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Xerostomie im Alter

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ARS MEDICI 9 2008

Mundtrockenheit (Xerostomie) ist gerade bei älteren Menschen ein häufiges Phänomen. Bei eingeschränk- ter Speichelproduktion geht der durch den Speichel gegebene natürliche Schutz vor Bakterien und Infek- tionen verloren, ebenso seine mechanische Spülfunk- tion und zahlreiche andere Schutzfunktionen, die der Gesunderhaltung der Mundhöhle dienen.

B I R G I T W I E D E M A N N

Der menschliche Speichel spielt für die Erhaltung der Zahnge- sundheit und den Verdauungsvorgang eine sehr wichtige Rolle (Tabelle 1). Der gesunde Mensch produziert täglich etwa 1 bis 1,5 Liter Speichel. Fehlt dieser, aus welchem Grund auch immer, klagen die Patienten über das subjektive Symptom der Mundtrockenheit, der sogenannten Xerostomie.

Ursachen der Xerostomie Die Ursachen für den verminderten Speichelfluss sind vielfältig. Zahlreiche Medikamente, insbesondere solche mit anticholin ergem Effekt, fördern Xero - stomie als Nebenwirkung (Tabelle 2).

Eine Strahlentherapie im Kopf-Hals- Bereich führt in den meisten Fällen zu irreversibler Mundtrockenheit (Radio- xerostomie). Patienten mit dem Sjö- gren-Syrndrom aber auch Diabetiker klagen oft über Xerostomie (1).

Oft hat die Mundtrockenheit im Alter ganz banale Ursachen: Durch das nachlassende Durstempfinden wird zu wenig Flüssigkeit aufgenommen.

Hinzu kommen vorübergehende Flüs- sigkeitsverluste durch Schwitzen, Fie- ber oder Erbrechen. Ausserdem weist

die zahnärztlich-prothetische Versorgung gerade bei älteren Patienten oft erhebliche Defizite auf. Dies kann dazu führen, dass die Kaufähigkeit eingeschränkt ist und so die physiolo - gische Speichelstimulation durch das Kauen entfällt.

Folgen der Xerostomie

Erstaunlich viele Patienten nehmen die Mundtrockenheit – zu- mindest im Anfangsstadium – gar nicht bewusst wahr. Beson- ders ältere Patienten sehen die Mundtrockenheit als Alters - erscheinung an, vergleichbar mit abnehmender Sehkraft oder nachlassendem Gehör. Mit zunehmendem Grad der Xero - stomie stellt sich ein konstantes Durstgefühl ein. Der (fast) trockene Mund und die Lippen werden von Verletzungen und

Xerostomie im Alter

Trockener Mund hat üble Folgen

Merksätze

Ältere Patienten sehen in Mundtrockenheit oft eine Alterserschei- nung, die sich nicht beeinflussen lässt.

Bei Xerostomie kann die Resorption sublingual applizierter Medika- mente verzögert beziehungsweise verhindert sein.

F O R T B I L D U N G

Spülfunktion durch mechanische Reinigung der Zähne und Zahnzwischenräume («oral clearance»)

Pufferfunktion durch Neutralisation der Säuren, Stabilisierung des pH-Wertes Schutz vor Austrocknung der Schleimhäute durch Feuchtigkeitsfilm

Schutz vor Bakterien/Krankheitserregern z.B. durch sekretorische Antikörper, Lactoferrin Befeuchtung der Zähne dadurch Schutz vor Erosionen und Karies Schutz vor Infektionen z.B. durch Speichelagglutinine, Antikörper

Andauung der Nahrung durch Enzyme

Remineralisation des Zahnschmelzes durch Wiederaufbau des angegriffenen Schmelzes mit Kalzium und Phosphat Tabelle 1:

Wichtige Funktionen des Speichels

(2)

Fissuren geplagt (Abbildung). Besonders das Tragen von Prothesen kann ausgesprochen qualvoll werden.

Auf der trockenen Schleimhaut bilden sich schnell schmerzhafte Druckstellen.

Für Xerostomiker gestalten sich alltägliche Vorgänge wie Kauen, Schlucken und Sprechen immer beschwer- licher. Kauintensive Nahrungsmittel wie Vollkorn - produkte oder frisches Obst werden vermieden. Hinzu kommen Geschmacksstörungen, was wiederum den Appetit beeinflusst. Der Genuss am Essen geht verloren und es droht eine Malnutrition.

Häufig entwickelt sich, bedingt durch die Mundtrocken- heit, eine schmerzhafte Entzündung der Mundschleim- haut (Mukositis). Nicht selten vernachlässigt der Pa - tient in der Folge die Reinigung seiner Mundhöhle.

Karies, Parodontitiden und Mundgeruch sind die Fol- gen. Je geringer die Speichelfliessrate und je muköser der Speichel beschaffen ist, desto höher ist das Risiko, an Karies zu erkranken.

Besonders die Nachtruhe der Patienten wird durch die Mundtrockenheit erheblich gestört. Von Durst geplagt wachen sie immer wieder auf, um etwas zu trinken. Die resultierenden nächtlichen Toilettengänge sind für alte Menschen nicht nur lästig, sondern auch gefährlich:

■ Antihistaminika Diuretika

■ Sedativa Anticholinergika

■ Antihypertonika Antidepressiva

■ Antiparkinsonmittel Neuroleptika Tabelle 2:

Medikamente mit xerogenen

Nebenwirkungen

Abbildung:

Zunge bei Xerostomie mit typischer Fissurenbildung und Reizfibromen rechts.

Foto: Wiedemann

(3)

Der Blutdruckabfall nach dem Wasserlassen kann besonders bei Hochbetagten leicht zu lebensgefährlichen Stürzen führen (4).

Behandlungsmöglichkeiten

Führt ein Grundleiden, zum Beispiel das Sjögren-Syndrom, zu Mundtrockenheit, steht die kausale Behandlung der Erkran- kung im Vordergrund. Bei einer medikamentös bedingten Xero stomie sollte man versuchen, auf Medikamente mit gerin- geren Nebenwirkungen auszuweichen. In manchen Fällen lässt sich durch eine Veränderung des Einnahmezeitpunkts oder eine Reduktion der Dosis die Mundtrockenheit bessern (5).

Speichelstimulanzien (z.B. Pilocarpin) wirken nur bei einer noch vorhandenen Restaktivität der Speicheldrüsen und haben oft Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Schwin- del (3). Zumindest kurzfristig Abhilfe schaffen Kaugummis und Drops. Hier muss unbedingt darauf geachtet werden, dass keine sauren oder zuckerhaltigen Süssigkeiten gelutscht wer- den, da die nicht durch den Speichel geschützten Zähne sehr anfällig für säurebedingte Erosionen und Karies sind.

Grundsätzlich sollte der Patient ermutigt werden, eher harte Speisen zu sich zu nehmen, da durch kräftiges Kauen der Speichelfluss angeregt wird. Unabdingbare Voraussetzung für eine effektive Kauleistung ist ein funktionstüchtiges Gebiss be- ziehungsweise ein vollwertiger Zahnersatz (5).

Als eine weitere Behandlungsmöglichkeit werden Speichel - ersatzmittel angeboten, welche aber nur sehr kurzfristig Hilfe bringen, da sie rasch wieder heruntergeschluckt werden. Man- che Patienten lehnen Speichelersatz wegen des Geschmacks und der etwas umständlichen Handhabung ab. Die meisten auf

dem Markt vorhandenen Speichelersatzmittel weisen eine de- mineralisierende Wirkung auf Zahnschmelz und Dentin auf.

Deshalb muss bei bezahnten Patienten unbedingt darauf ge- achtet werden, dass der künstliche Speichel zumindest mit Fluoriden zur Kariesprophylaxe angereichert ist und ohne Säuerungsmittel – mit einem nahezu neutralen pH-Wert – an- geboten wird (1). Erstrebenswert sind remineralisierende Spei- chelersatzmittel als übersättigte Kalziumphosphatlösung.

Aus zahnmedizinischer Sicht ist ein engmaschiger Recall bei Xerostomikern unabdingbar. Die Patienten müssen eindring- lich zu einer optimalen Mundhygiene mit täglicher Interden- talraumreinigung motiviert werden. Zur Intensivfluoridierung ist die regelmässige Anwendung einer Zahnpasta mit hoch dosierten Fluoriden (5 mg/g Zahnpasta) sinnvoll.

Bei Mundspüllösungen muss auf alkoholische Zusätze ver- zichtet werden, da diese die ohnehin schon geschädigte

Schleimhaut zusätzlich reizen.

Dr. med. dent. Birgit Wiedemann Zahnärztin und Dipl.-Psychogerontologin Am Ziegelbaum 51, D-97204 Höchberg

Interessenkonflikte: keine

Literatur über www.allgemeinarzt-online.de

Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 20/2007. Die Übernahme erfolgt mit freund- licher Genehmigung von Verlag und Autorin.

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