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Archiv "Struma nodosa" (07.03.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 10

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7. März 2014 169

M E D I Z I N

EDITORIAL

Struma nodosa:

Umsichtige Indikation zur Operation

Roland Gärtner

Editorial zum Beitrag:

„Chirurgische Therapie bei beidseitiger Struma nodosa“

von Nada Rayes und Koautoren auf den folgenden

Seiten

anderweitig nicht behandelt werden können, ist eine Operation indiziert. Bei zufällig gefundenen Knoten empfehlen die Leitlinien neben der Abklärung mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung

bei Knoten > 1 cm eine Szintigraphie

und bei funktionell inaktiven Knoten eine Feinna- delpunktion.

Bei Ausschluss einer Malignität ist eine Thyreoidek- tomie nicht notwendig (6). Würde dies konsequent ein- gehalten, könnte die Gesamtzahl der Operationen bei Knotenstruma deutlich gesenkt werden. Dies gilt auch für Rezidivstrumen. Auch bei dieser Indikation muss nicht jeder Knoten operiert werden, sondern nur bei Verdacht oder Bestätigung eines Malignomes oder lo- kalen Kompressions-Symptomen (5).

Überwiegend papilläre Mikrokarzinome

Eine Operation wird häufig mit dem Argument emp- fohlen, dass sich hinter den Knoten ein Malignom ver- bergen könnte. Häufig wird dann eine Operation ohne vorherige genaue Diagnostik durchgeführt (4). Ein wei- teres Argument ist, dass ein primär benigner Knoten im Verlauf maligne werden kann, wofür aber keinerlei Evidenz vorhanden ist.

In einer der größten Studien hierzu wurden 134 Pa- tienten mit zytologisch gesicherten gutartigen Knoten über einen Zeitraum von zehn Jahren beobachtet, etwa ein Drittel der Knoten nahm an Größe zu und nur einer dieser Knoten war ein papilläres Karzinom (7). Es muss angenommen werden, dass die Feinnadelpunkti- on in diesem Falle falschnegativ war, denn Knoten- wachstum ist kein Kriterium für Malignität (8).

Es wird eine signifikante Zunahme der Schilddrü- senkarzinome in nahezu allen Ländern beschrieben, allerdings handelt es sich dabei überwiegend um pa- pilläre Mikrokarzinome, die durch eine verbesserte bildmorphologische Diagnostik zufällig gefunden werden (9). Auch werden diese Mikrokarzinome im Operationsmaterial häufiger zufällig gefunden. Wäh- rend früher die Pathologen nur etwa zwei Blöcke aus dem Operationsmaterial histologisch untersuchten, werden heute bis zu neun Blöcke histologisch gesich- tet und dann teilweise sehr kleine so genannte subkli- nische papilläre Mikrokarzinome entdeckt (10). Die- ses genauere Vorgehen beruht auf einer älteren Studie aus Finnland. In dieser konsekutiven Autopsiestudie wurden bei über 100 Schilddrüsen von Erwachsenen Schnitte in 2–3 mm Abstand angefertigt und histolo-

J

ährlich werden in Deutschland etwa 100 000 Pa- tienten an der Schilddrüse operiert. Bei der beni- gnen Struma nodosa wird zur Vermeidung eines Rezi- dives häufig die totale Thyreoidektomie vorgenommen.

In dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes stellen N. Rayes und Koautoren die Daten zur chirurgischen Therapie bei beidseitiger gutartiger Knotenstruma zu- sammen und folgern, dass neben der totalen Thyreoid- ektomie Alternativen, wie die Dunhill-Operation, nach wie vor ihren Stellenwert haben, weil diese bei ausrei- chender Radikalität eine deutlich niedrigere Komplika- tionsrate aufweisen (1).

Totale Thyreoidektomie oder ein subtotales Operationsverfahren

Die Diskussion darüber, ob bei benigner Knotenstruma eine totale Thyreoidektomie oder ein subtotales Opera- tionsverfahren durchgeführt werden sollte, wird in den letzten Jahren interdisziplinär teilweise kontrovers ge- führt. Die Hauptargumente der Befürworter der totalen Thyreoidektomie sind erstens, dass hierbei nicht ein möglicherweise notwendiger Zweiteingriff bei histolo- gisch zufällig gefundenem Mikrokarzinom notwendig ist und zweitens, sich später keine Rezidivstruma ent- wickeln kann, mit der Notwendigkeit einer Rezidiv - operation, die mit einem deutlich erhöhten postoperati- ven Komplikationsrisiko behaftet ist (2).

Im Vorfeld dieser Diskussion muss die Frage gestellt werden, ob alle Operationsindikationen bei benigner Knotenstruma richtig erhoben werden. An einer beni- gnen Knotenstruma leiden etwa 20–30 % der deutschen Bevölkerung (3), meist ohne subjektive Beschwerden, solange die Schilddrüsenfunktion normal ist, denn ein Knoten in einer Schilddrüse entwickelt sich in der Re- gel sehr langsam und unbemerkt. Die Anzahl der Schilddrüsenoperationen in Deutschland ist in den letz- ten Jahren von etwa 120 000 auf 90 000 pro Jahr zu- rückgegangen, dennoch sind es im Vergleich zu ande- ren Ländern 4–6 mal mehr. In Deutschland werden nach wie vor die meisten Operationen mit dieser Indi- kation vorgenommen (4). Etwa die Hälfte der Operatio- nen davon sind derzeit partielle Thyreoidektomien, und etwa 40 % totale Thyreoidektomien (2).

Die Indikation zur Strumaoperation sollte sich an den nationalen und internationalen Leitlinien orientie- ren (5, 6), in denen die Operationsindikationen für gesi- cherte benigne Knotenstrumen klar definiert sind. Nur bei lokalen Symptomen oder Funktionsstörungen, die

Medizinische Klinik IV der LMU, München:

Prof. Dr. med. Gärtner

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gisch untersucht. Bei 35 % der Schilddrüsen konnten papilläre Mikrokarzinome nachgewiesen werden (11).

Vergleichbar gute Prognose

Die Prognose dieser inzidentiellen Mikrokarzinome ist auch ohne totale Thyreoidektomie vergleichbar gut wie bei den Patienten, die aufgrund eines vordiagnostizier- ten Karzinomes total thyreoidektomiert wurden. Dies zeigte eine dänische Studie (12). Der rezidivfreie Ver- lauf über einen Beobachtungszeitraum von 15 Jahren war mit 98,5 % in beiden Gruppen gleich gut.

Abzuwägen ist daher die erhöhte postoperative Mor- bidität bei totaler Thyreoidektomie gegenüber den Re- zidivraten und möglicherweise übersehenen papillären Mikrokarzinomen.

Bedenkt man die Komplikationsraten (vorwiegend transiente) aber auch permanente Recurrensläsionen und Hypoparathyreoidismus), so ist die Morbidität nach einer totalen Thyreoidektomie aufgrund einer be- nignen Schilddrüsenerkrankung bedenklich hoch.

Derzeit wird das Neuromonitoring als die Methode der Wahl empfohlen, um eine Recurrensläsion zu vermeiden.

Die Inzidenz einer permanenten Recurrensläsion beträgt in spezialisierten Zentren weniger als 1 %, in der klini- schen Routine ist diese jedoch deutlich höher (2).

Nach totaler Thyreoidektomie können bei 10–20 % der Patienten ein postoperativer transienter Hypopara- thyreoidismus und bei etwa 3–5 % ein permanenter Hypoparathyreoidismus diagnostiziert werden (2, 13).

Nach einer subtotalen Thyreoidektomie oder Dunhill- Operation sind diese Werte mit 0,8 beziehungsweise 1,4 % deutlich niedriger (2).

Individualisierte Therapie

Das bedeutet, es ist, angesichts der in Deutschland so häufigen Operationen, eine doch erhebliche postopera- tive Morbidität vorhanden. Daher sollte immer die ge- naue Selektion der Patienten, und eine individualisier- te, der Grunderkrankung, aber auch der Erfahrung des Chirurgen angemessene operative Behandlung in Be- tracht gezogen werden. Bei beidseitigen Knoten und positiver Familienanamnese besteht der Verdacht auf eine genetische Prädisposition und hier ist eine totale Thyreoidektomie in einem spezialisierten Zentrum ei- ner Dunhill-Operation vorzuziehen (2). Bei einem zu- fällig postoperativ histologisch nachgewiesenen papil- lären Mikrokarzinomen ist nicht zwingend eine Kom- plettierungsoperation notwendig, wenn primär keine totale Thyreoidektomie erfolgte (2, 12).

Nach einer totalen Thyreoidektomie genügt eine ausreichende Substitution mit L-Thyroxin , bei subto- talen Operationsverfahren ist aber immer eine Kombi- nation von L-Thyroxin und Jodid indiziert. Leider gibt es hierzu keine ausreichend validen Studien. Jedoch ist sowohl epidemiologisch als auch klinisch experi- mentell belegt, dass die Knotenstruma eine Jodman- gelerkrankung ist, nicht durch ein erhöhtes TSH al- lein, sondern durch Jodmangel entsteht (14). Daher ist eine kombinierte Jod-Schilddrüsenhormon-Substituti-

on sinnvoll. Studien hierzu wären dringend notwen- dig. Die beschriebenen Rezidive nach subtotaler Re- sektion von bis zu 10 % lassen sich möglicherweise dadurch signifikant reduzieren (2).

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

LITERATUR

1. Rayes N, Seehofer D, Neuhaus P: The surgical treatment of bilateral benign nodular goiter—balancing invasiveness with complications.

Dtsch Arztebl Int 2014; 111(10): 171–8.

2. Musholt TJ: Totale Thyreoidektomie bei Knotenstruma. Chirurg 2010: 81: 603–11.

3. Völzke H, Ludemann J, Robinson DM, et al.: The prevalence of undiagnosed thyroid disorders in a previously iodine-deficient area.

Thyroid 2003; 13: 803–10.

4. Wienhold R, Scholz M, Adler JR, et al.: The management of thyroid nodules. A retrospective analysis of health insurance data. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 827–34.

5. Musholt TJ, Clerici T, Dralle H, et al.: German Association of Endo- crine Surgeaons practice guidelines for surgical treatment of benign thyroid disease. Langenbecks Arch Surg 2011; 396: 639–49.

6. Gharib H, Papini E, Paschke R, et al.: AACE/AME/ETA Task Force on Thyroid Nodules. American Association of Clinical Endocrinologists, Associazione Medici Endocrinologi, and European Thyroid Associa - tion medical guidelines for clinical practice for the diagnosis and management of thyroid nodules: executive summary of recommenda- tions. J Endocrinol Invest 2010; 33: 51–6.

7. Kuma K, Matsuzuka F, Yokozawa T, et al.: Fate of untreated benigne thyroid nodules: Results of long-term follow-up. World J Surg 1994;

18: 495–9.

8. Asanuma K, Kobayashi S, Shingu K, et al.: The rate of tumour growth does not distinguish between malignant and benigne thyroid nodules. Eur J Surg 2001; 167: 102–5.

9. Brito JP, Davies L, Zeballo-Palacios C, et al.: Papillary lesions of in- dolent course: reducing the overdiagnosis of indolent papillary thy- roid cancer and unnecessary treatment. Future Oncol 2014; 10:

1–4.

10. Grodski S, Brown T, Sidhu S, et al.: Increased incidence of thyroid cancer is due to increased pathologic detection. Surgery 2008;

144: 1038–43.

11. Harach HR, Franssila KO, Wasenius VM: Occult papillary carcinoma of the thyroid. A “normal” finding in Finnland. A systemic autopsy study. Cancer 1985; 56: 531–8.

12. Londero SC, Krogdahl A, Bastholt L, et al.: Papillary thyroid micro- carcinoma in Denmark 1996–2008: A national study of epidemiolo- gy and clinical significance. Thyroid 2013; 23: 1159–64.

13. Bellantone R, Lombardi CP, Bossola M, et al.:Total thyroidectomy for management of benigne thyroid disease; Review of 526 cases.

World J Surg 2002; 26: 1468–71.

14. Gärtner R, Dugrillon A: Vom Jodmangel zur Struma. Pathophysiolo- gie der Jodmangelstruma. Internist 1998; 39: 566–73.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Roland Gärtner

Medizinische Klinik IV der Ludwig Maximilians Universität Ziemssenstraße 1, 80336 München

roland.gaertner@med.uni-muenchen.de

Englischer Titel: Nodular goiter: cautious indications for surgery

Zitierweise

Gärtner R: Nodular goiter: cautious indications for surgery. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(10): 169–70.DOI: 10.3238/arztebl.2014.0169

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The English version of this article is available online:

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