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"Forging ahead!" Von Fälschungen und Büchern

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Henry Keazor

Ende November 2015, acht Jahre, nachdem er im November 2007 zu vier Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden war, veröffentlichte der britische Fälscher Shaun Greenhalgh zusammen mit dem britischen Journalisten, Kunstkritiker und Dokumentar­

film-Produzenten Waldemar Januszczak unter dem Titel A Forger’s Tale seine Autobiografie.1 Er stellte sich damit als bislang jüngster Bei­

trag in eine längere Reihe von Kunstfälschern, die entweder selbst ihre Memoiren verfassten oder aber ihre Lebensgeschichte von anderen aufzeichnen ließen. So war beispielsweise der niederländische Vermeer-Fälscher Han van Meegeren 1946 - noch in der Untersuchungs­

haft - von der Schriftstellerin Marie Louise Doudart de la Gree besucht worden, die ihn mit dem Ziel interviewte, seine Biografie zu schreiben und zu veröffentlichen. Voll umset- zen konnte sie diesen Plan allerdings erst 1966 mit dem Buch Geen standbeeid voor Han van Meegeren (wörtlich übersetzt „Kein Denkmal für Han van Meegeren“),2 während sie 1946 zunächst einmal einen biografischen Roman zu van Meegeren mit dem Titel Emmausi so­

wie später, 1974, eine „dramatisierende Doku­

mentation seines Lebens“ unter dem Titel Het fenotneen („Das Phänomen“) vorlegte.4 Die Verzögerung, mit der die Biografie erschien, war vielleicht auch in dem Umstand begrün­

det, dass van Meegeren nur einen Monat nach seiner Verurteilung im November 1947 bereits verstorben war, so dass Doudart de la Gree nun ganz ohne seine Unterstützung recherchieren musste.5 Nur drei Jahre nach dem Erscheinen von de la Grees van-Meegeren-Biografie leg­

te der amerikanische Reporter Clifford Irving mit seinem Buch Fake! The Story of Elmyr de Hory, the Greatest Art Forger of Our Time6 eine Lebensbeschreibung des ungarischen Fälschers de Hory vor, der unter dem Namen

„Eiemir Horthy“ 1905 in Budapest geboren

wurde7 und sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf das Fälschen von Künstlern vor allem der Klassischen Moderne wie zum Beispiel Pablo Picasso, Henri Matisse, Amadeo Modigliani, Andre Derain oder Kees van Dongen verlegt hatte.8

Wie vorsichtig man dabei sein sollte, jedes Wort in diesen Biografien für bare Münze zu nehmen, wird zum einen daran ersichtlich, dass Irving 1972 gestehen musste, eine angeblich gemein­

sam mit dem berühmten amerikanischen Milli­

onär, Geschäftsmann, Piloten und Filmprodu­

zenten Howard Hughes verfasste Autobiografie tatsächlich erfunden und gefälscht zu haben (Irving hatte zuvor angegeben, dass Hughes von Irvings de-Hory-Buch so angetan gewesen sei, dass er den Reporter kontaktiert und mit dem Verfassen seiner Lebensdarstellung beauf­

tragt habe).9 Zum anderen haben Begriffe wie

„Tale“ in Greenhalghs A Forger’s Tale oder

„Story“ in Irvings The Story of Elmyr de Hory einen durchaus ambivalenten Klang, denn sie könnten auch darauf anspielen, dass hier nicht die Wahrheit, sondern eben ein „Tale“, also eine „Fabel“ bzw. eine „Story“, also eine mehr oder weniger erfundene „Geschichte“, ein

„Märchen“ erzählt wird. Nicht umsonst viel­

leicht hatte Doudart de la Gree das abenteuer­

liche Leben van Meegerens zunächst in Form eines Romans vorgelegt, in jener literarischen Gattung mithin, in der das Thema des Kunst­

fälschers seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine regelmäßige und dabei zunehmend festen Mustern folgende Bearbeitung gefunden hat­

te.10 Es nimmt daher nicht Wunder, dass man in der Folge bei der Lektüre der Autobiografie eines Fälschers erwartete, eben diese Muster wiederfinden zu können.11 In der Tat reagiert der britische Fälscher Eric Hebborn in sei­

ner 1991 vorgelegten Autobiografie Drawn to Trouble bereits auf entsprechende Erwartungen einer Fiktionalisierung seines eigenen Lebens,

(2)

wenn er dessen Schilderung eine im Märchen­

ton gehaltene Erzählung der Lebensumstände eines fiktiven Künstlers und Fälschers namens Vincent Van Blank voranstellt.12 Mit diesem Schachzug verweist Hebborn nicht nur auf die ebenfalls bereits bestehende Tradition erfun­

dener Künstler und ihrer Biografien,13 sondern dies erlaubt es ihm auch, auf ebenso intelligen­

te wie satirische Weise all die Klischees zu pa­

rodieren, die sich der Leser angesichts der ihm eventuell bereits bekannten Schicksale eines van Meegeren oder de Hory von der typischen Lebensbeichte eines Fälschers erwarten mag:

Arm und verkannt wie der mit dem Namensan­

fang angespielte Vincent van Gogh, beschließt der geniale Van Blank (darin dem Fälscher van Meegeren ähnlich), sich an den ungnädigen und blinden Kunstkritikern zu rächen, indem er ein Gemälde Leonardo da Vincis fälscht. Der Coup gelingt, die Fälschung wird tatsächlich für ein Original gehalten und macht ihn reich. Eines Tages jedoch wird ihm ein Fehler, der ihm un­

terlaufen ist, zum Verhängnis: Ein adleräugiger Journalist entdeckt im Hintergrund des ge­

fälschten da Vinci-Gemäldes ein Telefon und kann nach gründlicher Recherche nachweisen, dass es sich dabei nicht um eine Erfindung des Renaissancekünstlers handelt. Mit den Fakten konfrontiert, beichtet Vincent die Fälschung.

Abb. 2

Edwin Noel, Facebook-Werbung vom 7. September 2015 mit Beltracchi-Comic.

Zunächst scheint dies kein großer Schaden zu sein, im Gegenteil: In den Medien wird er als Fälscherprinz gefeiert, doch dann schlägt die Stimmung um: Gestern noch von der Presse hofiert, wird er nun als talentloser Schmierfink tituliert, und allen scheint es unerklärlich, wie seine plumpe Fälschung so lange unentdeckt bleiben konnte. Tatsächlich melden sich jetzt auch Experten zu Wort, welche die fehlende Erklärung hierfür liefern: Sie wollen die Fäl­

schung schon vor längerer Zeit erkannt haben, schwiegen aber angeblich aus Bescheidenheit.

Hebborns nachfolgende tatsächliche Autobio­

grafie, die im Guten wie im Schlechten (nach seiner Demaskierung ergibt Van Blank sich - wie Hebborn selbst - dem Alkohol und „lebte glücklich bis an sein Lebensende“)14 vor dem Hintergrund dieser klischeestarrenden Mär gelesen werden will, erweist sich dann als raf­

finiertes und gewitztes Spiel mit den Ingredien­

zen eben solcher Fälscherbiografien im Beson­

deren wie von Autobiografien im Allgemeinen.

Denn, wie es die oben thematisierten Begriffe

„Tale“ und „Story“ schon andeuten, werden bei dieser Textsorte „Dichtung und Wahrheit“

klassischerweise zuweilen schwer unterscheid­

bar miteinander verquickt, da es den Verfassern solcher Lebensberichte natürlich ein Anliegen ist, den eigenen Weg mit einem Sinn und das bedeutet auch: mit davon zeugenden Zusam­

menhängen, Vorausdeutungen und Erfüllungen zu versehen. Nicht umsonst brüsten sich viele Fälscher damit, dass sie bereits in ihrer Jugend - ganz dem Klischee des früh berufenen Genies entsprechend - überzeugend die Stile großer Meister hätten imitieren können:15 Etwas, das von Hebborn ebenfalls verlacht wird, wenn er statt eines von ihm mit 14 Jahren gefälsch­

ten Kunstwerks die in diesem Alter gefälsch­

te, wacklige Unterschrift seines Erziehungs­

berechtigten unter einem Klassenbucheintrag abdruckt.

Lässt er in dem „Vorspann“ zu seiner Autobio­

grafie den fiktiven Vincent Van Blank als „Fäl­

scherprinz“ titulieren, so bezeichnete sich der deutsche Fälscher Edgar Mrugalla zwei Jahre später mit dem Titel seiner 1993 vorgelegten Erinnerungen selbst gleich als König der Kunst­

fälscher.'*' Der französische Rapper Edwin Noel

(3)

Abb. 3

Wolfgang Beltracchi, Energie entspannt 11919| (Fälschung nach Johannes Molzahn), Los Angeles County Mu­

seum of Art (Stiftung James und Ilene Nathan), 1985.

wiederum titulierte den deutschen Fälscher Wolfgang Beltracchi in der Werbung (Abb. 1 oben) zu einem schlicht Beltracchi betitelten Rap (Abb. 1 unten), den der Musiker am 11.

September 2015 zusammen mit einem in Paris gedrehten Videoclip im Internet veröffentlich­

te, als „Fälscherprinz“, als „prince du faux“.17 Jenseits von Wortspielen im Refrain wie „avec un ta tout faux/oh vraiment gars t’es dans le faux“,18 wie sie auch als Zitate in einem von Noel veröffentlichten Beltracchi-Cartoon er­

scheinen (Abb. 2), hat das Stück mit Fälschun­

gen im Allgemeinen oder Wolfgang Beltracchi im Besonderen zwar nichts zu tun, aber die mit dem Titel getätigte Berufung auf die Figur des Fälschers zeigt, wofür dieser hier stehen soll:

Für den coolen, die ganze Gesellschaft und ihr Kunst-Establishment subversiv unterlaufenden

und damit vorführenden Hippie-Betrüger,19 mit dem sich Noel als Gangster-Rapper offenbar ein Stück weit identifizieren möchte20 - und an diesem Bild hat, neben den Beltracchi-Skandal thematisierenden Dokumentarfilmen, natür­

lich auch die 2014 von Wolfgang und Helene Beltracchi veröffentlichte Autobiografie Selbst­

porträt einen wichtigen Anteil, die im Oktober 2015, durch Auftritte in den französischen Me­

dien vorab ausgiebig beworben, auch in franzö­

sischer Übersetzung erschien.21

Aber Fälscher veröffentlichen nicht nur im­

mer wieder publikumswirksam ihre Lebens­

geschichten in Buchform, sondern sie lassen Büchern darin auch oftmals eine entscheiden­

de Rolle zukommen: In seiner von dem Autor Hugo Wegenast aufgezeichneten, 2000 er­

schienenen Autobiografie beschreibt der Ma­

(4)

Abb. 4

Johannes Molzahn, Energien entspannt, Holzschnitt, 1919.

ler, Grafiker und Fälscher Wolfgang Lämmle,22 wie er als etwas über Zwanzigjähriger verzwei­

felt versucht, hinter das kreative Geheimnis der von ihm bewunderten Künstlerinnen und Künstler zu gelangen: Er studiert deren Wer­

ke und besorgt sich die richtigen Utensilien - aber es misslingt ihm dennoch, deren Stil und Qualität zu treffen. Erst als ihm eines Tages ein Restaurator in der Staatsgalerie Stuttgart den Rat gibt, sich Max Doerners Malmaterial und seine Verwendung im Bilde - einen 1921 erstmals erschienenen Klassiker der kunsttech­

nologischen Literatur23 - zu besorgen und zu studieren, gelingt Lämmle der entscheiden­

de Durchbruch. Schon als es ihm glückt, den Band in einer Buchhandlung zu erstehen, er­

lebt Lämmle ein erstes triumphales Freuden­

gefühl: „Kaum war es mir möglich, normal weiterzugehen, es gelüstete mich, zu hüpfen, zu springen, zu laufen, im Zick-Zack zwischen den Leuten auf der Straße herumzurennen, zu schreien und manchem Irrsinn mehr [...] Die Welt nahm keine Notiz von meinem Glück, aber das war mir gleichgültig. Ich fuhr nach Hause und steigerte meine Erwartung zu köst­

licher Pein, indem ich es mir verbot, unterwegs

auch nur einen einzigen, kleinen Blick auf eine einzige Seite meines ,Dörner‘ [sic!] zu wer­

fen.“24 Doerners Buch erweist sich zwar auf­

grund der Vielfalt der zudem fachsprachlich vermittelten Informationen zu Maltechniken und Larbenherstellung als spröde Kost für den jungen Lämmle. Jedoch eröffnet das dort ausgebreitete technische Wissen ihm nun den zuvor verwehrten Zugang zum Schaffen der verehrten Künstlerinnen und Künstler, indem es die bis dahin klaffende Lücke zwischen dem Potenzial, das im Besitz der richtigen Maluten­

silien liegt, und dem Studium der mit solchen Materialien ausgeführten Werke über die Brü­

cke der hierfür nötigen technischen Kenntnisse schließt: „Reiniger, Zügel, Braith, Mali, Beuer­

bach, Starker, Baumann, Liebermann, Corot“, ruft Lämmle die von ihm bewunderten Land­

schaftsmaler nun pathetisch an: „Ihr alle seid nun meine Brüder geworden, mit euch will ich nun leben und arbeiten, mit euch will ich mich messen.“25

Dass derartige Schilderungen kein Einzelfall sind, zeigen die sieben Jahre vor Lämmles er­

schienenen, bereits thematisierten Lebense­

rinnerungen Edgar Mrugallas - auch er malt zunächst „drauflos“, da ihm das notwendi­

ge Wissen um die richtige Technik fehlt: „Ich

Abb. 5

Wolfgang Beltracchi, Grafische Wiedergabe der Mol­

zahn-Fälschung Energie entspannt.

(5)

Abb. 6

Tafel 2 aus: Adam von Bartsch / Edme-Fran^ois Gersaint, Catalogue raisonne de toutes les estampes qui forment l'oeuvre de Rembrandt, et ceux de ses principaux imitateurs, Paris 1751.

wußte nichts von der Lehre der Farben, der Mischung, dem Verhältnis Licht zu Schatten, dem Bildaufbau. Ich hatte keine Ahnung, daß ein gelungenes Bild wie ein Flaus entsteht: zu­

erst wird der Boden für den Keller ausgehoben, dann kommen die Fundamente, Mauern, das Dach. Ich begann anfangs meistens mit dem Dach und wunderte mich, daß kein Platz für den Keller war.“26 Erst als er die richtige Litera­

tur zur Hand nimmt, gelingt ihm der entschei­

dende Durchbruch: „Wie ein Besessener hockte ich über meinen Bildern, sah in Büchern nach, was sie über die Techniken der alten Meister schrieben.“27 Mrugalla beschließt diesen Pas­

sus stolz mit dem Hinweis: „Wie genau ich die Techniken [...] beherrsche, mag man daran se­

hen, daß der Großteil meiner Kopien von Ex­

perten als echt bezeichnet wurde.““6

Aber nicht nur zur Aneignung des rein techni­

schen Wissens29 sind Bücher für den Fälscher wichtig: Fälscher wie van Meegeren oder Bel- tracchi bezogen aus ihrem Studium kunsthis­

torischer Literatur zum Teil überhaupt erst die Ideen, welche Werke sie in das CEuvre eines Fäl­

scher hineinfälschen sollten, um damit erfolg­

reich zu sein. Van Meegeren wurde durch das Lesen bewusst, dass seine Vermeer-Fälschun­

gen umso enthusiastischer und damit auch un­

kritischer von den Experten begrüßt werden würden, je besser sie in der Kunstgeschichte entwickelte Theorien zu Leben und Schaffen Vermeers anschaulich bestätigten. Folglich schuf er Gemälde mit religiöser Thematik, die einen italienischen Einfluss auf den niederländi­

schen Meister dokumentierten, womit er gleich in doppelter Weise die Hoffnungen der Kunst­

historiker erfüllte bzw. sogar übertraf: Man hatte angenommen, dass Vermeer wohl mehr als nur die bis dahin bekannten zwei Bilder religiösen Inhalts geschaffen hatte,30 und van Meegeren gab sie der Kunstgeschichte. Darü­

ber hinaus bestätigte er mit seinen Fälschungen nicht nur eine vermutete Auseinandersetzung Vermeers mit italienischer Kunst, sondern er

(6)

präzisierte deren Modelle sogar noch, indem er gleich seine erste große Vermeer-Fälschung, das Emmaus-Mabl, als deutlich von Caravaggio ge­

prägt anlegte.31

Welch eigenwillige Konstellationen aus solchen Rückgriffen von Fälschern auf den in kunst­

historischen Büchern gebotenen Wissens- und Vorlagenreichtum entstehen können, vermag die Autobiografie der Beltracchis deutlich zu machen. In Bezug auf seine ab Mitte der 80er Jahre angefertigten Fälschungen nach Johannes Molzahn schreibt Wolfgang Beltracchi dort:

„Schon 30 Jahre zuvor war mir dieser in Du­

isburg geborene, ungerechterweise weithin ver­

gessene Maler aufgefallen. [...] Mit ,Energie entspannt1 wollte ich an dieses beeindruckende Werk anknüpfen. Die 1919 entstandene Bilder­

reihe, aus der ich das Gemälde schöpfte, brach­

te Molzahn den Beinamen deutscher Boccioni‘

ein, und tatsächlich war seine Malerei zu jener Zeit stark von den italienischen Futuristen be­

einflusst. Aus einer in den zwanziger Jahren entstandenen, intensiv farbigen Werkgruppe, die sich diesmal an den Synchronie-Werken Delaunays anlehnte, leitete ich andere Themen ab.“32 Wie vor ihm van Meegeren gab Beltrac­

chi dabei der Kunstgeschichte, wonach sie ge­

sucht hatte, denn man hatte zwar von Mol­

zahns Kenntnis der Bilder Umberto Boccionis und Robert Delaunays gewusst - aber erst die Fälschungen Beltracchis stellten dies nun an­

schaulich vor Augen und machten sie damit für Kunsthistoriker besonders attraktiv. Freilich sind Begriffe wie „schöpfen“ oder „ableiten“ in diesem Fall ein klein wenig irreführend, denn just bei der Molzahn-Fälschung Energie ent­

spannt von 1985 (Abb. 3) handelt es sich streng genommen um eine Original-Komposition Molzahns, die dieser 1919 in dem Holzschnitt Energien entspannt (Abb. 4) entwickelt hatte und die Beltracchi lediglich farbig fasste.33 Der Holzschnitt eignete sich jedoch besonders gut dazu, die dort nur im Medium einer Schwarz- Weiß-Grafik sichtbaren Bezüge zu den Gemäl­

den von Boccioni und Delaunay um den Ver­

weis auch auf die stark leuchtende Farbigkeit, von der diese Bilder geprägt sind, zu erweitern.

Wenn Beltracchi nun in seiner Autobiografie eine Schwarz-Weiß-Nachzeichnung seiner ur­

sprünglich farbigen Molzahn-Fälschung abbil­

det (Abb. 5), entkleidet er sie jedoch ausgerech­

net wieder der eigenen Zutaten und nähert sie dem verwendeten Vorbild stark an.

Aber nicht nur in solcher Weise finden Fäl­

schungen selbst wieder in Bücher zurück: Aus­

stellungskataloge, aber auch ganze Monografi­

en bilden diese natürlich ebenfalls ab, solange sie noch für Originale gehalten werden - oder aber, um just vor Fälschungen zu warnen: In so genannten „Catalogues raisonnes“, Werk­

katalogen, in denen die jeweiligen Autoren darlegen, aus welchen Gründen sie bestimmte Schöpfungen für echt bzw. für Repliken, Ko­

pien oder sogar Fälschungen halten, finden sich immer wieder auch anschauliche Gegen­

überstellungen, die zum Beispiel dem Samm­

ler dabei behilflich sein sollen, Originale von Kopien oder Fälschungen zu unterscheiden.

So stellt ein von Adam von Bartsch und Edme Francois Gersaint 1751 vorgelegter Katalog von Rembrandt-Grafiken auf mehreren Ta­

feln immer wieder Ausschnitte aus Blättern einander gegenüber, anhand derer deutlich ge­

macht wird, worauf man bei der Begutachtung mancher Rembrandt-Grafiken achten muss, um Original und Kopie voneinander zu unter­

scheiden (Abb. 6).34 Ab 1928 veröffentlichte der van-Gogh-Experte Jacob-Baart de la Faille ein vierbändiges Werkverzeichnis zu Vincent van Gogh, das sich unter anderem mit einer Zusammenstellung aller bis dahin bekannten Signaturen van Goghs zugleich als eine Art Handbuch und Nachschlagewerk für Sammler empfahl (Abb. 7)35 - und das er 1930 um einen Ergänzungsband erweitern musste, in dem er alle ihm mittlerweile bekannt gewordenen Fäl­

schungen der Gemälde van Goghs aufführte.36 Es mutet geradezu wie eine Ironie an, dass sich mittlerweile auch schon der Experte für die Gemälde des Vermeer-Fälschers Han van Mee­

geren, Frederik H. Kreuger, gezwungen sah, eine ähnliche Gegenüberstellung von echten und falschen Signaturen Han van Meegerens in seinem Catalogue raisonne von dessen CEuvre vorzunehmen (Abb. 8).37 Aufgrund der anhal­

tenden Popularität des Fälschers (über keinen anderen Kunstfälscher wurden im Laufe der Zeit so oft und anhaltend Biografien und Ka-

(7)

FAC-SIMILES DE SIGNATURES

DE

VINCENT VAN GOGH

ViW-nf

Signaturc du tablcau n° 84 (1885).

Signature du tableau n° 1250.

(Epoque de Paris, 1886-1888.)

\finctnt-

Signature du tableau n° 273.

(£poquc de Paris, 1886-1888.)

Vrn'c<2 u ^ *7

Signature du tableau n° 333 (1887).

Vl'aCfn F

Signature du tableau n° 347, (Epoque de Paris, 1886-1888.)

"Yi'ncervhze 7

Signature du tableau n° 357 (1887).

\/t /? c t'f*

Signature du tableau n° 320.

(ßpoque de Paris, 1886-1888.)

V

rncenf-~SX Ifr

nu

Signature du tableau n° 400 (1888).

Signature du tableau n° 379 (1887).

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Signature du tableau n° 435 (1888).

Viru-ent

Signature du tableau n° 443 (1888).

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i c Ti"t it ia.fi Je/uuL

Signature du tableau n° 463 (1888).

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Signaturc du tableau n° 502 (1889).

k

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Signature du tableau n° 585 (1-poque d'Arles, 1888-1889.)

Abb. 7

Tafel mit den Original-Signaturen von Vincent van Gogh, aus: Jacob-Baart de la Faille: L'CEuvre de Vincent van Gogh, Paris 1928.

(8)

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Signatures of H.A. van Meegeren, the two lower ones are fake

Abb. 8

Tafel mit Original-Signaturen Han van Meegerens sowie zwei Signaturen-Fälschungen, aus: Frederik H.

Kreuger, Han van Meegeren Revisited. His Art & List of Works, Rijswijk 2010.

taloge veröffentlicht) ist der Wert von dessen Werken - sowohl von den unter seinem eigenen Namen vertriebenen Bildern wie auch insbe­

sondere von seinen Fälschungen - inzwischen so gestiegen, dass sie selbst gefälscht werden.

Nicht nur in solchen rein der wissenschaftli­

chen Aufklärung und Prävention dienenden Fachpublikationen, sondern natürlich auch in den angesprochenen (Auto-)Biografien von Fälschern finden sich Fälschungen beschrie­

ben und zuweilen sogar entlarvt: Der eingangs erwähnte Shaun Greenhalgh sicherte seinem Forger’s Tale vorab geschickt die öffentliche Aufmerksamkeit, indem er in dem Buch erst­

mals gestand, ein Werk gefälscht zu haben, dessen Autorschaft zuvor in der Fachliteratur jahrelang kontrovers diskutiert und daher auch Gegenstand von Buchpublikationen gewesen war. 2010 und 2012 wurde in drei Büchern für die Zuschreibung eines Frauenporträts, das mutmaßlich einstmals Teil eines Buches war,

an Leonardo da Vinci (Abb. 9) argumentiert:

In dem Band Leonardo’s Lost Princess: One Man’s Quest to Authenticate an Unknown Portrait by Leonardo da Vinci (veröffentlicht von dem kanadischen Kunstsammler Peter Silverman und seiner Co-Autorin Catherine Whitney), in dem Buch Leonardo da Vinci.

„La Bella Principessa“. The Profile Portrait of a Milanese Woman (verfasst von dem Oxforder Kunsthistoriker Martin Kemp und dem Kunst­

technologen Pascal Cotte) und in dessen italie­

nischer erweiterter Neuausgabe La bella princi­

pessa di Leonardo da Vinci. Ritratto di Bianca Sforza.2,8 Wie Kemp und Cotte seit 2011 zu zei­

gen bestrebt sind, war das auf Velum gemalte Bildnis möglicherweise einstmals eine Seite aus einem heute in der Polnischen Nationalbiblio­

thek in Warschau aufbewahrten Exemplar der so genannten Sforziaden, einem auf das Jahr 1496 datierbaren, gedruckten und sodann mit Handzeichnungen ausgeschmückten Buch, das ein Lobgedicht auf den Mailänder Herzog und Förderer da Vincis, Ludovico Sforza, enthält und die Laufbahn von dessen Vater Francesco sowie von dessen Familie verherrlicht. Zwar ist die Schnittkante der in dem Band fehlenden Seite durch den Einband verdeckt, jedoch sind Kemp und Cotte davon überzeugt, dass die drei Löcher am linken Rand der Bella Principessa mit den fünf Einstichen in Einklang gebracht werden können, mit denen die Seiten des Bu­

ches geheftet wurden.59

Greenhalgh behauptete in seiner Autobiografie nun jedoch, es handele sich dabei um eine - sei­

nem eigenen Urteil zufolge: nicht einmal beson­

ders gute40 - Zeichnung von seiner Hand, die er 1978 weder als Leonardo noch als Fälschung, sondern eher als aufwändige Stilübung geschaf­

fen habe.41 Als Modell habe eine Kassiererin in einem örtlichen Supermarkt gedient, und er liefert als Beleg seiner Urheberschaft eine gan­

ze Serie an Hintergrundinformationen zu den dabei angeblich angewendeten materiellen und technischen Bedingungen, zu deren Überprü­

fung am „Original“ er immer wieder indirekt einlädt.42 Dabei nimmt er auch genüsslich auf die Publikationen Kemps Bezug, wenn er etwa schreibt: „Obgleich ich kein Oxford-Professor bin, könnte ich zig Gründe dafür angeben, war-

(9)

Abb. 9

Leonardo da Vinci (?) oder Shaun Greenhalgh (?), La Bella Principessa, Privatsammlung.

(10)

um ich nicht denken würde, dass die Zeichnung von Leonardo stammt.“43 Zwar kann Green- halgh seine Erzählung nicht mit allen zur Bella Principessa bislang diskutierten Sachverhalten in Einklang bringen,44 weshalb Kemp seine Dar­

stellung auch als „nicht ernst zu nehmen“ bzw.

„lächerlich“ abgetan hat45 - interessant ist es je­

doch in jedem Fall, dass hier ein Fälscher ohne große Not und wohl aus Publicity-Gründen ein Werk für sich reklamiert, auch wenn sich viel­

leicht nachweisen ließe, dass es gar nicht von ihm stammt.46

Die ultimative Engführung von Fälschun­

gen und Büchern besteht natürlich schließlich in jenen Fällen, in denen gleich ganze Bücher gefälscht werden. So fälschte der britische Be­

trüger John Drewe zwischen 1989 und 1995 komplette Jahrzehnte zuvor veröffentlichte Ausstellungskataloge und tauschte diese so­

dann gegen die Originale in den Archiven von Galerien und Museen sowie in Kunstbibliothe­

ken aus.47 Auf diese Weise schuf er jenen Kunst­

fälschungen eine überzeugende und langjährige Provenienz, die sein Kompagnon, der Maler John Myatt, tatsächlich erst kurz zuvor ge­

schaffen hatte: Bat Drewe anschließend bei den betreffenden Institutionen um Auskunft, ob ein fragliches Werk in den 50er Jahren schon ein­

mal ausgestellt worden sei, so konsultierte man dort nichtsahnend seine gefälschten Kataloge und bestätigte daraufhin seine Anfrage. Wie erfolgreich dieses System funktionierte, kann man auch daran erkennen, dass keines der von Myatt gefälschten Werke jemals aus Argwohn heraus technisch untersucht wurde - hätte man dies getan, so wären sie sofort als Fälschungen entlarvt worden, da der Fälscher sich keine Mühe gab, mit historisch korrekten Materialien zu arbeiten.48

Fungierten im Falle von Drewe und Myatt die gefälschten Bücher als Hilfsmittel, um den Kunstfälschungen eine respektable Vergan­

genheit zu erlügen, so gibt es auch zahlreiche Fälle, in denen Bücher um ihrer selbst willen gefälscht werden. Als herausragendes Beispiel mag man hierbei an den Fall des 2012 als Fäl­

schung entlarvten Bandes des Sidereus Nuncius von Galileo Galilei denken, der scheinbar ein Korrekturexemplar darzustellen schien, in das

der Astronom 1610 eigenhändig fünf seiner Mondansichten eingezeichnet hatte.49 Nachdem das Ganze jedoch als äußerst aufwändige Fäl­

schung entlarvt worden war, hinter welcher der frühere Direktor der ehrwürdigen Neapolitaner

„Biblioteca dei Girolamini“, Marino Massimo De Caro, stand,50 wurde wiederholt das Erstau­

nen darüber geäußert, dass dieser sich derartige Mühe gemacht haben sollte, ein ganzes Buch des 17. Jahrhunderts zu fälschen - etwas, wo­

mit man nicht unbedingt rechnen könne.51 Wie jedoch alleine ein Blick in die Biografie des bri­

tischen Büchersammlers und Fälschers Thomas James Wise zeigt, die der Autor und Journalist Wilfried Partington 1939 unter dem doppelsin­

nigen Titel Forging Ahead (was einmal „sich Bahn brechen“, „seinen Weg machen“, aber eben auch „munter voran fälschen“ bedeuten kann) vorgelegt hatte,52 ist dies durchaus nicht so exotisch, wie es sich auf den ersten Blick aus­

nehmen mag: Auf dem Buch-Antiquariats-Sek- tor sei, wie Partington schreibt, im späten 18. Jahrhundert, da „die Praxis des Sammelns dann aufgehört hatte, auf gelehrte Institutio­

nen und reiche Adelige beschränkt zu sein“,53 mit der Zunahme an Buchsammlern auch die Zahl der gefälschten Bücher und Manuskripte angewachsen. Wise liefert dann auch in seinem Buch mit der „Introducing the secret emperor of book forgers and some of his forerunners“

überschriebenen Einführung einen kleinen Ab­

riss der seit dem späten 18. Jahrhundert tätigen und gewissermaßen auf Thomas James Wise hinführenden Buchfälscher. Der Autor präsen­

tiert sie auch, um vor deren Hintergrund das Profil von Wise umso schärfer zeichnen zu kön­

nen, handelt es sich bei ihm in den Augen Par- tingtons doch um jemanden, „dessen Leistun­

gen einen neuen Abschnitt in der Geschichte des literarischen Betrugs“ bedeuteten.54 Wise, auch Gründer der so genannten Asbley Library, einer berühmten Sammlung von Manuskripten und Erstausgaben englischer Dichter vom 17. Jahr­

hundert an,55 hatte sich zunächst einen inter­

nationalen Ruf als Bibliophiler, Buchsammler sowie als Fälschungsexperte erworben, ehe er die dabei gesammelten Erfahrungen darauf verwendete, nun selbst in großem Stil Fälschun­

gen zu schaffen und zu verkaufen, die 1934,

(11)

Totalfälschung eines ganzen Buches bestehen.

Im Jahr 1991 gab der Londoner Buchmacher Ken Talbot die erwähnte, 1969 erstmals er­

schienene Biografie des Malers und Fälschers de Hory aus der Feder Clifford Irvings in ei­

ner Neuauflage unter dem Titel Enigma! The New Story of Elmyr de Hory. The Greatest Art Forger of Our Time. Retold and Presented by Ken Talbot heraus. Der mit der Wendung Enigma! im neuen Titel verwendete Begriff des

„Rätsels“ schien an sich zunächst einmal eben­

so rätselhaft wie die Motivation Talbots, das antiquarisch weiter verfügbare Buch Irvings wortgetreu noch einmal zu veröffentlichen, denn tatsächlich war an der wiederaufgelegten

„Story“ kaum etwas „neu“, noch wurde sie von Talbot auch nur „neu erzählt“ („retold“): Dieser hatte dem unverändert belassenen Text Irvings lediglich eine (unpaginierte) Einführung vor­

angestellt und einen (gleichfalls unpaginierten) 30-seitigen Epilog angehängt, der zum einen kurz das 1969 naturgemäß noch nicht bekannte Ende des 1976 gestorbenen de Hory nachträgt, der zum anderen aber auch angebliche Auszüge aus dessen „geheimen Aufzeichnungen“ wieder­

gibt, in denen der Maler unter anderem die von ihm bei Renoir-, Monet-, Pissarro- und Tou- louse-Lautrec-Fälschungen angewendeten Tech­

niken darlegt.57

Formulierungen wie „new“ and „retold“ schei­

nen also zunächst einmal nur verwendet wor­

den zu sein, um dem Buch Aufmerksamkeit zu sichern, indem hier scheinbar neue Einblicke in das Leben und Schaffen de Horys verheißen wurden. Doch darin erschöpfte sich der Betrug bei weitem noch nicht: Das Verdikt der „lite­

rarischen Fälschung“ („literary fake“) stammt von niemand anderem als von dem Originalau­

tor Irving selbst, der in einem 1996 gegebenen Interview zwar bestätigte, dass er Talbot die Rechte an dem Buch abgetreten, dass er aber nicht die in dem Buch abgedruckte und mit sei­

nem Namen gezeichnete Eingangsnotiz verfasst habe.58 Mit derselben wollte Talbot wohl den

Neuerungen in Talbots Enigma! gibt. Denn gegenüber Irvings Originalbuch wartet die Neuausgabe mit zehn neuen Farbabbildungen auf,60 die alle angebliche, zuvor nicht bekannte Fälschungen de Horys wiedergeben. Nicht zu­

fällig handelt es sich dabei um Bilder, die sich, zusammen mit rund 400 weiteren angeblich in den 70er Jahren gekauften Fälschungen de Ho­

rys, alle in Talbots Besitz befinden. Nun wird auch deutlich, welche strategische Rolle den angeblichen „geheimen Aufzeichnungen“ de Horys zukommt, denn es dürfte ebenfalls kein Zufall sein, dass der Fälscher sich dort vorgeb­

lich zur Technik von unter anderem Renoir- und Monet-Fälschungen äußert - und Talbot just solche Renoir- und Monet-Fälschungen in seinem Buch abbildet.

Sechs der zehn illustrierten Werke wurden drei Jahre später, 1994, in einer Galerie der in To­

kio ansässigen Zeitung „Sankei Shimbun“ ge­

zeigt. Die Ausstellung umfasste 70 angebliche Fälschungen de Horys aus dem Besitz Talbots und war wohl als Versuch gedacht gewesen, dessen Sammlung auf gewinnbringende Wei­

se bekannt zu machen, da sich mittlerweile Kunstsammler wie zum Beispiel der englische Antiquar John Pyle auf das CEuvre de Horys spezialisiert hatten.61 Schon das stilistische Erscheinungsbild der handwerklich schwach gearbeiteten Bilder lud jedoch zur Skepsis ein.

Zudem handelte es sich bei den Gemälden um simple, mehr oder weniger getreue Kopi­

en, während von de Hory bekannt ist, dass er stolz darauf war, nicht einfach bereits exis­

tierende Werke zu wiederholen, sondern stets im Geist des jeweils zu fälschenden Künstlers komplett neue Schöpfungen zu erfinden. Ex­

perten wie frühere Weggefährten kamen da­

her übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass es sich bei den gezeigten Bildern nicht um „echte“

Fälschungen de Horys, sondern vielmehr um unter seinem Namen in Umlauf gebrachte Ko­

pien, mithin also: um „falsche Fälschungen“

handele.62

(12)

Interessant ist Talbots Verfahren dabei inso­

fern, als er sich offenbar - möglicherweise sogar über Irvings Biografie - die Methoden der Heh­

ler Fernand Legros und Real Lessard, welche die Fälschungen de Horys zunächst vertrieben, angeeignet hatte: Diese hatten immer wieder so genannte „Tip-Ins“ praktiziert, das heißt, sie hatten aus einem alten, mit eingeklebten Foto­

grafien illustrierten Katalog die entsprechenden Abbildungen der Originale herausgelöst und gegen Aufnahmen von Fälschungen de Horys ausgetauscht, die motivisch zu den im Kata­

logtext beschriebenen Originalen passten.63 Ähnlich John Drewe, der zuweilen auch sol­

che „Tip-Ins“ vorgenommen, zuweilen jedoch auch ganze Kataloge - um die Fälschungen Myatts ergänzt - neugedruckt und dann gegen die Originale ausgetauscht hatte,64 legte Tal­

bot Irvings de Hory-Biografie neu auf, um die dort abgedruckten Fotografien der alten, „ech­

ten“ Fälschungen gegen solche der in seinem Besitz befindlichen „falschen“ Fälschungen auszutauschen. Damit aber realisierte er zu­

gleich in gewisser Weise einen Plan, den Legros und Lessard aufgrund ihrer Verhaftung nicht mehr in die Tat umsetzen konnten: Sie hatten sich vorgenommen, eine Biografie des aus den Niederlande stammenden fauvistischen Maler Kees van Dongen zu schreiben und diese mit van-Dongen-Fälschungen de Horys zu illus­

trieren.65 Da ab 1969 eine Biografie de Horys vorlag, die diesen zudem einer breiteren Öffent­

lichkeit bekannt gemacht hatte,66 konnte sich Talbot den Umweg über die Originalkünstler schenken und sich gleich daran machen, die Le­

bensbeschreibung des Fälschers zu manipulie­

ren, um seine gefälschten Fälschungen de Ho­

rys als Originale erscheinen zu lassen: Fälscher und Fälschungen hatten hier im Medium des Buches auf gleich doppelte Weise die Originale ersetzt.

1 ShaunGreenhalgh / Waldemar Januszczak,AEor- ger’s Tale, London 2015 - vgl. Kat.-Nr. IV.26.

Eine erste Auflage erschien in einer Zahl von 400 nummerierten und von Greenhalgh handsignier­

ten Exemplaren: Das Buch gab sich also von sei­

ner Aufmachung und Vermarktung her als limi­

tiertes Sammlerstück. Dementsprechend schnell war diese erste Auflage vergriffen, auf die Mitte Dezember 2015 eine zweite - und angeblich letzte - Auflage von wiederum nur 400 Stück folgte, die ebenso rasch ausverkauft war.

2 Marie Louise Doudart de la Gree, Geen stand­

beeid voor Han van Meegeren, Amsterdam 1966. Die deutsche Übersetzung erschien unter dem Titel Ich war Vermeer, Gütersloh 1968.

3 Marie Louise Doudart de la Gree, Emmaus, Utrecht 1946. Der Titel dieses (mit Werken van Meegerens illustrierten) Romans bezieht sich auf van Meegerens berühmteste Vermeer-Fälschung, das 1937 vollendete Emmaus-Mabl (Rotterdam, Museum Boijmans van Beuningen), mit dem er erstmals eine breitere Fachwelt täuschte. Vgl.

dazu Kat.-Nr. 1.27.

4 Marie Louise Doudart de la Gree, Het feno- meen: Gedramatiseerde documentaire over het leven van de kunstschilder Han van Meege­

ren, Den Haag 1974. Der Text wurde von dem Schauspieler Henk van Ulsen, für den Doudart de la Gree ihn auch geschrieben hatte, 1974/75 im Rahmen einer Holland-Tournee unter der Regie von Joes Odufre als Theater-Monolog aufgeführt.

5 Etwas schneller war hier der niederländische Journalist, Radiomoderator und Schriftsteller (Gerrit Hartog) Bob Wallagh mit seinem Buch De echte van Meegeren, Amsterdam 1947. Der Band zählt freilich auch nur 108 Seiten, von de­

nen zudem mehr als 30 ganz oder teilweise von Illustrationen eingenommen werden.

6 Clifford Irving, Fake! The Story of Elmyr de Hory, the Greatest Art Forger of Our Time, 1969 -vgl. Kat.-Nr. IV.13.

7 So das Ergebnis der dokumentierten Archiv-Re­

cherchen des norwegischen Regisseurs Knut W.

Jorfald in seinem Film Almost True. The Noble Art of Forgery (alternativer Titel: Masterpiece or Forgery? The Story of Elmyr de Hory) von 1997 - zu dem Film vgl. auch Kat.-Nr. IV.24. In seinem Buch The Forger’s Apprentice. Life with the World’s Most Notorious Artist, Leipzig 2012 (Print on demand) berichtet Mark Forgy S. 316 von Recherchen in den Archiven der „Associa­

tion of Jewish Communities“ in Budapest, denen zufolge sich in einem auf 1906 datierten Buch der Eintrag eines „Elemer Albert Hoffmann“

gefunden habe, den er - ohne weitere Erklärung

(13)

mir Horthy“ genauso in den anderen Namen de Horys - „Joseph Elementer Dory Boutlin“ bzw.

„Dory-Boutin“ oder „von Houry“ - präsent. Da weder klar ist, um was für eine Art von Doku­

ment es sich bei dem von Forgy angeführten Buch (er selbst spricht nur von „records“ in „a cof- fee-table-size book dated 1906“) genau handelt, noch dargelegt wird, wieso gerade dieser Eintrag mit de Hory identifiziert werden sollte, sind diese Informationen vorerst mit großer Reserve zu be­

handeln.

8 Vgl. dazu Irving, Fake! sowie Henry Keazor:

Täuschend echt! Eine Geschichte der Kunstfäl- schung, Wiesbaden 2015, S. 216-232.

9 Vgl. die entsprechenden Darstellungen in Clifford Irving, Project Octavio, London 1977 (neu aufge­

legt als: The Hoax, London 2007) sowie Stephen Fay / Lewis Chester / Magnus Linklater, Hoax:

The Inside Story of the Howard Hughes / Clif­

ford Irving Affair, New York 1972. Vgl. dazu auch Kat.-Nrn. IV.16-IV.18.

10 Vgl. dazu auch die Beiträge von Aviva Briefei und Tina Öcal in diesem Katalog.

11 Bereits Otto Kurz, Fakes. A Handbook for Col- lectors and Students, London 1948 (vgl. auch Kat.-Nr. 1.10), ein wahrscheinlich auch durch den wenige Jahre zuvor bekannt gewordenen Van Meegeren-Skandal provoziertes Buch, weist bestimmte Motive - wie z. B. das des „unschul­

digen“ Fälschers und des verkannten Genies - (S. 316) als in den Bereich von „legend“ und

„myth“ gehörig zurück.

12 Vgl. dazu Eric Hebborn, Drawn to Trouble. The Forging of an Artist. An Autobiography, Edin­

burgh 1991, S. 11. Vgl. auch Kat.-Nrn. 1.19 und III.3. Auch die beiden Titel dieser Autobiogra­

fie sind auf ihre Weise mehrdeutig: „Drawn to trouble“ kann einmal als „Vom Ärger angezo­

gen“ bedeuten und darauf anspielen, dass sich Hebborn durch seine Fälschertätigkeit immer wieder in für ihn schwierige Situationen ge­

bracht hat (eine Lesart, die sich in Anbetracht des Umstands, dass Hebborn am 11. Januar 1996 in Rom unter bis heute ungeklärten Um­

ständen ermordet wurde, besonders makaber ausnimmt). Das „drawn“ könnte sich aber auch auf die Tätigkeit des Zeichnens beziehen, so dass der Titel mit „Gezeichnet, um Verwirrung zu stiften“ übersetzt werden könnte, was sich auf die gefälschten Zeichnungen Hebborns beziehen würde, mit denen er immer wieder die Experten

auch für „aufbauen, erfinden, schmieden“ stehen kann, könnte man den Untertitel auch als Um­

schreibung der in der Autobiografie geschilder­

ten Genese eben des hinter diesen Fälschungen stehenden Künstlers lesen, als den Hebborn sich gleichwohl versteht. Doch noch in einer anderen Hinsicht könnte sich der Untertitel auf die Fäl­

schertätigkeit Hebborns beziehen: Im Sinne von

„Die (Ver)Fälschung eines Künstlers“ verstan­

den, könnte Hebborn damit andeuten, dass er auf seinem Werdegang vom „rechten“ Weg des herkömmlichen Künstlers abgezweigt ist und diese Laufbahn daher verfälscht hat. Indem er seine eigenen Werke unter dem Namen anderer Künstler vertrieb, könnte sich der Titel schließ­

lich auch darauf beziehen, dass Hebborn damit auch deren Werk verfälschte.

13 Dies muss sich nicht nur auf Fälscher als Ro­

manfiguren beziehen, sondern könnte auch auf die Tradition der Biografien erfundener Künst­

ler zielen: Als so genannter „Hoax“ („Streich, Scherz, Fopperei“) sowie als literarische Strategie hat es immer wieder solche erfundenen Künstler gegeben, die zunächst als real existierende Per­

sonen ausgegeben wurden - ausgestattet mit ei­

ner kompletten Biografie und realen Werken -, deren Identität sich später jedoch als rein fiktiv herausstellte. Einer der frühesten solcher Hoaxe liegt mit dem von dem Schriftsteller Brian Ho­

ward erfundenen deutschen Künstler Bruno Hat vor, „a pioneer of pure form“, dem im Juli 1929 eine Retrospektive gewidmet wurde. Diese fand in Anwesenheit des von Tom Mitford gespielten Künstlers im Haus von Mitfords Schwager Bryan Guinness statt, der den Hoax gemeinsam mit Ho­

ward und dessen Freunden aus dem Umkreis der so genannten „Bright Young People” organisiert hatte, einem Zirkel von Londoner Intellektuel­

len und Künstlern. Howard hatte - gemeinsam mit dem Künstler John Banting - dazu eigens Werke von Bruno Hat geschaffen. Einige dieser Bilder sind erhalten und haben - als Bestandtei­

le dieses Hoaxes - den Weg in den Kunsthandel gefunden: vgl. z. B. die Mitteilung unter http://

www.leicestergalleries.com/19th-20th-century- paintings/d/still-life-with-pears/10464 (letzter Zugriff 19. April 2016). Vgl. zu Howard und diesem Hoax: Marie-Jaqueline Lancaster, Bri­

an Howard: Portrait of a Failure, London 2005, S. 163-165.

(14)

Hier noch einige weitere Beispiele: 1958 legte der französische Schriftsteller Max Aub die Mo­

nografie des erfundenen Picasso-Kollegen Jusep Torres Campalans vor, die ebenso wie die angeb­

lich von Campalans, in Wirklichkeit aber von Aub gemalten Werke zunächst für authentisch gehalten wurde (vgl. Kat.-Nr. 1.25). Genau 40 Jahre später brachte der amerikanische Schrift­

steller William Boyd mit seiner dem amerikani­

schen Künstler Nat Tate gewidmeten Biografie (Tate hatte angeblich von 1928 bis 1960 gelebt und gearbeitet) einen ähnlichen Hoax heraus (vgl. Kat.-Nr. 1.26). Aktuell wird diskutiert, ob es sich bei dem Anfang der 90er Jahre ent­

deckten, angeblich aus dem Umfeld des Bauhaus stammenden Künstler Karl Waldmann nicht ebenfalls um einen solchen erfundenen Künstler und bei den ihm zugeschriebenen Werken um Fälschungen handeln könnte. Zu dem Phäno­

men des erfundenen Künstlers vgl. grundsätz­

lich Koen Brams, Erfundene Kunst. Eine Enzy­

klopädie fiktiver Künstler von 1605 bis beute, Frankfurt am Main 2003 sowie Kat.-Nr. 1.24.

Zu Karl Waldmann vgl. die Kat.-Nrn. V.31-V.33.

Zum Hoax als künstlerische Strategie im Um­

feld der Fälschung vgl. Keazor, Täuschend echt!, S. 7-43.

14 Hebborn, Drawn, S. 12: „[...] lived happily ever after“.

15 Vgl. z. B. die Autobiografie von Wolfgang Bel- tracchi, der dies für sich in Bezug auf Picasso reklamiert, wenn er berichtet, dass er im Alter von 14 Jahren seinen ebenfalls malenden Vater an Qualität und Geschwindigkeit übertroffen habe, als er ein Gemälde Picassos nicht nur in kürzes­

ter Zeit überzeugend kopiert sondern auch noch verbessert habe. Vgl. dazu Wolfgang und Helene Beltracchi, Selbstporträt, Reinbek bei Hamburg 2014, S. 41 f. sowie Kat.-Nr. 1.20.

16 Edgar Mrugalla, König der Kunstfälscher. Meine Erinnerungen, Berlin 1993. Zu den Widersprü­

chen in den biografischen Darstellungen Mru- gallas vgl. Susanna Partsch, Tatort Kunst: über Fälschungen, Betrüger und Betrogene, München 2010, S. 163f. (vgl. auch Kat.-Nr. 1.13). Zu Mru­

galla vgl. auch das Interview mit Diane Grobe in diesem Katalog.

17 Vgl. zum einen die Bilder und Links, die Noel ab dem 4. September 2015 auf seiner Facebook-Sei- te (https://www.facebook.com/EDWIN.NOEL.

0000/photos_stream?ref=page_internal) bzw. auf seinemlnstagram-Account veröffentlichte (https://

www.instagram.com/edwinn8el/), sowie zum anderen das am 11. September 2015 auf You- Tube hochgeladene Video: https://www.youtube.

com/watch?v=CkfOP2JrQFk (letzte mögliche Zu­

griffe am 13. Januar 2016).

18 Dies ließe sich einmal verstehen als „mit ei­

nem falschen Tattoo [,ta tout‘] / Junge, liegst du wirklich falsch“, zum anderen aber auch als

„wenn du alles falsch verstehst / machst [,ta tout faux“ = ,tu as tout faux“] / Junge, liegst du wirk­

lich falsch“.

19 Freilich ist die von Noel vermittelte Botschaft durchaus auch ambivalent, denn Beltracchi wird in dem Cartoon (https://www.instagram.

com/p/7Tg-OqDqa5/) als sich selbstzufrieden am Strand ausruhender Faulenzer dargestellt, der auf das aus dem Radio klingende Zitat aus dem Rap „Mon gars, t’es dans le faux“ („Mein Junge, du liegst falsch.../ du bist in der Fäl­

schung“) mit einem behäbigen „Je sais, mon gars et c’est doux“ („Ich weiß, mein Junge, und das ist wunderbar“) antwortet und hinzu­

fügt: „Le crime paie, poto“ („Verbrechen zahlt sich aus, Alter“), um dann jedoch offenbar im nächsten Moment von der anderen Hauptfigur des Cartoons zornig angebrüllt zu werden. In einer weiteren Darstellung (https://www.msta gram.eom/p/7jF58IjqRp/) scheint die zweite Hauptfigur den nun wehrlosen und offenbar überwältigten Beltracchi gepackt zu haben und hinter sich her zu schleifen, um so wahr zu ma­

chen, was sie dabei ausruft: „Allez!!! Faut parta- ger Beltracchi!!!!!!!“. Dies bezieht sich zwar wohl darauf, dass Noel möchte, dass das Musikvideo zu seinem Beltracchi-Rap geteilt und verbreitet wird, nimmt sich aber in der bildlichen Darstel­

lung so aus, als habe die Person Wolfgang Bel- tracchis die Kontrolle über das eigene Geschick verloren.

20 Die Beltracchis wurden in Frankreich - wie zuvor schon in Deutschland - unter anderem auch als „Bonnie and Clyde de l’art“ bezeich­

net - vgl. z. B. populäre Informationsquellen wie Wikipedia (https://fr.wikipedia.org/wiki/Wolf gang_Beltracchi) sowie Schlagzeilen in dem französischen Medien wie „Les Bonnie & Clyde du pinceau“ (http://tempsreel.nouvelobs.com/cul- ture/20151009.0BS7356/les-bonnie-clyde-du- pinceau-la-plus-incroyable-arnaque-du-monde- de-l-art.html - letzte Zugriffe 19. April 2016).

21 Vgl. Helene Beltracchi/Wolfgang Beltracchi, Eaussaires de genie. Autoportrait, übersetzt von Celine Maurice, Paris 2015.

22 Zu ihm vgl. auch das Interview mit Ernst Schöller in diesem Katalog sowie Kat.-Nrn. V.19a-c- V.23.

23 Max Doerner, Malmaterial und seine Verwen­

dung im Bilde, München 1921. Vgl. dazu auch Kat.-Nr. I.45a,b.

(15)

28 Ibid., S. 64.

29 Vgl. zu dieser Problematik auch den Beitrag von Jilleen Nadolny in diesem Katalog.

30 Konkret wäre hier an die beiden Gemälde Chris­

tus im Haus von Maria und Martha von ca.

1654/1655 (Edinburgh, National Gallery of Scotland) sowie an die Allegorie des Glaubens von ca. 1670-1674 (New York, Metropolitan Museum of Art) zu denken.

31 Vgl. dazu zusammenfassend Keazor, Täuschend echt!, S. 203-206 sowie Kat.-Nrn. III.6—III.10.

32 Beltracchi, Selbstporträt, S. 215f.

33 Vgl. Siegfried Salzmann / Ernst-Gerhard Güse (Hrsg.), Johannes Molzahn. Werkverzeichnis der Druckgraphik (ebenfalls geführter Titel: Jo­

hannes Molzahn. Das druckgraphische Werk), Duisburg 1976 (Ausst. Kat. Duisburg, Wilhelm- Lehmbruck-Museum: 21. Mai 1977 bis 3. Juli 1977), No. 13, S. 51 sowie Kat.-Nr. V.12.

34 Adam von Bartsch /Edme-Frangois Gersaint, Ca- talogue raisonne de toutes les estampes qui for- ment l’ceuvre de Rembrandt, et ceux de ses prin- cipaux imitateurs, Paris 1751.

35 Jacob-Baart de la Faille: L’CEuvre de Vincent van Gogh, Paris 1928, S. 237. Vgl. auch Kat.-Nr.

IV.3.

36 Jacob-Baart de la Faille: Les faux van Gogh, Pa­

ris 1930. Vgl. auch Kat.-Nr. III.15.

37 Frederik H. Kreuger, Han van Meegeren Revi- sited. His Art & List of Works, Rijswijk 2010 unter „section Am. ... (un)certain“: „a. Collectie Signature ...“. Vgl. auch Kat.-Nr. III.9.

38 Vgl. Peter Silverman / Catherine Whitney, Leon- ardo’s Lost Princess: One Man’s Quest to Au- thenticate an Unknown Portrait by Leonardo da Vinci, New Jersey 2010, Martin Kemp / Pascal Cotte, Leonardo da Vinci. „La Bella Principes- sa“. The Profile Portrait of a Milanese Woman (auch geführt unter dem Titel: The Story of the New Masterpiece by Leonardo da Vinci: La Bella Principessa), London 2010 sowie Martin Kemp / Pascal Cotte, La bella principessa di Le­

onardo da Vinci. Ritratto di Bianca Sforza, Flo­

renz 2012.

39 Vgl. Kemp / Cotte, La bella principessa, S. 135- 152.

40 Greenhalgh, Forger’s Tale, S. 302 weist auf Schwächen in der Ausführung von perspektivisch wiedergegebenen Ornamentlinien sowie in der Modellierung des unter dem Haar verborgenen Ohres hin: „It’s rubbish, but my best effort. I

just a thing in the style of those times, a pretty girl in a fancy frock.“ Des Weiteren auf S. 303:

„I sold it for less than the effort that went into it to a dealer in Harrogate in 1978 - not as a fake, or by ever claiming it was something it wasn’t.“

42 Vgl. Formulierungen wie „The texture of the sanding should still be seen on its reverse“

(S. 300) oder „[...] if you look at the back, under some staining, you can see runs of old black writ- ing ink“ (S. 301).

43 Greenhalgh, Forger’s Tale, S. 302: „Although I am no Oxford Professor, I could list umpteen rea- sons for not thinking his drawing to be by Leo­

nardo.“ Greenhalgh weist (ebd.) bei der Gelegen­

heit auch darauf hin, dass die unter anderem von Kemp und Cotte beobachteten und interpretier­

ten Löcher nicht ursprünglich seien: „I did not do these things, and don’t know who did, or where it went on its later travels.“

44 So behauptet Greenhalgh, die Fälschung 1978 ausgeführt zu haben - angeblich lässt sich die Provenienz der Bella Principessa aber bis in das Jahr 1955 zurückverfolgen. Allerdings liegen hierfür bislang keine Beweise vor und die bislang bekannten Dokumente belegen tatsächlich nur eine Provenienz, die sich bis in das Jahr 1998 zu­

rückverfolgen lässt.

45 Vgl. Harry Mount, „£100 million Leonar­

do - or checkout girl from Bolton? How Brit­

ish forger claims he fooled world with picture of shopworker called Sally“, in: Daily Mail, 30.

November 2015, online unter http://www.daily- mail.co.uk/news/article-3338889/100-million- Leonardo-checkout-girl-Bolton-British-for- ger-claims-fooled-world-picture-shopworker- called-Sally.html#ixzz3x7ZqoBIa (letzter Zugriff 19. April 2016), wo Kemp mit dem Urteil „cannot be taken seriously“ zitiert wird. Er selbst beurteilt Greenhalghs Darstellung in einem Blog-Eintrag unter dem 29. November 2015, 8:37 Uhr auf http://martinkempsthisandthat.blogspot.fr/ (letz­

ter Zugriff 19. April 2016) sogar als „ridiculous“.

46 Dies ist freilich kein ganz neues Phänomen: Auch der Fälscher Lothar Malskat reklamierte in Be­

zug auf in der Lübecker Marienkirche Ende der 40er/Anfang der 50er Jahre ausgeführte Wand­

malereien zuletzt sogar einen originalen mittel­

alterlichen Anteil als angeblich von ihm verübte Fälschungen - vgl. dazu Keazor, Täuschend echt!, S. 88 sowie Kat.-Nr. 1.11.

(16)

47 Vgl. dazu Laney Salisbury / Aly Sujo, Prove- nance: How a Con Man and a Forger Rewrote the History of Modern Art, New York 2009 so­

wie Kat.-Nr. V.27.

48 Ibid., S. 70f. und 85.

49 Vgl. Horst Bredekamp, Galilei der Künstler. Der Mond. Die Rönne. Die Hand, Berlin 2007 sowie Kat.-Nrn. III.20-III.26.

50 Vgl. dazu Owen Gingerich, „The Curious Case of the M-L Sidereus nuncius“, in: Galileana, 6, 2009, S. 141-165, Nick Wilding, Rezension der beiden ersten, von Horst Bredekamp heraus­

gegebenen Bände von Galileo’s O, in: Renais­

sance Quarterly, 65, No. 1 (2012), S. 217-18, Nicholas Schmidle, „A Very Rare Book. The mystery surrounding a copy of Galileo’s pivot- al treatise“, in: The New Yorker, 16. Dezember 2013, online unter http://www.newyorker.com/

magazine/2013/12/16/a-very-rare-book (letzter Zugriff 19. April 2016), Horst Bredekamp/

Irene Brückle / Paul Needham (Hrsg.): A Galil­

eo Forgery. Unmasking the New York Sidereus Nuncius, (Galileo’s O, Vol. III), Berlin 2014, Is- sue Nick Wilding, Faussaire de Lune, Paris 2015 sowie Kat.-Nrn. III.25 und III.26.

51 Vgl. z. B. Hanno Rauterberg, „Der gefälschte Mond“, in: Die Zeit, Nr. 1/2014, online auch unter http://www.zeit.de/2014/01/faelschung- zeichnungen-galileo-galilei-horst-bredekamp (letzter Zugriff 19. April 2016): „Zudem hegten die Experten keinen allzu schweren Verdacht, da es nur sehr selten vorkommt, dass ganze Bücher gefälscht werden. Der Aufwand ist gewaltig, der Verkaufspreis meist vergleichsweise beschei­

den.“

52 Wilfred Partington, Forging Ahead. The True Story of the Upward Progress of Thomas James Wise, Prince of Book Collectors, Bibliogra- pher Extraordinary, and Otherwise, New York

1939.

53 Ibid., S. 7: „These mainly developed in the latter part of the eighteenth Century [...]; for it was by then that collecting had ceased to be confined to learned institutions and wealthy noblemen, and was becoming more and more developed through the spread of education and wealth.“

54 Ibid., S. 9: „[...] Thomas James Wise, whose life and character affords a study even more remark- able than those of the delinquents mentioned and whose achievements include a new departure in literary frauds.“

55 Die Bibliothek ist seit 1937 im Besitz des British Museum; der erst später vergebene Name bezieht sich auf die Straße (Ashley Road), in der Wise lebte, als er die Sammlung begann.

56 Vgl. dazu sowie als Überblick über die Geschich­

te, Phänomene und Publikationen der Buchfäl­

schung: Dominique Varry, Devoiler les faux (15. Juni 2011), online unter http://dominique- varry.enssib.fr/node/34 (letzter Zugriff 19. April 2016).

57 Ken Talbot, Enigma! The New Story of Elmyr De Hory. The Greatest Art Forger of Our Time.

Retold and Presented by Ken Talbot, London 1991, o. S. [S. 242-268]: „The Secret Journals of Elmyr de Hory“. Vgl. auch Kat.-Nrn. IV.17 und IV.14. Dass Talbot die von ihm zu verant­

wortenden Zusätze nicht paginierte, hatte für ihn den Vorteil, dass er die originale Seitenzählung Irvings und damit auch dessen Register einfach übernehmen konnte. Letzteres wurde auch nicht für Talbots Neuausgabe aktualisiert, bezieht sich also ausschließlich auf den ursprünglichen Text Irvings.

58 Vgl. Johannes Rod, Fake Fakes in the For- ger’s Oeuvre, 4. Dezember 2010, online unter https://elmyrstory.wordpress.com/2010/12/04/

fake-fakes-in-the-forger%E2%80%99s- oeuvre/ (letzter Zugriff 19. April 2015), der Irving wie folgt zitiert: „But I have never met him and I have never written any note to the new edition as it is printed in the book. It’s a literary fake.“

59 Vgl. Talbot, Enigma!, (o. S.): „A Note to the New Edition“ (mit „Clifford Irving“ gezeichnet):

„I would like to thank Ken Talbot for his persis- tence and perseverance in making this updated second edition possible. Ken got to know Elmyr well after my friendship with him had all but ended. His view of Elmyr complements mine. [...]

Therefore I have decided to let Ken’s friendship to Elmyr serve as introduction [...].“

60 Wenn man noch den Schutzumschlag mit den zwei Abbildungen von einer angeblichen Renoir- und einer Picasso-Fälschung hinzunimmt, sind es sogar zwölf neue Farbabbildungen.

61 Pyle hatte 1985 zusammen mit dem Sammler Burton Reis eine Ausstellung der Fälschungen de Horys in der Newport Beach Gallery veran­

staltet-vgl. Randy Lewis, „Fabulous Forgeries:

Newport Gallery Shows Works by Artist Who Faked Out Experts for Years“, in: Los Angeles Times, 4. März 1985, online unter http://articles.

la times.com/198 5- 03 -04/local/me-24165_l_

forgers (letzter Zugriff 19. April 2016). 1999 wurden Fälschungen de Horys bereits mit Prei­

sen um die 20.000 US Dollar gehandelt - vgl.

Jesse Hamlin, „Master (Con) Artist/Painting forger Elmyr de Hory’s copies are like the real thing“, in: SFGate, 29. Juli 1999, online unter http://www.sfgate.com/entertainment/article/

(17)

von Experten beurteilen, die alle zu dem Schluss kommen, dass es sich nicht um Bilder de Horys handele. Rod, Fake Fakes erachtet sie ebenfalls ablehnend als „cheaply produced (may be [sic!]

66 Der oben (Anm. 61) erwähnte Kunstsammler Burton Reis gibt z. B. an, erst durch Irvings Buch auf de Hory aufmerksam geworden zu sein - vgl.

Lewis, „Fabulous Forgeries“.

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