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age bloß keiner, aus dem Saarland kämen keine Impulse für den Arbeits- markt. Dieser Ecke Deutsch- lands haben wir sogar ein ganz neues Berufsbild zu verdan- ken: den Steuerspitzel, in sel- teneren Regionen auch als Kopfgeldjäger bekannt.Da hatte nämlich ein Bankmensch aus Luxemburg, man hört, es sei einer von der Dresdner gewesen, in Sorge um die Finanzen Deutsch- lands möglicherweise völlig uneigennützig den saarländi- schen Behörden angeboten, er wisse jede Menge Leute, die ihre Spardepots in Grenz- nähe lagerten, aber immer- hin doch soweit weg, daß sie für den Fiskus unerreichbar blieben.
Und da ihn seine Plaude- reien eventuell den Arbeits- platz kosten könnten, müßte er halt ein Schmerzensgeld so in Art einer Übergangs-
hilfe haben, wie wäre es mit einer halben Million Mark?
Gar keine Frage, der Mann mußte durchaus ernst genom- men werden, denn die Bitte nach einer „Probelieferung“
schreckte den verräterischen Banker gar nicht, vielmehr lieferte er den Steuerbehör- den auf dem silbernen Tablett zwei echte Steuersünder, die als unfreiwillige Nebendar- steller in dem Schauspiel be- reits den fiskalischen Hel- dentod sterben müssen.
Deutschland, so weit ist es schon gekommen? Anfang Januar setzten sich als unmit- telbare Folge dieses Falles al- len Ernstes ausgewachsene Staatssekretäre zusammen
und berieten darüber, ob und unter welchen Umständen Steuerspitzel in staatliche Dienste zu nehmen und wie sie denn zu honorieren seien.
Im Klartext heißt das doch, der bundesdeutsche Rechtsstaat bezahlt für Infor- mationen von Bankangestell- ten, die diese illegal und treuewidrig beschafft haben.
Unglaublich. Das lockt natür- lich auch Trittbrettfahrer al- ler Art an. Wie einfach wäre es, sollte es eine solche „Spit- zelrichtlinie“ tatsächlich ge- ben, das Denunziantentum im großen Stil zu fördern. Es wäre in Zukunft ganz einfach,
„auf Verdacht“ jemanden an- zuzeigen, in der (begründe-
ten?) Hoffnung, er habe dicke Batzen in Luxemburg liegen, und dafür auch noch entlohnt zu werden. Welch eine Anmaßung eines Staa- tes, der den Schutz des Eigen- tums in seiner Verfassung verankert hat. Nicht zu ver- gessen, daß die Gründe für die Beliebtheit des Finanz- platzes Luxemburg unange- messen scharf angezogene Steuerschrauben sind.
Da indes überaus gewalti- ge Effekte auf den Arbeits- markt doch nicht zu erwarten sind, wäre es wirklich besser, die Steuerspitzel-Vorschläge einzustampfen und an die Initiatoren zur besseren Besinnung zurückzuverwei- sen. Vielleicht hilft ihnen auch der Kabarettist Werner Finck weiter, der einmal sag- te: „Die schwierigste Turn- übung ist immer noch die, sich selbst auf den Arm zu nehmen.“ Börsebius
[48] Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 4, 23. Januar 1998
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
Ob ein Moped ein Hoch- haus in Brand steckt, die Feuerwehr gar zu realistisch übt oder ein Opel Kadett in der Tür eines Goldschmieds steckenbleibt – Schicksals- schläge für die Betroffenen wie auch für die Versiche- rungsgesellschaften. Eine Auflistung ungewöhnlicher Versicherungsfälle des Jah- res 1997:
1Auf dem Gelände ei- ner Abfallverwertungsan- lage probte die Feuerwehr zusammen mit dem Tech- nischen Hilfswerk die Be- kämpfung eines fiktiven Großbrands. Am Ende fiel die Übung jedoch reali- stischer aus, als es den Be- teiligten lieb war. Nach dem Motto „brennt nicht, schmort nur“ hatte der
Übungsleiter routinemäßig eine spezielle Rauchbombe gezündet, als binnen kurzem die benachbar- te Halle mitsamt 380 Tonnen Kunststoff-, Alumini- um- und Papier- müll lichter- loh in Flam- men stand.
Trotz mehre- rer zu-
sätzlich angeforderter Feu- erwehrkräfte gelang es nicht, den Schaden zu be- grenzen. Der Sachschaden belief sich schließlich auf rund eine Million DM.
1 Mit einem gestohle- nen Opel-Kadett rammten Ganoven den mit einem schweren Scherengitter ge- sicherten Eingang eines Juweliergeschäfts. Das Au- to blieb jedoch in der Tür stecken.
Die Die- be saßen in der Falle. Die Flucht gelang ihnen, indem sie die Heckscheibe des Autos ein- schlugen. Bei dieser Aktion verletzten sie sich jedoch schwer. Aufgrund der er- littenen Blessuren konnte
einer der Täter schnell von der Polizei ermittelt werden. Entwendet wurde nichts, den Schaden an dem Gebäude und der Ein-
richtung übernahm die Versicherungs- gesellschaft.
1 Ein junger Mann bastelt in der Tiefgarage an sei- nem Moped. Als er die Maschine anlas- sen will, tritt eine riesige Stich- flamme aus dem Vergaser.
Das Moped und drei in der Nähe geparkte Fahrzeuge gerieten in Brand. Das Mehr- familienhaus, in dem sich die Garage befand, wurde schwer beschädigt. Wegen der starken Rußbildung blieben mehrere Mietwoh- nungen unbewohnbar. Der durch die Bastelei entstan- dene Schaden belief sich auf rund eine Million DM. WB