D
er Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in sei- nem Urteil vom 14. Ja- nuar 1998 (Az.: IV ZR 61/97) mit der Frage befaßt, ob ein Arzt auch dann sein Honorar für Leistungen bei sta- tionären Krankenhauspati- enten gemäß § 6 a der Amtli- chen Gebührenordung für Ärzte (GOÄ) mindern muß, wenn er zu dem die stationäre Behandlung erbringenden Krankenhaus in keinem An- stellungsverhältnis steht – sei es, daß er als niedergelasse- ner Arzt oder als Arzt eines anderen Krankenhauses an der Behandlung des sta- tionären Patienten mitwirkt.Diese Frage ist bisher höchst- richterlich nicht entschieden.
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte 1993 die Rechtsauffassung vertreten, daß eine Minderungspflicht bei privatärztlichen Leistun- gen nur dann entfalle, wenn die Leistung außerhalb des aufnehmenden Krankenhau- ses erbracht wird, also in ei- ner freien Praxis oder in ei- nem anderen Krankenhaus.
Werde dagegen die Leistung im aufnehmenden Kranken- haus durchgeführt, so müsse das Honorar gemindert wer- den, auch wenn der behan- delnde Arzt an diesem Kran- kenhaus nicht angestellt ist.
Konträre
Entscheidungen der Gerichte Die bisher vorliegenden Entscheidungen gelangten zu völlig unterschiedlichen Er- gebnissen. So verpflichtete das Amtsgericht Lampert- heim (Urteil vom 18. März 1994, Az.: C 353/93) einen niedergelassenen Arzt zur Minderung, der im Auftrag eines Krankenhauses sta- tionäre Patienten in seiner Praxis behandelt hatte. Dage- gen verneinte das Amtsge- richt Essen (Urteil vom 21.
Juli 1995, Az.: 23 C 176/95) die Honorarminderungs- pflicht sogar dann, wenn ein niedergelassener Arzt seine Praxis in den Räumen des Krankenhauses betreibt, so- fern dies auf eigene Kosten
und mit eigenem Personal ge- schieht.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.
Januar 1998 bringt keine Klärung dieser Streitfrage.
Dies ist wichtig zu wissen, da das Urteil seit kurzem von den Kostenträgern gegen- über Ärzten als Beleg für ei- ne angebliche Minderungs- pflicht zitiert wird. Tatsäch- lich war jedoch die Minde- rungspflicht deshalb nicht endgültig zu entscheiden, weil zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestand, daß „die Honorarrechnungen gemäß § 6 a GOÄ dann um 15 Prozent zu kürzen sind, wenn die Herzkatheterunter- suchungen und Koronardila- tationen als stationäre pri- vatärztliche Leistungen zu werten sind“. Somit hatte der BGH nicht über die Minde- rungspflicht, sondern nur darüber zu entscheiden, ob es sich bei den fraglichen Lei- stungen um stationäre Lei- stungen im Sinne des § 6 a GOÄ gehandelt hat oder nicht.
Diese Frage hat der BGH bejaht, denn die behandelten Patienten waren nur deshalb in das Krankenhaus als sta- tionäre Patienten aufgenom- men worden, weil Herzkathe- teruntersuchungen oder Ko- ranardilatationen vorzuneh- men waren. Außer diesen Leistungen wurde nur eine Vor- und Nachbetreuung des Patienten durch das Kran- kenhaus erbracht. Die von dem niedergelassenen Arzt in seinem – im Krankenhaus ge-
legenen – Katheterlabor durchgeführte Behandlung war somit der Hauptteil der ärztlichen Behandlung, zu deren Zweck der Patient sta- tionär aufgenommen wurde.
Von diesem speziellen Fall unterscheidet sich jedoch die Mehrzahl der strittigen Fälle deutlich. In der Regel werden nämlich Behandlun- gen durch externe Ärzte nur als Nebenleistungen, in der Regel sogar als diagnostische Nebenleistungen erbracht, wie zum Beispiel CT- und MRT-Leistungen, Katheter- untersuchungen usw.
Externe
Behandlung: oft nur Nebenleistung Auch soweit externe Ärz- te konsiliarisch zur Behand- lung eines stationären Patien- ten hinzugezogen werden, stellt die Konsiliarleistung re- gelmäßig eine Neben- und Ergänzungsleistung dar, die nicht den Kern der sta- tionären Behandlung aus- macht. Ein Patient wird sta- tionär zum Beispiel zur Durchführung einer Operati- on aufgenommen, nicht je- doch zur Durchführung dia- gnostischer Leistungen oder der ergänzenden Konsiliar- leistung. Während solche Leistungen bei stationären Patienten auch erbracht wer- den können, nicht jedoch müssen, erfolgte in dem streitgegenständlichen Fall die stationäre Aufnahme al- lein zur Durchführung der Katheteruntersuchung bezie-
hungsweise Koronardilatati- on.
Somit ist die ursprüngli- che Streitfrage nach wie vor ungeklärt. Ob jemals eine höchstrichterliche Entschei- dung ergehen wird, ist offen.
Der BGH hat sich in dem zitierten Urteil aber auch mit der Frage der gesonderten Berechnung von Auslagen bei stationären Wahllei- stungspatienten befaßt und diese abschließend bejaht.
In dem zu entscheidenden Fall hatte ein niedergelasse- ner Kardiologe, der sein Ka- theterlabor im Krankenhaus auf eigene Kosten und mit ei- genem Material betrieb, den stationären Wahlleistungspa- tienten die Kosten für den Materialaufwand nach § 10 GOÄ als Auslagen gesondert berechnet. Die Vorinstanzen hatten dies für unzulässig er- klärt, da mit dem vom Kran- kenhaus berechneten Pflege- satz alle Personal- und Sach- kosten abgegolten seien.
Demgegenüber weist der BGH darauf hin, daß der Grundsatz der Abgeltung al- ler Personal- und Sachkosten durch den Pflegesatz nicht zwingend sei. § 3 Abs. 2 Satz 1 Bundespflegesatzver- ordnung verbiete nicht die Anwendung des § 10 GOÄ.
Erstattet der Krankenhaus- träger dem niedergelassenen Kardiologen bei der Untersu- chung und Behandlung sta- tionärer Wahlleistungspati- enten nicht den Materialauf- wand, geht also der anfallen- de Laboraufwand nicht in das Krankenhausbudget ein, kön- nen diese Kosten von dem Kardiologen im Rahmen von
§ 10 GOÄ gesondert berech- net werden. Der BGH stellt fest, daß es „die Gebühren- ordnung für Ärzte dem für stationäre Leistungen liqui- dationsberechtigten Arzt grundsätzlich erlaubt, mit dem Patienten über § 10 GOÄ auch den dort näher bestimmten Materialauf- wand für seine Behandlung abzurechnen, sofern dem Arzt der Aufwand tatsächlich entstanden ist.“
RA Dr. jur. Ulrich Baur, Düsseldorf
A-1685 Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 26, 26. Juni 1998 (53)
V A R I A WIRTSCHAFT