Die Labordiagnostik ent- wickelt sich mit Riesenschrit- ten. Dadurch verändert sich auch viel im niedergelasse- nen Bereich. So machen neue Bluttests die Herzinsuffizi- enz-Diagnostik sicherer, sie erleichtern den Nachweis von Allergien oder verbessern die Diagnose des Prostatakarzi- noms.
Für die Praxis vielverspre- chend ist ein Bluttest auf BNP (Brain derived natriure- tic peptide), bei dem es sich – trotz des Namens – um ein vom Herzen sezerniertes Hor- mon handelt. Ein Bluttest auf BNP könnte die Diagno- stik der Herzinsuffizienz er- heblich vereinfachen, sagte Prof. Johannes Mair (Inns- bruck). BNP wird bei Herz- insuffizienz aufgrund der ven- trikulären Volumenüberla- dung, erhöhtem Druck und gesteigerter Wandspannung vermehrt freigesetzt. 30 bis 50 pg/ml BNP gelten als normal, ab 100 pg/ml ist wahrscheinlich die linksventrikuläre Funk- tion eingeschränkt, bei mani- fester Herzinsuffizienz werden Werte über 1 000 pg/ml er- reicht.
In einer US-Studie wurde der BNP-Test bei 1 600 Pati- enten eingesetzt, die wegen Dyspnoe in die Notaufnahme kamen. Bei einem Grenzwert von 100 pg/ml habe man mit dem Test eine Herzinsuffizi- enz bei 83 Prozent der Pa- tienten genau und rasch dia- gnostizieren können, berichte- te Mair. Selbst erfahrene Un- tersucher erreichen aufgrund klinischer Befunde nur Treffer- quoten von 70 bis 80 Prozent.
Der Test auf BNP wird be- reits seit 2001 in den Europäi- schen Guidelines für die Herz- insuffizienzdiagnose, noch vor der Echokardiographie, emp- fohlen. In Deutschland ist kommerziell ein Labortest der Firma Bayer auf BNP ver-
fügbar und einer der Firma Hoffmann-La Roche, der das bei der BNP-Freisetzung an- fallende NT-proBNP nach- weist. Nach Angaben von Mair sind beide Testverfahren gleich zuverlässig.
Auch in der Allergiedia- gnostik sind Bluttests immer häufiger üblich. In-vitro-Te- stungen sind nach Ansicht von Prof. Harald Renz (Mar- burg) bereits heute den Haut- tests oft überlegen. Vorteil der In-vitro-Diagnostik: Sie ist schonend, aus einer Blut- probe sind viele Bestimmun- gen möglich; sie liefert ein zu- mindest (semi)quantitatives Ergebnis. So kann zum Bei- spiel Kindern der belasten- de Pricktest erspart werden.
Auch bei Nahrungsmittel- und Latexallergien sowie zur Bestimmung von Kreuzreak- tionen ist der Bluttest oft sehr hilfreich.
Der Nachweis von IgG, der immer noch bevorzugt ange- fordert werde, habe allerdings
„bei der klassischen Allergie- diagnostik nichts zu suchen“, sagte Renz. Einzige Ausnahme
sei die allergische Alveolitis.
Auch der Nachweis des Ge- samt-IgE sei zu vernachlässi- gen, da es zu unspezifisch und bei vielen Erkrankungen er- höht ist. Empfehlenswert ist der spezifische IgE-Nachweis.
Allerdings ist zu beachten:
Der „cut-off-point“ ist von Testsystem zu Testsystem un- terschiedlich, Werte aus ver- schiedenen Labors sind daher kaum zu vergleichen. Außer- dem sei es wichtig zu differen- zieren, so Renz. Im Labor sei nur der Nachweis der Sensibi- lisierung möglich. „Erst die kli- nische Relevanz macht aus der Sensibilisierung auch eine All- ergie.“ Der Allergie-Experte warnte daher vor voreiligen Schlüssen, etwa nur aufgrund der In-vitro-Testung bestimm- te Nahrungsmittel zu verbie- ten.
cPSA hat im „Graubereich“
höhere Spezifität
Neues gibt es auch bei der PSA-Diagnostik (Prostata-spe- zifisches Antigen). Der Nach- weis des PSA-Blut-Spiegels ermöglicht es, Prostatakarzi- nome früher und damit noch in einem potenziell kurablen Stadium zu entdecken, als dies mit der rektalen Palpati- on gelingt. Der positive Vor- hersagewert erhöhter PSA- Spiegel liegt dabei bei 26 bis 65 Prozent.
Die Spezifität lässt sich un- ter anderem dadurch erhö- hen, dass anstelle des Ge- samt-PSA das „komplexier- te“ PSA (cPSA) gemessen wird, das an andere Mole- küle gebunden ist. „Der Tu- mor bildet überwiegend ak- tives PSA, das dann kom- plexiert vorliegt“, erläuterte Prof. Peter Hammerer (Ham- burg). Die Firma Bayer bietet seit kurzem einen Test auf cPSA an.
Alle Vergleichsstudien zei- gen, dass die cPSA-Testung eine bessere Genauigkeit als der Nachweis von Gesamt- PSA hat; vor allem im „Grau- bereich“ zwischen 4 und 10 ng/ml ist die Spezifität besser.
Es kommt zu weniger falsch- positiven Resultaten. Dies kann dazu beitragen, die Zahl der Biopsien zu verringern.
Weitere Vorteile: cPSA ist sta- biler, falls die Probe vor der Aufarbeitung länger stehen bleibt, der cPSA-Wert verän- dert sich – auch nicht wie das Gesamt-PSA – durch Druck auf die Prostata (etwa beim Abtasten). Nach Ansicht von Hammerer ist die cPSA-Ana- lyse für die Früherkennung des Prostatakarzinoms daher eine viel versprechende Al- ternative zur bisherigen Dia- gnostik. Sonja Böhm
Forum Diagnostik der Bayer AG im No- vember 2002 in Stromberg
V A R I A
A
A212 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 424. Januar 2003
Labordiagnostik
Neue Bluttests steigern die Zuverlässigkeit
Unternehmen
Jeder Patient mit einer entzündlich-rheumati- schen Erkrankung sollte am Beginn der Er- krankung und danach in regelmäßigen Ab- ständen durch einen internistischen Rheu- matologen mitbetreut werden, weil nur so ei- ne optimale medikamentöse und ergänzende Versorgung sichergestellt ist. Die Realität sieht anders aus: Die Diagnose wird meist erst gestellt, wenn bereits wertvolle Zeit für die Be- einflussung des Krankheitsverlaufs verloren gegangen ist. Und auch die Qualität der Be- handlung bleibt in vielen Fällen hinter dem medizinisch Möglichen zurück, weil nur zehn bis 20 Prozent der Betroffenen die fachrheu- matologische Betreuung überhaupt erreichen.
Die Deutsche Rheuma-Liga, das Kompe- tenznetz Rheuma, die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie, die Arbeitsgemeinschaft
Regionaler Rheumazentren und der Berufs- verband Deutscher Rheumatologen sahen daher die dringende Notwendigkeit, die Pati- enten direkt über Sinn und Zweck, Möglich- keiten und Nutzen einer Mitbetreuung durch Rheumatologen zu informieren. Das Ergeb- nis ist eine Kurzbroschüre, die alle wichtigen Fragen rund um die fachrheumatologische Behandlung in leicht verständlicher Form be- antwortet.
Die Broschüre kann angefordert wer- den bei: Deutsche Rheuma-Liga Bundesver- band e.V., Maximilianstraße 14, 53111 Bonn, Telefon: 02 28/7 66 06-0, Fax: 02 28/7 66 06- 20, E-Mail: bv@rheuma-liga.de.
Im Internet finden Sie die Broschüre auch als pdf-File unter: www.rheumanet.org oder www. dgrh.de oder www.rheuma-liga.de. EB