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Archiv "Mitteilungen: Niederlassung und berufliche Kooperation – Neue Möglichkeiten – Hinweise und Erläuterungen zu §§ 17–19 und 23a–d (Muster-)Berufsordnung (MBO) Stand 17. Februar 2006" (24.03.2006)

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Aktie "Archiv "Mitteilungen: Niederlassung und berufliche Kooperation – Neue Möglichkeiten – Hinweise und Erläuterungen zu §§ 17–19 und 23a–d (Muster-)Berufsordnung (MBO) Stand 17. Februar 2006" (24.03.2006)"

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I. Einleitung

Ziel der auf dem 107. Deutschen Ärzte- tag 2004 in Bremen beschlossenen Neu- fassung der (Muster-)Berufsordnung (MBO) ist die Weiterentwicklung der Strukturen ärztlicher Berufsausübung sowie die Stärkung der Kooperation von Ärztinnen und Ärzten untereinander und mit anderen Gesundheitsberufen.

Diese dient insbesondere der Verbesse- rung der Patientenversorgung, aber auch der Verbesserung der Berufszufrieden- heit von Ärztinnen und Ärzten. Koope- rative Berufsausübung schafft nicht nur gleiche Wettbewerbschancen mit neuen Versorgertypen wie dem „medizinischen Versorgungszentrum“. Kooperative Be- rufsausübung kann auch zu Entlastun- gen der Ärztinnen und Ärzte führen, weil z. B. Arbeitszeiten sinnvoller einge- teilt werden können und so eine Verbes- serung der Patientenversorgung durch höhere Erreichbarkeit, aber auch durch Nutzung von Synergieeffekten der re- gelhaften Zusammenarbeit verschiede- ner Fachgebiete erreicht werden kann.

Dabei sollen vor allem die niedergelas- senen Ärztinnen und Ärzte in die Lage versetzt werden, bei zunehmend star- kem Wettbewerb auch zukünftig kon- kurrenzfähig zu bleiben und tatsächliche oder vermeintliche Wettbewerbsvortei- le „medizinischer Versorgungszentren“

auszugleichen.

Ärztinnen und Ärzten sollten weiter- gehende Möglichkeiten der Berufsaus- übung und Kooperation eröffnet werden.

Die mit der Integrierten Versorgung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversi- cherung eröffneten Möglichkeiten und insbesondere der durch das GKV-Moder- nisierungsgesetz in § 95 SGB V neu ge- schaffene Versorgertyp des „medizini- schen Versorgungszentrums“ haben eine Novellierung der MBO erforderlich ge- macht, da „medizinische Versorgungszen- tren“ kraft Gesetzes in allen zulässigen Organisations- und Gesellschaftsformen gegründet werden können. Einem „medi- zinischen Versorgungszentrum“, das auch mit angestellten Ärztinnen und Ärzten betrieben werden kann, wurden damit

andere Möglichkeiten eröffnet als den herkömmlich niedergelassen Tätigen. Bei der Weiterentwicklung wurden folgende Eckpunkte zugrunde gelegt:

– Unabhängig von der gewählten Form der Berufsausübung oder Kooperation muss das Schutzniveau im Patienten- Arzt-Verhältnis gleichartig sein und der Besonderheit dieses Verhältnisses Rech- nung getragen werden,

– auch bei kooperativer Leistungser- bringung ist der Grundsatz der persönli- chen Leistungserbringung zu beachten,

– es ist Transparenz über die Form der Berufsausübung und Kooperation sowie über die daran Beteiligten sicherzustel- len.

Neu ist:

– die strikte Bindung an einen Praxis- sitz wird aufgegeben, Tätigkeiten an bis zu zwei weiteren Orten sind zulässig (§§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 und 3 MBO),

– eine Unterscheidung zwischen aus- gelagerter Praxisstätte und Zweigpraxis findet nicht mehr statt (§ 17 Abs. 2 MBO), – die bisherige Regelung, nur einer ein- zigen Berufsausübungsgemeinschaft an- zugehören, wird aufgegeben (§ 18 Abs. 3 MBO),

– die Möglichkeit, überörtliche Be- rufsausübungsgemeinschaften auch bei patientenbezogener Tätigkeit zu bilden (§ 18 Abs. 3 MBO),

– es können Kooperationen auch be- schränkt auf einzelne Leistungen gebil- det werden (§ 18 Abs. 1 MBO),

– die Möglichkeit, fachgebietsfremde Ärztinnen und Ärzte anzustellen (§ 19 Abs. 2 MBO),

– die Erweiterung der Möglichkeit der Kooperation mit Leistungserbringern der medizinischen Fachberufe in allen Ko- operationsformen (§ 23b Abs. 1 MBO),

– die Möglichkeit, Ärztegesellschaften als juristische Personen des Privatrechts zu gründen (§ 23a MBO).

Einige der Neuerungen der MBO kön- nen nicht unmittelbar durch die Kam- merversammlungen der Ärztekammern als bindendes Berufsrecht übernommen werden, sondern bedürfen vor einer Um- setzung in Satzungsrecht einer neuen oder geänderten gesetzlichen Grundlage

in den Kammer- und Heilberufsgesetzen der Länder.

In der vertragsärztlichen Versorgung können einzelne Formen der Berufsaus- übung und Kooperation erst dann ge- nutzt werden, wenn zuvor das SGB V, die Ärzte-ZV und die Bundesmantelverträ- ge geändert werden. Hierbei wird der Ge- setzgeber aber zu entscheiden haben, ob und wie die geltende Bedarfsplanung und andere Besonderheiten des Vertragsarzt- rechtes vom Berufsrecht abweichende Modifikationen erfordern. Wann mit ei- ner gesetzlichen Neuregelung des Ver- tragsarztrechtes zu rechnen ist, ist zur Zeit nicht absehbar. Allerdings ist zu er- warten, dass es nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Umsetzung der MBO durch die einzelnen Ärztekammern zu ei- ner Divergenz zwischen Vertragsarzt- recht und Berufsrecht kommen kann. Ob und in welcher Weise Vertragsärzte die neuen Kooperationsformen nutzen kön- nen, muss durch die zuständige Ärzte- kammer ggf. nach Abstimmung mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereini- gung beurteilt werden.

II. Die Vorschriften im Einzelnen

1. § 17 MBO Niederlassung und Ausübung der Praxis 1.1 § 17 Absatz 1 MBO Praxissitz

Der Praxissitz ist der Ort, an dem sich Ärztinnen und Ärzte niederlassen und regelmäßig erreichbar sind; dort sind sie in jedem Fall Mitglied der Ärztekammer.

Ob darüber hinaus bei einer Tätigkeit in einer anderen Ärztekammer Mitglied- schaften bei weiteren Ärztekammern be- gründet werden, bestimmt sich nach den Heilberufs- und Kammergesetzen der Länder.

Durch die Änderung des Begriffes „in eigener Praxis“ in den Begriff „in einer Praxis“ wird klargestellt, dass es nicht auf die Eigentumsverhältnisse der Pra- xis ankommt. Wie bisher muss die Praxis aber verantwortlich von Ärztinnen oder Ärzten geleitet werden. Von einer ver- antwortlichen Leitung kann gesprochen werden, wenn die niedergelassenen Ärz- tinnen und Ärzte über die sächliche Ausstattung verfügen und Personalent- scheidungen treffen können, sie die me- dizinische Verantwortung tragen und der Behandlungsvertrag mit ihnen ge- schlossen wird. Soweit diese Vorausset- zungen vorliegen, ist auch immer eine persönliche Leitung nach § 19 Abs. 1

MBO gegeben.

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 12⏐⏐24. März 2006 AA801

B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R

Mitteilungen

Niederlassung und berufliche Kooperation

– Neue Möglichkeiten – Hinweise und Erläuterungen zu §§ 17–19 und 23a–d (Muster-)Berufsordnung (MBO)

Stand 17. Februar 2006

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1.2 § 17 Abs. 2 MBO Tätigkeit an mehreren Orten

§ 17 Abs. 2 MBO ersetzt die bisherige Re- gelung des § 18 Abs. 1 und 2 MBO, die zwischen ausgelagerter Praxisstätte und Zweigpraxis unterschieden hat. Die frühere Fassung hatte dazu geführt, dass vielfach eine klare Grenzziehung zwi- schen „ausgelagerter Praxisstätte“ und

„Zweigpraxis“ nicht mehr möglich war.

Nach § 17 Abs. 2 MBO ist es Ärztinnen und Ärzten zukünftig möglich, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten tätig zu sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die Ärztinnen und Ärzte Vorkehrun- gen für eine ordnungsgemäße Versor- gung ihrer Patientinnen und Patienten an allen Orten ihrer Tätigkeit treffen. Kon- kret bedeutet dies, dass Ärztinnen und Ärzte, die nicht nur am Praxissitz ambu- lant ärztlich tätig sein wollen, dafür zu sorgen haben, dass auch an dem jeweilig anderen Ort ihrer Tätigkeit eine ord- nungsgemäße Versorgung ihrer Patien- tinnen und Patienten erfolgt.

Eine ordnungsgemäße Versorgung ist z. B. dann gewährleistet, wenn die Orte der ärztlichen Tätigkeit so gewählt wer- den, dass die Ärztinnen und Ärzte alle Orte innerhalb kurzer Zeit erreichen können.1 Darüber hinaus ist eine ord- nungsgemäße Versorgung i. d. R. gege- ben, wenn durch eine(n) Partnerin/Part- ner einer Gemeinschaftspraxis oder an- gestellte Ärztinnen und Ärzte eine quali- tativ gleichwertige Versorgung sicherge- stellt wird. Darüber hinaus kann eine ord- nungsgemäße Versorgung grundsätzlich auch durch eine(n) beauftragte(n) ande- re(n) Arzt oder Ärztin gewährleistet wer- den. Aus dem Grundsatz der persönli- chen Leistungserbringung folgt für diese Fallkonstellation, dass der Behandlungs- vertrag mit der/dem anderen Arzt/Ärztin zustande kommt und diese(r) selbst ab- rechnet.

Bereits die zahlenmäßige Begrenzung auf zwei weitere Orte soll dazu beitragen, dass gewährleistet werden kann, dass eine ordnungsgemäße Versorgung der Patien- tinnen und Patienten an jedem Ort si- chergestellt ist. Aus dem Sinn und Zweck der Norm ergibt sich, dass diese Be- schränkung nicht für Anästhesistinnen und Anästhesisten bezogen auf deren anästhesiologische Tätigkeit gilt.

Da die Regelung an die Person an- knüpft, bedeutet dies, dass auch jede Ärz- tin und jeder Arzt einer Berufsaus- übungsgemeinschaft an bis zu zwei wei- teren Orten tätig sein kann.

Anders als nach bisher geltendem Recht für die Zweigpraxis bedarf die Auf- nahme der ärztlichen Tätigkeit an weite- ren Orten keiner Genehmigung durch die Ärztekammern. Auch kann an jedem Ort der Tätigkeit ein Erstkontakt mit Patien- tinnen und Patienten stattfinden, und es können ggf. auch identische Leistungen an allen Orten der Tätigkeit angeboten wer- den. Ärztinnen und Ärzte sind verpflich- tet, gem. § 17 Abs. 5 MBO die Aufnahme ärztlicher Tätigkeit an weiteren Orten der Ärztekammer anzuzeigen. Die Anzeige hat immer gegenüber der Ärztekammer, bei der sie Mitglied sind, und darüber hin- aus gegenüber der Ärztekammer, in deren Bereich sie tätig werden, zu erfolgen.

Unverändert ist die Ausübung der ambulanten Tätigkeit im Umherziehen berufsrechtswidrig. Keine unzulässige Form der Ausübung der ambulanten Tätigkeit im Umherziehen stellt die auf- suchende medizinische Gesundheitsver- sorgung dar, wie z. B. die medizinische Behandlung von Obdachlosen; in diesem Fall kann die Ärztekammer auf Antrag eine Ausnahme vom Niederlassungsge- bot genehmigen.

Erbringen Ärztinnen und Ärzte an weiteren Orten ärztliche Leistungen, müs- sen sie dieses dort durch ein Hinweis- schild im Sinne von § 17 Abs. 4 und 5 MBO kenntlich machen. Das Schild sollte Angaben zur Erreichbarkeit und zur Art der dort erbrachten Leistungen enthalten.

2. § 18 MBO Berufliche Kooperationen 2.1. Formen der beruflichen Kooperation

Diese Vorschrift enthält eine nicht ab- schließende Aufzählung der möglichen beruflichen Kooperationen.

Diese sind:

– Berufsausübungsgemeinschaft (Ge- meinschaftspraxis, Teil-Gemeinschafts- praxis, Partnerschaft, Teil-Partnerschaft, überörtliche Teil-Gemeinschaftspraxis/

Partnerschaft), – Ärztegesellschaft,

– ggf. medizinisches Versorgungszen- trum,

– Organisationsgemeinschaften (Pra- xisgemeinschaft,Apparategemeinschaft), – Medizinische Kooperationsgemein- schaft,

– Praxisverbund.

Eine Definition der Berufsausübungs- gemeinschaft enthält die Berufsordnung selbst nicht. Insbesondere wegen der

neuen Formen der Zusammenarbeit in (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften und überörtlichen Berufsausübungsge- meinschaften, aber auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen (Ge- meinschaft als Vertragspartner, persönli- che Leistungserbringung, Abrechnung und Haftung) stellt sich zunehmend die Frage, wann im berufsrechtlichen Sinn von einer gemeinsamen Berufsausübung gesprochen werden kann. Diese Abgren- zungsfrage stellt sich nicht nur wegen der für Patienten und Ärzte wichtigen Rechtsfolgen, sondern auch deshalb, weil insbesondere bei Kooperationsformen, die keine Berufsausübungsgemeinschaft darstellen, eine Grenzziehung zu dem be- rufsrechtlichen Verbot der Zuweisung ge- gen Entgelt § 31 MBO erforderlich ist.

Die nachstehenden Erläuterungen sol- len dazu dienen, im Wege einer Gesamt- betrachtung zu beurteilen, ob im Sinne der Berufsordnung eine gemeinsame Be- rufsausübung vorliegt. Die berufsrechtli- che Bewertung deckt sich mit der gesell- schaftsrechtlichen Betrachtung, bei der ebenfalls im Wege einer Gesamtschau der Regelungen des Gesellschaftsver- trages der Gesellschaftszweck ermittelt wird. Es ist jeweils eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, wobei nicht alle der nach- stehenden Kriterien erfüllt sein müssen.

Dabei muss nicht nur berücksichtigt wer- den, dass die MBO die gemeinsame und nicht die gemeinschaftliche Berufsaus- übung im Sinne einer gleichzeitigen Be- handlung fordert. Berücksichtigt werden muss auch, dass der Deutsche Ärztetag mit der Novellierung der MBO Koopera- tionen erleichtern wollte.

2.2. Kriterien der gemeinsamen Berufsausübung

1. Wille zur gemeinsamen Berufsaus- übung in einer auf Dauer angelegten systematischen Kooperation. Der bloße Wille, nur Ressourcen gemeinsam zu nut- zen, ist nicht ausreichend. Von einer ge- meinsamen Berufsausübung kann eben- falls nicht gesprochen werden, wenn sich die Zusammenarbeit z. B. auf die Bildung von Qualitätszirkeln zu Fortbildungs- zwecken, einen gemeinsamen Vertre- tungs- oder Notdienstplan oder reine Managementtätigkeit beschränkt. Auch ein reines Gewinnpooling genügt nicht den Anforderungen, die an eine gemein- same Tätigkeit zu stellen sind.

2. In der Regel ist ein schriftlicher Ge- sellschaftsvertrag erforderlich, der diesen Willen zum Ausdruck bringt und die Rechte und Pflichten der Gesellschafter (z. B. Einlage, Regelungen zu gemein- schaftlichen Entscheidungen, Gewinner-

1In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Beleg- arzttätigkeit kann davon ausgegangen werden, dass diese Voraussetzung jedenfalls dann erfüllt ist, wenn die Orte innerhalb von 30 Minuten erreicht werden können.

Generelle Vorgaben, wie weit die weiteren Orte von dem Ort der Niederlassung entfernt sein dürfen, enthält die MBO allerdings nicht mehr. Eine Bindung an den Kam- merbezirk ist nicht vorgeschrieben.

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zielung auf der Ebene der Gesellschaft) festlegt. Wesentlich ist allerdings nicht nur die schriftliche Fixierung des Willens zur gemeinsamen Berufsausübung, son- dern entscheidend ist stets, „wie die Ge- sellschaft gelebt wird“2. Unklarheiten oder Regelungslücken im Gesellschafts- vertrag können durch tatsächliches Ver- halten kompensiert werden. Hingegen reicht ein Vertrag, der zwar eine gemein- same Berufsausübung beschreibt, die aber nicht tatsächlich praktiziert wird, nicht aus, um letztlich von einer gemein- samen Berufsausübung zu sprechen.

3. Außenankündigung der Gesellschaft nach Maßgabe des § 18a Abs.1 MBO. An- ders als bei einer reinen Organisationsge- meinschaft, die angekündigt werden darf, ist in dem Fall der Berufsausübungsge- meinschaft die Ankündigung obligat.

4. Der Behandlungsvertrag wird von der Gemeinschaft geschlossen, weshalb die Abrechnung durch die Gemeinschaft er- folgt. Die Gemeinschaft haftet im Außen- verhältnis. Davon unberührt bleibt aller- dings das Recht, eine abweichende Rege- lung im Innenverhältnis zu vereinbaren.

5. Die Gemeinschaft muss über einen gemeinsamen Patientenstamm verfügen, d. h., jeder Partner muss Zugriff auf die Patientenkartei haben.

6. Von einer gemeinsamen Berufsaus- übung kann nur dann gesprochen wer- den, wenn die beteiligten Ärzte mehr oder minder gleiche Rechte und Pflichten ha- ben3. Eine Berufsausübungsgemeinschaft macht es aus, wenn jeder Gesellschafter an unternehmerischen Chancen und Risi- ken beteiligt ist. Dieses drückt sich typi- scherweise in einer prozentualen Ge- winn- und Verlustbeteiligung, in einer Mitwirkung an Investitions- und Perso- nalenscheidungen, aber auch dadurch aus, dass strategische Unternehmensent- scheidungen (z. B. Abschluss von Verträ- gen nach §§ 73b, 73c oder 140b SGB V, Neuaufnahme von Mitgliedern) gemein- schaftlich getroffen werden. Zu beachten ist aber, dass gerade bei der Gründung von Gemeinschaften, aber auch bei Auf- nahme eines Gesellschafters eine sog.

vermögensrechtliche Nullbeteiligung je- denfalls dann zu akzeptieren ist, wenn sie nicht auf Dauer angelegt ist, sondern z. B.

nach einer „Kennenlernphase“ ein An- wachsen der Kapitalbeteiligung vorgese- hen ist. Maßgeblich ist vor allem eine Be- teiligung am immateriellen Wert und we- niger am materiellen Wert.

2.3. Teilgemeinschaften

Neu ist, dass Berufsausübungsgemein- schaften nicht das gesamte Leistungsspek- trum umfassen müssen. Es ist auch mög- lich, „Teil-Gemeinschaftspraxen“ oder

„Teil-Partnerschaften“ oder sonstige

„Teil-Kooperationsgemeinschaften“ zu bilden. Dies bedeutet, dass beispielsweise Ärztinnen bzw. Ärzte, die an ihrer (Ein- zel-)Praxis festhalten wollen, für die Er- bringung bestimmter Leistungen geregel- te und auch ankündbare (Teil-)Koopera- tionen eingehen können.

Wie beispielsweise bei sonstigen Ge- meinschaftspraxen kommt der Behand- lungsvertrag in diesem Fall mit der „Teilge- meinschaftspraxis“ zustande. Dabei ist es zulässig, dass innerhalb der Teil-Gemein- schaftspraxis die Leistungserbringung zwi- schen den Beteiligten aufgegliedert wird (z. B. die arbeitsteilige Trennung von Un- tersuchungsleistung und Befundung, ins- besondere bei bildgebender Diagnostik).

Dieses gilt auch für überörtliche Teil-Ge- meinschaftspraxen, bei denen eine Lei- stungsaufteilung z. B. auch unter Einsatz telemedizinischer Verfahren denkbar ist.

Eine „Teil-Kooperation“ kann auch von mehreren Berufsausübungsgemein- schaften gebildet werden. Diese Teil-Ko- operationen können in den Praxisräumen eines Kooperationspartners stattfinden oder aber auch an einem anderen Ort im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 MBO. Auch bei solchen Kooperationen sind die Vor- aussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 2 MBO zu beachten.

Wie in § 18 Abs. 4 MBO geregelt, ist auch in Teil-Kooperationen die freie Arztwahl zu gewährleisten. Teilkoope- rationen sind gemäß § 18a MBO an- zukündigen, und zwar am Ort der Lei- stungserbringung.

Auch bei einer auf einzelne Leistungen begrenzten Berufsausübungsgemeinschaft müssen die Kriterien wie in 2.2. beschrie- ben entsprechend erfüllt sein. Allerdings muss bei der Beurteilung berücksichtigt werden, dass sich die gemeinsame Berufs- ausübung nur auf einzelne Leistungen be- schränkt und sich der Umfang der unter- nehmerischen Mitwirkung allein hieran orientiert. In jedem Fall muss es sich aber auch bei einer Teil-Gemeinschaftspraxis um eine angekündigte und auf Dauer an- gelegte systematische Kooperation mit ge- meinsamem Patientenstamm handeln.

Folgende Kooperation ist z. B. denk- bar: Eine niedergelassene Kinderärztin möchte regelhaft mit einem Neurologen an einem Tag in der Woche Kinder mit neurologischen Problemen versorgen. In der sonstigen Zeit möchten sowohl der Neurologe als auch die Kinderärztin an ihrem Praxissitz ihre Einzelpraxis führen.

2.4. § 18 Abs. 2 MBO Gesellschaftsformen

Seit der Novelle der MBO können nie- dergelassene Ärztinnen und Ärzte zwi- schen allen für den Arztberuf zulässigen Gesellschaftsformen wählen, wenn ihre eigenverantwortliche medizinisch unab- hängige sowie nicht gewerbliche Berufs- ausübung gewährleistet ist. Zulässig sind danach die GmbH und AG, soweit lan- desrechtliche Vorschriften in den Heilbe- rufe- und Kammergesetzen nicht entge- genstehen. Gesellschaftsformen, die nur von Vollkaufleuten betrieben werden können, wie z. B. OHG und KG, stehen Ärztinnen und Ärzten nach wie vor nicht offen. Auch Stiftungen und Vereine kom- men als Rechtsform nicht infrage. Unab- hängig von der gewählten Rechtsform dürfen auch in Kooperationen ärztliche Dienstleistungen nicht in gewerblicher Form und wie von Gewerbetreibenden (z. B. in Kaufhäusern und in Supermärk- ten) angeboten werden.

Bei jeder beruflichen Zusammenar- beit, gleich in welcher Form, hat jede Ärz- tin und jeder Arzt zu gewährleisten, dass die ärztlichen Berufspflichten eingehal- ten werden. Schon im Vorfeld von Ver- tragsverhandlungen ist darauf zu achten, dass die Kooperation so ausgestaltet ist, dass Ärztinnen und Ärzte ihre berufli- chen Pflichten beachten können.

2.5. § 18 Abs. 3 MBO Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften

Während es in der Vergangenheit nur Ärztinnen und Ärzten, die nicht unmittel- bar patientenbezogen tätig waren (z. B.

Laborärzte, Pathologen), gestattet war, überörtliche Gemeinschaftspraxen zu bil- den, ist durch die Novellierung der MBO diese Möglichkeit allen Ärztinnen und Ärzten eröffnet worden. Dies bedeutet:

Auch Ärztinnen und Ärzte, die patienten- bezogen tätig sind, können miteinander überörtlich kooperieren. Dies setzt – in Abgrenzung zur überörtlichen Praxisge- meinschaft aber auch zum Praxisverbund – zwingend eine gemeinsame Berufsaus- übung mit gemeinsamer Patientenbe- handlung auf der Grundlage eines Be- handlungsvertrages zwischen Patientin bzw. Patient und Gemeinschaft voraus.

Sichergestellt sein muss, dass an jedem der Praxissitze mindestens ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft haupt- beruflich tätig ist. Eine hauptberufliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn die über- wiegende Arbeitszeit an dem Praxissitz verbracht wird. Das ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit an anderen Orten nicht mehr als 13 Stunden pro Woche beträgt.

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A804 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 12⏐⏐24. März 2006

2BSG-Urteil vom 16. 7. 2003, B 6 KA 34/02 R, BSG-Urteil vom 20. 10. 2004, B 6 KA 41/03 R, BFH-Urteil vom 14. 4. 2005 XI R 82/03.

3vgl. Arbeitspapier der KBV vom 15. 1. 2003 „Gemein- same und arbeitsteilige Berufsausübung in der ver- tragsärztlichen Versorgung“.

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Auch bei einer überörtlichen Gemein- schaftspraxis oder überörtlichen Partner- schaft müssen die oben unter 2.2. be- schriebenen Kriterien entsprechend er- füllt sein.

Es ergeben sich zudem nachstehende Besonderheiten:

Die überörtliche Berufsausübungsge- meinschaft kann in zwei Formen reali- siert werden. Die einzelnen Partner kön- nen weiterhin ausschließlich an dem Ort ihrer Niederlassung tätig sein oder – un- ter Beibehaltung getrennter Niederlas- sungen – jeweils zeitweise auch an einem anderen Praxissitz der Gemeinschaft tätig werden. Bei der zweiten Alternative müssen Mitwirkungsmöglichkeiten auch bei Personalentscheidungen gegeben sein. In beiden Fällen muss ein gemeinsa- mer Patientenstamm vorhanden und der Zugriff auf eine (gemeinsame) Patien- tenkartei möglich sein. Dieses kann durch moderne Kommunikationstechni- ken realisiert werden. Teilschritte der ärztlichen Behandlung können bei An- wesenheit des einen Partners durch den Partner am anderen Praxisstandort auf elektronischem Weg erfolgen; darin liegt kein Verstoß gegen das Fernbehand- lungsverbot nach § 7 Abs. 3 MBO.

Wie bei allen Berufsausübungsge- meinschaften kann es aus haftungsrecht- licher Sicht eine Verpflichtung geben, den Gemeinschaftspraxispartner bei medizi- nischen Problemen außerhalb der Routi- ne zur Behandlung hinzuziehen. Selbst- verständlich muss die Berufshaftpflicht- versicherung die überörtliche gemein- schaftliche Berufsausübung ausreichend berücksichtigen. Unverzichtbar ist auch bei einer überörtlichen Berufsaus- übungsgemeinschaft die Übernahme ei- nes unternehmerischen Risikos durch beide Gesellschafter. Die wirtschaftliche Beteiligung kann im Hinblick auf die Bei- behaltung des individuellen Praxisstand- ortes modifiziert werden.

2.6. Unerlaubte Zuweisung gegen Entgelt

Bei allen Kooperationsformen muss, wenn die genannten Kriterien nicht er- füllt sind, geprüft werden, ob die Verein- barung einer „Kooperation“ nicht gegen das berufsrechtliche Verbot der Zuwei- sung gegen Entgelt (§ 31 MBO) verstößt.

2.7. Anzeigepflicht

Alle Kooperationen sind den Ärztekam- mern anzuzeigen, in denen die Ärztinnen und Ärzte Mitglied sind und in denen die Kooperation stattfindet.

3. § 18 a MBO Ankündigungen von Berufsausübungsgemeinschaften und Kooperationen

Die Transparenz über das Leistungsge- schehen und über die Zugehörigkeit zu Kooperationsgemeinschaften ist ein we- sentlicher Gesichtspunkt bei der Neufas- sung der MBO. Diesem Aspekt trägt

§ 18 a Abs. 1 und 2 MBO Rechnung, in- dem er die Ärztinnen und Ärzte ver- pflichtet,Transparenz über die kooperati- ve Leistungserbringung herzustellen. Nur so können Patientinnen und Patienten ihr Recht auf freie Arztwahl wahrnehmen.

Aus diesem Grund ist an dem Ort oder ggf. den Orten der Kooperation durch ein Schild auf die gemeinsame Tätigkeit un- ter Nennung der Namen und Fachgebiete der beteiligten Ärztinnen und Ärzte hin- zuweisen. Überörtliche Teil-Kooperatio- nen können darüber hinaus am Praxissitz angekündigt werden.

Zusammenschlüsse zu reinen Organi- sationsgemeinschaften (z. B. Praxisge- meinschaften) dürfen ebenfalls angekün- digt werden. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass die Patientin oder der Patient von einer Berufsausübungsgemeinschaft ausgeht und sich daraus eine Mithaftung aller Partner der Organisationsgemein- schaft für berufliche Pflichtverletzungen der jeweils anderen Partner ergibt.

4. § 19 MBO Beschäftigung angestellter Ärztinnen und Ärzte

Während § 19 Abs. 1 MBO der bisher gel- tenden Bestimmung entspricht, stellt § 19 Abs. 2 MBO klar, dass die Beschäftigung fachgebietsfremder angestellter Ärztin- nen und Ärzte zulässig ist. Dies setzt vor- aus, dass ein Behandlungsauftrag regel- haft nur von Ärztinnen und Ärzten ver- schiedener Fachgebiete gemeinschaftlich durchgeführt werden kann. Es ist jetzt al- so möglich, dass z. B. operativ tätige Ärz- tinnen und Ärzte eine Anästhesistin bzw.

einen Anästhesisten anstellen können oder umgekehrt. Aber auch im Rahmen von DMP-Programmen kann es sinnvoll sein, die erforderliche fachgebietsüber- schreitende Versorgung gemeinsam mit angestellten Ärztinnen und Ärzten zu ge- währleisten.

§ 19 Abs. 2 MBO ist in Hinblick auf § 4 Abs. 2 GOÄ zum Teil auf Kritik gestoßen.

Um dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung Rechnung zu tra- gen, muss der Praxisinhaber der/dem an- gestellten Ärztin/Arzt im Dienstvertrag ein eigenes Liquidationsrecht einräumen, sodass die/der angestellte Ärztin/Arzt die von ihr/ihm erbrachten Leistungen selbst abrechnen kann.

§ 19 Abs. 3 MBO sieht jetzt expressis verbis vor, dass die Beschäftigung von angestellten Ärztinnen und Ärzten nur zu angemessenen Bedingungen erfolgen darf. Ärztinnen und Ärzten, die in An- stellung tätig sind, muss eine angemes- sene Zeit zur Fortbildung eingeräumt werden. Im Falle des Ausscheidens bei vereinbarten Konkurrenzschutzklau- seln müssen Regelungen für eine ange- messene Ausgleichszahlung vorgesehen werden.

Neu ist, dass die Patientinnen und Pa- tienten über die Tätigkeit der angestell- ten Ärztinnen und Ärzte in der Praxis in geeigneter Weise zu informieren sind.

Soweit ein eigenständiges Liquidations- recht eingeräumt wird, ist auch dar- über zu informieren. Dies kann z. B.

durch Praxisbroschüren oder Aushän- ge erfolgen. Im Unterschied zu früher kann die Beschäftigung der angestellten Ärztinnen und Ärzte auch auf dem Pra- xisschild angekündigt werden. Dabei besteht die Gefahr, dass die Patientin oder der Patient von einer Berufsaus- übungsgemeinschaft ausgeht und sich daraus eine Mithaftung der/des an- gestellten Ärztin/Arztes aus sog. An- scheinshaftung ergibt. Dem kann da- durch begegnet werden, dass angestellte Ärzte ausdrücklich als solche bezeich- net werden.

5. § 23a MBO Ärztegesellschaften

Der Deutsche Ärztetag hat sich dafür ausgesprochen, wie bei anderen Freibe- ruflern auch, die Gründung einer juristi- schen Person des Privatrechts (Ärztege- sellschaft) zu ermöglichen. Dies ist nicht zuletzt aufgrund der durch das GKV- Modernisierungsgesetz eröffneten Mög- lichkeit geschehen, „medizinische Ver- sorgungszentren“ in jeder zulässigen Rechtsform betreiben zu können. Eine Analyse hat ergeben, dass dem Patienten- schutz auch dann in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden kann, wenn die ärztliche Leistung über die Konstruk- tion einer Kapitalgesellschaft erbracht wird. Der Umsetzung stehen zur Zeit noch in einigen Bundesländern Regelun- gen in den Heilberufs- und Kammerge- setzen entgegen.

§ 23a Abs. 1 MBO enthält Kriterien, die gewährleisten, dass auch bei der Aus- übung der ambulanten Heilkunde durch eine Gesellschaft die den Beruf prägen- den Merkmale im Interesse des Patien- tenschutzes eingehalten werden können.

Nach der Zielsetzung des Deutschen Ärztetages wird Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, solche Gesellschaften zu

gründen, wenn

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– diese Gesellschaft verantwortlich von einer Ärztin oder einem Arzt geführt wird, Geschäftsführer mehrheitlich Ärz- tinnen und Ärzte sind,

– die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte den Ärztinnen und Ärzten zusteht,

– Dritte nicht am Gewinn der Gesell- schaft beteiligt sind

– und eine ausreichende Berufshaft- pflichtversicherung für jede/jeden in der Gesellschaft tätige Ärztin/tätigen Arzt besteht.

Die Ärzte-Gesellschaft tritt neben die in einigen Ärztekammern zulässige Heil- kunde-GmbH.

6. § 23b MBO Medizinische Kooperationsgemeinschaft zwischen Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe

§ 23b MBO entspricht im Wesentlichen der bisher geltenden berufsrechtlichen Re- gelung.Allerdings ist anders als in der Ver- gangenheit nicht mehr ein abschließender Katalog der Berufe aufgeführt, mit denen eine medizinische Kooperationsgemein- schaft gebildet werden kann. Vielmehr ist eine Generalklausel aufgenommen wor- den, damit den Entwicklungen im Be- reich der anderen medizinischen Fach- berufe Rechnung getragen werden kann.

Kooperationsgemeinschaften können ins- besondere gegründet werden mit:

– Zahnärztinnen und -ärzten,

– Psychologischen Psychotherapeu- tinnen und -therapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten, Diplompsychologinnen und -psychologen,

– Klinischen Chemikerinnen und Che- mikern, „Ernährungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern“ und anderen Naturwissenschaftlerinnen und -wissen- schaftlern,

– Diplom-Sozialpädagoginnen und -päd- agogen, Diplom-Heilpädagoginnen und - pädagogen,

– Hebammen und Entbindungspfle- gern,

– Logopädinnen und Logopäden und Angehörigen gleichgestellter sprachthe- rapeutischer Berufe,

– Ergotherapeutinnen und -therapeu- ten,

– Angehörigen der Berufe in der Phy- siotherapie,

– Medizinisch-technischen Assisten- tinnen und Assistenten,

– Angehörigen staatlich anerkannter Pflegeberufe,

– Diätassistentinnen und -assistenten.

Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker sind weiterhin ausgenommen. ) A

A806 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 12⏐⏐24. März 2006

Zu den Aufgaben der Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) gehören die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arz- neimittelwirkungen (UAW). Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle The- men aus der Arbeit ihres UAW-Ausschus- ses informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu können.

Das Zytostatikum Oxaliplatin (Eloxa- tin®) gehört zu einer neuen Klasse von Platinderivaten (3. Generation) und ist zur adjuvanten Behandlung eines Kolonkarzi- noms des Stadiums III (Dukes C) nach vollständiger Entfernung des primären Tumors und zur Behandlung des metasta- sierten kolorektalen Karzinoms, jeweils in Kombination mit 5-Fluorouracil (5-FU) und Folinsäure (FS), zugelassen (1).

Dosislimitierend ist die Neurotoxizität (periphere sensorische Neuropathie), die sich von der Neurotoxizität der anderen Platinderivate (Cisplatin, Carboplatin) deutlich unterscheidet, vor allem durch Dysästhesien und/oder Parästhesien der Extremitäten mit oder ohne Krämpfe charakterisiert ist, und häufig über meh- rere Monate anhält.

Weitere, sehr häufige unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind ga- strointestinale Störungen (vorwiegend Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe) und Hämatotoxizität (Anämie, Neutro- und Thrombozytopenie) (2). In der Fachinfor- mation wird auch auf gelegentlich (bei Monotherapie) oder häufig (in Kombina- tion mit 5-FU und FS) auftretende aller- gische Reaktionen sowie seltene Fälle von Immunthrombozytopenie und au- toimmunhämolytische Anämie (AIHA) hingewiesen (1).

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand 24. 11. 2005) finden sich 442 Meldungen zu Oxaliplatin, davon betref- fen 20 eine Hämolyse (4,5 Prozent) und 24 eine Thrombozytopenie (5,4 Prozent).

In einer aktuellen Meldung wurde der AkdÄ der Verdacht auf eine Immun- thrombozytopenie bei einem 64-jährigen männlichen Patienten mit kolorektalem Karzinom berichtet, der mit 5-FU, FS und Oxaliplatin behandelt wurde. Anlässlich der Applikation des siebten Zyklus wur- den Fieber (38° C), Schüttelfrost und ein Thrombozytenabfall beobachtet (Anga- ben zu absoluten Thromboyztenwerten fehlten leider ebenso wie Angaben zu kli-

nischen Blutungszeichen). Nach drei Ta- gen waren die Thrombozytenwerte wieder spontan angestiegen. Bereits nach dem sechsten Therapiezyklus war es zu einem Thrombozytenabfall innerhalb von Stun- den nach Infusion von Oxaliplatin gekom- men, wobei sich die Thrombozytenwerte eine Woche später spontan normalisier- ten. In der UAW-Meldung wird weiterhin über eine Leukozytose und einen positi- ven Coombs-Test, allerdings ohne Hinwei- se auf eine AIHA, berichtet.

In den letzten Jahren sind mehrere Ka- suistiken über das Auftreten Oxaliplatin- induzierter AIHA, Thrombozytopenien bzw. eines Evans-Syndroms (Kombination von AIHA und Immunthrombozytopenie) veröffentlicht worden (3–9). Auch eine Oxaliplatin-induzierte Panzytopenie wur- de beschrieben (10). Es wird vermutet, dass es sich bei der wenige Stunden nach Gabe von Oxaliplatin auftretenden Zytopenie um eine medikamentenabhängige, immu- nologisch vermittelte Reaktion handelt.

Diese Interpretation wird durch den Nach- weis eines positiven direkten Coombs- Tests mit IgG-Spezifität unterstützt (3;5;10).

Es wird beschrieben, dass die Patienten un- ter oder unmittelbar nach Infusion von Oxaliplatin über Unwohlsein, Kältegefühl und Schüttelfrost berichten, zum Teil auch über Fieber und Zeichen der hämorrhagi- schen Diathese (Petechien, Schleimhaut- blutungen). Die Gabe von Kortikostero- iden als Prämedikation zeigte bei einer Pa- tientin mit plötzlich aufgetretener schwe- rer Thrombozytopenie keine Wirkung (8).

Das Risiko immunologisch vermittel- ter Zytopenien, die häufig erst nach meh- reren Therapiezyklen mit Oxaliplatin auftreten, sollte bei Patienten, die Oxali- platin erhalten, immer beachtet werden.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beob- achteten Nebenwirkungen (auch Ver- dachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlag- seite abgedruckten Berichtsbogen ver- wenden oder diesen aus der AkdÄ-Inter- netpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur

1. Sanofi-Synthelabo GmbH: Fachinformation Eloxatin®. September 2004.

2. Cassidy J, Misset JL: Oxaliplatin-related side effects:

characteristics and management. Semin Oncol 2002; 29:

11–20.

3. Chen VM, Thrift KM, Morel-Kopp MC, Jackson D, Ward CM, Flower RL: An immediate hemolytic reaction in- duced by repeated administration of oxaliplatin. Transfu- sion 2004; 44: 838–43.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

„Aus der UAW-Datenbank“

Immunthrombozytopenie nach Gabe von Oxaliplatin

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