Philipps-Universität Marburg Fachbereich Chemie Sommersemester 2005
Seminar Übung im Experimentalvortrag
Rund ums Waschen
Experimentalvortrag vom 01.06.05
Kristina Fischer Gisselbergerstraße 2
35037 Marburg
Studienfächer: Mathematik/Chemie Fachsemester: 8
Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
0. Inhaltsverzeichnis
0. Inhaltsverzeichnis 2
1. Geschichte des Waschens 3 - 9
Versuch 1: Herstellung von Seife 6 - 9
2. Moderne Waschmittel 10 - 35
2.1 Tenside
Demonstration 1: Tenside in wässriger Lösung 11 -12 Demonstration 2: Erniedrigung der Grenzflächenspannung 12 -13
Versuch 2: Herstellung von Dodecylsulfat 15 -17
Versuch 3: Nachweis von anionischen und kationischen Tensiden 17 -19
2.2 Bleichmittel 20 -23
Versuch 4: Nachweis der Bleichwirkung 20 -23
2.3 Enzyme 23 -31
Versuch 5: Nachweis der Proteasewirkung mittels Gelatine 26 -29 Demonstration 3: Wirkungsweise von Cellulase in Waschmitteln 30 - 31
2.4 Gerüststoffe 32 - 33
2.5 Optische Aufheller 34 - 35
Demonstration 4: Optische Aufheller 34 - 35
3. Der Waschvorgang 36 - 38
Versuch 6: Schmutzablösende Wirkung von Tensiden 36 - 38
4. Schulrelevanz 39
5. Literatur 40 - 41
1. Geschichte des Waschens
Das erste von der Menschheit genutzte Waschmittel war das Wasser. Durch Erhitzen des Wassers konnte seine Reinigungswirkung verbessert werden. Allerdings bringt Wasser einige Nachteile mit sich, die seine Waschwirksamkeit behindern. Zum einen ist seine Waschwirksamkeit gegenüber fettigen und öligen Verschmutzungen (Wasser ist eine polarer Verbindung, Öle und Fette hingegen sind unpolare Verbindungen) nicht besonders gut und zum anderen hat Wasser eine extrem hohe Oberflächenspannung, hierdurch perlt Wasser zu schnell von der zu reinigenden Substanz ab.
Ein wesentlich besseres Mittel zum Reinigen, ist die Seife. Seifen sind die Salze höherer Fettsäuren mit Kohlenstoffketten von ca. 10 bis 20 Kohlenstoffatomen.
Die Seife wurde wahrscheinlich von den Sumerern entdeckt. Archäologische Funde belegen, dass die Sumerer schon ca. 2500 v. Chr. Seife herstellten. In Tello (Mesopotamien) fand man eine sumerische Tonschiefertafel mit einem Seifenrezept.
Auf der Tafel ist zu lesen, dass ein Liter Öl mit der fünfeinhalbfachen Portion Pottasche zu vermischen und zu kochen sei.
Pottasche ist Kaliumcarbonat.
Es wurde aus der Asche von Pflanzen, die reich an kohlesaurem Kalium sind, wie z.B. Dattelpalmen gewonnen.
Die Sumerer nutzten die Seife zum
Reinigen ihrer Körper und zum Reinigen der Wäsche. Desweiteren wurde bei ihnen die Seife zu medizinischen Zwecken verwendet.
Die Befunde über die Sumerer sind sehr bedeutungsvoll, da hier zum einen das ersten Mal von einer gezielt vom Menschen durchgeführten chemischen Reaktion berichtet wird und zum anderen der erste Hinweis für den Gebrauch der Seife als Reinigungsmittel für Textilien erbracht wird.
Auch den Ägypter war die Seife bekannt. Funde von ägyptische Seifenrezepten lassen sich auf ca. 600 v. Chr. datieren. Die Ägypter erkannten neben der Pottasche zusätzlich Soda als waschwirksame Substanz. Soda ist Natriumcarbonat und findet
Abb. 1: Tonschiefertafel mit Seifenrezept
sich in ausgetrockneten Salzseen und Bodenkrusten. Desweiteren kann es durch die Verbrennung von kochsalzhaltigen Pflanzen gewonnen werden.
Die Waschwirksamkeit der Seife blieb den Ägyptern allerdings unbekannt. Sie nutzten die Seife als Haarpomade und als Medizin zur Behandlung von Hautkrankheiten. Viele der damaligen Hautkrankheiten wurden durch Mangel an Körperpflege hervorgerufen. Die Seifen wirkten daher durch die Reinigungswirkung wie eine Art Medizin.
Erst zu Beginn unserer Zeitrechnung finden sich wieder Belege über die Herstellung von Seife. So berichtet z.B. Plinius der Ältere (23 – 70 n. Chr.), dass Gallier und Germanen Seife aus Ziegentalg und weißer, gebrannter Asche herstellen. Die Gallier und Germanen nutzten die Seife nur als Haarpomade. Die von den Galliern und Germanen hergestellten Seifen waren ein begehrtes Handelsgut der Römer. Die Nutzung der Seife beschränkte sich bei den Römern ebenfalls ausschließlich auf kosmetische Zwecke.
Die Wäschereinigung der Römer und auch der Griechen erfolgte durch Kochen mit Aschelaugen. Die Römer reinigten ihre Wäsche auch mit verfaulendem Urin. Das hierbei freiwerdende Ammoniak unterstützte den Waschprozess.
Erst im 2. Jhd. n. Chr. weist der in Rom lebende griechische Arzt Galenus wieder auf die reinigende Wirkung der Seife hin; eine Tatsache, die seit der Zeit der Sumerer völlig in Vergessenheit geraten war.
Trotz dieser Erkenntnis setzte sich die Seife als Waschmittel in Rom nicht durch, da ihre Herstellung zum einen zu langwierig und zum anderen zu unvollständig war. Die Schwierigkeiten lagen darin begründet, dass die erforderliche Hydrolyse der Fette zur Freisetzung der Fettsäuren starke Alkalien benötigte oder nur durch langwieriges Kochen erzielt werden konnte. Zur Seifenherstellung standen aber nur kaliumhaltige und schwach alkalisch reagierende Salze zur Verfügung.
Gute Seifensieder waren die Araber, ihr Wissen gelangte im 12. Jhd. über Spanien
nach Europa. Durch Kaustifizieren (alkalisch machen) von Soda oder Pottasche mit
Ätzkalk (Calciumhydroxid) gelang es den Arabern die ersten festen Kaliseifen
herzustellen.
Im frühen Mittelalter entwickelte sich im Mittelmeerraum ein blühendes Seifensiederhandwerk. Im 14. Jhd. wurden in Deutschland die ersten Seifensiederzünfte gegründet.
Durch den Zusatz von Duftstoffen wurde die Toilettenseife aus der Taufe
gehoben. Sie wurde sehr an Europas Höfen geschätzt. Aber auch hier diente die Seife nicht der Hygiene und zum Reinigung der Wäsche oder von Fußböden, sondern sie diente
ausschließlich zur Kosmetik und als
Medizin. Ab dem Jahr 1525 wurde Toilettenseife auch zur Rasur der Männer benutzt.
Über die Jahrhunderte blieb die Seife, insbes. die Kernseife (Natronseife) für die meisten Menschen unerschwinglich.
Mit dem Beginn der Industrialisierung im 19. Jhd. setzte eine größere Nachfrage nach Seife ein. Die Seifensiederein kamen so mit der Produktion von Seife nicht mehr nach Desweiteren wurden Rohstoffe wie Talg und Asche (Pottasche/Soda) zusehends knapper.
Eine ausreichende Rohstoffversorgung konnte erst durch die großtechnischen Herstellungsverfahren von Soda (Leblanc-Verfahren & Solvay-Verfahren) und durch den Import von Fettrohrstoffen aus den Tropen gewährleistet werden. Somit konnte die industrielle Massenproduktion der Seife beginnen.
Die Seife wurde somit für viele Menschen erschwinglich und zum alleinigen Wasch- und Reinigungsmittel.
In den meisten Haushalten wurde die zum Reinigen verwendete Schmierseife (Kaliseife) selbst hergestellt. Sie war bis in das 20. Jhd. das wichtigste Wäschewaschmittel.
Bis zur Jahrhundertwende vom 19. und 20. Jhd. wurde meist mit Holzasche gewaschen. Dies geschah, indem man die Holzasche in Säckchen füllt und zusammen mit der Wäsche kochte. Die Schmutzablösung erfolgte mechanisch, durch das Schlagen der Wäsche oder durch Reiben auf dem Waschbrett, später auch durch die Waschmaschine.
Abb. 2: Seifensieder
Im Jahr 1907 kam das erste Vollwaschmittel auf den Markt und zwar Persil. Persil enthielt neben
Seifenpulver, Natriumperborat als Bleichmittel und Natriumsilicat als Stabilisator.
In den 20er Jahren des 20. Jhd. gelang die
Synthese weiterer Tenside, die schließlich die Seife als Tensid in Waschmitteln ersetzten. Tenside (lat.: tensio = Spannung) sind oberflächenaktive Verbindungen. Im Jahr 1928 kommt z.B. das
Feinwaschmittel FEWA auf den Markt, das anstelle der Seife Alkylsulfate als Tenside besitzt.
Versuch 1:
Herstellung von Seife
Chemikalien:
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge
Öl ---- --- --- 5 g
NaOH-Lösung (w = 0,2)
C 35 26, 36, 37, 39,
45
12,5 ml
Ethanol F 11 7, 16, 24/25 5 ml
NaCl – Lösung (gesättigt)
--- --- --- 100 ml
Geräte:
2 Bechergläser (100 ml, 250 ml)
1 Magnetrührer
1 Rührfisch
1 Spatel
1 Reagenzglas
Durchführung:
Abb. 3: Persil-Werbung
In das 100 ml Becherglas werden 5 g des Speiseöls und 5 ml Ethanol gegeben.
Anschließend gibt man einen Rührfisch hinzu und stellt das Becherglas auf den auf 100°C erhitzten Magnetrührer. Nun gibt man nach und nach einige ml der Natronlauge zu der im Becherglas befindlichen Emulsion. Verdampfendes Wasser wird einfach nachgefüllt. Man lässt so lange rühren, bis sich langsam eine homogene Lösung bildet. Diese lässt man abkühlen und überführt sie anschließend in ein Becherglas, welches zuvor mit 100 ml NaCl-Lösung befüllt wurde. Die so entstandene Seife wird durch Schaumbildung nachgewiesen, indem man eine Spatelspitze der Seife in ein Reagenzglas überführt, mit Wasser auffüllt und schüttelt.
Beobachtung:
Nach einigen Minuten ist zu erkennen, dass die anfänglich vorliegende Emulsion zu einer homogenen Lösung wird. Überführt man diese anschließend in ein mit NaCl- Lösung gefülltes Becherglas, so sammelt sich die entstandene Seife an der Oberfläche der Lösung.
Auswertung:
Die Herstellung von Seife, also die Verseifung, ist eigentlich eine basische Esterhydrolyse. Hierbei reagiert ein Triclyceridester (Öl) mit Natronlauge in wässriger Lösung zu Glycerin und den entsprechenden Salzen der Fettsäuren, also zu Seifen.
In folgender Reaktion sind die dargestellten Fettsäurereste, die der Ölsäure, eine ungesättigte Fettsäure.
CH2
CH
CH2
O
O
O C C
C C17H33
C17H33
C17H33
O
O
O
CH2
CH
CH2
O
O
O +
H H
H + 3C17H33 C O
H2O O
-
++
-
O3 Na OH Na
Der Mechanismus der basischen Esterhydrolyse ist wie folgt zu erklären. In einem ersten Schritt greift das freie Elektronenpaar der Hydroxidgruppe nucleophil am Carbonylkohlenstoffatom der Esterbindung an.
In einem
In einem nächsten Schritt wird die Esterbindung aufgespalten, indem die
Carbonyldoppelbindung erneut ausgebildet wird. Als Reaktionsprodukt erhält man die Fettsäuren und ein Alkoholatanion. In einem letzten irreversiblen Schritt wird durch das Alkoholatanion das Proton der Fettsäure abgespalten. Man erhält Glycerin und die Na-Salze der Fettsäuren, also die Seifen.
CH2
CH
CH2 O
O
O C C
C C17H33
C17H33
C17H33 O
O
O
HO Na
-
+
HO Na
-
+
HO Na
-
+
O
O
O
CH2 O C C17H33 OH
O
Na
-
+ C17H33
C OH
- O
C17H33 C
OH
-O O
O CH2
3 CH
3
O
-
O
O
CH2
CH
CH2 O
O +
C O
C17H33
+ C
C17H33 O
O O
O
- -
-
-
Na+
Na+ Na+
CH2 O C C17H33 OH
O
-
C17H33 C
OH
O
-
C17H33 C
OH
O
-
O
CH2 O CH2
3
-
3
HO C O
C17H33
HO C O
C17H33
HO C O
C17H33
CH2
CH
CH2 O
O
O H H
H 3 3
3
O
-
O O
O
O O
3
-
-
O
O
Die durchgeführte Reaktion ist eine heterogene Reaktion, d.h. bei dieser Reaktion findet eine Reaktion zwischen zwei verschiedenen Phasen statt. Zu Beginn der Reaktion verläuft diese sehr langsam, da nur ein ungenügender Kontakt zwischen den Reaktionspartnern besteht. Im Verlauf der Reaktion übernimmt die Seife die Rolle eines Emulgators. Daher findet eine bessere Durchmischung statt. Daher wir die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht. Dies geschieht so lange bis der Hauptteil der Edukte umgesetzt wurde. Man erhält ein Gemisch aus Seife, Fett, Glycerin und Natronlauge. Dieses Gemisch wird auch als Seifenleim bezeichnet. Dieser Seifenleim ist die erkennbare homogene Lösung.
Beim Zusatz von Natriumchlorid-Lösung wird die Löslichkeit der Seife herabgesetzt und sie schwimmt an der Oberfläche der Lösung (Aussalzeffekt). Die Lösung bestehend aus Natronlauge, Glycerin und Natriumchlorid-Lösung bezeichnet man auch als Unterlauge.
Die so hergestellt Rohseife ist immer noch stark alkalisch; mehrfaches Aussalzen sorgt für das Absenken des pH-Wertes.
Dieses durchgeführte Verfahren zur Herstellung von Seife nennt man auch Neutralöl- Verseifung.
Industriell wird Seife heute durch Fettsäure-Verseifung hergestellt.
Dabei werden in einem ersten Schritt die Fette durch heißen Wasserdampf unter Druck und mit Hilfe eines Katalysators in Fettsäuren und Glycerin gespalten. Die wasserunlöslichen Fettsäuren werden abgeschöpft und ggf. gereinigt.
In einem zweiten Schritt findet eine Neutralisation der Fettsäure statt. Dies kann mittels des Carbonatverfahrens (Neutralisation mit Natriumcarbonat) oder des Laugenverfahrens (Neutralisation mit Natronlauge) von statten gehen.
Zur Körperreinigung werden nur bestimmt Feinseifen eingesetzt, die aus bestimmten Fettsäuren bzw. Fettsäuregemischen hergestellt wurden, um so die Hautverträglichkeit zu verbessern. Es ist z.B. so, dass Natriumlaurat die Haut stärker reizt als Natriumstearat.
Neben den Feinseifen, die unter anderem auch Duftöle und Farbstoffe enthalten, gibt es desweiteren medizinische Seifen (Zusatz von Desinfektions- oder Arzneimitteln) und Sandseifen (Zusatz von z.B. Bimsstein).
Seife ist das am meisten hergestellte Tensid überhaupt. Zum reinigen von Wäsche
wird sie heute aber nicht mehr eingesetzt.
2. Moderne Waschmittel
Die folgende Tabelle zeigt, welche Substanzen sich in modernen Waschmitteln befinden.
Im folgenden sollen die hervorgehobenen Substanzen näher betrachtet werden.
2.1 Tenside
Wie schon oben erwähnt sind Tenside oberflächen- und grenzflächenaktive Substanzen. Tenside sind also dazu in der Lage, Grenzflächenspannungen an Phasengrenzen herabzusetzen. Diese Eigenschaft lässt sich durch den charakteristischen Aufbau der Tensidmoleküle erklären. Tensidmoleküle besitzen sowohl hydrophile, als auch lipophile funktionelle Gruppen. Tenside sind somit amphiphil, d.h. sie „lieben“ sowohl Wasser, als auch Fett. Diese beschriebene Struktur eines Tensidmoleküls lässt sich am besten mit Hilfe des Streichholzmodells veranschaulichen.
Es stellt sich allerdings weiterhin die Frage, weshalb Tenside die Grenzflächen- bzw.
Oberflächenspannung herabsetzen könne. Aufschluss hierüber können folgende Demonstrationen liefern.
Waschaktive Substanzen Tenside, Bleichmittel, Enzyme
Gerüststoffe Ionenaustauscher, Cobuilder, Alkalien
Optische Aufheller
Weitere Hilfsstoffe Schaum-, Vergrauungs-, Farbübertragungs-, Korossionsinhibitoren, Duftstoffe
Abb. 4: Streichholzmodell eines Tensidmoleküls
Demonstration 1:
Tenside in wässriger Lösung
Chemikalien:
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge
Wasser ---- --- --- 500 ml
Geräte:
Kristallisierschale (Durchmesser: 12 cm)
Tensidmolekülmodelle
Durchführung:
Die Kristallisierschale wird mit Wasser befüllt. Anschließend gibt man die Tensidmolekülmodelle auf unterschiedliche Weise (mit dem hydrophoben bzw. mit dem hydrophilen Molekülteil zuerst usw.) hinzu.
Beobachtung:
Man erkennt, dass sich die Tensidmolekülmodelle in einer Schicht an der Wasseroberfläche anlagern, wobei der hydrophobe Molekülteil aus dem Wasser herausragt, der hydrophile hingen in das Wasser hinein.
Auswertung:
Gibt man Tenside in Wasser, so bildet sich zuerst eine monomolekulare Tensidschicht an der Oberfläche des Wassers aus. Eine solche Anordnung ist energetisch günstig, da hierbei die hydrophoben Tensidreste aus dem Wasser herausragen und sich somit den Wechselwirkungen mit dem Wasser entziehen können. Die hydrophilen Tensidmolekülteile ragen in das Wasser hinein, sie stehen also mit ihm im Kontakt. So werden durch die hydrophilen Tensidmolekülteile die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Wassermolekülen verringert. Dadurch nimmt die Oberflächenspannung des Wassers ab.
Bei einer Erhöhung der Tensidkonzentration lösen sich die Tensidmoleküle
molekular im Wasser. Da die hydrophoben Molekülteile ein großes Bestreben haben
sich der Wechselwirkung mit dem Wasser zu entziehen findet eine Micellenbildung statt. Hierbei lagern
sich die hydrophoben Molekülteile im inneren der Micelle (ca. 50 bis 1000 Molekülteile) aneinander an;
sie werden durch Van der Waals Kräfte stabilisiert. Die
hydrophilen Molekülteile zeigen in Richtung Wasser. Micellen sind relativ große Teilchenverbände aus diesem Grund kann man bei Tensidlösungen, genau wie bei kolloidalen Lösungen, den Tyndall Effekt beobachten.
Zwischen der monomolekularen Tensidschicht an der Wasseroberfläche, den molekular gelösten Tensidmolekülen und den Micellen existiert ein dynamisches Gleichgewicht.
Als kritische Micellenbildungskonzentration bezeichnet man die Tensidkonzentration, ab der die Micellenbildung einsetzt. Ab diesem Punkt findet keine Herabsetzung der Oberflächenspannung mehr statt.
Demonstration 2:
Erniedrigung der Grenzflächenspannung
Chemika lien:
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge Öl (angefärbt
mit Sudanblau)
---- --- --- 5 g
Seifenlösung --- --- --- 200 ml
Abb. 5: Tenside in wässriger Lösung
Geräte:
Enghalsschliffflasche (50 ml)
Becherglas (1 l, hohe Form)
Durchführung:
In die Enghalsschliffflasche werden 50 ml des mit Sudanblau angefärbten Öls gefüllt, mit dem Stopfen verschlossen und in das Becherglas gestellt. Dieses wird mit 800 ml Wasser aufgefüllt. Jetzt entfernt man den Stopfen der Enghalsschliffflasche. Ist dies geschehen, so gießt man so lange Seifenlösung hinzu, bis das Öl aus der Flasche hinaus an die Wasseroberfläche fließt.
Beobachtung:
Nach dem Entfernen des Stopfens befindet sich das Öl noch immer in der Flasche, obwohl Öl eine geringere Dichte als Wasser hat. Erst nach Zugabe von Seifenlösung fließt das Öl aus der Flasche heraus.
Auswertung:
Zwischen Wasser und Öl bildet sich eine Grenzfläche aus, deren Spannung verhindert, dass das Öl trotz der niedrigeren Dichte
aus der Flasche austreten kann. Die Ursache für die Ausbildung von Grenzflächen zwischen Wasser und Öl sind die unterschiedlichen Oberflächen- spannungen der beiden Phasen. Je größer die Differenz zwischen den beiden Oberflächen- spannungen ist, desto größer ist die Grenzflächen- spannung. Ist diese gleich Null, so verschwindet die
Grenzfläche und somit auch die Spannung. Durch Zugabe der Seifenlösung wird die Oberflächenspannung des Wassers an der Grenzfläche zwischen Wasser und Öl herabgesetzt. Somit wird die Differenz zwischen den Oberflächenspannungen Wasser und Öl geringer, d.h. die Grenzflächenspannung wird vermindert und somit kann das Öl aus der Flasche herausfließen.
Anhand dieser beiden Demonstrationen ist nun also klar geworden, was es bedeutet, wenn man davon spricht, dass Tenside grenz- bzw. oberflächenaktiv sind.
Abb. 6: Erniedrigung der
Grenzflächenspannung
Wie schon erwähnt, sind Tenside aus unpolaren, hydrophoben und polaren, hydrophilen Molekülteilen aufgebaut. Die Einteilung der Tenside in Tensidklassen erfolgt nach Art und Ladung des hydrophilen Molekülteils. Man unterscheidet vier verschiedene Tensidklassen; anionische Tenside, kationische Tenside, amphotere Tenside und nichtionische Tenside. Diese vier Tensidklassen seien im folgenden näher dargestellt:
1. Anionische Tenside: Bei den anionischen Tensiden trägt der hydrophile Tensidmolekülteil eine negative Ladung.
Solche Gruppierungen können z.B. Sulfate wie bei den Fettalkoholsulfaten sein.
Auch die herkömmlichen Seifen sind anionische Tenside. Die anionischen Tenside stellen den größten Anteil an Tensiden in modernen Waschmitteln, Geschirrspülmitteln, Shampoos usw.
2. Kationische Tenside: Bei den kationischen Tensiden trägt der hydrophile Tensidmolekülteil eine positive Ladung.
Zu den kationischen Tensiden gehören z.B. quatären Ammoniumsalze.
In Waschmitteln spielen die kationischen Tenside als waschaktive Verbindung keine
Rolle, da sie zum einen zusammen mit den anionischen Tensiden waschinaktive
Salze bilden und zum anderen sich, an den meist negativ geladenen,
Faseroberflächen anlagern. Kationische Tenside werden hauptsächlich als
Weichmacher in Weichspülern eingesetzt. Dabei sorgt Anlagerung der kationischen
Tenside an der Faseroberfläche für eine Veränderung der Oberflächeneigenschaft
der Faser; sie fühlt sich weicher an.
3. Amphotere Tenside: Bei den amphoteren Tensiden trägt der hydrophile Tensidmolekülteil sowohl eine positive als auch eine negative Ladung.
Amphotere Tenside sind Ampholyte, da sie sowohl mit Basen, als auch mit Säuren Reagieren können. Sie besitzen eine keimtötende Wirkung und eine gute Waschwirksamkeit. Ihr Einsatz in Waschmittel ist jedoch sehr beschränkt, da sie in der Herstellung sehr teuer sind. Hauptsächlich werden die amphoteren Tenside in Shampoos oder Badezusätzen eingesetzt.
4. Nichtionische Tenside: Bei den nichtionischen Tensiden trägt der hydrophile Tensidmolekülteil keine Ladung.
Solche Gruppierungen können z.B. Glykolethergruppen sein. Nichtionische Tenside sind in ihrer Produktion ebenfalls recht teuer, weshalb sie nur in geringem Maße in Waschmitteln eingesetzt werden. Wegen ihrer guten Hautverträglichkeit werden die nichtionischen Tenside hauptsächlich in Kosmetik- und Lebensmitteln eingesetzt.
Versuch 2:
Herstellung von Dodecylsulfat
Chemikalien:
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge
C
12H
29OH X
i38 --- 5 – 10 ml
H
2SO
4(konz.) C 35 26, 30, 45 1 ml
NaOH-Lösung (w = 0,2)
C 35 26, 36, 37, 39,
45
5 - 10 ml
Geräte:
1 Demonstrationsreagenzglas + Ständer
1 Tiegelzange
2 Tropfpipetten
1 Bunsenbrenner
pH-Papier
Durchführung:
Man überführt 5 ml Dodecanol in das Demonstrationsreagenzglas, erhitzt es über der Flamme des Bunsenbrenners und versetzt es anschließend mit einigen Tropfen konz. Schwefelsäure, bis die Lösung eine leicht bräunliche Färbung annimmt.
Anschließend wird mit Natronlauge neutralisiert.
Beobachtung:
Nach der Neutralisation mit Natronlauge entstehen zwei Phasen, wobei die obere Phase nach Abkühlung fest wird.
Auswertung:
Bei dieser Reaktion reagiert Dodecanol mit Schwefelsäure und Natronlauge zu Dodecylsulfat und Wasser.
Der Mechanismus dieser Reaktion ist wie folgt zu erklären. In einem ersten Schritt wird aus Dodecanol und konz. Schwefelsäure in einer nucleophilen Substitution zweiter Ordnung ein Schwefelsäureester und zwar Schwefelsäuredodecylester gebildet.
OH
H
H
O
SO3H
+ H2O HSO4
H
-
HSO4
-
O
+
O+ OH
1) H2SO4 NaOH 2)
+ H2O O
SO3
-
Na+
In einem zweiten Schritt wird der gebildete Schwefelsäuredodecylester mit Natronlauge neutralisiert und man erhält als Produkt Dodecylsulfat, ein Aniontensid, welches nach dem Abkühlen die feste Phase bildet. Die zweite, flüssige Phase besteht aus überschüssiger Natronlauge und dem bei der Reaktion gebildeten Wasser.
Um feststellen zu können, dass bei der Reaktion wirklich das gewünschte Aniontensid entstanden ist, führt man den nächsten Versuch durch.
Versuch 3:
Nachweis von anionischen und kationischen Tensiden
Chemikalien:
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge
C
4H
8O
2F, X
i11, 36,
66, 67
16, 26, 33 40 ml
Weichspülerlösung --- --- --- 10 ml
Vollwaschmittellös. --- --- --- 10 ml
Tensidlösung --- --- --- 10 ml
Tensidindikator
Methylenblau/Methylorange
X
n22 22, 36/37, 45 5 ml
Geräte:
4 Demonstrationsreagenzgläser + Ständer
1 Tropfpipette
O SO3H
O SO3
-
Na + H2O
Na+ OH
-
+ Spatel
Gummistopfen (NS 29)
Durchführung:
In das erste Demonstrationsreagenzglas gibt man ca. 10 ml Wasser, in das zweite Demonstrationsreagenzglas gibt man 10 ml Weichspülerlösung, in das dritte Demonstrationsreagenzglas gibt man 10 ml Vollwaschmittelösung und in das vierte Demonstrationsreagenzglas überführt man eine Spatelspitze des hergestellten Dodecylsulfats und löst es in 10 ml Wasser.
Anschließend setzt man jedem Reagenzglas ca. 10 Tropfen des Tensidindikators (50 mg Methylenblau, 50 mg Methylorange in je 30 ml Wasser, zusammengeben, 5 ml 0,1 molare Schwefelsäure hinzugeben und auf 100 ml mit Wasser auffüllen) zu, schüttelt durch und überschichtet mit Essigsäureethylester und schüttelt erneut.
Beobachtung:
Nach dem Schütteln ist die organische Phase des ersten Reagenzglases unverändert, die des zweiten hat sich gelb gefärbt, die des dritten und vierten hat sich blau verfärbt.
Auswertung:
In Weichspülern befinden sich wie schon erwähnt kationische Tenside. Die kationischen Tenside
besitzen eine positive Ladung, die zusammen mit Methylorange ein in
Essigsäureethylester lösliches Salz bilden kann.
Aus diesem Grund ist im zweiten Reagenzglas eine Gelbfärbung der organischen Phase zu erkennen. In Vollwaschmitteln befinden sich anionische Tenside. Die anionischen Tenside besitzen eine negative Ladung, die zusammen mit Methylenblau ein in Essigsäureethylester lösliches Salz bilden kann.
Aus diesem Grund ist im dritten Reagenzglas eine Blaufärbung der organischen Phase zu erkennen.
Für die Blaufärbung im vierten
Reagenzglas, dem Reagenzglas mit der Dodecylsulfatprobe gilt obige Begründung analog.
Der Grund, weshalb sich im ersten
Reagenzglas keine Färbung der organischen Phase einstellt ist der, dass im Wasser weder anionische noch kationische Tenside vorhanden sind, die mit einem der beiden Farbstoffe, ein in der organischen Phase lösliches Salz bilden könnten.
Wie schon im Kapitel „Geschichte des Waschens“ erwähnt, wird in modernen Waschmitteln Seife nicht mehr als Tensid eingesetzt. Dies ist durch drei wesentliche Nachteile, die die Seife beim Wäschewaschen mit sich bringt begründet.
1. Seifen reagieren stark alkalisch.
R (CH2)n COOO-(aq)+H2O(aq) R (CH2)n COOH(s)+O-OH(aq)
Bei der Reaktion von Seifenanionen mit Wasser entstehen schwerlösliche Fettsäuren, und Hydroxidionen. Dieses alkalische Milieu kann zur Verfilzung von Naturfasern wie Wolle und Seide führen.
2. Mit Säuren wie Buttersäure (aus dem Schweiß), Zitronensäure (Obst), bilden Seifen ebenfalls schwerlösliche Fettsäuren.
R (CH
2)
nCOO
O-(aq)+ H
3O
(aq)O+R (CH
2)
nCOOH
(s)+ H
2O
Diese können sich auf dem Gewebe ablagern und führen zur Vergrauung des Gewebes.
3. Mit hartem Wasser (Wasser mit vielen Calcium- und Magnesiumionen) bilden sich schwerlösliche Kalkseifen.
R (CH
2)
nCOO
-+ R (CH
2)
nCOOH
2
O(aq)Ca
2+(aq)OCa ( )
2(s)Diese können sich ebenfalls auf dem Gewebe ablagern. Zum anderen gehen die Seifenanionen dem Waschprozess verloren.
2.2 Bleichmittel
Farbstoffhaltige Verschmutzungen wie z.B. Rotwein, Kaffee, Tinte oder Fruchtsäften, können nicht allein durch den Einsatz von Tensiden vollständig von der Textilfaser entfernt werden.
Bis in die Mitte des 19. Jhd. hinein diente die Rasenbleiche zur Entfernung farbstoffhaltiger Verschmutzungen. Bei der Rasenbleiche wurde die Wäsche auf dem Rasen ausgelegt und somit den Sonnenstrahlen ausgesetzt.
Bei der oxidativen Bleiche, welche beim Bleichen von Wäsche zum Einsatz kommt, werden die konjugierten π-Elektronensysteme chromophorer Verbindungen oxidativ zerstört. Während des Bleichvorgangs wird Wasserstoffperoxid freigesetzt, aus dem sich dann atomarer Sauerstoff bildet, dieser ist dann für die oxidative Bleichwirkung verantwortlich. Bei der Rasenbleiche wird der atomare Sauerstoff aus Wasser mit Hilfe der kurzwelligen Sonnenstrahlung gewonnen. Das Chlorophyll des Rasens unterstützt diesen Prozess. Heute erfolgt das Bleichen der Wäsche nicht mehr mittels Rasenbleiche; die Bleichmittel befinden sich in den Waschmitteln. Dies führt zu einer kontrollierten Bleichung schon während des Waschvorgangs und bringt darüber hinaus auch eine erhebliche Zeitersparnis mit sich.
Das in Deutschland als erstes (1907 Persil) und am meisten benutzte Bleichmittel ist Natriumperborat. Es bildet in wässriger Lösung das starke Oxidationsmittel Wasserstoffperoxid. Bei Temperaturen von 60°C ist die Peroxidbleiche optimal. Bei niedrigeren Temperaturen ist der Einsatz von Bleichaktivatoren notwendig. Als Bleichaktivator wird in Waschmitteln sehr oft Tetraacetylethylendiamin (TAED) eingesetzt.
Versuch 4:
Nachweis der Bleichwirkung
Chemikalien :
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge
Tinte --- --- --- 5 ml
Colorwaschmittell. --- --- --- 10 ml
Vollwaschmittellös. --- --- --- 10 ml
Geräte:
3 Reagenzgläser
1 Reagenzglasständer
1 Tropfpipette
Durchführung:
In das erste Reagenzglas gibt man etwas Tinte aus einer Tintenpatrone. In das zweite Reagenzglas gibt man 10 ml Colorwaschmittellösung (w = 0,1) und in das dritte 10 ml Vollwaschmittellösung (w = 0,1). Nun gibt man als erstes 3 bis 5 Tropfen der Tinte zu der Colorwaschmittellösung und schüttelt diese gut durch. Anschließend führt man selbiges mit der Vollwaschmittellösung durch.
Beobachtung:
Bei der Tintenzugabe zu dem Colorwaschmittel tritt eine Blaufärbung ein. Bei der Tintenzugaben zum Vollwaschmittel entfärbt sich die zugetropfte Tinte und eine Verfärbung wird verhindert.
Auswertung:
Im Wasser zerfällt das Natriumperborat in Wasserstoffperoxid und Natriumhydrogenborat.
Im alkalischen Milieu der Waschflotte reagiert Wasserstoffperoxid zu Perhydroxidanionen.
Bei Temperaturen oberhalb von 60°C zerfallen die Perhydroxidanionen zu atomarem Sauerstoff und Hydroxidionen.
Bei Temperaturen unterhalb von 60°C (wie in unserem Fall), zerfallen die Perhydroxidanionen nicht in ausreichendem Maße. Daher werden Waschmitteln
N CH2 CH2 N C
C O O
CH3
CH3 C
C O O CH3
CH3
CH2 CH2 N C O
CH3
C O CH3
H3C C O O H O
+
- -
N H O O
H O O
-
-
OO
O O
H3C C O O H O
2 + H3C C O O
O
H3C C O O
H O
2 O
-
H3C C O O O
CH2 CH2 N C O
CH3 C
O CH3
N
H H
H
+
Bleichaktivatoren wie TAED zugesetzt. TAED reagiert mit Wasserstoffperoxid zu Peressigsäureanionen und Diacetylethylendiamin. Durch Reaktion eines Peressigsäureanions mit einem Peressigsäuremolekül entsteht atomarer Sauerstoff und Essigsäure.
Versuch
Im Wasser zerfällt Natriumperborat in Wasserstoffperoxid und Natriumhydrogenborat.
Im alkalischen Milieu der Waschflotte reagiert das Wasserstoffperoxid zu
Perhydroxidanionen. Die Perhydroxidionen und der aus ihrem Zerfall entstehende atomare (nascierende) Sauerstoff sind die eigentlichen Oxidationsmittel.
Wasserstoffperoxid + Hydroxydion Wasser + Perhydroxylion
Durch die Oxidation der Farbstoffmoleküle werden die Farbstoffflecken aus den Textilien entfernt. Neuerdings wird Natriumperborat auch eingesetzt, um ein Verfärben der Wäsche, bedingt durch das "Ausbluten" einzelner Wäschestücke, zu verhindern.
In den letzten Jahren wird der Hydratanteil im Bleichmittel reduziert. Der Grund dafür ist, dass die Monohydratform gegenüber der Tetrahydratform einen höheren
Aktivsauerstoffanteil aufweist. Damit wird in den Waschmitteln mehr Platz für andere waschwirksame Bestandteile frei.
Mit Hilfe von TAED kann schon bei Temperaturen um 40°C eine gute Bleichwirkung erzielt werden. Der Grund hierfür ist darin zu finden, dass das Peressigsäureanion ein größeres Oxidationspotential hat als das Perhydroxidanion.
2.3 Enzyme
Abb. 7: Bleicheffekt mit/ohne TAED
Enzyme sind hochmolekulare Eiweißverbindungen, die chemische Prozesse katalysieren oder überhaupt erst ermöglichen. Die Einteilung der Enzyme erfolgt nach ihrer Wirkungsweise; die Benennung nach dem von dem Enzym gespaltenen Stoff mit der Endung –ase.
In Waschmitteln wird hauptsächlich ein Mix aus vier verschiedene Enzyme (Proteasen, Amylasen, Cellulasen, Lipasen) eingesetzt. Weitere Enzymklassen (Oxidasen, Peroxidasen) zum Waschmitteleinsatz befinden sich zur Zeit in den Entwicklungs- bzw. Optimierungsphasen. Langfristig gesehen wird die Produktpalette an in Waschmitteln eingesetzten Enzymen steigen.
Im folgenden sei nun auf die zur Zeit in Waschmitteln enthaltenen Enzyme näher eingegangen.
Proteasen: Proteasen spalten Eiweißmoleküle (also Proteine) in lösliche Bruchstücke, die dann besser mittels Tensiden
von der Textilfaser abgelöst werden können.
Die Eigenschaft, dass bestimmte Enzyme, die in der Bauchspeicheldrüse gebildet werden, dazu in der Lage sind eiweißhaltige Ver- schmutzungen aus Textilien zu entfernen
wurde schon zu Beginn des 20. Jhd. durch den Chemiker Otto Röhm entdeckt. Das Enzym Trypsin (eine Serin-Protease), ist allerdings zu empfindlich gegenüber anderen Waschmittelinhaltsstoffen.
Zu Beginn der 60er Jahre gelang die Synthese einer alkalischen Serinprotease (Subtilisin) aus Bakterienkulturen (bacillus subtilis). Subtilisin wird, anders als Trypsin, in Waschmitteln eingesetzt, da es in Waschmitteln seine Wirkung optimal entfalten kann. Subtilisin hat sein Stabilitätsoptimum bei 60°C, das pH- Optimum ist zwischen pH 10 und pH 11.
Aus diesem Grund eignet sich Subtilisin unter anderem zum Waschen, da bei
Abb. 8: Enzymatische Zersetzung von Eigelb durch Proteasen
Abb. 9: Subtilisin
pH-Werten um pH 10 und Temperaturen zwischen 30°C und 95°C (oft aber bei 60°C) gewaschen wird. Zusätzlich wird Subtilisin durch Ca
2+-Ionen stabilisiert.
Darüberhinaus weist Subtilisin eine geringe Selektivität auf, so dass das Enzym dazu in der Lage ist Peptidbindungen zwischen unterschiedlichen Aminosäuren zu spalten.
Das aktive Zentrum des Subtilisins besteht, genau wie bei den übrigen Serin- Proteasen, aus einer katalytischen Triade, bestehend aus Aspara- ginsäure, Histidin und Serin.
Amylasen: Amylasen spalten Stärkemoleküle in den Zweifachzucker Maltose.
Amylasen sorgen für verbesserte Waschergebnisse gegenüber kohlenhydrathaltigen Anschmutzungen wie z.B. Nudeln, Reis, Bratensauce oder Pudding. Es lassen sich zwischen Amylasen und Proteasen erhebliche Synergie-Effekte feststellen. Dies liegt daran, dass die Amylase die Stärke an der Oberfläche des Schmutzes abbaut und so die Proteasen besser an die im Schmutz befindlichen Eiweiße herankommen.
Cellulasen: Cellulasen spalten Cellulose in Cellobiose. Die an der Faseroberfläche befindlichen Mikrofibrillen (bestehend aus Cellulose) werden demnach durch die Cellulase abgebaut. Dies führt zu einer glatteren Faseroberfläche, zu einem weich-griffigen Gewebe und einer Auffrischung der Faserfarbe. Durch die Cellulase werden ebenfalls feine Schmutzpartikel, die sich in den Mikrofibrillen befinden, freigesetzt, so dass sie anschließend von den Tensiden entfernt werden können.
Cellulase wird in Deutschland seit 1992 überwiegend in Colorwaschmitteln verwendet.
Für den Menschen ist sie, da der menschliche Körper keine Cellulose enthält, völlig ungefährlich.
Abb. 11: Mikrofibrillen
Abb. 10: Katalytische Triade
Lipasen: Lipasen entfernen Fette und Öle bei Temperaturen um 20°C. Oberhalb dieser Temperaturen ist die Waschwirksamkeit von Tensiden ausreichend. Um eine optimale Waschwirkung bei unterschiedlichen Temperaturen erzielen zu können, wird in Waschmitteln eine Kombination aus Tensiden und Lipasen eingesetzt. Lipasen spalten die Fettmoleküle zwischen dem Glycerinmolekülrest und den Fettsäureresten.
Die Funktion, die alle, in Waschmitteln eingesetzte, Enzyme haben, ist die der enzymatisch katalysierten Zersetzung des Faserschmutzes.
Schematisch kann man sich die Zersetzung des Schmutzes mit Hilfe der Induced-Fit- Theorie erklären.
Nähert sich das Substrat dem Enzym, so tritt das Substrat mit dem
aktiven Zentrum des Enzyms in Wechselwirkung. Hierdurch wird eine Konformationsänderung des aktiven Zentrums hervorgerufen, so dass zwischen Enzym und Substrat ein Enzym-Substratkomplex ausbilden kann. Das Substrat wird gespalten und die Produkte können das aktive Zentrum des Enzyms verlassen.
Die Klärung der Frage, ob durch Enzyme neue Gefahren für die Gesundheit entstehen können hängt mit der Eigenschaft insbes. von Proteasen zusammen.
Proteasen zersetzten Proteine, ohne zwischen Proteinen als Schmutz auf der Wäsche oder als Gewebe des Körpers zu unterscheiden. Gerade durch das Inhalieren von Enzymstaub bei der Herstellung der Enzyme, gab es Meldungen über Lungenschäden und Allergien. Um gesundheitliche Schäden dieser Art zu vermeiden, kommen heute Enzyme nur noch in gecoateter Form, also in sogenannten prills in den Handel. Dies bedeutet, dass die Enzyme mit einem wachsähnlichen Stoff ummantelt werden, der sich dann beim Waschen im warmen Wasser auflöst. Durch die Ummantelung soll verhindert werden, dass durch Abrieb feiner Enzymstaub entsteht, der eingeatmet werden könnte.
Das Bundesumweltamt sieht keine Gefährdung der Verbraucher durch Enzyme.
Abb. 12: Schematische Darstellung einer enzymatischen Katalyse
Versuch 5:
Nachweis der Proteasewirkung mittels Gelatine
Chemikalien:
Stoff Gefahrensymbol R-Sätze S-Sätze Eingesetzte Menge Gelatine
(w = 0,04)
--- --- --- 25 ml
Subtilisin-Lösung --- --- --- 5 ml
Vollwaschmittellös. --- --- --- 5 ml
Geräte:
3 Reagenzgläser 1 Reagenzglasständer
1 Becherglas (250 ml) mit Eis 1 Becherglas (50 ml)
1 Glasstab 1 Tropfpipette
Durchführung:
In das erste Reagenzglas füllt man ca. 5 ml Wasser, in das zweite 5 ml Subtilisinlösung (50 mg in 5 ml Wasser) und in das dritte 5 ml der Vollwaschmittellösung (250 g in 5 ml Wasser).
Anschließend stellt man die Gelatinelösung (1 g Gelatine in 25 ml Wasser) her und gibt mit Hilfe der Pipette in jedes der Reagenzgläser 5 ml der Gelatinelösung schüttelt durch und stellt die Reagenzgläser zum Abkühlen in das Eisbad.
Beobachtung:
Nach dem Abkühlen ist zu erkenne, dass die Lösung im Reagenzglas eins ausgehärtet, die beiden übrigen Lösungen hingegen noch immer flüssig sind.
Auswertung:
In Waschmitteln befindet sich, wie schon vorher erwähnt, ein Mix aus verschiedenen
Enzymen. Darunter befindet sich auch Proteasen, insbes. die alkalische Serin-
Protease Subtilisin. Subtilisin katalysiert enzymatisch den Abbau von Proteinen. Da
Gelatine ein Protein ist, lässt sich auch so die Beobachtung, dass keine Aushärtung
der Lösung in den Reagenzgläsern eins und zwei zu erkennen war, erklären. Denn Subtilisin hat die Spaltung der Peptidbindungen der Gelatine ermöglicht.
Der Mechanismus der erfolgten enzymatischen Katalyse lässt sich wie folgt erklären.
In einem ersten Schritt wird das Proton der Hydroxidgruppe der Serins auf den Imidazolring des Histidins übertragen. Dies geschieht, indem das freie Elektronenpaar des Stickstoffatoms des Imidazolrings sich das Proton der Hydroxidgruppe der Serins greift. Nun kann das freie Elektronenpaar des negativ geladenen Sauerstoffatoms nucleophil das Carbonylkohlenstoffatom der Peptidbindung angreifen und es bildet sich ein tetraedrisches Zwischenprodukt.
Die positive Ladung des Imidazolrings wird zum Teil durch das Asparagat neutralisiert.
Desweiteren sorgt das Asparagat dafür, dass der Imidazolring die richtige Konformation
einnimmt, so dass sich zwischen dem Zwischenprodukt und dem Imidazolring Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden können. Desweiteren bilden sich zwischen dem Zwischenprodukt und N-H Gruppierungen der Hauptkette
Wasserstoffbrückebindungen aus. Diese Ausbildung der
Wasserstoffbrückenbindungen stabilisiert und ermöglicht dadurch erst, dass sich das tetraedrische Zwischenprodukt bildet.
CH2
O H N N O
CH2
O
O-
CH2
H
C O R1 R2 N
H
His Ser
Asp
N
N H
H
CH2
O H N N O
CH2
O
O-
CH2
C R1
O
O- O
+ HN H R2
His Ser
Asp
N
N H
H
Durch die erneute Ausbildung der Doppelbindung zwischen dem Carbonylkohlenstoffatom und dem –sauerstoffatom wird die Peptidbindung zwischen dem Carbonyl-
kohlenstoffatom und dem
Stickstoffatom aufgebrochen.
Das freie Elektronenpaar des negativ geladenen Stickstoffatoms greift sich jetzt
ein Proton des positiv geladenen Imidazolrings.
Als Reaktionsprodukt erhält man ein Amin, das aus dem aktiven Zentrum des Enzyms herausdiffundiert und eine am Serin gebundene Estergruppierung.
In einem zweiten Schritt findet eine Esterhydrolyse statt. Hierbei wird ein Proton eines Wassermoleküls auf das Ladungsübertragungssystem (Asparaginsäure, Histidin) übertragen.
Dies geschieht, indem sich das freie Elektronenpaar des Stickstoffatoms des Imidazolrings sich ein Proton des Wassermoleküls greift. Nun kann das das freie Elektronenpaar des gebildeten Hydroxidions nucleophil das Carbonylkohlenstoffatom der Esterbindung angreifen.
CH2
O H N N O
CH2
O-
O
CH2
C R1 H O
O H Asp
His Ser
N
N H
H CH2
O H N N O
CH2
O
O-
CH2
C R1
R2 N H
O
Asp H
His Ser
N
N H
H
Man erhält erneut ein tetraedrisches Zwischenprodukt, dessen Bildung genau wie im vorherigen Schritt durch die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen zwischen dem Imidazolring des Histidins und dem Zwischenprodukt, sowie zwischen N-H Gruppierungen der Hauptkette und dem Zwischenprodukt gewährleitstet wird.
Durch die erneute Ausbildung der Doppelbindung zwischen dem Carbonylkohlenstoffatom und dem –sauerstoffatom wird die Esterbindung aufgespalten. Das freie Elektronenpaar des negativ geladenen Sauerstoffatoms des Serins greift sich nun ein Proton des positiv geladenen Imidazolrings des Histidins.
Als Reaktionsprodukt erhält man eine Carbonsäure und die katalytische Triade in ihrer ursprünglichen Form. In einem nächsten Schritt wird die Carbonsäure deprotoniert und das Carbonsäureanion diffundiert aus dem Aktiven Zentrum des Subtilisins.
CH2
O H N N O
CH2
O-
O
CH2
H
C O R1 H
Asp O
His Ser
N
N H
H CH2
O H N N O
CH2
O
O-
CH2
C R1 H
O
O - O
+ HO
Asp
His Ser
N
N H
H