Entwicklung eines Kartons mit verbesserten Produkteigenschaften
E. Möller
Inhalt
1 Zusammenfassung ... 1
2 Abstract ... 3
3 Einleitung... 5
4 Versuchsdurchführung... 11
4.1 Produktauswahl ... 11
4.2 Analyse der Funktionsadditive... 13
4.3 Faserstoff- und Additivaufbereitung / Blattbildung... 14
4.4 Wet-End- und Papierprüfungen... 15
5 Ergebnisse... 16
5.1 Charakterisierung der Versuchsmaterialien ... 16
5.2 Entwicklung und Herstellung von Modell-Kartonlagen und -Prozesswässern... 21
5.3 Laborblattbildung von Einzellagen mit Modell-Faserstoffen und –Prozesswässern... 23
5.3.1 Schonlage ... 23
5.3.2 Einlage ... 29
5.4 Hochkonsistenzeinsatz der Funktionsadditive in der Modell-Einlage ... 37
5.5 Untersuchungen im Technikum... 47
5.6 Vorschlag einer Technologie für den Einsatz modifizierter Getreidemehle und Kleiefraktionen ... 53
6 Wirtschaftlichkeitsrechnung ... 54
Abkürzungen und Symbole ... 56
Anhang... 58
Literatur... 64
1 Zusammenfassung
Zielstellung Ziel des Forschungsprojektes war es, einen Karton mit optimierten Produktei- genschaften hinsichtlich eines verbesserten spezifischen Volumens und Span- nungs-Dehnungs-Verhaltens zu entwickeln. Auf der Basis des Einsatzes kos- tengünstiger Funktionsadditive in der Kartoneinlage als Abstandshalter sowie auch der Anwendung einer neuen Stoffaufbereitungstechnologie sollten die Nachteile der Verwendung von Sekundärfaserstoffen für diese Erzeugnisse ausgleichen und zu höheren Steifigkeiten realisierbar werden.
Als Abstandshalter wurde die Verwendung von Kleiefraktionen in nativer oder kationisierter Form allein oder in Gegenwart kationischer Getreiedemehle vor- gesehen, wobei die Mehle als Trockenverfestiger der Schonlage bzw. Einlage dienen sollten.
Der Einsatz der Hochkonsistenztechnologie (HC-Technologie) zur Einarbeitung der Funktionsadditive sollte eine weitere Volumensteigerung bewirken.
Ergebnisse Um alle Untersuchungen mit in ihren Eigenschaften weitgehend konstanten Faserstoffen und Verdünnungswässern durchführen zu können wurden zu- nächst Modelle für eine Karton-Schonlage bzw. –Einlage auf der Basis einer praxisorientierten Zusammensetzung hinsichtlich der Faserstoffe bzw. einer an der Praxis orientierten Salzbelastung hinsichtlich der Prozesswässer entwickelt.
Durch den Zusatz von kationischen Getreidemehlen, insbesondere Waxy- weizenmehl, konnte die Festigkeit der Schonlage – ausgewiesen als Bruch- kraftindex – um bis zu 25…30% gegenüber dem kein Mehl enthaltenden Faserstoff (NP) gesteigert werden.
Einen positiven Einfluss auf die Höhe der Biegesteifigkeit der Schonlage übten mit einem Anstieg um 5…15% gegenüber dem NP kationische Rog- genmehle aus.
Durch den Zusatz stärkereicher nativer Weizenkleiefraktionen zur Karton- Einlage in Verbindung mit kationischem Weizenmehl wird die Entwässer- barkeit des Faserstoffs in höherem Maße verschlechtert als mit stärkearmen Weizenkleiefraktionen. Eine Verbesserung der Entwässerbarkeit tritt bei Verwendung kationischer Kleiefraktionen, insbesondere in Slurry- oder Pul- verform, ein.
Kleie in nativer und kationischer Form steigert den CSB im Filtrat, jedoch in einem praktisch unkritischen Bereich.
Keine der eingesetzten nativen bzw. kationischen Kleiefraktionen konnten das spezifische Volumen der Kartoneinlage verbessern. Bezüglich der Bie- gesteifigkeit wurden jedoch durch den Zusatz kationischer (Roggen-)Kleien
Ein Einfluss der Höhe der elektrischen Leitfähigkeit auf die kartonspezifi- schen Qualitätsparameter spezifisches Volumen und Biegesteifigkeit war nicht festzustellen.
Schluss- folgerung
Durch einen Einsatz kationischer Getreidemehle in der Schonlage konnte der Bruchkraftindex und in geringerem Maße auch die Biegesteifigkeit ge- steigert werden, was sich positiv auf den Gesamt-E-Modul des mehrlagigen Kartons auswirken wird.
Im Ergebnis der umfangreichen in viele Richtungen angelegten Untersu- chungen stellte sich heraus, dass Kleie im ungemahlenen und auch gemah- lenen und fraktionierten Zustand keine kubische und/oder kantige Form an- nimmt bzw. ausbildet. Sie ist damit wider Erwarten nicht das geeignete Material als Abstandshalter in Kartoneinlagen zur Erhöhung des spezifi- schen Volumens und damit zur Verbesserung der Biegesteifigkeit beizutra- gen.
Eine Alternative für die Kleieprodukte wird in der Verwendung von Stroh – und hierbei in erster Linie der steifen und festen Halme – gesehen. Stroh- halme ergeben nach einer mechanischen Aufbereitung mit speziellen Müh- len kantige Bruchstücke, die einer Funktion als Abstandshalter gerecht wer- den können.
Danksagung Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens MF 090072 gewonnen, das im Programm zur "Förderung von Forschung und Entwicklung bei Wachstumsträgern in benachteiligten Regionen" mit finanziellen Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über den Projekt- träger EuroNorm Gesellschaft für Qualitätssicherung und Technologie mbH aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wurde.
Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen der Papier- und Zulieferin- dustrie für die Unterstützung der Arbeiten und die hilfreichen Diskussionen.
2 Abstract
Objective The objective of this research project was to develop a paperboard with opti- mised product properties in respect of improved specific volume and stress- strain behaviour. The use of cost-effective functional additives in the middle ply of the board used as a spacer and a new pulp preparation technology were intended to compensate for the disadvantages resulting from the use of secon- dary fibre pulps for these products and to achieve greater stiffness values.
The use of bran fractions in their native or cationised forms alone or in the pres- ence of cationic cereal flours were provided as the spacer. The flours were in- tended to serve as dry strength agents for the undertop or middle ply.
The use of high consistency technology (HC technology) for incorporating the functional additives was intended to enhance the volume even more.
Results First of all, models for the undertop or middle ply of a board were developed based on a practice-oriented composition in respect of the fibre pulps and on a practice-oriented salt load in respect of the process water in order to be able to carry out all tests using pulps and dilution water whose properties are more or less constant.
The addition of cationic cereal flours, especially waxy wheat flour, was able to increase the strength of the undertop ply by as much as 25% to 30% – expressed as the tensile index – compared to the pulp (NP) not containing any flour.
Cationic rye flours had a positive effect on the bending stiffness of the un- dertop ply, increasing it by 5% to 15% compared to the NP.
The use of native wheat bran fractions rich in starch for the middle ply of the board in combination with cationic wheat flour downgrades the dewaterabil- ity of the fibre pulp to a greater extent than with wheat bran fractions that have less starch. Dewaterability improves, however, if cationic bran fractions are used, especially in the form of a slurry or powder.
Brans in native and cationic form increase the COD in the filtrate, although in a practically uncritical range.
None of the native or cationic bran fractions used were able to improve the specific volume of the board middle ply. As far as the bending stiffness is concerned, the addition of cationic (rye) brans in the form of a slurry brought about rates of increase ranging from 5% to 25% (35%).
The use of HC technology did not bring about any appreciable improvement either in specific volume or bending stiffness of the middle ply.
Conclusions The use of cationic cereal flours in the middle ply increased the tensile index to a greater extent and bending stiffness to a lesser extent. This in turn had a positive effect on the entire modulus of elasticity of the multi-ply paper- board.
Based on comprehensive studies that led in many different directions, it was found that brans, both in the unrefined and refined and fractionated states, did not take on a cubic and/or angular shape. Hence, contrary to expecta- tion, it is not a suitable material for use as a spacer in board plies for the purpose of increasing specific volume and thus improving bending stiffness.
An alternative for the bran products is seen in the use of straw – particularly the stiff and firm culm portions. After mechanical treatment with special- purpose mills, straws provide angular pieces that can do justice to a function as a spacer.
Acknowledge- ments
The results were obtained in research project MF 090072 funded by the German Federal Ministry of Economics and Technology BMWi under the programme "Promoting research, development and innovation for growth drivers in less developed regions" co-ordinated by the company EuroNorm Quality Assurance and Innovation Management GmbH in Berlin following a decision by the German Bundestag. We would like to express our warm gratitude for this support.
We would also like to express our thanks to the involved companies in the pa- per and supplier industries for supporting project performance and for the help- ful discussions.
3 Einleitung
Markt- und Wett- bewerbssituation in der Papierin- dustrie
Deutschland hat in der Vergangenheit international immer einen bedeutenden Rang bei der Erzeugung von Papier, Karton und Pappe eingenommen. Nach China, den USA und Japan behauptet Deutschland den vierten Platz bei der Papiererzeugung und den ersten Platz beim Papierexport in der Welt.
Außer der Rezessionsphase in den Jahren 2008/09 hat die Papierindustrie seit dem Jahr 2002 immer eine konjunkturelle Entwicklung mit einem mittleren Wachstum von etwa 3% durchlaufen und die Produktionsmenge 2011 gegen- über 2010 +10,5% steigern können. 2011 wurde die bisher größte Menge an Papier, Karton und Pappe in Deutschland produziert (siehe Abb. 1).
0 2.500 5.000 7.500 10.000 12.500 15.000 17.500 20.000 22.500 25.000
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Jahr
Produktionsmenge [kt]
Papier, Karton, Pappe (PKP) Produktionsmenge Deutschland
1991 - 2011
Maschinenkarton PKP für Verpackungszwecke
Abb. 1 Produktionsmengen von Papier, Karton und Pappe (PKP) gesamt und ausgewählten Sorten in Deutschland 1991-2011 [1]
Wie auch vergleichbare Industriezweige hat die energieintensiv produzierende Papierindustrie in den letzten Jahren besonders unter den stark gewachsenen Energiekosten zu leiden, weshalb besonders in den Jahren der Rezession eini- ge Papier-/Kartonmaschinen bzw. ganze Werke stillgelegt wurden.
Zu einem weiteren Problem wurden in der letzten Zeit die Verfügbarkeit und die Preise der Rohstoffe, insbesondere auch des Altpapiers. Große Mengen wur- den vom asiatischen Markt abgenommen, so dass in Regionen, in denen ge- häuft Altpapier verarbeitende Unternehmen ansässig sind, diese Rohstoffbasis oftmals auf ein unteres Bevorratungslimit geschrumpft ist.
Situation bei der Erzeugung von Verpackungspa- pieren -kartons
Insgesamt wurden im Jahr 2010 in Europa (EU 27) 41,5 Mio.t PKP für Verpa- ckungszwecke und davon in Deutschland 10,2 Mio.t hergestellt (= 24,6%), was den 1. Platz repräsentiert [2].
International liegt Deutschland bei der Produktion von Papier für Verpackungs- zwecke auf dem vierten Platz.
Die Maschinenkartons haben seit Jahren einen Anteil an der PKP- Gesamtproduktion von etwa 11% in Deutschland (2011: 2.440 kt) aber mit 76 kt nur etwa 2% von der Gesamtproduktion der neuen Bundesländer (NBL), in beiden Gebieten mit leicht rückläufiger Tendenz (vergl. Abb. 1 bis Abb. 3) [2].
Detailliertes Zahlenmaterial für Europa liegt nicht vor.
0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500
1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Jahr
Produktionsmenge [kt]
Papier, Karton, Pappe (PKP)
Maschinenkarton PKP für Verpackungszwecke
Produktionsmenge Neue Bundesländer 1991 - 2011
Abb. 2 Produktionsmengen von Papier, Karton und Pappe (PKP) gesamt und ausgewählten Sorten in den neuen Bundesländern 1991-2011 [2]
Die in den letzten Jahren rückläufige Tendenz bei der Erzeugung von Maschi- nenkarton wird mehreren Gründen zugeschrieben:
1. Teilweise Umorientierung in der Verpackungsbranche dergestalt, dass die Wellpappenqualität durch weiße Decken und Einführung der Feinstwellen enorm zugenommen und damit Marktanteile des Faltschachtelkartons (FSK) substituiert wurden.
2. In den Jahren 2008-10 wurden in Europa insgesamt 686 kt FSK – davon 211 kt in Deutschland – durch Stilllegungen vom Markt genommen [3]. Das entspricht in Deutschland einem Anteil von 2,3%.
Deutschland 2011
Verpackungspapiere 2%
Wickelpappe 0%
Maschinenkarton 11%
Pack- / Wellpappenpapiere
32%
Grafische Papiere 43%
Technische und Spezialpapiere / - karton / -pappe
6%
Hygiene-Papiere 6%
Abb. 3 Produktion von Papier, Karton und Pappe / Deutschland 2011
Bezüglich der Marktentwicklung bei Maschinenkarton ist es nach der Rezession 2008/09 schwierig Prognosen anzustellen. Ein leicht steigender Trend kann jedoch aus jüngsten Meldungen abgeleitet werden [4].
Nur innovative Entwicklungen können dazu beitragen die schwindende Akzep- tanz von Maschinenkarton aufzuhalten und diesem Produktsegment neue Einsatzgebiete zu eröffnen bzw. verloren gegangene zurück zu gewinnen.
Faltschachtelkar- ton –
Definition und Anforderungen
Die Gesamt-Erzeugungsmenge von Maschinenkarton in Deutschland wird zu 62% von Faltschachtelkarton gebildet.
Faltschachtelkarton (FSK) ist nach DIN 6730 [5] ein Karton, der sich auf Grund seiner Falz-, Ritz-, Rill-, Nut- und Bedruckbarkeit besonders zum Herstellen von Faltschachteln eignet. Faltschachteln sind – im Gegensatz zu den aus Voll- und Wellpappe gefertigten Transportbehältern – Verkaufsverpackungen, die das in ihnen verpackte Gut nicht nur bis zum letzten Aufbrauchen schützen, sondern auch werbend empfehlen sollen. Deshalb muss der Faltschachtelkarton äußer- lich ansprechend, gut mehrfarbig bedruckbar und in besonderen Fällen auch lackierbar sein. Das hohe spezifische Volumen mit der daraus resultierenden hohen Steifigkeit ist eine wesentliche Anforderung zur Erfüllung der Funktion des Kartons. Die flächenbezogene Masse liegt im Allgemeinen in den Grenzen von 220 bis 600 g/m² [6].
Aufbau und Zu- sammensetzung von FSK
In Europa und Asien kommen für die Erzeugung von Faltschachtelkarton im Gegensatz zu den USA vorwiegend mehrlagige Blattbildungssysteme zur An- wendung. Neben einem nicht unerheblichen Anteil von Primärfasern (PF) wer- den jedoch vorwiegend Sekundärfasern (SF) eingesetzt. Die Auswahl der Alt- papiersorten für die Einzellagen erfolgt dabei hinsichtlich der zu erfüllenden Funktion der jeweiligen Lage:
Tab. 1 Aufbau eines Faltschachtelkartons
Lage
Anteil am FSK
Funktion Rohstoffbasis
Decklage 10%
Äußerlich ansprechend, gut bedruckbar, Schutz vor äußeren Einflüssen, rillstabil (ungestri- chen), optimale Oberflächenei- genschaften für eine hohe Affini- tät zu den Strichschichten (gestrichen)
PF: Gebleichte Zellstoffe SF: Weiße Späne, hochwertige Deinkingstoffe
Schonlage 10 %
Optische und mechanische Sper-
re zur Einlage PF: Holzstoffe
SF: Helle Späne, Deinkingstoff Einlage Hohes spezifisches Volumen, PF: Holzschliff, TMP
Auf die Decklage werden nach der Kartonbahnbildung im Fall der Herstellung hochwertiger Sorten in-line zwei bis drei Pigmentstriche aufgetragen.
Defizite vorhan- dener Verpa- ckungsprodukte
Die Steifigkeit stellt das Hauptqualitätskriterium an FSK dar und muss in erster Linie über die Zusammensetzung bzw. Behandlung der Einlage gesteuert wer- den. Hohe Biegesteifigkeiten weisen nach BORSCHKE [7] insbesondere Na- delholzzellstoffe auf, obwohl ihr spezifisches Volumen vergleichsweise niedrig ist. Die Biegesteifigkeit von Einlagen aus Holzstoffen, die über ein höheres spe- zifisches Volumen verfügen, ist jedoch äußerst gering. Um diese Rohstoffei- genschaft für eine Eigenschaftsverbesserung von Karton nutzbar machen zu können, wurden Versuche unternommen, einen speziell vorbehandelten Holz- stoff einzusetzen, der sehr feinfasrig ist und keine Splitter sowie Abwasser be- lastende Feinstanteile enthält [8]. Nachteilig ist jedoch der hohe Preis dieses Produkts.
Um eine Einlage mit dem Steifigkeitswert eines Frischfaserkartons zu erzeugen, muss in aller Regel bei Verwendung gemischter Altpapiere (Sorte 1.02) deren flächenbezogene Masse um bis zu 50% gegenüber der PF-Einlage erhöht wer- den. Ein wesentlicher Grund für den erhöhten Materialeinsatz ist in dem niedri- geren spezifischen Volumen der aufbereiteten Altpapiere gegenüber dem im Frischfaserkarton eingearbeiteten Holzschliff zu finden.
Offene Frage Es erhebt sich nunmehr die Frage, durch welche Maßnahmen die technologi- schen Eigenschaften des für die Kartonsteifigkeit so relevanten Einlagenstoffes aufgebessert werden kann. BORSCHKE [7] hat ermittelt, dass für die Einlage voluminöse Faserstoffe einem Fasermaterial mit hohem E-Modul eindeutig vor- zuziehen sind (siehe Abb. 4).
Abb. 4 Einfluss des spezifischen Volumens und des E-Moduls der Einlage auf die Steifigkeit von FSK [7]
Abhilfe sieht er in einer Beimischung von Holzstoffen. Diese sind jedoch gegen- über Altpapieren wesentlich kostenintensiver und werden daher als Faserstoff- grundlage von der Faltschachtelkarton herstellenden Industrie nicht favorisiert.
In einer Arbeit der PTS wurde gebleichter Hochausbeute-Kurzfaserstoff (BCTMP) bzw. deinkter Faserstoff (DIP) eingesetzt, um kostenintensiven Euka- lyptus-Kurzfaserzellstoff (BEKP) einzusparen oder zu substituieren. Im Ergebnis der Untersuchungen wurde festgestellt, dass eine Faserstoffmischung mit ei- nem mittleren BCTMP-Gehalt zu einem Volumenanstieg führt [9]
Forschungsbe- darf
Es war also zwingend, kostengünstige Alternativen zu finden, die dem Sekun- därfaserstoff für die Einlage Eigenschaften verleihen, die ihn qualitativ aufwer- ten und sowohl das spezifische Volumen als auch den E-Modul erhöhen, um für den bestimmungsgemäßen Gebrauch vergleichbare bzw. bessere Biegesteifig- keiten als beim Einsatz von Primärfaserstoffen zu erzielen.
Kostengünstige Alternativen wurden im Einsatz von Getreidemehlen verschie- dener Provenienz und Vorbehandlung (Weizenmehl, Waxy-Weizenmehl, Rog- genmehl; trocken modifiziert bzw. vorverkleistert) in allen Kartonlagen sowie insbesondere im Zusatz verschiedener Kleiefraktionen (verschiedene Rohstof- fe, unterschiedliche Stärkegehalte, unmodifiziert / modifiziert) in der Einlage gesehen.
Eine weitere technologische Möglichkeit zur Verbesserung des Steifigkeitspo- tenzials des Kartons wurde in der Anwendung der in der PTS entwickelten Hochkonsistenz-Technologie (HC-Technologie) zur Einarbeitung von Funkti- onsadditiven in die Faserstoffmatrix der Einlage gesehen.
Funktionsadditi- ve:
Getreidemehle
Um Stärkeprodukte, zu denen auch die Mehle zählen, in die Papierstoffmatrix einbringen zu können, müssen sie in modifizierter und gelöster Form vorliegen.
Native Produkte haben nur eine geringe Eigenretention und werden nur zu ei- nem geringen Teil vom Faserstoff zurückgehalten. Deshalb werden aufbereitete Lösungen von kationisch modifizierten Stärkeprodukten, welche allerdings teu- rer als die nativen Stärken sind, dem anionischen Papierfaserstoff zugesetzt..
Die Aufnahmefähigkeit der Faserstoffmatrix ist jedoch aufgrund der auftreten- den Umladung der Fasern bei Primärfaserstoffen auf etwa 2 % Stärke bezogen auf otro Faserstoff begrenzt [10].
Seit etwa 20 Jahren werden auch kationische Getreidemehle, insbesondere auf Basis von Weizen, als festigkeitssteigernde Additive mit Erfolg bei der Papier- herstellung eingesetzt. Hinsichtlich der erzielten Qualitätsparameter standen diese Produkte den „klassischen“ Stärken in keiner Weise nach. Die Flockungs- und Verfestigungswirkung der kationischen Mehle wird in gleichem Maße vom Substitutionsgrad beeinflusst wie die der Stärken. Eine negative Wirkung der im Vergleich zu Stärke dunkleren Mehle auf die optischen Eigenschaften der gefer- tigten Papiere ist ebenfalls nicht erkennbar. Eine Substitution der kationischen Stärken durch die in jedem Fall preisgünstigeren kationischen Mehle ist ohne Qualitätseinbußen möglich [11, 12, 13].
Kleiefraktionen In Deutschland werden jährlich etwa 7,5 Mio. t Getreide vermahlen. Dabei ent- stehen etwa 15 (Roggenvermahlung) …20 % (Weizenvermahlung), d. h. bis zu 1,5 Mio. t, Getreidekleie [14]. Die traditionelle Kleieverwertung besteht in der Einbindung in Futtermittelmischungen für Nutz- und Haustiere sowie als lösli- cher Ballaststoff für die menschliche Ernährung.
Kleie enthält trotz sorgfältiger Separation in den Mühlen noch einen gewissen Anteil an Stärke, der im Wesentlichen abhängig ist von der Getreidesorte und vom Ausmahlungsgrad [18, 19]:
- Weizenkleie 15…20% (…30%) Stärke i. Tr.
- Roggenkleie 10…15% (…20%) Stärke i. Tr.
Neben Stärke ist als funktionsrelevantes Additiv Protein in einer Größenord- nung von 10…20% i. Tr. enthalten.
Hochkonsistenz- Technologie
Durch den Einsatz kationischer Stärkeprodukte im Hochkonsistenzbereich konnten bei Untersuchungen an der PTS hohe Steigerungen der Festigkeiten erzielt werden. Bei Anwendung dieser Technologie bewegt sich die Entwicklung von Berst- und Streifenstauchwiderstand in gleicher Größenordnung, während sich die Werte für die Spaltfestigkeit annähernd verdoppelten [20].
Faserrohstoff Wellenstoff : 50 % 1.02 50 % 1.04
Zerfaserung:
LC -Pulper Frischwasser
Entwässerung:
Zentrifuge
Einstellung Stoffdichte:
20%
60 min 2 min Verweilzeiten:
0,50%
Verdünnung:
H C-Behandlung:
60 … 70 °C 5 min
Blattbildung Stärkebestim mung im Papier
Physikalische Prüfung
Zugabe Stärke-Slurry Faserrohstoff
Wellenstoff : 50 % 1.02 50 % 1.04
Zerfaserung:
LC -Pulper Frischwasser
Entwässerung:
Zentrifuge
Einstellung Stoffdichte:
20%
60 min 2 min Verweilzeiten:
0,50%
Verdünnung:
H C-Behandlung:
60 … 70 °C 5 min
Blattbildung Stärkebestim mung im Papier
Physikalische Prüfung
Zugabe Stärke-Slurry
Abb. 5 Schematische Darstellung der HC-Technologie [20]
Der Einsatz kationischer funktionaler Additive im Hochkonsistenzbereich er- scheint daher als effektives Verfahren zur Steuerung der Festigkeit von Sekun- därfaserstoff basierten Papieren.
4 Versuchsdurchführung
4.1 Produktauswahl
Getreidemehle Grundsatz für die Auswahl der Getreidemehle war die Verfügbarkeit der Getrei- demehle hinsichtlich Art und Menge in Deutschland. Dabei wurden auch Quell- mehle in die Untersuchungen einbezogen, die ein erhöhtes Wasserbindever- mögen besitzen und hinsichtlich des Einsatzes auch den Vorteil bieten, dass sie kaltwasserquellend bzw. kaltwasserlöslich sind.
Es kamen die in Tab. 2 (linke Seite) genannten handelsüblichen Mehle zur An- wendung.
Als weitere Modifizierungsform wurden alle genannten Produkte im Labormaß- stab semitrocken kationisiert (siehe Tab. 2 rechte Seite), wodurch ihre Affinität zum anionischen Faserstoff signifikant gesteigert wurde.
Schematische Übersichten über die Zuordnung der eingesetzten Weizen-/ Wa- xy-Weizen- bzw. Roggenmehle und -kleien sind in Abb. 6 und Abb. 7 enthal- ten.
Tab. 2 Produktauswahl - Getreidemehle
Ausgangsmaterial Derivatisierte Getreidemehle (DS = 0,05)
Material Code Material Code
Weizenmehl (Typ 550) 1_WM-n WM (1), trocken-kat. (tk) 11_WM-c05
Weizenquellmehl (O) 2_WM-q WMquell (2), tk 12_WM-q-c05
Waxyweizenmehl (H) 3_WMwx-n WxWM (3), tk 13_WMwx-c05
Waxyweizenquellmehl (O) 4_WMwx-q WxWMquell (4), tk 14_WMwx-q-c05
Roggenmehl, Typ 610 5_RM-n RM (5), tk 15_RM-c05
Roggenquellmehl (K) 6_RM-q RMquell (6), tk 16_RM-q-c05
Therm./Mech. Modifiz. 260 240 250
1 3
2 4
12 14 11 13
Kationisierung: DS = 0,03 Kationisierung: DS = 0,05
DS = 0,03 Einsatz: Einlage
340 341 343
ungem.
250
> 315 µm 250-315
(kation.) (kation.) (kation.)
254 Kationi- Kationi- Kationi-
251 252 253
243 244
360 361 363
sierung sierung sierung
W-Grießkleie (kationisch) ungem.
Mahlung
260 261 262 263 264 ungem.240 241 242
Weizenkleie, grob nativ (stärkearm)
W-Kleie, grob (Fraktionen)
> 315 µm < 315 µm 250-315 < 250 µm Mahlung
(kation.) ungem.
(kation.)
Weizen-Grießkleie nativ (stärkereich)
W-Grießkleie (Fraktionen)
< 250 µm 250-315
< 315 µm
> 315 µm
Kationi- sierung Kationi-
W-Kleie, grob (kationisch) W-Kleie, grob (Fraktionen)
ungem. < 315 µm < 250 µm
(kation.)
> 315 µm 250-315
Mahlung / Sichtung
Weizen- (W) / Waxy-Weizen- (WW) Korn
(nativ)
Weizenkleie, grob nativ (stärkereich)
Mahlung
> 315 µm 250-315
sierung W- / WW-Quellmehl
(kationisch)
W- / WW-Mehl (kationisch)
Kationi- sierung Kationisierung Kationisierung
W- / WW-Quellmehl
Mahlung W- / WW-Mehl
Mahlung
270 280
Therm./Mech. Modifiz.
5
6 Kationi- Kationi- Kationi- Kationi- Kationi- Kationi-
sierung sierung sierung sierung sierung sierung
16 15
Kationisierung: DS = 0,05 Einsatz:Schonlage
DS = 0,03 Einlage Kationisierung: DS = 0,03 Einsatz: Einlage
Roggenquellmehl (kationisch)
Roggenmehl
270
Kationisierung Kationisierung Roggenquellmehl
(kationisch)
Roggenkleie nativ (stärkereich)
Roggenkleie nativ (stärkereichst)
ungem. > 315 µm 250-315 ungem. > 315 µm
Mahlung Mahlung
Roggen- (R) Korn
Mahlung / Sichtung
ungem. > 315 µm 250-315 ungem.
Roggenkleie (kationisch) Roggenkleie (kationisch)
280 281 283
271 273
Roggenmehl
(nativ) Roggenkleie (Fraktionen) Roggenkleie (Fraktionen)
< 250 µm
282 284
272 274
< 315 µm < 250 µm > 315 µm< 315 µm 250-315
250-315
(kation.) (kation.) (kation.) (kation.) (kation.) (kation.)
381 383
370 371 373 380
Abb. 7 Schematische Zuordnung der eingesetzten Roggenmehl- und Roggenkleiesorten
Kleien Als Kleien wurden ebenfalls handelsübliche Produkte aus Getreidemühlen be- schafft, die sich hinsichtlich ihres Stärkegehalts sowie ihres granulometrischen Zustands unterschieden. In einem nachfolgenden Arbeitsschritt wurden die Kleien einer Mahlbehandlung in einer Prallmühle mit Hammerrotor unterzogen und anschließend mittels einer Kaskadensiebung fraktioniert (siehe Tab. 3, obe- rer Teil). Ausgewählte Muster wurden im Nachgang kationisiert, um die Retenti- on im Faserstoff zu verbessern (Tab. 3, unterer Teil).
Tab. 3 Produktauswahl - Getreidekleien
Native Getreidekleie
Material Code Material Code
Weizen-Grießkleie (H), ungem. 240_WKg(H) Roggenkleie (U), ungem. 270_RK(U)
dito / gemahlen, grob 241_WKg(H)_G dito / gemahlen, grob 271_RK(U)_G
dito / gemahlen, fein-mittel 242_WKg(H)_FM dito / gemahlen, fein-mittel 272_RK(U)_FM
dito / gemahlen, mittel 243_WKg(H)_M dito / gemahlen, mittel 273_RK(U)_M
dito / gemahlen, fein 244_WKg(H)_F dito / gemahlen, fein 274_RK(U)_F
Weizenkleie (H), ungem. 250_WK(H) Roggenkleie (S), ungem. 280_RK(S)
dito / gemahlen, grob 251_WK(H)_G dito / gemahlen, grob 281_RK(S)_G
dito / gemahlen, fein-mittel 252_WK(H)_FM dito / gemahlen, fein-mittel 282_RK(S)_FM
dito / gemahlen, mittel 253_WK(H)_M dito / gemahlen, mittel 283_RK(S)_M
dito / gemahlen, fein 254_WK(H)_F dito / gemahlen, fein 284_RK(S)_F
Weizenkleie (S), ungem. 260_WK(S)
dito / gemahlen, grob 261_WK(S)_G Legende: _G - >315 µm
dito / gemahlen, fein-mittel 262_WK(S)_FM _FM - <315 µm
dito / gemahlen, mittel 263_WK(S)_M (X) - Mühlen-Code _M - 200…315 µm
dito / gemahlen, fein 264_WK(S)_F _c03 - kationisiert, DS = 0,03 _F - <200 µm
Derivatisierte Getreidekleien (DS = 0,03)
Material Code
Weizen-Grießkleie (H), ungem., L-kat. 340_WKg(H)-c03 dito / gemahlen, grob, L-kat. 341_WKg(H)_G-c03 dito / gemahlen, mittel, L-kat. 343_WKg(H)_M-c03 Weizenkleie (S), ungem., L-kat. 360_WK(S)-c03 dito / gemahlen, grob, L-kat. 361_WK(S)_G-c03 dito / gemahlen, mittel, L-kat. 363_WK(S)_M-c03 Roggenkleie (U), ungem.,L-kat. 370_RK(U)-c03 dito / gemahlen, grob, L-kat. 371_RK(U)_G-c03 dito / gemahlen, mittel, L-kat. 373_RK(U)_M-c03 Roggenkleie (S), ungem., L-kat. 380_RK(S)-c03 dito / gemahlen, grob, L-kat. 381_RK(S)_G-c03 dito / gemahlen, mittel, L-kat. 383_RK(S)_M-c03
4.2 Analyse der Funktionsadditive
Getreidemehle Vor dem Einsatz der Getreidemehle im Faserstoff wurden diese in den tech- nologisch relevanten Zustandsformen Pulver, Slurry und Lösung hinsichtlich der in Tab. 4 aufgeführten Qualitätsmerkmale analysiert.
Tab. 4 Qualitätsparameter - Mehl
Qualitätsparameter Dimension Norm
MEHL Pulver Slurry Lösung nat. kat.
Trockensubstanzgehalt % DIN EN ISO 1666 x x x x x
Partikelgröße (Laserbeugung), nass µm Durchg. Gerätevorschrift x x
pH-Wert (5%ig) - DIN 10 389 x x x
pH-Wert am isoelektrischen Punkt - x x
Elektrische Leitfähigkeit µS/cm Gerätevorschrift x x
Viskosität (Brookfield) mPas Gerätevorschrift x x
Ionischer Bedarf µeq/l PTS-RH 15/93 x x
Stärkegehalt, nach EWERS % i. TS DIN 10 300 x x
Stärkegehalt, nach PTS-Methode % i. TS PTS-RH 23/09 x x
Proteingehalt, nach KJELDAHL % i. TS DIN EN 25 663 x x
Aschegehalt % i. TS DIN 10 383 x x
Verkleisterungsparameter, RVA:
- Verkleisterungstemperatur - Spitzen-Viskosität - Spitzen-Temperatur - Halte-Viskosität
- Viskositätsabfall (= SV-HV) - Endviskosität
°C mPas
°C mPas mPas mPas
Gerätevorschrift x x x x x x
x x
Visuelle Beurteilung mittels REM - x x x
Zustandsform Material
Kleien Die in Tab. 5 aufgeführten Qualitätsparameter wurden an den ungemahlenen bzw. gemahlenen und fraktionierten Kleieproben bestimmt.
Tab. 5 Qualitätsparameter – Kleie
Qualitätsparameter Dimension Norm
KLEIE Pulver /
Granulat Slurry "Lösung" nat. kat.
Trockensubstanzgehalt % DIN EN ISO 1666 x x x x x
Partikelgröße (Siebanalyse), trocken % Rückstand DIN ISO 3310 x x
pH-Wert (5%ig) - DIN 10 389 x x x
Elektrische Leitfähigkeit µS/cm Gerätevorschrift x x
Viskosität (Brookfield) mPas Gerätevorschrift x x
Ionischer Bedarf µeq/l PTS-RH 15/93 x x
Stärkegehalt, nach EWERS % i. TS x x
Stärkegehalt, nach BOEHRINGER % i. TS x x
Stärkegehalt, nach PTS-Methode % i. TS PTS-RH 23/09 x x
Proteingehalt, nach KJELDAHL % i. TS DIN EN 25 663 x x
Verkleisterungsparameter, RVA:
- Verkleisterungstemperatur - Spitzen-Viskosität - Spitzen-Temperatur - Halte-Viskosität - Viskositätsabfall (= SV-HV) - Endviskosität
°C mPas
°C mPas mPas mPas
Gerätevorschrift x x x x x x
x
Optische Beurteilung mittels REM - x x
Zustandsform Material
4.3 Faserstoff- und Additivaufbereitung / Blattbildung
Faserstoff- / Additivaufberei- tung
Die Aufbereitung der Faserstoffe für die Schonlage bzw. Einlage erfolgte unter standardisierten Bedingungen im Labor. Bei den Untersuchungen im Hochkon- sistenzbereich (HC) wurde in einigen Fällen der Faserstoff vor der Additivzuga- be erwärmt, was an entsprechender Stelle vermerkt wurde.
Für die Untersuchungen im Hochkonsistenzbereich wurden zwei verschiedene Faserstoffgrundlagen mit unterschiedlichen Mineralstoffgehalten eingesetzt:
ein mineralstoffarmer Kraftliner (Mineralstoffgehalt ca. 1%)
der Modellstoff „Einlage“ mit einem Mineralstoffgehalt von ca. 12%
Diese Faserstoffe wurden im Technikum bei einer Stoffdichte von 8% im Pulper zerfasert, auf eine Stoffdichte von > 30% schonend entwässert und in dieser Form kühl gelagert.
Die nativen und modifizierten Getreidemehle wurden unter definierten Bedin- gungen thermisch in einer Mikrowelle in Lösung gebracht, mit erwärmtem Lei- tungswasser verdünnt und in dieser Form der Faserstoffsuspension zugesetzt.
Unter HC-Bedingungen erfolgte der Zusatz der Getreidemehle und Referenz- stärke auch als Slurry in die vorgewärmte Faserstoffsuspension.
Die Kleiefraktionen wurden als Slurry oder in der trockenen Form (Pulver bzw.
Granulat) der Faserstoffsuspension zugesetzt. Stärkereiche Sorten wurden ebenfalls in einer Mikrowelle thermisch aufbereitet und als Suspension zugege- ben. An einem Teil der stärkereichen Kleiefraktionen wurde eine kationische Derivatisierung vorgenommen, um die Fixierung dieses Additivs an den Faser- stoff zu unterstützen.
Blattbildung Die Blattbildung und –trocknung erfolgte unter standardisierten Bedingungen auf einem Laborblattbildner (LBB), Bauart Haage.
Wie sich während der Bearbeitung herausstellte ist die standardisierte Labor- blatttrocknung für volumenorientierte Untersuchungen ungeeignet. Es wurde deshalb während der 2. Stufe der Einlagen-Bewertung eine modifizierte LB- Trocknung angewandt (7 Minuten Feuchterwärmung mit aufgelegtem Gautsch- karton + 5 Minuten ohne Gautschkarton + 5 Minuten mit gewendetem LB, im- mer ohne Deckblatt, immer ohne Vakuum).
4.4 Wet-End- und Papierprüfungen
Wet-End- Prüfungen
An den im Labor bzw. im Technikum hergestellten Faserstoff-Additiv- Mischungen wurden die in Tab. 6 aufgeführten Eigenschaften geprüft.
Tab. 6 Untersuchte Wet-End-Parameter
Wet-End-Parameter Norm
Zeta-Potenzial Kationischer Bedarf Elektrische Leitfähigkeit pH-Wert *)
Glührückstand (525°C, 900°C) *) Wasserrückhaltevermögen (WRV) *) Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) Wasserhärte, Ca-, Mg-Ionen *) Entwässerungsrate (statisch) *)
(dynamisch) *)
Vorschrift BTG-Mütek PTS-PE 001/93 Gerätevorschrift DIN 53124
ISO 1762 / ISO 2144 TAPPI T 237 om-88 Vorschrift Hach-Lange Vorschrift Hach-Lange
Anlehnung an DIN EN ISO 5267-1 Vorschrift BTG-Mütek
Prüfungen der Karton-
Einzellagen
Die gebildeten Blätter bzw. die auf der Pilotpapiermaschine hergestellten Papierbahnen, die die Einzellagen des Kartons repräsentieren, wurden unter Normbedingungen klimatisiert und anschließend hinsichtlich ihrer physikali- schen Qualitätsparameter geprüft. Eine Zusammenstellung ist in Tab. 7 ent- halten.
Tab. 7 Untersuchte Kartonlagen-Eigenschaften
Karton- / Lagenanalyse Norm
Flächenbezogene Masse, Dicke, spezifisches Volumen Bruchkraft, Dehnung, E-Modul
Biegesteifigkeit (Zweipunktverfahren) Luftdurchlässigkeit (Gurley) *) Reflexionsgrad (nur SL) *) Opazität (nur SL) *) Stärkegehalt im Papier
DIN EN 20 534 DIN EN ISO 1924-2 DIN 53 121 DIN ISO 5636/5 DIN 53 145-1 DIN 53 146
PTS-Methode 23/09
*) nur bei ausgewählten Varianten
5 Ergebnisse
5.1 Charakterisierung der Versuchsmaterialien
Aufgabenstel- lung
Es wurden zunächst handelsüblich verfügbare Versuchsmaterialien (Getreide- mehle, Kleie) beschafft, die im Falle der Getreidemehle und teilweise auch ein- zelner Kleiefraktionen zusätzlich einer semitrockenen Laborkationisierung un- terzogen wurden.
Als Referenzprodukte für die Kleien wurden zwei handelsübliche native Holz- mehle mit unterschiedlicher mittlerer Partikelgröße ausgewählt, die in einigen Fällen in den Karton-Einlagen als Volumen erhaltendes Additiv fungieren.
Charakterisie- rung der Funkti- onsadditive
Die Charakterisierung sowohl der Getreidemehle als auch der Kleien umfasste die in Tab. 4 und Tab. 5 enthaltenen Qualitätsparameter in den Zustandsformen Pulver/Granulat und/oder Slurry und/oder Lösung.
Qualitätsanalyse der Getreide- mehle
Die physikalischen Parameter der nativen, modifizierten und kationisierten Ge- treidemehle wurden in Tab. 8 zusammengestellt.
Bezüglich des Stärkegehalts unterschieden sich die Mehle nicht wesentlich, größer sind die Unterschiede im Proteingehalt: Weizenmehle ca. 12…14%, Roggenmehle 6…8%. Die anderen Parameter entsprachen den üblichen Grö- ßenordnungen. Die wesentlich geringere BROOKFIELD-Viskosität der Quell- stärken gegenüber den nativen Stärken wurde auch bei den Verkleisterungspa- rametern deutlich. Die Verkleisterungsparameter der Mehle sind in Tab. 9 zu finden.
Tab. 8 Physikalische Parameter
Ausgangsmaterial
Code Material TS Asche pH ip
(Pulver) (EWERS) (PTS-Meth.) i. TS (1% Lösg.) D10 D50 D90
% % % % % % µm µm µm
1_WM-n Weizenmehl Typ 550 85,50 82,7 78,2 11,80 10,94 0,59 6,2 11,30 78,00 214,13
2_WM-q Weizenquellmehl 90,50 82,1 79,8 12,20 0,58 6,1 nicht bestimmbar
3_WMwx-n Waxyweizenmehl 85,30 79,9 80,3 13,20 11,89 0,53 6,2 11,01 73,91 191,94
4_WMwx-q Waxyweizenquellmehl 87,49 79,3 79,3 14,08 0,43 6,2 nicht bestimmbar
5_RM-n Roggenmehl, Typ 610 86,41 78,1 86,6 6,23 5,82 0,70 5,7 12,01 97,15 287,94
6_RM-q Roggenquellmehl 90,62 74,9 73,4 8,15 7,30 4,1 nicht bestimmbar
Derivatisierte Getreidemehle (DS = 0,05)
Code Material TS Elektr. LF
(Pulver) (EWERS) (PTS-Meth.) (Susp., 5%) (Lösg., 5%) (Susp., 5%) (50°C) (Raumtemp.)
% % % µS/cm mPas mPas ml µeq/l
11_WM-c05 WM 1, trocken-kat. 87,54 64,7 10,21 9,83 1.630 2.960 8.620 5,4 540
12_WM-q-c05 Wmquell 2, tc 91,33 63,1 10,89 10,13 1.740 300 840 4,9 490
13_WMwx-c05 WxWM 3, trocken-kat. 88,08 64,3 10,49 10,21 1.660 3.920 8.930 4,0 400
14_WMwx-q-c05 WxWMquell 4, tc 89,61 60,9 11,08 10,27 1.970 250 550 4,1 410
15_RM-c05 RM 5, trocken-kat. 86,92 10,18 10,09 1.600 2.560 7.900 4,3 425
16_RM-q-c05 RMquell 6, tc 90,52 60,4 11,05 1.960 250 420 2,7 270
Stärke i. TS
Stärke i. TS pH-Wert Ionischer Bedarf
Korngröße (METTLER, Nassverfahren)
Visk. BROOKFIELD Protein
i. TS
Tab. 9 Verkleisterungsparameter
Ausgangsmaterial
Code Material TS
(Pulver)
RVA-Menge (Pulver)
RVA-TS (Slurry)
pH-Wert (Slurry, 7%)
Pasting
Temp. Peak Temp. Peak Viscosity
Holding
Strength Breakdown Final Viscosity Setback
% g 7% °C °C mPas mPas mPas mPas mPas
1_WM-n Weizenmehl Typ 550 85,84 2,04 7,00 6,58 81,0 97,0 370 266 104 910 645
2_WM-q Weizenquellmehl 89,30 1,96 7,00 6,58 - 90,8 137 44 93 115 72
3_WMwx-n Waxyweizenmehl 86,10 2,03 6,99 6,35 59,9 75,7 291 167 124 375 209
4_WMwx-q Waxyweizenquellmehl 88,36 1,98 7,00 6,32 - 63,6 68 27 41 51 24
5_RM-n Roggenmehl, Typ 610 86,26 2,03 7,00 6,80 59,9 96,9 528 425 103 1.352 927
6_RM-q Roggenquellmehl 91,08 1,92 6,99 - 65,0 139 58 81 150 92
Derivatisierte GM (DS = 0,05 bzw. 0,03)
Code Material TS
(Pulver)
RVA-Menge (Pulver)
RVA-TS (Slurry)
pH-Wert (Slurry, 7%)
Pasting
Temp. Peak Temp. Peak Viscosity
Holding
Strength Breakdown Final Viscosity Setback
% g 7% °C °C mPas mPas mPas mPas mPas
11_WM-c05 WM, trocken-kat. 87,54 2,00 7,00 10,53 59,5 96,1 1.172 586 585 1.645 1.058
11a_WM-c03 WM, trocken-kat. 86,07 2,03 6,99 66,6 97,4 1.412 766 646 3.249 2.483
12_WM-q-c05 WMquell, tc 91,33 1,92 7,01 10,81 - 75,8 341 91 250 226 135
13_WMwx-c05 WxWM, trocken-kat. 88,08 1,99 7,01 10,63 55,0 86,3 1.952 862 1.090 1.765 903
14_WMwx-q-c05 WxWMquell, tc 89,61 1,95 6,99 10,92 - 97,0 967 67 630 117 50
15_RM-c05 RM, trocken-kat. 86,92 2,01 6,99 10,31 56,5 96,0 1.136 631 506 1.516 885
16_RM-q-c05 RMquell, tc 90,52 1,93 6,99 10,67 - 66,0 193 73 120 178 105
Die grafische Darstellung des Viskositätsverlaufs der nativen Mehle enthält Abb. 8 und der kationisierten Mehle Abb. 9.
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18
Zeit in min
Viskosität in mPas
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Temperatur in °C
1_WM-n_7% 2_WMq-n_7% 3_WMwx-n_7%
4_WMwxq-n_7% 5_RM-n_7% 6_RMq-n_7%
Abb. 8 Viskositätsverlauf der nativen und modifizierten Getreidemehle
Natives Weizenmehl hat eine relativ hohe Verkleisterungstemperatur von 81°C, die sich bei einer Pulver- oder Slurryzugabe zum Faserstoff als hinderlich für eine optimale Verkleisterung während der Papiertrocknung herausstellen würde.
Die Waxyform dieser Getreidesorte bietet hierfür mit einer Verkleisterungstem- peratur von 60°C bessere Voraussetzungen, ebenso das native Roggenmehl.
Die Quellmehle zeigten ein völlig anderes rheologisches Verhalten, das keine definierten Verkleisterungskenngrößen erkennen lässt. Die Viskositäten lagen im gesamten Temperaturbereich auf sehr niedrigem Niveau.
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18
Zeit in min
Viskosität in mPas
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Temperatur in °C
11_WM-c05_7% 11a_WM-c03_7% 12_WMq-c05_7%
13_WMwx-c05_7% 14_WMwxq-c05_7%_m.E. 15_RM-c05_7%
16_RMq-c05_7%
Abb. 9 Viskositätsverlauf der kationischen Getreidemehle
Durch eine Kationisierung der Mehle wurde deren Verkleisterungstemperatur z.T. wesentlich herabgesetzt, bei Weizenmehl jedoch stärker als bei Roggen- mehl. Die Spitzenviskosität stieg durch die Kationisierung um das 2…3-fache gegenüber den nativen Produkten an.
In der Abb. 63 (Anhang) sind rasterelektronenmikroskopische (REM-) Aufnah- men der nativen und modifizierten Getreidemehle (handelsüblich) enthalten.
Während die nativen Mehle (linke Spalte) als Einzelpartikel bzw. in nur kleinen Agglomeraten vorliegen zeigen die Quellmehle auf Grund ihrer Vorbehandlung kleine bis mittlere kantige Bruchstücke ohne Kornstruktur.
Die Abb. 64 (Anhang) zeigt die gleichen Getreidemehle in kationisierter Form.
Hier liegen durch die semi-trockene Aufbereitung durchweg Agglomerate aus den Einzelkörnern (Mehle, linke Spalte) bzw. den verkleisterten Bruchstücken (Quellmehle, rechte Spalte) vor.
Qualitätsanalyse der Kleiefraktio- nen
Die physikalischen Parameter der eingesetzten Kleiefraktionen wurden tabella- risch in Tab. 10 zusammengestellt. Es wurde deutlich, dass bezüglich des Stär- kegehaltes der Ausgangskleien eine relativ große Bandbreite von 8,2 … 25,6 % besteht. Es zeigte sich auch eine Abhängigkeit des Stärkegehalts von der mittle- ren Korngröße der Kleie in der jeweiligen Fraktion dergestalt, dass beide Para- meter indirekt proportional zueinander stehen. Der Proteingehalt ist unabhängig von der Korngröße und bewegt sich insgesamt in einem Bereich 15…17%.