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Archiv "Ehevertrag: Ein Therapieversuch" (09.11.2007)

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A3126 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 45⏐⏐9. November 2007

W I R T S C H A F T

E

twa jede dritte Ehe wird ge- schieden. Die Gründe für das Scheitern einer Beziehung sind viel- schichtig und können statistisch nicht ermittelt werden. Dennoch dürfte die Scheidungsrate der Ärzte- schaft über dem statistischen Durch- schnitt liegen. Bereitschaftsdienste, Überstunden, hohe Verantwortung unter dem Einfluss der immer schlechter werdenden „Drehbücher“

der Gesundheitspolitik bilden die Grundlage für extreme Arbeitsbedin- gungen. Die außergewöhnlichen Be- lastungen des Arztberufes zwingen häufig dazu, persönliche und fami- liäre Belange warten zu lassen.

Kommt es zu einer Trennung oder Ehescheidung, empfinden die Betei- ligten dieses als eine Art persönlichen

„Lebenskonkurs“. Die Entscheidung der Eheleute, fortan getrennte Wege zu gehen, führt zu einer Auseinander- setzung des gemeinsam erwirtschaf- teten Vermögens. Unterhaltszahlun- gen und weitere gegenseitige An- sprüche sind zu prüfen. Haben die Eheleute keine vertraglichen Verein- barungen getroffen, finden die ge-

setzlichen Vorschriften Anwendung.

Dies kann für die Ärztin/den Arzt zu überraschenden und problematischen Ergebnissen führen.

Der eheliche Güterstand – Rechtslage ohne Ehevertrag

Haben die Eheleute keine vertragli- che Regelung getroffen, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zu- gewinngemeinschaft. Der Begriff ist verwirrend, denn „Gemein- schaft“ bedeutet nicht, dass die während der Ehezeit erworbenen Gegenstände automatisch gemein- schaftliches Vermögen werden.

Auch für Schulden, die nur ein Ehe- partner eingeht, haftet der andere Ehegatte nicht kraft Eheschließung mit. Zugewinngemeinschaft bedeu- tet, dass bei Beendigung des Güter- standes (zum Beispiel durch Ehe- scheidung) der während der Ehe er- wirtschaftete Zugewinn gemäß den gesetzlichen Vorschriften auszu- gleichen ist. Zu diesem Zweck wer- den das Anfangsvermögen (= Ver- mögen zum Zeitpunkt der Ehe- schließung) sowie das Endvermö-

gen (= Vermögen am Stichtag, das heißt förmliche Zustellung des Ehe- scheidungsantrags an den Antrags- gegner) eines jeden Ehegatten er- mittelt und einander gegenüberge- stellt. Derjenige Ehegatte, der den höheren Zugewinn erwirtschaftet hat, ist dem anderen Ehegatten in Höhe der Hälfte der überschießen- den Differenz ausgleichspflichtig.

Bei einem niedergelassenen Arzt fällt auch der Wert seiner Praxis in die Zugewinnausgleichsbilanz. Be- steht zwischen den Eheleuten keine Einigkeit über den Praxiswert, wird ein Gutachter mit der Wertermittlung beauftragt. Eine „richtige“ Bewer- tungsmethode ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Rechtsprechung hat unterschiedliche Methoden ak- zeptiert (Stichwort: Substanzwert- verfahren/Goodwill, Ärztekammer- methode, Ertragswertverfahren). Es liegt auf der Hand, dass hohe Aus- gleichsforderungen die Existenz der Praxis bedrohen können. Neben der Zugewinnausgleichsforderung fallen erhebliche Kosten für Gutachter so- wie Rechtsanwälte und bei streitiger Auseinandersetzung für das Gericht an. Der gesetzliche Güterstand ist für den niedergelassenen Arzt mit eige- ner Praxis oder in einer Gemein- schaftspraxis nicht zu empfehlen.

Anders stellt sich die Situation des angestellten Krankenhausarztes und des Chefarztes dar. Hier gibt es keine Unternehmensbeteiligungen, die im Zugewinn auszugleichen wären. Die Chefarztambulanz stellt keine ver- äußer- und bewertbare Praxis dar.

Die vom Chefarzt genutzte Ausstat- tung steht regelmäßig im Eigentum des Krankenhausträgers. Der Chef- arzt hat keine Klinikanteile und seine Tätigkeit keinen Fortführungswert.

Die Ermächtigung des Chefarztes zur Teilnahme an der vertragsärztli- chen Versorgung stellt keine Chance für den Nachfolger dar, gesetzlich Versicherte zu behandeln.

Hoffnung auf Änderung der Rechtsprechung

Am 8. Februar 2006 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Olden- burg zum Zugewinn: Das Vermögen eines Tierarztes (konkret: der „An- teil des Antragsgegners an der tierärztlichen Praxis einschließlich

EHEVERTRAG

Ein Therapieversuch

Das Ende einer Beziehung – eine schmerzhafte Erfahrung?

Foto:KEYSTONE

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 45⏐⏐9. November 2007 A3127

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Goodwill“) sei kein im Zugewinn auszugleichendes Vermögen, wenn daraus auch Unterhalt zu leisten ist.

Das OLG bezieht sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichts- hofes (BGH) vom 11. Dezember 2002, in welcher der BGH feststell- te, dass die doppelte Teilhabe eines Unterhaltsberechtigten an einer Ver- mögensposition – nämlich vorab im Zugewinn durch den Vermögens- wert der Beteiligung und nochmals im Unterhalt als Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu berück- sichtigender Gewinnanteil – nicht stattfindet. In Konsequenz dieser Rechtsprechung vertritt das OLG Oldenburg die Auffassung, dass bei Selbstständigen die Unternehmens- bewertung entfallen muss, wenn nicht die Parteien die Herausnahme der Einnahmen aus dem Betrieb für die Unterhaltsberechnung vereinba- ren. Die Entscheidung des OLG Ol- denburg wird kontrovers diskutiert.

Im Rahmen der Privatautonomie können Eheleute von den gesetzli- chen Vorschriften abweichende Ver- einbarungen treffen. Dabei kann ein Ehevertrag nicht nur vor Ehe- schließung vereinbart werden, son- dern auch noch während der Ehe.

Wie kann der Arzt sich durch Ehevertrag absichern?

Die Eheleute können vertraglich zum Beispiel den Güterstand der Güter- trennung vereinbaren. Konsequenz:

Ein Zugewinnausgleich findet nicht statt. Nicht nur eine Arztpraxis, son- dern auch andere Vermögenswerte (beispielsweise Sparguthaben, Im- mobilien) werden nicht ausgegli- chen. Nachteil: Bei der Zugewinnge- meinschaft erhöht sich der gesetzli- che Erbteil des überlebenden Ehegat- ten pauschal um ein Viertel, bei der Gütertrennung nicht. Auch verliert der überlebende Ehegatte den steuer- lichen Zugewinnausgleichsfreibetrag nach § 5 Erbschaftsteuer- und Schen- kungsteuergesetz. Die Vereinbarung einer Gütertrennung ist nicht immer interessengerecht.

Die Vertragsfreiheit erlaubt den Eheleuten auch, es bei dem Güter- stand der Zugewinngemeinschaft zu belassen und diesen zu modifizie- ren (modifizierte Zugewinngemein- schaft). Sie können vereinbaren, dass

der Zugewinnausgleich nur für den Fall der Ehescheidung auszu- schließen sei. Für den Fall der Auflö- sung der Ehe durch Tod eines Ehegat- ten kann es bei der gesetzlichen Re- gelung bleiben. In diesem Fall bleibt die Erhöhung des gesetzlichen Erb- teils für den überlebenden Ehegatten erhalten. Auch können der Zugewinn- ausgleich auf gegenständlich abge- grenzte Vermögensteile beschränkt und bestimmte Vermögenswerte – wie die Arztpraxis oder die Wert- steigerung einer ererbten Immobilie – aus dem Zugewinn ausgeschlossen werden. Die Gestaltungsmöglichkei- ten sind vielseitig. Die Vorteile ver- traglicher Vereinbarungen liegen in der Existenzsicherung eines Unter- nehmens, der Streitvermeidung bei Trennung und Scheidung sowie Kos- tenersparnis gegenüber einer streiti- gen Auseinandersetzung.

Das Ende der

„Lebensstandardgarantie“

Zum 1. Juli 2007 sollte die neue Unterhaltsreform in Kraft treten. Die Reform wurde nach einer Entschei- dung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2007, die Teile der Reform betraf, verschoben. Neben anderen Änderungen soll ein Unter- haltsanspruch befristet oder begrenzt werden können – eine „Lebensstan- dardgarantie“ gibt es nicht mehr. Die Ehefrau mit geringem Einkommen etwa, die einen Chefarzt mit hohem Einkommen heiratet, trifft nach Scheidung der Ehe eine höhere Ei- genverantwortung (besonders wenn ehebedingte Nachteile nicht beste- hen). Der „Aufstockungsunterhalt“

soll aber nicht (mehr) zu einer le- benslangen „Unterhaltsknechtschaft“

führen, sondern ehebedingte Nach- teile ausgleichen und nicht auf un- bestimmte Zeit den Lebensstandard des unterhaltsberechtigten Ehegatten garantieren.

Wollen die Eheleute die Unter- haltsproblematik nicht dem Urteil des Familienrichters aussetzen, son- dern über eine Unterhaltsbegren- zung der Höhe nach, eine zeitliche Begrenzung oder gar einen Unter- haltsverzicht selbst entscheiden, können vertragliche Vereinbarun- gen zum nachehelichen Unterhalt getroffen werden.

Einseitige Belastung – Grenzen der Vertragsfreiheit

Vorsicht ist geboten bei einem Ehe- vertrag, der einen Ehepartner unter Ausnutzung einer Notlage einseitig belastet. Die schwangere Kranken- schwester, die einen erfolgreichen Arzt heiratet unter der Bedingung, in einem Ehevertrag „auf alles zu verzichten“, ist geschützt. Ein sol- cher Vertrag wäre unwirksam. Es lä- ge eine strukturelle Unterlegenheit und einseitige Lastenverteilung vor.

Grundlage dieser Sichtweise ist ei- ne Entscheidung des Bundesverfas- sungsgerichts vom 6. Februar 2001.

Bis zu dieser Entscheidung galt ein Ehevertrag als sichere Methode, sich vor unliebsamen Scheidungsfolgen zu schützen. Nunmehr darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, den Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Ver- einbarungen beliebig zu unterlaufen.

Dies wäre der Fall, wenn eine evident einseitige und nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die unzu- mutbar erscheint. Das Gericht hat im Rahmen einer „Wirksamkeitskon- trolle“ zu prüfen, ob die Vereinbarung schon zum Zeitpunkt ihres Zustande- kommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung vollständig zu versagen ist. Hat die ehevertragliche Regelung danach Be- stand, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und inwieweit ein Ehegat- te die ihm durch den Vertrag einge- räumte Rechtsmacht missbraucht („Ausübungskontrolle“).

Es bleibt den Eheleuten nach wie vor freigestellt, Regelungen etwa zum Zugewinn und Unterhalt zu vereinbaren. Der Globalverzicht (auf Unterhalt, Zugewinn, Versor- gungsausgleich) kann allerdings problematisch sein.

Eine vertragliche Regelung ist immer dann zu empfehlen, wenn die bestehenden gesetzlichen Regelun- gen zu nicht gewünschten Ergebnis- sen führen. Anders ausgedrückt:

Bessere Heilungschancen bei recht- zeitiger Prävention. I Corinna Langwara E-Mail: ra@langwara.de

Referenzen

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