KA-Flexibilität in der Praxis und in der Simulation
Kontakt Projektkoordinator:
Prof. Dr.-Ing. Theo G. Schmitt, email: theo.schmitt@bauing.uni-kl.de Bearbeitung durch:
Dr.-Ing. Inka Hobus, email: hob@wupperverband.de
Dipl.-Ing. Dirk Salomon, email: sal@wupperverband.de Babett Hanke , M. Sc., email: hanke@tsb-energie.de
Projekt Partner:
Bild 3: Doppelhöckertest für alle technischen Einheiten
Ergebnisse der Praxisversuche
Praxisversuche
Auf der Kläranlage Radevormwald (GK4) wurden mit realen Signalen aus dem SRL- und MRL-Markt für das Jahr 2014 Abschaltversuche durchgeführt. Dafür wurden vier technischen Einheiten (siehe Bild 1) in ein virtuelles Kraftwerk integriert. Die Auswirkungen der Eingriffe auf die Reinigungsleistung der Kläranlage standen dabei im Fokus.
Bild 2: Beispielhaftes Schema einer Kommunikation der Steuerungssoftware
BHKW-Anlage RS-Pumpen Belüftung BB1 Belüftung BB2
Poster-Download unter www.erwas-arrivee.de
Bild 1: Kläranlage Radevormwald mit technischen Einheiten
Doppelhöckertest
Damit Regelenergie angeboten werden kann, muss im Vorfeld eine Präqualifikation durchgeführt werden. Dabei sind vorgegebene Lastprofile in Form eines Doppelhubes abzufahren. Die Präqualifikation gilt als Nachweis über die Fahrplantreue einer Anlage und muss für jede technische Einheit (TE) einzeln durchgeführt werden. Der durchgeführte Doppelhöckertest (Bild 3) zeigt, dass alle ausgewählten TE auf der Kläranlage Radevormwald diese Vorgabe erfüllen.
Erkenntnisse für die Vermarkung
Die durchgeführten Versuche haben gezeigt, dass die Kläranlage mit ihren Aggregaten bis zu 200 kW positive und bis zu 80 kW negative Flexibilität bereitstellen kann.
Diese Flexibilität kann mehrmals am Tag zur Verfügung gestellt werden. Durch die Restriktionen, die für den Erhalt der Reinigungsleistung der Kläranlage aufgestellt wurden, wird die Flexibilitätsbereitstellung nur geringfügig vermindert.
Bild 4: Regelenergie-Abrufe in Bezug zu NH4-N Ablaufwerte
Erkenntnisse für die Kläranlage
Die Ergebnisse aus den durchgeführten Versuchen haben gezeigt, dass durch die Einhaltung der vorgegebenen Restriktionen während der Marktsignale die Reinigungsleistung beibehalten wird. Dem Bild 4 kann entnommen werden, dass lange Marktsignale, die z. B.
zum Abschalten der Gebläse für bis zu 60 min führen können, keinen signifikante Auswirkungen auf die NH4-N Ablaufwerte haben.
SRL MRL
Anzahl der Versuchstage 5 20
Anzahl der Abrufe (max. pro Tag*) pos. 22 (12) 23 (4)
neg. - 5 (2)
Summe der Abrufzeit (max. pro Tag*) in min pos. 197 (123) 605 (150)
neg. - 215 (90)
Regelleistung gesamt (max. pro Tag*) in kWh pos. 346 (164) 708 (288)
neg. - 273 (107)
Flexibilitätsbereitstellung in % pos. 97 82
neg. - 100
* Tag von 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Tabelle 1: Versuchsergebnisse mit SRL- und MRL-Signalen
Virtuelles Kraftwerk
Ein virtuelles Kraftwerk wird durch den Zusammenschluss diverser kleiner, dezentraler Anlagen zu einer Anlage die am Energiemarkt eingesetzt werden kann.
Bei den Praxisversuchen hat die Transferstelle Bingen (TSB) das virtuelle Kraftwerk simuliert. Von hieraus erfolgten die Signale über eine Kommunikationsbox für die Schaltung der Aggregate auf der Kläranlage. Im Bild 2 sind die Kommunikationswege schematisch dargestellt.
Flexibilisierter Betrieb über ein Jahr
Um den Einfluss einer Flexibilisierung des Kläranlagenbetriebs auf Reinigungsleistung, Energie- produktion und Fremdbezug über einen Zeitraum von einem Jahr zu beurteilen, wurde ein Simulationsmodell der Kläranlage aufgebaut. Für das Zu- und Abschalten einzelner Aggregate wurden Restriktionen eingebunden, um einen sicheren Betrieb der Kläranlage zu gewährleisten. Bild 5 und 6 zeigen, wie hoch die Anteile der bereitgestellten Flexibilität für die Abrufe der MRL und SRL für das Prognosejahr 2035 sind und welche Restriktionen die Flexibilisierung unterbunden haben. Der Flexibilisierungsanteil ist bei MRL im Vergleich zur SRL aufgrund der unterschiedlichen Dauer und Häufigkeit der Abrufsignale wesentlich größer. Die Simulationen zeigen, dass ausgewählte Aggregate sowie die KWK-Anlagen ohne nachteilige Beeinflussung der Reinigungsleistung für Regeleingriffe eingesetzt werden können.
Bild 5: Flexibilisierungsanteil MRL 2035 Bild 6: Flexibilisierungsanteil SRL 2035
Ergebnisse der Langzeitsimulation
0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 0:00
0 2 4 6 8 10 12 14 16
0 40 80 120 160 200 240 280 320
NH4-N Konzentration [mg/l]
Leistung [kW]
Fremdbezug KA (15 min) Gesamtbedarf KA (15min) NH4-N Ablauf BB1 NH4-N Ablauf NK
Abruf 1: 60 min ->
Abruf 2: 15 min ->
<- Abruf 3: 15 min
<- Abruf 4: 60 min
0 20 40 60 80 100 120 140
8:45 9:00 9:15 9:30 9:45 10:00 10:15
Leistung [kW]
TE1 (BHKW) TE2 (Gebläse BB1) TE3 (Gebläse BB2) TE4 (RS-Pumpe) Herunter-
fahren:
2-3 min
Herunter- fahren:
2-3 min Anfahren:
3-4 min
Anfahren:
3-4 min
97%
Gebläse
Abrufe Max. Abschaltdauer Regenerationszeit NH4-Grenzwert
68%
Rücklaufschlammpumpwerk
Abrufe Max. Abschaltdauer Regenerationszeit Qzu
86%
BHKW positiv (zuschalten)
Abrufe Max. Laufzeit
Regenerationszeit Speicherfüllstand
Anzahl Schaltungen Bereits alle BHKW betrieben Mindestlaufzeit
98%
BHKW negativ (abschalten)
Abrufe Max. Stillstandszeit
Regenerationszeit Speicherfüllstand
Anzahl Schaltungen Bereits alle BHKW abgeschaltet Mindest Abschaltdauer
60%
Gebläse
Abrufe Max. Abschaltdauer Regenerationszeit NH4-Grenzwert
26%
Rücklaufschlammpumpwerk
Abrufe Max. Abschaltdauer Regenerationszeit Qzu
21%
BHKW positiv (zuschalten)
Abrufe Max. Laufzeit
Regenerationszeit Speicherfüllstand
Anzahl Schaltungen Bereits alle BHKW betrieben Mindestlaufzeit
35%
BHKW negativ (abschalten)
Abrufe Max. Stillstandszeit
Regenerationszeit Speicherfüllstand
Anzahl Schaltungen Bereits alle BHKW abgeschaltet Mindest Abschaltdauer