fe2+ reduziert (FRANKEL 1998). Wenn Spuren von Eisen vorliegen, kann Superoxid Fe3+ zu Fe2+

und molekularen Sauerstoff reduzieren (2).

Fe3+ + O2- Fe2+ + O2 (2)

Bei Vorliegen einer ausreichenden Menge an katalysierendem Eisen kann es zur Haber-Weiss-Reaktion (3) Reaktion kommen, welche die beiden oben erwähnten (1) und (2) vereint und weitere Hydroxyl-Radikale erzeugt (CRICHTON 1991):

O2- + H2O2 O2 + *OH + OH- (3)

(22)

Das Ferryl-Radikal (FeOH3+ oder FeO2+), in welchem das Eisen eine Oxidationszahl von vier hat, scheint ein Produkt aus der Reaktion von Fe2+ mit H2O2 zu sein (KOPPENOL u. LIEBMAN 1984; HALLIWELL u. GUTTERIDGE 1990).

Dem Perferryl-Radikal (Fe2+-O2 Fe3+-O2-) wurde von HOCHSTEIN und ERNSTER (1963) eine Rolle bei der Induktion der Lipidperoxidation zugesprochen, was sich jedoch durch neuere Untersuchungen als unwahrscheinlich herausgestellt hat (MONAHAN 2000).

Der Eisen(II)-Sauerstoff-Eisen(III)-Komplex wird in der Literatur auch als Initiator von Lipidperoxidationen angesehen, welcher aus der Reaktion von Eisenionen mit reduzierenden Substanzen, wie NADPH, Superoxid-Anion, Ascorbat, Thiol- Verbindungen oder durch Reaktionen von Eisenionen mit Wasserstoffperoxid entsteht, was jedoch aufgrund einer möglichen Verdrängung des Fe3+ aus dem Komplex durch Pb2+ fraglich erscheint (ARUOMA et al. 1989).

2.2.3.2 Myoglobin

Das Ergebnis verschiedener Untersuchungen bewies eine enge Verknüpfung zwischen Lipidperoxidation und der Oxymyoglobin-Oxidation (HAREL u. KANNER 1985; MOORE et al. 2003).

MYOGLOBIN: AUFBAU

Den Chromoproteinen unterliegt mit dem Fe2+-Protoporphyrin als prosthetischer Gruppe in vivo die Aufgabe des Sauerstofftransportes bzw. bei den Cytochromen die Elektronenübertragung in der Atmungskette. Ihnen gemeinsam ist das im Häm- Molekül (Protoporphyrin) eingefasste Eisenatom, das je nach vorliegender Oxidationszahl Sauerstoff bindet oder durch Valenzwechsel Elektronen überträgt.

Das Eisenatom kann sechs Elektronen in der äußeren Schale aufnehmen, so dass es über vier Stickstoffatome im Häm-Molekül fixiert wird, mit der fünften Koordinationsstelle an dem Histidin des Globins gebunden ist und die sechste Koordinationsstelle in der hydrophoben Tasche zur freien Besetzung übrig bleibt.

Wie schon im vorherigen Abschnitt aufgeführt, schützt der Ligand an der fünften

(23)

Koordinationsstelle durch Elektronenabgabe das Eisen bei einer Bindung mit Sauerstoff vor Oxidation. Im lebenden Tier sind nur etwa 10% des Eisens an Myoglobin gebunden, dieser Wert erhöht sich jedoch bei einem gut ausgebluteten Rindermuskel auf 90%. Demzufolge leistet Hämoglobin zusammen mit den Effekten der Lichtstreuung nur einen kleinen Beitrag zur Farbe eines Muskels (BELITZ u.

GROSCH 1992; PETRIDES u. KALBITZER 2003).

MYOGLOBIN: FARBE

Die Farbe von Fleisch hängt von vielen Faktoren ab: von der Konzentration an Chromoproteinen, insbesondere an Myoglobin, vom chemischen Zustand der Pigmente und von den physikalischen Gegebenheiten des Fleisches (RENERRE 2000).

Das Myoglobin kann drei verschiedene Konformationen annehmen: Desoxy- myoglobin (Mb), Oxymyoglobin (MbO2) und Metmyoglobin (MMb+) (s. Abb. 1).

+O2 Oxidation

MbO2 Mb MMb+

- O2 Reduktion pH>5 pH<5

Hämin Oxidation Häm + Globin

Abb. 1: Schematische Darstellung der drei verschiedenen Myoglobin-Formen

Das dunkelrote Desoxymyoglobin (Mb), bei dem die sechste Koordinationsstelle des Fe2+ unbesetzt ist, kommt nur in ganz frischer Muskulatur im Inneren des Muskelbauches ohne Sauerstoffkontakt vor. Sobald Sauerstoff auf die frisch angeschnittene Muskelfläche trifft, bildet sich das Oxymyoglobin (MbO2), d. h.

Sauerstoff bindet an der sechsten Koordinationsstelle des Fe2+ und das Fleisch erscheint hellrot. Wenn das Oxymyoglobin über einen längeren Zeitraum einem niedrigen Sauerstoff-Partialdruck ausgesetzt bleibt, entsteht das Metmyoglobin (MMb+): das Fe2+ wird zu Fe3+ oxidiert, welches nun Wasser als Liganden trägt. Das

(24)

Fe3+ ist ein schlechter π-Donator, so dass kein O2-Addukt gebildet wird und die Farbe der Muskulatur braun erscheint. Diese Autooxidation wird durch pH-Senkung gefördert, welche zu einer erhöhten Dissoziation des Komplexes und schließlich zum Zerfall in den Globin- und Häm-Bestandteil führt (BELITZ u. GROSCH 1992; MOORE et al. 2003). Andere Autoren machen noch weitere Faktoren für die Entstehung von Metmyoglobin verantwortlich: eine hohe Temperatur, Ionenstärke, Anwesenheit von Salz, Oxidations-Reduktions-Mediatoren und eine katalytische Menge an Schwermetallen (RENERRE 2000).

MYOGLOBIN: KATALYSATOR BEI OXIDATIONEN

Das Myoglobin ist, wie im Folgenden dargestellt, entweder direkt oder indirekt an oxidativen Prozessen beteiligt. Das Ferrylmyoglobin-Radikal bzw. das Eisenatom mit der seltenen Oxidationszahl IV (Fe4+) entsteht durch eine weitere Oxidation, aktiviert durch H2O2. Das entstandene Radikal ist sehr instabil, so dass es schnell zum Peroxid-Radikal zerfällt und damit für die Oxidation weiterer Verbindungen, so auch von Lipiden, verantwortlich gemacht wird (KANNER 1994; BATIFOULIER et al.

2002).

Einige Autoren vermuten, dass bei der Autooxidation von Myoglobin zu Metmyoglobin ein Zwischenstadium entsteht, bei dem das Metmyoglobin in die Bestandteile Eisen(II)-Myoglobin und Superoxid-Radikal zerfällt. Das Superoxid entsteht dabei durch die nucleophile Substitution des O2 durch ein Wasser-Molekül oder durch ein Hydroxyl-Radikal (RENERRE 2000).

2.3.4 Mechanismus der Lipidperoxidation

Die Lipidperoxidation stellt einen Prozess dar, bei dem molekularer Sauerstoff mit ungesättigten Fettsäuren zu Lipidperoxiden reagiert (MONAHAN 2000).

LIPIDE: CHEMIE

Die Fettsäuren sind wichtige Bestandteile der meisten Lipide in Fleischerzeugnissen, wie in Triglyceriden und Phospholipiden. Dabei sind diese Fettsäuren entweder

(25)

gesättigt, einfach ungesättigt oder mehrfach ungesättigt. Die Fettsäuren werden in der Literatur häufig in der Kurzschreibweise dargestellt, welche die Anzahl der Kohlenstoffatome sowie die Anzahl, Position und Konfiguration der Doppelbindungen darstellt, z. B. einfach ungesättigte Ölsäure: 18:1 n-9 (18 C-Atome mit einer Doppelbindung am 9. C-Atom vom 18. C-Atom aus gezählt). Bei den gesättigten Fettsäuren dominieren die mit den unverzweigten, geradzahligen Kohlenstoffketten, welche in fermentierten Lebensmitteln in freier Form wichtige Aromastoffe darstellen.

Die ungesättigten Fettsäuren haben eine oder mehrere Allylgruppen im Acylrest, z. B. die essentiellen Fettsäuren Linolen- und Arachidonsäure, wobei die Doppel- bindungen meist durch eine Methylgruppe voneinander getrennt sind (BELITZ u.

GROSCH 1992; FRANKEL 1998).

Die ungesättigten Fettsäuren können aufgrund ihrer Doppelbindungen leicht von Radikalen angegriffen werden. Die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung setzt sich aus einer starken σ-Bindung und einer schwachen π-Bindung (die jeweils nur ein Elektron enthält) zusammen. Die π-Elektronen sind polarisierbar, wodurch sie nucleophile Eigenschaften bei Reaktionen mit elektrophilen Reaktionspartnern, wie z.B. Radikalen, einnehmen, so dass sie sich mit ihnen in radikalischer Addition umsetzen können (MORRISON 1986; FRANKEL 1998). Fütterungsversuche haben gezeigt, dass eine Zufütterung mit z. B. hoher Konzentration an Sojabohnen-Öl, welches reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist, auch einen Anstieg dieser Fettsäuren in den Geweben der Versuchstiere zur Folge hat und damit die oxidative Stabilität daraus gewonnener Lebensmittel beeinträchtigt (MONAHAN et al. 1992).

LIPIDE: ABLAUF DER OXIDATION

Bei Initiation der Radikalkettenreaktion werden zwei Mechanismen unterschieden:

1) Die Abstraktion (Autooxidation), bei der elektrophile Reaktionspartner, wie z.B.

reaktive Sauerstoffformen oder Sauerstoffradikale, der Fettsäure ein Elektron (oder Wasserstoffatom) abziehen. Diese Reaktion kann auch ohne Radikal unter Nutzung von energiereicher Strahlung erfolgen. Das entstandene Fettsäure-Radikal wird durch Sauerstoffaddition zum Fettsäure-Peroxid mit dem Drang anderen Molekülen

(26)

(Fettsäuren) ein Elektron zu entziehen, um sich wieder zu stabilisieren. Die Hydroperoxide können auch mit Übergangsmetallen (s. a. unter KATALYSATOREN) reagieren und dadurch die Kettenreaktion in Gang halten.

2) Die En-Reaktion stellt eine Addition von Singulett-Sauerstoff an eine Doppel- bindung dar. Es entstehen Fettsäure-Hydroperoxide und Fettsäure-Hydroperoxyl- Radikale unter Allylverschiebung, d. h., dass die Doppelbindung immer weiter verschoben wird. Der Sauerstoff reagiert mit der höher substituierten Doppelbindung, am sterisch weniger gehinderten Kohlenstoff und abstrahiert Wasserstoff am höher substituierten Kohlenstoffatom (PARKIN u. DAMODARAN 1993).

Die Reaktion wird durch das ständige Entstehen von Radikalen, wie z.B. Fettsäure- peroxide, in Gang gehalten (Propagation). Die Fettsäureperoxide können, wie schon erwähnt, andere Fettsäuren angreifen, so dass weitere Fettsäureradikale und Lipidhydroperoxide entstehen. Die Termination erfolgt bei einem gewissen Sauerstoffpartialdruck durch die Reaktion zweier Fettsäureperoxylradikale zu einem labilen Tetraoxid oder durch eine Reaktion eines Fettsäureperoxylradikals mit einem Fettsäureradikal zu einem Nicht-Radikal-Polymer. Bei Sauerstoffarmut reagieren zwei Alkylradikale miteinander zu einem stabilen Produkt (FRANKEL 1998).

2.3.5 Sekundärprodukte der Lipidperoxidation

Es können viele verschiedene Verbindungen entstehen, wenn Fettsäurehydro- peroxide durch Wärme oder durch Übergangsmetalle katalysiert, einer homo- lytischen Spaltung zu Hydroxy- und Alkoxyradikalen unterliegen, welche die Fähigkeit besitzen nicht nur von ungesättigten Fettsäuren und Hydroperoxiden, sondern auch von gesättigten Fettsäuren Wasserstoffatome zu abstrahieren.

Die Peroxide gehen verschiedene Folgereaktionen ein, wie die Isomerisierung von cis-, trans- Konjuenen zu trans-, trans-Konjuenen über eine reversible O2- Abspaltung, Cooxidation mit einem H-Donator, Zyklisierung von Peroxyradikalen mit einem β-, γ-Doppelbindungssystem unter Bindung eines 2. Sauerstoffmoleküls und

(27)

Abstraktion eines Wasserstoffatoms zu Hydroperoxyepidioxiden sowie Zyklisierung von Peroxyradikalen mit mind. 3 Doppelbindungen zu Bicycloendoperoxiden durch eine weitere Zyklisierung vor der Wasserstoffabstraktion und Einlagerung eines weiteren Sauerstoffmoleküls (TERNES 1994).

Die Abbildung 2 stellt die Bildung von Malondialdehyd dar: die Spaltung des Endoperoxidringes (I) oder eines monocyclischen Peroxids unter dem Einfluss von Wärme oder bei einem niedrigen pH-Wert führt zu Malondialdehyd (MDA) (II) und Restbestandteilen (III) (JANERO 1990; TERNES 1994). Das Malondialdehyd, als Sekundärprodukt der Lipidperoxidation, ist aufgrund seiner mutagenen, carcinogenen und krankheitsauslösenden Wirkung von besonderem Interesse (ESTERBAUER et al. 1991). Die am häufigsten genutzte Methode, um MDA und damit stattgefundene Lipidperoxidation zu messen, scheint der Thiobarbitursäure- Test zu sein, welcher auf der spektrophotometrischen Erfassung eines pinkfarbenen Komplexes, gebildet durch die Reaktion zwischen MDA mit zwei Molekülen Thiobarbitursäure, beruht (JANERO 1990; BOTSOGLOU et al. 1994).

Abb. 2: Sekundärprodukte der Lipidperoxidation (nach TERNES 1994) Bildung von Malondialdehyd

(I) (II) (III)

(28)

Wenn ein Alkoxy-Radikal, welches aus einem Lipidperoxid entstanden ist, an der C- C-Bindung einer Seite des Alkoxy-Radikals gespalten wird, sind die entstehenden Produkte Aldehyde und ein neues freies Radikal (GRAY u. CRACKEL 1992). Das Heptenal sowie das Oktenal und das 2-cis-Nonenal sind flüchtige Verbindungen, welche bei der Autooxidation von Linolsäure und Linolensäure entstehen können.

Diesen Substanzen ist gemeinsam, dass sie aufgrund niedriger Schwellenwerte zu Aromafehlern im Fleischerzeugnis führen können. Die ungesättigten Aldehyde autooxidieren wesentlich schneller als ungesättigte Fettsäuren, so dass weitere Sekundärprodukte entstehen. Die gesättigten Aldehyde dagegen oxidieren nur langsam, so dass sie sich im Erzeugnis über die Zeit anreichern (BELITZ u.

GROSCH 1992). Die ungesättigten 4-Hydroxyalkenale werden in der Literatur als zelltoxisch und erbschädigend bezeichnet (ESTERBAUER et al.1991). Zur Bestimmung der Aldehyde kann man diese mit N-Methylhydrazin derivatisieren und die entsprechenden Hydrazone mittels Gaschromatographischer Analysentechnik (GC) erfassen (ESTERBAUER et al.1991).

Ein ranziges Aroma im Fleischerzeugnis wird bei vermehrtem Auftreten von Alkanen beschrieben, wie z.B. Hexanal oder Nonanal oder bei verschiedenen Alkoholen, wie Pentanol oder Oktanol (MONTEL et al. 1998). Alkohole entstehen aus der Abstraktion eines Wasserstoffatoms von einer Fettsäure durch ein Alkoxy-Radikal.

Die Radikale, welche in beiden Reaktionen entstanden sind, fließen entweder in die Kettenreaktion ein oder reagieren miteinander zu Nicht-Radikalen. Ketone können aus den Alkoxy-Radikalen entstehen, wenn ein freies Radikal diesem ein Wasserstoffatom entzieht (GRAY u. CRACKEL 1992).

Auch die Farbe eines Fleischerzeugnisses kann infolge der entstandenen Lipidperoxide, welche aufgrund einer Oxidation des Fe2+ zu Fe3+ und einer irreversiblen Abspaltung des Häms vom Protein zu einer Grünfärbung führen, in Mitleidenschaft gezogen werden (TERNES 1994).

(29)

2.3 Antioxidantien

Antioxidantien werden als Substanzen definiert, welche nur in geringer Konzentration in Nähe von leicht oxidierbaren Substanzen eine signifikante Verzögerung der Oxidation dieser Substanzen verursachen (ARUOMA et al. 1992). Man kann die Aktivität eines antioxidativen Schutzsystems mit der Bezeichnung „antioxidative Kapazität“ ausdrücken (PROKOPYUK et al. 2001). Nach TERNES (1994) soll ein Antioxidationsmittel folgende Eigenschaften besitzen: es darf nicht toxisch sein, es muss auch in geringer Konzentration von 100-500 ppm wirksam sein, es darf im Produkt zu keiner Geruchs- und Geschmacksbeeinflussung führen, es muss fettlöslich sein und eine gute Stabilität muss auch im Lebensmittel gewährleistet sein.

Allgemein werden Antioxidantien in primäre und sekundäre Antioxidantien je nach Reaktionsweise eingeteilt (DIPLOCK 1993). Die synthetischen Antioxidantien, wie Butylhydroxyanisol (BHA) oder Butylhydroxytoluol (BHT), werden vom Verbraucher mit der Eigenschaft „gesundheitsschädlich“ in Zusammenhang gebracht, so dass man bemüht ist natürliche Antioxidantien zu finden, welche die Synthetischen ersetzen können (McCARTHY et al. 2001b; NENADIS et al. 2003). Zu den natürlichen Antioxidantien werden die Phenole, Polyphenole, Chelatoren, Vitamine, Carotinoide, das Carnosin und Enzyme zusammengefasst. Den Phenolen untergeordnet sind die stark antioxidativ wirksamen Gewürze: Pfeffer, Ingwer, Koriander und Knoblauch (NAKATANI 1997; AGUIRREZÁBAL et al. 2000). Die natürlichen Antioxidantien können, wenn sie zusammen verabreicht werden, synergistisch wirken (SÁNCHEZ-ESCALANTE et al. 2001). Unter den antioxidativ wirksamen Substanzen gibt es eine Gruppe, welche die autokatalytische Radikal- Ketten-Reaktion, wie die Lipidperoxidation, hemmt. Diese Substanzen reagieren mit den anfänglichen Radikalen aus den gestarteten Peroxidations-Prozessen entweder zu reaktionsträgen Produkten oder zu Nicht-Radikal-Produkten (KUHN et al. 1991).

α-Tocopherol hat diese Fähigkeit, freie Radikale abzufangen und dadurch Phospholipide und Cholesterin vor Oxidation zu schützen (GRAY et al. 1996).

(30)

2.3.1 α-Tocopherol

Vitamin E wurde 1922 von EVANS und BISHOP (1922) (University of California, Berkeley) als unidentifizierbare Substanz in pflanzlichen Ölen entdeckt, welche von weiblichen Ratten zur Reproduktion benötigt wurde. Im Jahre 1938 wurde von FERNHOLZ die Struktur von α-Tocopherol entdeckt (MC DOWELL 2000). Unter dem Begriff Vitamin E werden alle Derivate der Tocopherole und Tocotrienole, welche die grundsätzliche biologische Aktivität von α -Tocopherol besitzen, zusammengefasst (BRIGELIUS-FLOHÈ u. TRABER 1999). Jedoch sollte beachtet werden, dass das Wort „Tocopherole“ nicht synonym mit dem Wort „Vitamin E“ ist (MACHLIN 1991).

Das D-α-Tocopherol hat die größte biologische Aktivität (höchste IU pro Gewichtseinheit), aber die Acetatformen und Succinatformen sind während der Lagerung am stabilsten (NRC 1988).

Tab. 2: Biologische Wirksamkeit verschiedener Vitamin E-Verbindungen (ALBERS et al. 2001)

Die biologische Aktivität (s. Tab. 2) wurde anhand von Untersuchungen der fötalen Resorption in Fütterungsversuchen bei Ratten und mittels Daten von verschiedenen Vitamin E-Mangel-Symptomen bei Menschen bestimmt (WEISER u. VECCI 1982;

WEISER et al. 1996; SCHUELKE et al. 1999). Multifunktionale Vitamin E-Tests an Ratten haben folgendes Verhältnis der Aktivität von all-rac- zu RRR-α-Tocopherol

α-Tocopherol 100 % β-Tocopherol 15-40 % γ-Tocopherol 1-20 % δ-Tocopherol 1 % α-Tocotrienol 15-30 % β-Tocotrienol 1-5 % γ-Tocotrienol 1 % δ-Tocotrienol 1 %

(31)

ergeben: 1:1,36 (PONGRACZ et al. 1995). Auch FUHRMANN et al. (1994) konnten die höhere Wirksamkeit des RRR-α-Tocopherols im Vergleich zu dem synthetisch hergestellten all-rac-α-Tocopherolacetats durch Versuche bestätigen. Bei einem Versuch, der die biologische Aktivität des all-rac-α-Tocopherolacetats mit der des RRR-α-Tocopherolacetats nach oraler Aufnahme beim Menschen verglich, konnten BURTON et al. (1998) feststellen, dass das natürliche Vitamin E fast zweimal so hohe Aktivität zeigt wie die synthetische Form.

In der Abbildung 3 ist die Struktur der Grundform und der verschiedenen Verbindungen dargestellt. Den verschiedenen Verbindungen ist das 2- Methylchroman-6-ol gemeinsam, welches je nach Vitamer (α, β, γ, δ) eine unterschiedliche Stellung und Anzahl von Methylgruppen (R1, R2, R3) am aromatischen Ring zeigt. Am C-2 des Ringes ist eine isoprenoide C16-Seitenkette mit Methylgruppen in den Positionen C4’, C8’ und C12’, welche bei den Tocopherolen gesättigt ist und bei den Tocotrienolen drei Doppelbindungen aufweist (DESHPANDE et al.1996).

Abb. 3: Struktur der Tocopherole und Tocotrienole (TERNES 1994)

(32)

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie der US National Research Council (NRC) verwenden zur Standardisierung den Begriff „D-α-Tocopherol- Äquivalent“ (TÄ). Dabei wird die Aktivität eines Derivates in RRR-α-Tocopherol- Äquivalenten (1mg RRR-α-Tocopherol = 1 α TÄ) angegeben:

⇒ 1 mg RRR-α-Tocopherol = 1,00 RRR-α-Tocopherol-Äquivalent = 1,49 IU

⇒ 1 mg all-rac-α-Tocopherol-Acetat (DL-α-Tocopherolacetat) = 0,67 α TÄ = 1,00 IU

Da Tocopherolmoleküle drei Chiralitätszentren besitzen (C2, C4 und C8), werden folgende acht Stereoisomere unterschieden: RRR-, RRS-, RSS-, SSS-, RSR-, SRS-, SRR-, SSR-α-Tocopherol.

Das RRR-α-Tocopherol ist das natürlich vorkommende Isomer des α-Tocopherols.

Das vollsynthetische α-Tocopherol (all-rac-α-Tocopherol) ist ein Gemisch aus den acht Stereoisomeren (WEISER et al. 1996) und wird durch säurekatalysierte Kondensation von 2,3,6-Trimethylhydrochinon mit synthetischem all-rac-Isophytol erhalten. Die α-Tocopherol-Ester sind Acetat und Succinat (v. BRUCHHAUSEN et al.

1994).

2.3.1.1 Vorkommen

Die Vitamin E-Versorgung von Mastschweinen kann durch Fütterung von Grüngetreide und Grünfutter gedeckt werden. Dagegen ist der Gehalt an Vitamin E im Auswuchsgetreide, in Mais und Extraktionsschrot ungenügend (BLUM 2002). Man findet natürliches α-Tocopherol in vielen Ölpflanzen, so dass Sojaöl mit einem

α-Tocopherol-Gehalt von ca. 18 mg/100 g für die Vitamin E-Ergänzung im Futter gut geeignet ist (BELITZ u. GROSCH 1992). Von den verschiedenen Getreidesorten beinhaltet Weizen mehr Vitamin E im Korn und Keimling als Gerste und Hafer. Einen großen Einfluss auf den Vitamingehalt beim Getreide haben das Anbaugebiet, die Verarbeitung und die Lagerung. Untersuchungen haben gezeigt, dass nach einer 63tägigen Lagerung bis zu 90 % des Vitamin E-Gehaltes verloren ging, wobei Feuchtigkeit eine nicht unwesentliche Rolle spielt (ELMADFA u. BOSSE 1985). Das

(33)

im Futter vorkommende α-Tocopherol stellt einen natürlichen Schutz der futtereigenen Lipide dar.

2.3.1.2 Versorgungsempfehlung (Schwein und Mensch)

Vitamine sind für den Organismus essentielle organische Nährstoffe, welche von ihm nicht selbst synthetisiert werden können und deshalb exogen zugeführt werden müssen (SCHWEDT 1999). Ursächlich hierfür ist der fehlende Shikimatweg im tierischen Stoffwechsel, über den Pflanzen aromatische Aminosäuren, wie z. B. das Tyrosin, produzieren könne. Diese gebildeten Aminosäuren fließen in den Phenolstoffwechsel als Grundlage für aromatische Verbindungen, wie die Tocopherole, ein (ELMADFA u. WAGNER 1997).

Der notwendige Vitamin E-Gehalt in der Nahrung richtet sich nach der Zusammensetzung des Futters. So haben verschiedene Untersuchungen eine Interaktion zwischen der Höhe an zugeführten mehrfach ungesättigten Fettsäuren und dem supplementierten Vitamin E gefunden (HÖGBERG et al. 2003; LOPEZ- BOTE et al. 2003). Zudem haben Versuche gezeigt, dass das Geschlecht und Prooxidantien im Futter die notwendige Vitamin E-Zufuhr mitbestimmen (LAURIDSEN et al. 2000; HÖGBERG et al. 2003). Für die Bedarfsdeckung an Vitamin E bei Mastschweinen muss auch beachtet werden, dass der Selenbedarf gedeckt wird. Das Selen stellt einen Bestandteil der Glutathionperoxidase dar, welche im Zytosol von Zellen entstandenes H2O2 zu H2O reduziert (PROKOPYUK et al. 2001). Mit dieser Fähigkeit unterstützt die Glutathionperoxidase das Vitamin E bei der Reduzierung von Peroxy-Radikalen (MACHLIN 1991). Die Menge an Selen sollte 0,15 mg/kg Futter betragen (BLUM 2002). Die Tabelle 3 gibt die Versorgungsempfehlungen für Vitamin E sowie die nach NRC (1987) mitgeteilte tolerierbare Höchstmenge (Niveau unterhalb Hypervitaminose) für Tiere in der Mastperiode wieder.

(34)

Tab. 3: Empfehlungen zur Vitamin E-Versorgung von Mastschweinen (50-120 kg LM) nach verschiedenen Quellen sowie tolerierbare Menge (je Tier und Tag)

(mod. nach FLACHOWSKY 2001)

NRC1) (1998) GEH (1987) AWT (2001) Zusätze Tolerierbare Dosis NRC (1987)

Vitamin

E (mg) 11 11 40-60

(150-120)2) ≈ 1.000

1) Futteraufnahme: 100g/Tag

2) für Fleischqualität

NRC: Nutrient Requirements Council

GEH: Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere AWT: Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung

Trotz der Empfehlung der NRC für die höchste tolerierbare Dosis sind in der Literatur keine Angaben über Hypervitaminosen beim Schwein zu finden. In dem Versuch von McCARTHY et al. (2001a) entwickelte sich trotz 10wöchiger Zufuhr einer Vitamin E- Zulage von 1000 mg/kg Futter keine Hypervitaminose. In der Anlage 3 der FMV (Futtermittelverordnung) findet man für α-Tocopherol sowohl unter dem Stichwort Antioxidantien, als auch unter Vitamine allgemein keine Einschränkung hinsichtlich der verabreichbaren Menge (Futtermittelrecht 2003).

Für den Menschen wurde 1989 in den USA als RDA (Recommended Dietary Allowance) für Kinder der Vitamin E-Bedarf auf 6 - 7 mg/Tag und für Erwachsene auf 8-12 mg/Tag festgesetzt (MC DOWELL 2000). Die DGE empfiehlt für Kinder je nach Alter 5 - 14 mg/Tag und für Erwachsene 11 - 15 mg/Tag (DGE 2000). Extrem hohe Dosen an Vitamin E können mit der Absorption anderer fettlöslicher Vitamine interferieren. Sporadisch wurde bei Erwachsenen mit Antikoagulationsbehandlung oder Vitamin E-K-Mangel durch Malabsorption ein Anti-Vitamin-K-Effekt beobachtet (BÄSSLER et al. 1992). In einem anderen Artikel wird für verschiedene Spezies eine LD50 von 2 g/kg angegeben und ungünstige Effekte sind bei 1 g/kg, was beim

(35)

Menschen 200 - 500 mg/kg entspricht, zu beobachten. Ein Versuch beim Menschen mit bis zu 3200 mg/Tag zeigte nur schwache gesundheitsbeeinträchtigende Wirkungen, z. B. eine Verlängerung der Prothrombin-Zeit, Abfall der Thyreoid- Hormone und negative Einflüsse auf das Immunsystem (HENRY 2002).

2.3.1.3 Absorption und Transport

Da α-Tocopherol häufig in der stabileren Acetatform über das Futter zugeführt wird und dieses nicht in dieser Form durch die intestinale Mucosa absorbiert wird, muss es vorher durch Pankreas-Enzyme unter Beteiligung von Gallensalzen hydrolytisch gespalten werden (COHN 1993). Im Chymus entsteht ein Lipase-Colipase-Komplex an gemischten Micellen, der die Fähigkeit besitzt, an der Öl-Wasser-Grenzfläche zu binden, wo die Esterbindung des α-Tocopherolacetates gespalten wird (REHNER u.

DANIEL 1999). Das fettlösliche Vitamin E wird im Dünndarm mittels Einschluss in gemischten Micellen gemeinsam mit Cholesterol, Fettsäuren und Monoacyl- glycerinen absorbiert (KREIMEIER u. SCHMIDT 1998). Mittelkettige Triglyzeride steigern die Absorption, wogegen mehrfach ungesättigte Fettsäuren hemmend wirken (McDOWELL 2000). Die resorbierten Lipidkomponenten und α-Tocopherol werden in Chylomikronen verpackt und in anliegende Lymphgefäße ausgeschleust (REHNER u. DANIEL 1999). In der Blutbahn werden die Chylomikronen abgebaut und das α-Tocopherol wird genauso wie die freien Fettsäuren an die Lipoprotein- Lipase gebunden. Die Lipoprotein-Lipase gibt das α-Tocopherol an das HDL (high density lipoprotein) ab, welches das α-Tocopherol wieder zu gleichen Teilen auf die übrigen Lipoproteine verteilt. In der Leber wird das α-Tocopherol in VLDL (very low density lipoprotein) eingebaut, welches das Molekül wieder auch auf andere Lipoproteine (low density lipoprotein - LDL, high density lipoprotein - HDL) verteilt (BURTON u. TRABER 1990). Der Einbau in die VLDL ist von dem α-Tocopherol- Transfer-Protein in der Leber (α-TTP) abhängig, welches nur das D-α-Tocopherol (RRR-α-Tocopherol) und auch sein 2R-Stereoisomer bindet (BRIGELIUS-FLOHÈ u.

TRABER 1999). Das α-Tocopherol-Transfer-Protein ist zusammen mit dem Tocopherol-Assoziierten-Protein für die endogene Anreicherung verantwortlich (SCHWEDHELM et al. 2003).

(36)

Bei einem Versuch mit Mäusen, welche aufgrund eines Gendefektes das α-Toco- pherol-Transfer-Protein nicht bilden können, konnte festgestellt werden, dass zugeführtes α-Tocopherol sich nur in der Leber anreichert und nicht in anderen Geweben (LEONARD et al. 2002). Für die Aufnahme der α-Tocopherol-tragenden- HDL ist der Scavenger-Rezeptor Klasse B Typ I verantwortlich, wobei dieser scheinbar nur die Aufnahme in die Galle und in verschiedene Organe, wie Ovarien, Hoden, Lunge und Gehirn, steuert. Die Konzentrationen in Leber, Milz, Niere oder Fett bleiben davon unberührt (MARDONES et al. 2002). Ein Versuch mit gendefekten Kaninchen zeigte, dass die Aufnahme von α-Tocopherol und LDL unabhängig voneinander und unabhängig von dem Vorhandensein eines Apolipoprotein-Rezeptors erfolgen kann (COHN et al. 1992). Mitunter wird auch die Durchblutung der verschiedenen Organe oder ihre Lipoproteinlipase-Aktivität für die unterschiedliche α-Tocopherolaufnahme verantwortlich gemacht (KARLSSON et al.

1993; BLATT et al. 2001). In einem Bericht von JENSEN et al. (1988) wurden die unterschiedlichen α-Tocopherolgehalte in den verschiedenen Muskeln mit der Höhe des Sauerstoff-Stoffwechsels dieser Muskeln begründet, da die oxidativen Muskeln eine höhere Anzahl an Mitochondrien besitzen und damit vermehrt α-Tocopherol in dieser Mitochondrienmembran eingelagert haben. Eine Untersuchung von ASGHAR et al. (1991) bestätigt die Vitamin E-Einlagerung auf der subzellulären Ebene in den Mitochondrien und auch in den Mikrosomen. Das α-Tocopherol wird in die Phospholipiddoppelschicht der Zellmembranen mit dem Chromanol zur Oberfläche der Membran zeigend, eingelagert, wo es sich in der Nähe zu den oxidationsempfindlichen mehrfach ungesättigten Fettsäuren der Phospholipide befindet, die es durch Radikalfang schützt (MACHLIN 1991; BUCKLEY et al. 1995;

McDOWELL et al. 1996). In einem Experiment von HOPPE et al. (1993) wurde die Beziehung zwischen dem Vitamin E-Gehalt im Plasma und Gewebe zu dem Vitamin E-Gehalt des Futters durch eine logarithmische Funktion beschrieben. Die Exkretion des α-Tocopherols erfolgt vor allem über die Galle und weniger als 1 % vom oral aufgenommenen Vitamin E wird über den Urin ausgeschieden (McDOWELL 2000).

(37)

2.3.1.4 Antioxidative Wirkung

Das α-Tocopherol ist bekanntlich das stärkste fettlösliche Antioxidans in Membranen mit verschiedenen Wirkungsbereichen. Zum einen fängt es freie Radikale, zum anderen reagiert es mit Stickoxid und führt zur Deaktivierung von Singulett- Sauerstoff (FRANKEL 1998). Es ist ein typisches Antioxidans in Form eines sterisch behinderten Phenoles, welches die Radikale schneller abfangen kann als die mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Zu diesem Zwecke (Abbildung 4) spaltet es ein Proton vom Ring ab, welches mit dem Radikal zu einem Hydroperoxid reagiert (I).

Bei dieser Reaktion entsteht ein so reaktionsträges α-Tocopheroxy-Radikal (II), dass die Kettenreaktion mit diesem nicht fortgesetzt werden kann. Das α-Tocopheroxy- Radikal reagiert stattdessen mit einem Peroxyl-Radikal, woraus nicht-radikalische und unreaktive Produkte (III) entstehen (BURTON u. TRABER 1990) oder es reagiert mit einem anderen α-Tocopheroxy-Radikal zu einem Nicht-Radikal (IV). Bei der Reaktion zweier α-Tocopheroxy-Radikale kann es auch zur Bildung eines Tocopherylchinons und zur Regeneration eines Radikals zum α-Tocopherol kommen. Das Tocopherylchinon kann auch aus einer Elektronenübertragung von einem Tocopheroxy-Radikal zu einem Phospholipidperoxy-Radikal entstehen, woraus ein Peroxyl-Anion und ein Tocopherol-Kation resultieren. Letzteres wandelt sich über die Stufe eines α-Hydroxytocopherones zu einem Tocopherylchinon umwandelt. Wenn die Lipidperoxidationsrate schnell abläuft, kann es zur Bildung eines Tocopheryl-Peroxyl-Produktes führen, was auch zum Tocopherylchinon werden kann (DECKER 2000). In der Literatur wird das α-Tocopherol auch als Quencher bezeichnet, was die Fähigkeit eines Antioxidationsmittels beschreibt, Energie von einem Singulett-Sauerstoff zu entziehen, so dass dieses in seinen Triplett-Zustand zurückfällt (EVANS 1997).

Um in vivo als Antioxidationsmittel effektiv zu sein, reagiert das Tocopheroxy-Radikal mit Ascorbinsäre (Abb. 4) oder anderen Reduktionsmitteln, wie Cystein oder Glutathion, wieder zur Ausgangssubstanz α-Tocopherol zurück (V) (FRANKEL 1998). Ascorbinsäure zählt zu den effektivsten Antioxidantien in extrazellulären Medien (SIES et al. 1992). Untersuchungen konnten eine synergistische Wirkung der beiden Vitamine belegen, da eine kombinierte Fütterung von α-Tocopherol und

(38)

Vitamin C zu höheren α-Tocopherolkonzentrationen führte, als bei alleiniger Vitamin E-Fütterung (EICHENBERGER et al. 2001).

Abb. 4: (nach TERNES 1994)

Mechanismus der antioxidativen Wirkung von α-Tocopherol (I) Reaktion mit einem Peroxylradikal zum Tocopheroxylradikal (II) mit einem weiteren Peroxylradikal zu einem stabilen Addukt (III) oder mit einem weiteren Tocopheroxylradikal zu einem Dimer (IV) oder Regeneration durch Ascorbinsäure (V)

(I)

Dimer (IV)

(III) (V)

(39)

Allerdings kann das α-Tocopherol auch je nach Konzentration prooxidativ wirken. So steigt bei hohen α-Tocopherolkonzentrationen, nachdem das Antioxidationsmittel als solches gewirkt hat, die Bildung an Hydroperoxiden wieder an (1). Dieser Anstieg wird durch die Bildung von sehr reaktiven p-Chinonalkylradikalen aus den Tocopheroxy-Radikalen verursacht (WALKE 1998).

(1) LOOH + A* LOO* + AH

2.4 Nitrit und Kochsalz

2.4.1 Nitrit

Das Pökelverfahren zur Haltbarmachung von Fleisch ist über die Jahrhunderte vom Prinzip gleich geblieben. Fleisch oder Brät (feinst zerkleinertes Fleisch) wird mit Salz, welches einen Zusatz von Nitrit enthält, versetzt (THIEMIG et al. 2000). Allerdings birgt der Gebrauch von Nitrit in Lebensmitteln die Gefahr der Bildung von kanzerogenen Nitrosaminen in sich. Daher besteht ein großes Interesse seitens der Verbraucher und damit auch der Lebensmittelwissenschaftler, die für den jeweiligen Effekt minimal notwendigen Dosen zu ermitteln (DINEEN et al. 2000; HEATON et al.

2000; THIEMIG et al. 2000). Gemäß der ZUSATZSTOFF-ZULASSUNGS- VERORDNUNG (ZZulVO 1998) darf Kalium- bzw. Natrium-Nitrit nur als Komponente einer Mischung mit Kochsalz (NPS) verwendet werden. Das Nitrit wird dabei unter den Zusatzstoffen aufgeführt, die nur in bestimmten Lebensmitteln zugelassen sind und zudem einer Begrenzung der Zusatzmenge unterliegen. Der Richtwert für den Natriumnitrit-Zusatz in nichthitzebehandelten, gepökelten und getrockneten Fleischerzeugnissen liegt bei 150 mg/kg Natriumnitrit. Die Höchstmenge für solche Fleischerzeugnisse zum Zeitpunkt der Abgabe liegt bei 50 mg/kg (SINELL 2004).

Das Nitrit übernimmt im Fleischerzeugnis mehrere Aufgaben. Es sorgt für die Umrötung, für den Pökelgeschmack und hat zudem eine antimikrobielle und eine antioxidative Wirkung (WIRTH 1991). Diese vier Effekte sind abhängig von der

(40)

zugesetzten Menge an Nitrit. Für das Pökelrot, welches durch die Reaktion des Nitrits mit dem Myoglobin/Metmyoglobin zu Nitrosomyoglobin/Nitrosometmyoglobin entsteht, müssen 30 - 50 ppm freies Nitrit im Erzeugnis vorhanden sein. Das Pökelaroma, entstanden aus der Reaktion verschiedener Inhaltsstoffe mit dem Nitrit, kann mit 20 - 40 ppm Nitrit erreicht werden. Für eine Wachstumshemmung auf gesundheitsschädigende Bakterien werden 80 - 150 ppm Nitrit (KLETTNER u.

TROEGER 2000) benötigt.

Das Nitrit erwirkt bei Fleischerzeugnissen das charakteristische Pökelrot, indem es als Ligand an der sechsten Koordinationsstelle des Eisenatoms im Porphyrinring des Häms bindet. Um jedoch diese Bindung mit dem Myoglobin eingehen zu können, muss das Nitrit aus dem Pökelsalz zuerst zu Stickstoffmonoxid reduziert (Reduktionsmittel oder pH<6,4) werden (BELITZ u. GROSCH 1992). Das Stickstoffmonoxid besitzt ein ungepaartes Elektron, ist paramagnetisch und ein recht stabiles Radikal mit der Fähigkeit, sowohl als Oxidations- als auch Reduktionsmittel zu reagieren (KANNER et al. 1991a).

Der Autor LÜCKE (1999) gibt als notwendige Menge für eine antioxidative Wirkung 20 - 50 ppm Nitrit unter Ascorbat-Zusatz und unter sauerstoffarmem Arbeiten an. Die antioxidative Wirkung des Nitrits resultiert aus mehreren Reaktionen:

1. Nitrite reagieren mit den Fe2+-Ionen des Porphyrins und verhindern damit die Bildung von oxidationsfördenden Fe3+-Ionen,

2. Nitrite verbinden sich mit Lipiden und Phospholipiden der Zellmembran, was eine stabilisierende Wirkung hat und

3. die Bildung von Nitrit-Myoglobin/-Hämoglobin-Komplexen vermeidet die Frei- setzung von Eisenionen während der Erhitzung (IGENE et al. 1985; MORRISSEY u.

TICHIVANGANA 1985; GIACCONE et al.1991). Zudem hemmt Stickstoffmonoxid die Aktivität von Lipoxygenasen und Cyclooxygenasen, arbeitet als Elektronen-Donator und ist ein guter Fänger von freien Radikalen (KANNER et al. 1992; KANNER 1994).

Die Verbindung zwischen Nitrit und ungesättigten Fettsäuren der Phospholipide zu Nitro-Nitroso-Komplexen konnte durch Untersuchungen mit Infrarot-Spektrophoto- metrie bestätigt werden. Außerdem ist Nitrit in verschiedene Verbindungen involviert,

(41)

welche antioxidative Fähigkeiten besitzen, wie dem S-Nitrosocystein, (FREYBLER et al. 1993). Das Aldehyd Hexanal, häufig als Indikator stattgefundener Lipid- peroxidation genutzt, war in ungepökeltem Fleisch hundertfach konzentrierter als in gepökeltem Material (ARNETH 2001). Andere Autoren beschreiben das Nitrit als Katalysator von Lipidperoxidationen (DINEEN et al. 2000). Bei Versuchen in vitro konnte dieser prooxidative Effekt bei 25 mg/kg Nitrit beobachtet werden (MAC DONALD et al. 1980; MORRISSEY u. TICHIVANGANA 1985).

Das Nitrit ist nicht nur anti- oder prooxidativ in den Oxidationsprozessen eines Fleischerzeugnisses beteiligt, sondern kann auch in der gebundenen Form als Nitrosomyoglobin/Nitrosometmyoglobin das Biomolekül darstellen, welches oxidativer Veränderung unterliegt. Das Nitrosomyoglobin, welches die rote Farbe von ungekochten, gepökelten Fleischerzeugnissen bewirkt, ist eine lichtempfindliche Verbindung. Unter Lichteinfluss kommt es zur schnellen Dissoziation und das freie NO reagiert mit Sauerstoff (BEKBÖLET 1990). Wenn viel Sauerstoff vorliegt, dissoziiert NO auch vom Myoglobin und beide Bestandteile werden oxidiert. Das führt zu den Produkten NO2 und Metmyoglobin, welches, wie schon in einem anderen Abschnitt erwähnt, für die braune Farbbildung verantwortlich ist (BELITZ u.

GROSCH 1992).

2.4.2 Kochsalz

Das Kochsalz wird bei der Herstellung von Fleischerzeugnissen aus Geschmacksgründen zugesetzt und stellt zudem eine Hürde gegen mikrobielle Besiedlung und Vermehrung dar. Die Zutat Salz (NaCl) hat eine prooxidative Wirkung, wobei der Mechanismus noch unklar ist (AGUIRREZÁBAL et al. 2000;

ROBBINS et al. 2003; ZANARDI et al. 2004). Dieser prooxidative Effekt ist bei einer Konzentration von 0,5 - 2,5% zu beobachten (HERNÁNDEZ et al. 2002). In einem Versuch konnte die pro-oxidative Wirkung von Salz bei einer Lagerung von Fleischproben unter fluoreszierendem Licht festgestellt werden (BUCKLEY et al.

1989, ANDERSEN u. SKIBSTED 1991). In der Arbeit von HERNÁNDEZ et al. (2002) wird eine negative Beeinflussung des Enzyms Gluthation-Peroxidase durch NaCl und

(42)

damit vermehrte Lipidoxidation dargestellt. Das Kochsalz hat außerdem eine indirekte prooxidative Wirkung durch das Vermögen, Eisenionen aus einer Bindung mit Makromolekülen zu verdrängen, welche ungebunden als Katalysatoren von Lipidperoxidationen fungieren können (KANNER et al. 1991b).

(43)

3. MATERIAL UND METHODEN

3.1 Versuchsdesign

Anhand der vorliegenden Arbeit sollte festgestellt werden, ob aus einer erhöhten α-Tocopherol-Zulage in der Endmast von Mastschweinen eine höhere Konzentration in dem Fleischerzeugnis Rohwurst resultiert, und ob dieses durch seine antioxidative Eigenschaft eine Verlängerung der Haltbarkeit bewirkt. Außerdem interessierte, inwieweit das Nitrit im NPS diesbezüglich interagiert. Zu diesem Zweck wurde eine praxisnahe Versuchsdurchführung gewählt. Dabei wurden aus zwei mit unterschiedlichen α-Tocopherol-Mengen im Futter am Ende der Mast versorgten Schweinegruppen Rohwürste hergestellt. Diese beinhalteten unterschiedliche Nitrit- konzentrationen im NPS, um die antioxidativ wirksamen Konzentration an Nitrit ermitteln zu können. Die Untersuchungen erfolgten anhand wöchentlich entnommener Proben während der Reifung und der Lagerung. Diese Proben wurden sensorisch, physikalisch, chemisch und biochemisch auf den Verlauf der Reifung bzw. der Haltbarkeit während der Lagerung untersucht.

3.1.1 Versuchstiere und Tierhaltung

Für den Versuch wurden vierzehn männliche, kastrierte Hybridmastschweine (Camborough 23 × Pietrain der PIC Deutschland GmbH) aus einem Mastbetrieb in Niedersachsen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 76,6 ± 5,9 kg (s. Anhang Tab.1) bezogen. Diese wurden im Zentralen Tierhaus der Tierärztlichen Hochschule Hannover in zwei etwa sechzehn Quadratmeter großen Buchten in jeweils Siebenergruppen (Kontrollgruppe (KG), Versuchsgruppe (VG)), gehalten. Ein Tier aus der VG wurde aus dem laufenden Versuch aufgrund einer hochgradigen, fieberhaften Klauenerkrankung zur Behandlung dauerhaft herausgenommen. Die Tiere erhielten in einer gruppengetrennten Flüssigfütterung 3 kg Futter täglich in zwei Tagesrationen aufgeteilt. Mehrere Nippelselbsttränken pro Bucht standen den Schweinen zur Verfügung.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Personen, die über einen ausländischen Hochschulabschluss verfügen, der in Deutschland anerkannt ist oder einem deutschen Abschluss vergleichbar ist, benötigen für die Aufnahme

The reaction was quenched with saturated NaHCO 3 and the mixture was extracted with ether and the combined organic phases were dried over Na 2 SO 4... The reaction mixture

Das Design der Modellverbindungen 84 wurde so gewählt, dass nach erfolgter Zyklisierung die chirale Hilfsgruppe durch katalytische Hydrierung leicht wieder entfernt, und nach

Um zu überprüfen, ob die Rekrutierung von Immunzellen und die damit verbundene Immunantwort nach Stimulation des Typ I Interferonsystems durch Poly(I:C) eine

Besonders wirksam zur Desinfektion ist der UV-C-Bereich mit einer Wellenlänge von 250 - 260

Fehlender materieller Erfolg, auch bedingt durch Krankheit oder Behinderung, ist sichtbares Zeichen für den Entzug göttlicher Gnade..

(2003) mussten feststellen, dass Rosmarin als Gewürz in einer Konzentration von 1 % zwar am ersten Tag nach der Herstellung einen Hemmeffekt auf das Wachstum von

Im Durchschnitt fanden sich auf 9 bis 25% der Mobiltele- fone eine Besiedelung mit potentiell pathogenen und zum Teil multiresisten- ten Keimen, unter anderem Acinetobacter