18. Jahrestagung, 09.– 11. Oktober 2017, LWK NRW Haus Riswick
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Zukünftige Anforderungen an die Milcherzeugerbetriebe aus Sicht der aufnehmenden Hand
Dr. Heinz Schweer
Vion, Direktor Landwirtschaft
Die Anforderungen der aufnehmenden31 Hand, speziell des Lebensmitteleinzelhandels, an die Milcherzeuger, haben aktuell ihren Ursprung in der gesellschaftlichen Diskussion über die Zukunft der deutschen Nutztierhaltung (siehe auch Gutachten des wiss. Beirates beim Bun- desministerium, BMLE).
Lebensmittel im Allgemeinen und Fleisch und Milch im Besonderen sind beliebte Themen zahlreicher gesellschaftlicher Debatten. Dabei geht es vor allem um folgende Punkte:
• Tierschutz, bei der Tierhaltung und beim Transport
• Rückverfolgbarkeit,Transparenz und Produktintegrität
• Ökologische Auswirkungen der Milch-und Fleischproduktion
• Gesundheit des Menschen
• Verzicht auf GVO Produkte in der Fütterung
Vion beteiligt sich aktiv am gesellschaftlichen Dialog
Wir bei Vion haben uns entschieden, diese Debatten nicht zu scheuen und uns aktiv am ge- sellschaftlichen Dialog zu beteiligen.
„
Früher haben sich die Unternehmen ausschließlich um Finanzen und Shareholder value ge- kümmert. Heute ist das anders. Wir bei Vion nehmen Umwelt und Gesellschaft viel stärker in den Blickpunkt“, so Vion CEO Francis Kint. Vion hat vor diesem Hintergrund erstmals für 2016 und erstmals für ein Unternehmen in der Fleischbranche einen Corporate-Social- Responsibility–Report (CSR Bericht) vorgelegt. Dieser Report bietet eine klare Nachhaltig- keitsvision und –strategie und erläutert die Ziele, Schritte und Maßnahmen, die wir für eine nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens treffen.Der Lebensmitteleinzelhandel als ein Treiber der Änderungen in der Nutztierhaltung Neben den NGOs und der Politik ist der Lebensmitteleinzelhandel ein wichtiger Treiber die- ser gesellschaftlichen Diskussion. Wichtig zu erwähnen ist, dass sich zehn große Player über 90% des deutschen Marktanteils teilen. Mit wachsenden und differenzierter werden Ansprü- chen der Verbraucher in einer Wohlstandsgesellschaft versuchen die großen Einzelhändler die Bedürfnisse einer kritischer werdenden Konsumentenschaft in Teilen aufzunehmen. In Unter- nehmensleitbildern zur Landwirtschaft formulieren sie ihre Anforderungen u.a. auch an die Milcherzeuger. „Lidl Deutschland fördert Haltungsbedingungen über die gesetzlichen Stan- dards hinaus und setzt sich für Verbesserungen ein. In der Nutztierfütterung unterstützen wir den Einsatz von gentechnikfreiem Soja“ heißt es im Positionspapier des Unternehmens. RE- WE gibt in seinem Leitbild vor, dass u.a. keine schmerzhaften Eingriffe wie .z.B. das Enthornen der Kälber ohne Betäubung durchgeführt werden darf. Der größte Einzelhändler
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EDEKA stellt 2017 einen umfangreichen Forderungskatalog an die Milcherzeuger auf. Es werden Kriterien für die Weiterentwicklung des Tierwohls im Rahmen der Milcherzeugung für EDEKA Eigenmarken formuliert. Von der Abkehr von der Anbindehaltung bis zum Vor- handensein von Abkalbebuchten, kein Haltungs-und Kontrollpunkt wird vergessen.
Verzicht auf GNO freie Fütterung-VLOG
Im aktuellen Focus der LEH Anforderungen steht der Verzicht auf den Einsatz gentechnischer veränderter Futtermittel. In einer Erklärung des Dachverbandes BVLH von Mai 2015 heißt es dazu:“ Die überwiegende Mehrzahl der Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels fordert für ihre Eigenmarkenprodukte eine Nutztierfütterung, die auf den Einsatz von gentechnisch veränderten Futtermitteln verzichtet.“
20% der deutschen Milchproduktion sind GVO frei, in einigen Regionen wie Bayern ist der Anteil noch höher, schreibt REWE und fügt hinzu, dass die Anzahl GVO frei gelabelter Milchprodukte in einer kurzen Zeitspanne stark ansteigen wird.
Inzwischen wird auch eine Verbindung von GVO freier Milch und GVO freien Fleisches her- gestellt. VLOG Milchzertifizierungen werden auch für VLOG Fleisch anerkannt, natürlich unter Berücksichtigung von Mindestfütterungszeiten der GVO freien Futtermittel.
Nun kann man natürlich vortrefflich darüber streiten ob die Soja GVO Frei Strategie generell die Alternative für die bisherige Eiweißfütterung ist. Bei der Milch scheint es zu funktionie- ren. Rapsextraktionsschrot ist eine preiswürdige Alternative, die aber aufgrund der geringeren biologischen Wertigkeit für Schweine nicht wirkt. Bei der weltweit gestiegenen Nachfrage nach Soja stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit anders.
Nachhaltigkeitsstrategie von Mc Donald´s
Keine Rolle spielt die GVO freie Fütterung für Milchkühe bei Mc Donald´s, einer der Haupt- kunden für Kuhfleisch. Rund 90 Prozent der im Jahr verzehrten 45.000 Tonnen Hackfleisch bei Mc Donald´s Deutschland, kommen aus Deutschland, vorwiegend aus Bayern. Das sind Vorderviertel von über 325.000 Kühen pro Jahr, ca.25 Prozent der gesamten deutschen Kuh- schlachtung. Im Mc Donald´s Best Beef Programm sind bisher über 80.000 geschlachtete Kühe und über 3000 Milchviehbetriebe engagiert. Die Nachhaltigkeitsstrategie von Mc Do- nald’s umfasst drei Module in denen Kriterien der Haltung, Fütterung und des Managements eine dominierende Rolle spielen. Insbesondere Laufstallhaltung oder Anbindehaltung mit Weidegang werden honoriert. Gefördert wird ebenso die verlängerte Nutzungsdauer der Kuh und die Abkalbebox.
Das Ziel von Mc Donald´s ist nicht die 100%ige Umstellung des Burger Rohstoffs auf Best Beef. Mc Donald´s unterstreicht seine Herausforderung “Die konventionellen Strukturen der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung nachhaltiger machen, in einem wirtschaftlich trag- baren und gesellschaftlich akzeptierten Rahmen“.
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33 Tierschutzforderungen an die Milchkuhhalter
In Deutschland gibt es eine Vielzahl Runder Tische auf Bundes-und Länderebene zum Tier- schutz, sowie einige Initiativen für ein Tierschutzlabel. Überall sitzt der LEH mit am Tisch und versucht den Prozeß der Verbesserungen ordnungspolitisch zu beschleunigen oder durch Label zu vermarkten.
Zu den geforderten Tierschutzkriterien beim Milchrind gehören u.a.:
• der Ausstieg aus dem routinemäßigen nicht schmerzfreien Enthornen der Kälber
• die Erhöhung der Nutzungsdauer der Kuh
• die tierschutzgerechte Haltung durch Reduzierung der Anbindehaltung und mehr Wei- degang
• Verbot der Abgabe von hochtragenden Rindern.
Basierend auf vergleichbaren Kriterien hat auch der Deutsche Tierschutzbund mit Vertretern des LEH, der Molkereien und der Land-und Fleischwirtschaft ein eigenes Tierschutzlabel für Milchkühe erarbeitet, aufgeteilt in eine Einstiegs-und eine Premiumstufe. Bis heute sind Be- triebe über LIDL, ALDI Nord und Süd zertifiziert.
Die Debatte um die Verbesserung der Haltung der Milchkühe, sowie der Forderung nach ei- ner GVO-freien Fütterung, zeigen das große Interesse des Handels nach Umsteuerung in der Nutztierhaltung. Die Bauern sind dafür aufgeschlossen, wenn die Umsetzung der Kriterien wirtschaftlich dauerhaft honoriert wird. Die Dynamik des Prozesses bestimmt, wie schnell und wie gut eine Balance zwischen Tierschutz und Ökonomie hergestellt werden kann.