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Archiv "Viele Ursachen nicht bekannt" (10.02.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 6

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10. Februar 2012 109

M E D I Z I N

DISKUSSION

Viele Ursachen nicht bekannt

Bei chronischen funktionellen Bauchschmerzen im Kin- des- und Jugendalter sei „keine organische Ursache Hin- tergrund der Beschwerden“, heißt es im Artikel. Wie auch hier findet in der gesamten medizinischen Literatur eine Trennung zwischen „organisch“ und „funktionell“ („nicht organisch“) statt. Bei funktionellen Störungen handelt es sich jedoch um Krankheitsbilder, deren Ätiologie und Pa- thogenese nicht im Geringsten verstanden sind und für die kausale Therapieansätze bis heute fehlen. Die Vorstellung, dass alle Beschwerdebilder, die mit den heutigen Metho- den nicht nachgewiesen werden können, per se nicht orga- nisch sind, ist sicher falsch. Die absehbare Folge dieser ärztlichen Haltung ist: Patienten, die nicht organisch krank sind, werden zwangsläufig als psychisch oder zumindest psychosomatisch krank wahrgenommen. Da verwundert es nicht, dass sich Patienten als eingebildete Kranke füh- len, „obwohl . . . (sie) körperlich gesund sind“ (1).

Es ist längst überfällig, die veraltete Trennung zwi- schen „organisch“ und „funktionell“ („nicht organisch“) aufzuheben. Stattdessen muss auch bei funktionellen Stö- rungen zwischen „organisch“ und „nicht organisch“ un- terschieden werden. Dies ist zwar diagnostisch mitunter schwierig, angesichts der bestehenden Unklarheiten aber zwingend notwendig, damit Patienten mit funktionellen Störungen nicht bewusst oder unbewusst als primär psy- chisch oder psychosomatisch Kranke behandelt werden.

Weiterhin muss in das Bewusstsein dringen, dass viele organische Ursachen für funktionelle Bauchschmerzen heutzutage noch nicht bekannt sind. Erste Hinweise bieten hier die Erkenntnisse zum Reizdarmsyndrom, dessen Symptome nachweislich chronisch infektiös, postinfekti- ös oder dysbiotisch bedingt sein können (2). Es bleibt zu hoffen, dass der Erkenntnisgewinn in den nächsten Jahren deutlich zunimmt. Bis dahin bleibt als Therapie der Wahl tatsächlich nur, was in dem ansonsten durchaus gut ver- fassten Artikel auch angesprochen wurde: die bestmögli- che Ablenkung von den Beschwerden.

DOI: 10.3238/arztebl.2012.0109a LITERATUR

1. Bufler Ph, Groß M, Uhlig HH: Recurrent abdominal pain in childhood.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(17): 295–304.

2. Layer P, et al.: S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysio- logie, Diagnostik und Therapie. Z Gastroenterol 2011; 49: 237–93.

Dr. med. Christoph Namislo Teublitz, namislo@gmx.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Magnesiummangel abklären

Weil die Existenz polymorpher funktioneller Syndrome das eigentliche klinische Korrelat eines Magnesium- (Mg)-Mangel-Syndroms („magnesium deficieny“, MD) ist, gilt es geradezu als „Modellkrankheit“ für funktionelle Störungen (FS) – früher als „Spasmophilie“ (Frankreich),

„neuronales Hyperexzitabilitätssyndrom“ (Italien) bezie- hungsweise „chronisches tetanisches Syndrom“ (deut- scher Sprachraum) bezeichnet. Gegenüber zerebralen (ZNS, VNS, Psyche), kardio-vaskulären und muskulär-te- tanischen Formen eines MD dominiert altersabhängig bei Kindern die abdominell-viszerale und bleibt unbeachtet in der Arbeit von Bufler, et al. (1).

Die Rom-III-Klassifikation subgruppiert sie unter H-Störungen (1), (eTabelle 1). Als „funktionelles abdomi- nelles Syndrom/FAS“ (nach Heinisch) manifestieren sich solche in 46 % bei Kindern mit verschiedenen FS (2). Ein positiver von-Bonsdorff-Test in 69 % unterscheidet diese Kinder nicht signifikant gegenüber echten Hyperventilati- ons-Tetanie-Patienten (2), für die ein MD gut dokumen- tiert ist (3). Die Effektivität einer Mg-Therapie von > 90 % betrifft bei Letzteren nicht nur die Anfallssymptomatik, sondern auch das häufig assoziierte FAS, wie auch Kinder mit FAS von einer Mg-Therapie profitieren (4).

Da die Rom-III-Kriterien den Begriff „funktionell“ nur zulassen, wenn Schmerzen unter anderem „… nicht durch

… biochemische Erkrankungen erklärt werden können“

( 1 ), steht das Kriterium „kein Anhalt für … metabolische

… Prozesse“ (Subgruppen H1a, H2a–H2d ) der Zuord- nung „isomorpher“ Symptome eines FAS bei MD zu den Rom-III-H-Klassen exklusiv entgegen; sie sind trotzdem sehr wohl funktionelle Störungen. Um sie abzuklären, ist die unerwähnte Diagnostik eines MD erforderlich, um sie zu behandeln, eine ausreichende Mg-Therapie. Kognitiv- verhaltenstherapeutische Maßnahmen als alleinige Thera- pieoption zu verinnerlichen sollte darum kein Lernziel sein. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0109b

LITERATUR

1. Bufler Ph, Groß M, Uhlig HH: Recurrent abdominal pain in childhood.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(17): 295–304.

2. Ratzmann GW, Lühder H: Gesteigerte tetanische Erregbarkeit bei Kin- dern mit funktionellen (psychosomatischen) Störungen. Kinderärztl Prax 1988; 56: 487–94.

3. Ratzmann GW, Ratzmann L: Parameters of magnesium metabolism in children and adolescents with hyperventilation syndrome (abstr.).

Magnesium-Bull 1999; 21: 26.

4. Ratzmann GW, Lühder H, Berg A, Ratzmann M, Gehler W:

Magnesium-Therapie: Ein wirksames Prinzip zur Reduktion psycho- reaktiver, neurose-äquivalenter Symptome bei Kindern. In: Anke M, Brückner C, Gürtler H, Grün M (eds.): Mengen- und Spurenelemente.

Leipzig. Karl-Marx-Universität 1988, 8/Teil 2: 278-82.

Dr. med. Gerd W. Ratzmann Neuenkirchen

g_ratzmann@t-online.de

Interessenkonflikt

Der Autor erhielt Reisekostenerstattungen von der Firma Lilly Deutschland GmbH.

zu dem Beitrag

Chronische Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen

von PD Dr. med. Philip Bufler, Dipl.-Psych. Martina Groß, PD Dr. med. Holm H. Uhlig in Heft 17/2011

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