- Einleitung
- Vorkommen herzaktiver Steroide - Geschichtliches
- Anwendung
- Struktur und Wirkung herzaktiver steroide
- Strukturmerkmale von Cardenoliden und Bufadienoliden - Die Natrium/Kalium-ATPase
- Wirkungsmechanismus - Endogenes Digitalis
- Toxikologie herzaktiver Steroide - Therapeutische Alternativen
- Aufklärung der Bindungsstelle der NA+/K+-ATPASE für herzaktive Steroide - Struktur- Wirkungs-Beziehungen
- Punktmutationen - Rezeptormodell - Affinitätsmarkierung - Grundlagen und Prinzipien
- Cardenolidderivate mit der Reaktivgruppe am Zuckerteil - Cardenolidderivate mit der Reaktivgruppe am Steroidgerüst
- Cardenolidderivate mit der Reaktivgruppe in der Lactonseitenkette - Zusammenfassung
- Literatur Einleitung
Unter den ubiquitär vorkommenden Steroiden sind aus toxikologischer Sicht neben Steroidsaponinen, Withanoliden und Steroidalkaloiden vor allem die herzwirksamen Steroide von Interesse. Herzaktive Steroide sind Steranderivate, die in 17-Stellung einen ungesättigten Lactonring tragen und die häufig an der ß-Hydroxygruppe in 3- Position glykosyliert vorliegen. Nach der Art des Lactonrings unterscheidet man Cardenolide (gamma-Lacton) und Bufadienolide (delta-Lacton), die als spezifische Inhibitoren der Natrium/Kalium-ATPase die wichtigsten Pharmaka zur Behandlung von Herzmuskelinsuffizienz darstellen. Dem breiten Einsatz vor allem der Cardenolide stehen nur bruchstückhafte Kenntnisse über Art und Ort der Wechselwirkung der Substanzen mit ihrem Target-Enzym gegenüber. Der Einsatz neuer Methoden, vor allem der Affinitätsmarkierung, soll das Wissen über das aktive Zentrum der Natrium/ Kalium - ATPase erweitern.
Zusammenfassung
Herzaktive Glycoside kommen in zahlreichen Pflanzen und Tieren und zählen zu den ältesten Arzneimitteln überhaupt und zu den am weitesten verbreiteten Medikamenten zur Behandlung von Herzkrankheiten. Wegen ihrer geringen therapeutischen Breite ist die Anwendung dieser Pharmaka jedoch nach wie vor problematisch. Im Widerspruch zur breiten Anwendung steht ein nur lückenhaftes Wissen über die molekularen Grundlagen der Wirkung herzwirksamer Glycoside. Der Rezeptor für diese Verbindungen ist die Natrium/ Kalium - transportierende ATPase, ein membrangebundenes Enzym, das, durch die Hydrolyse von ATP getrieben, Natrium/ Kalium - Konzentrationsgradienten über Zellmembranen aufrechterhält. Die
kardiotone Wirksamkeit von Digitalispräparaten, vor allem der positiv inotrope Effekt, beruhen auf einer sehr spezifischen und effektiven Inhibierung der Na+/ K+ - ATPase im Herzmuskelgewebe. Für das Verständnis des Mechanismus dieser Inhibierung ist es notwendig, die Bindungsstellen des Targetenzyms für seine Liganden aufzuklären. Eine der erfolgreichsten Methoden dafür ist die Bestimmung von an der Bindung der Inhibitoren beteiligten Domänen und Aminosäuren des Proteins mittels Affinitätsmarkierungen. Die hierfür benötigten Affinitätssonden sind Derivate von herzwirksamen Glycosiden, die eine reaktive Gruppe tragen, die nach Bindung an den Rezeptor und eventuell photochemische Aktivierung unter Ausbildung kovalenter Bindungen mit Aminosäureresten im Bereich der Bindungsstelle reagieren können.
Bisher lassen sich aus diesen Versuchen folgende Schlußfolgerungen ziehen:
- Die Inhibitoren binden an die α-Untereinheit der Na+/K+-ATPase.
- Die Bindungsstelle liegt im N-terminalen Teil dieser Untereinheit, also in den extrazellulären Bereichen H1-H2 und/ oder H3-H4.
- Die Bindungsstelle für den direkt an das Steroidgerüst gebundenen Zucker sowie den A-Ring des Gerüstes scheint die Domäne H1-H2 zu sein.
- Der Lactonring der C-17-Seitenkette bindet möglicherweise im Bereich H3-H4.
- Wichtige, an der Bindung beteiligte Aminosäuren, sind offenbar Cystein 104 und Tryptophan 310.
Neuere Untersuchungen haben zum Ziel, mit Hilfe neuer, am Lactonring substituierter Affinitätssonden die Bindungsstelle für die C-17-Seitenkette von Cardenoliden aufzuklären.