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Leitfragen europäischen Verfassungsrechts

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Academic year: 2022

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Leitfragen europäischen Verfassungsrechts

Wer ist der Träger der

verfassungsentwickelnden Gewalt?

Legitimationsgrundlagen

(2)

Identität durch Verfassung?

• Vorpolitische Verbundenheit

Verfassung ist angewiesen auf eine staatstragende Identität des Bürgers, die vor allem durch die Grundrechte als Kernelemente des guten und richtigen

Lebens gespeist wird. Skepsis gegenüber europäischer Verbundenheit.

• Identitätsbildung als kontinuierlicher Lernprozess

Nicht der Staat bildet die Identität heraus, sondern die Individuen im gegenseitigen Anerkennungsverhältnis ihrer gleichen Freiheit. In der Entkoppelung des Bürgerstatus von nationaler Identität liegen individuelle Entwurfsmöglichkeiten einer europäischen Identität. Die Verfassung kann und soll dazu beitragen (können).

• Verfassungsidentität als Freiheitsgefährdung

Gemeinwesen sind nicht auf Identitäten, sondern auf das langfristige

Eigeninteresse der Bürger auszurichten. Gemeinsame Identität der Unionsbürger

ist keine notwendige Voraussetzung für Herrschaft und Verfassung, sofern nur die Verfahren der Willensbildung und -umsetzung entsprechend ausgestaltet sind.

(3)

Unschärfe des Legitimationsobjekts

• Individuelle und kollektive Legitimation

• Normativität der Demokratietheorie und Probleme ihrer Anwendung auf die Union

- Begriffliche und institutionelle Analogien (z.B. Parlamentarisierung)

- Einforderung grundlegender normativer Prinzipien (z.B. Verantwortlichkeit) - Geltendmachung von Funktionsbedingungen (z.B. Vertrauen)

• Europäisierung der Demokratie oder: Komplexes Demokratiemodell für einen neuen Herrschaftsverbund

• Gefahren eines negativen Etatismus

(4)

Gretchenfrage

Wer ist Träger der verfassungsentwickelnden Gewalt?

• Unionsvolk

Problem des Volksbegriff und zirkuläre Argumente

• Völker der Mitgliedstaaten

Problem, die Rolle der Staaten (Art. 48 EU) zu erfassen

• Mitgliedstaaten

Problem, die Rolle der Bürger (Art. 19 Abs. 2 EG) zu erfassen

• Duale Legitimationsgrundlage (Pouvoir Constituante Mixte)

Langer Strang über die Hauptquelle und schwacher Strang über die „hinzutretende“

Quelle (Verflechtungsproblem)

(5)

Unionsbürger als Legitimationssubjekt

Unionsbürger

als Ursprung, Träger und Betroffene des europäischen Rechts.

Neben den Mitgliedstaaten und durch sie sind die Unionsbürger das Legitimationssubjekt der Union und ihres Handelns.

Ingolf Pernice

Einwände

Verdrängung des Politischen?

Beruhigungsvokabel für beunruhigende Zustände?

Bremsen der Weiterentwicklung des europäischen Prozesses?

Unverzichtbare Grundlage verfassungstheoretischer Konstruktion!

(6)

Legitimationsstrategien

Abraham Lincoln

Herrschaft by the people, for the people and of the people

Verfassung statt Vertrag?

We the people statt we the undersigned

1. Unverzichtbarkeit von input Legitimation, weil nicht mehr nur negative Integration

2. Angewiesenheit auf output Legitimation, weil keine politische Einheit angestrebt wird und es letztlich auf den Bürger ankommt

3. Dilemma der sozialen Legitimation (Identität)

(7)

Tugend des Dazwischen

• Institutionelle Ausgestaltung: Exekutivföderalismus und

Konkordanzdemokratie mit dem Europäischen Parlament als Arbeits- und Kontrollparlament

• Demokratische Legitimationsanforderungen - Staatenverbund und starke Rolle des Rates

- Zweckverband funktionaler Integration und die Kommission

- Verfassungsverbund und starke Rolle des Bürgers: Kein Gegensatz zwischen Staats- und Volkssouveränität: Plurale Identität und die

Rückführung unionaler Herrschaftsgewalt auf den Bürger

• Herstellung eines Legitimationszusammenhangs durch die Unionsbürgerschaft

(8)

Unionsbürgerschaft

• Ausgangspunkt

Akzessorietät und Komplementarität (Art. 17 Abs. 1 EG)

• Doppelrolle der Unionsbürgerschaft

Subjektivierung unionsrechtlicher Pflichten

insbesondere des Europawahlrechts (Art. 19 Abs. 2 EG),

das von der Staatsangehörigkeit abgekoppelt wird. Aktivbürgerschaft wird nach dem Wohnsitz bestimmt.

Konstitutionalisierung des Freizügigkeitsrechts

insbesondere durch Abkoppelung von den Grundfreiheiten (Art. 18 EG) und Verkoppelung mit den Grundrechten, etwa dem Diskriminierungsverbot nach Art. 12 EG („gleiche Freiheit“) Beispiel: EuGH, Urteil v. 15.3.2005, Rs. C-209/03 - Bidar

(9)

Freiheit als Verfassungsprinzip

• Regeln und Prinzipien

• Was meint „Freiheit“ in Art. 6 Abs. 1 EU?

Symbolik?

Bewahrung „natürlicher“ Freiheit Freiheit vom Staat und Freiheit durch die Union?

Freiheit des Einzelnen als Ausgangs- und Bezugspunkt allen europäischen Rechts: Jeder Mensch ist im Anwendungsbereich der

europäischen Rechtsordnung freies Rechtssubjekt

Alle Menschen begegnen sich in dieser Rechtsordnung als rechtlich und moralisch Gleiche: Individualistisches Rechts- und

Gesellschaftsverständnis

(10)

Konsequenzen

• Unmittelbare Anwendung europäischen Rechts

Einzelne ist nicht nur Objekt, sondern Subjekt des Rechts

• Grundfreiheiten als Erweiterung individueller Handlungsspielräume und Legitimationsbedarf

Grundfreiheiten und Grundrechte

„Was die Grundfreiheiten integrieren, müssen die Grundrechte legitimieren“

Transnationale Integration und supranationale Legitimation Grundrechte zur Kompensation von Demokratiedefiziten?

Freiheit als gleiche Freiheit

Beschränkungen nationaler Differenzierung durch die Unionsbürgerschaft Verkoppelung mit den Grundrechten

(11)

Europäische Grundrechte

• Warum europäische Grundrechte?

Entwicklung des Grundrechtsschutzes

Praktische Wirksamkeit subjektiver Rechte und dezentraler Individualrechtsschutz

• Warum eine Stärkung des Grundrechtsschutzes?

Sichtbarmachen der Grundrechte und Ordnung eines multipolaren Grundrechtsschutzes durch die Grundrechte-Charta

Mitgliedstaaten als Adressaten der europäischen Grundrechte

„im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts“

- Durchführungskonstellationen (Agency-Situation) - Einschränkungskonstellationen (Eingriffe in Grundfreiheiten)

- Erweiterungen, Beispiel: EuGH, Rs. C-60/00 – Carpenter, Slg. 2002, I-6279, aber Art. II-111 Abs. 1 VE: Weites Verständnis der „Durchführung“ oder nicht

abschließende Normierung unter Anerkennung richterlicher Weiterentwicklung des Grundrechtsschutzes?

Referenzen

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