Blenrep: ein neuer Wirkansatz beim mehrfach refraktären multiplen Myelom
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Belantamab-Mafodotin (Blenrep), ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat von Glaxo- SmithKline, ist das erste gegen das Ober- flächenprotein BCMA gerichtete Therapeu- tikum. Es bietet Patienten mit mehrfach rezidiviertem, therapierefraktärem multip- len Myelom die Chance auf eine lange An- sprechdauer.Patienten mit multiplem Myelom, die sowohl auf Proteasominhibitoren als auch auf Immunmodulatoren und Anti-CD38- Antikörper nicht ansprechen, haben eine sehr ungünstige Prognose. Es besteht daher nach wie vor ein großer Bedarf an effektiven Therapien, die auf neue Zielstrukturen ge- richtet sind. Eine solche neue Zielstruktur ist das Protein BCMA („B cell maturation anti- gen“), das vornehmlich auf der Oberfläche heranreifender Plasmazellen und maligner Plasmazellen des multiplen Myeloms vor- kommt. Mit Belantamab-Mafodotin (Blen- rep) steht seit September 2020 das erste
spezifisch gegen BCMA gerichtete Anti- körper-Wirkstoff-Konjugat („antibody drug conjugate“; ADC) in Deutschland zur Ver- fügung. Das ADC wird von BCMA-exprimie- renden Myelomzellen aufgenommen und führt über unterschiedliche Wirkmechanis- men letztlich zu deren Apoptose.
In die zulassungsrelevante, offene Phase-II- Studie DREAMM-2 wurden erwachsene mehrfach vorbehandelte Myelompatienten (median 7 Vortherapien) in zwei Studien- arme mit unterschiedlicher Dosierung (2,5mg/kg Körpergewicht [KG] i. v. q3w [n = 97] oder 3,4 mg/kg KG i. v. q3w [n = 99]) randomisiert. Alle Patienten waren refraktär gegenüber Proteasominhibitoren, Immun- modulatoren und einem Anti-CD38-Antikör- per. Auch mussten sie bereits eine autologe Stammzelltransplantation erhalten haben oder eine solche kam für sie nicht infrage.
Nach einer Nachbeobachtungszeit von median 13 Monaten betrug die Gesamt-
ansprechrate in der Gruppe mit der letztlich zugelassenen Standarddosierung (2,5 mg/
kg KG) 32 %. Von diesen 31 Patienten spra- chen mehr als die Hälfte vollständig oder sehr gut partiell auf die Behandlung an (58 %, 18 Patienten) und immerhin noch weitere 42 % (13 Patienten) partiell. Die mediane Ansprechdauer lag bei 11 Monaten und das mediane Gesamtüber leben bei 13,7 Monaten. Die mediane Zeit bis zum Anspre- chen betrug 1,5 Monate.
Der Therapieerfolg manifestierte sich un- abhängig vom Vorbehandlungsgrad und vom zytogenetischen Risiko. Die Gesamtan- sprechrate war bei Patienten mit drei bis sechs Vortherapien ähnlich hoch wie bei Patienten mit mindestens sieben Vorthera- pien (34 % bzw. 30 %).
Die Behandlung mit Belantamab- Mafodotin 2,5 mg/kg KG war mit einem handhabbaren Sicherheitsprofil assoziiert. Die häufigsten Nebenwirkungen bestanden in Kerato pathie (71 %), Thrombozytopenie (38 %) und An- ämie (27 %). Die häufigsten schwerwiegen- den Nebenwirkungen waren Pneumonie und Pyrexie (je 7 %). Günter Springer/red.
Braftovi® – besseres Gesamtüberleben beim BRAF-mutierten metastasierten Kolorektalkarzinom
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Encorafenib (Braftovi®), ein BRAF-Kina- seinhibitor von Pierre Fabre, führt in Kom- bination mit Cetuximab beim vorbehandel- ten, BRAF-V600E- mutierten metastasierten Kolorektalkarzinom zu einer deutlichen Verlängerung des Gesamtüberlebens.Diese neue Therapieoption ist bisherigen Standardtherapien deutlich überlegen.
Die BRAF-V600E-Mutation definiert bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (mCRC) eine Subgruppe mit sehr ungünstiger Prognose. Etwa 10 % der Pati- enten sind betroffen; für sie besteht daher ein großer Bedarf an therapeutischer Inno- vation.
Die BRAF-V600E- Mutation bewirkt eine von extrazellulären Stimuli unabhängige, kons- titutive Überaktivierung des intrazellulären RAS/RAF/MEK/ERK-Signalwegs und führt dadurch zu einer anhaltenden Aktivierung assoziierter biologischer Prozesse, z. B. der Proliferation und Differenzierung von Zellen.
Encorafenib blockiert die von der BRAF- V600E-Mutation ausgehende überschießen-
de Signaltransduktion, hebt jedoch dadurch die negative Feedback-Regulation der EGFR-vermittelten Signalübertragung auf.
Dadurch wird u. a. der RAS/RAF/MEK/ERK- Signalweg unter Vermittlung durch CRAF reaktiviert. Daher ist beim BRAF-mutierten mCRC eine zusätzliche EGFR-Hemmung, z. B.
durch Cetuximab, nötig.
Seit Juni 2020 ist Encorafenib von Pierre Fabre in Kombination mit Cetuximab zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit BRAF-V600E-positivem mCRC, die eine systemische Vortherapie erhalten haben, zugelassen. In der offenen Phase-III-Studie BEACON führte die Behandlung von Patien- ten mit BRAF-V600E-mutiertem mCRC, deren Erkrankung nach ein oder zwei Vor- therapien progredient war, zu einem signifi- kant besseren Gesamtüberleben der Patien- ten, die mit Encorafenib (täglich 300 mg p. o.) plus Cetuximab (250 mg/m2 Körperober- fläche per infusionem q1w) im Vergleich zu jenen, die eine Standardtherapie nach Wahl des Behandlers (Cetuximab/Irinotecan oder
Cetuximab/FOLFIRI) erhalten hatten. Mit einem medianen Gesamtüberleben von 9,3 versus 5,9 Monaten wurde die Sterberate durch die Kombination Encorafenib/
Cetuximab um 39 % redu- ziert. Das mediane progressi- onsfreie Überleben war in der Encorafenib/Cetuximab-Gruppe nahezu 3-fach höher als in der Kontrollgruppe (4,3 vs. 1,5 Monate) und die Gesamtansprechrate betrug 19,5 % unter Encorafenib/Cetuximab und 1,8 % im Kont- rollarm.
Zum Zeitpunkt des Datenschnitts der aktu- ellen Auswertung wurden noch 13,6 % der Patienten mit Encorafenib plus Cetuximab sowie 3,2 % der Patienten des Kontrollarms behandelt.
Das Nebenwirkungsprofil war ähnlich. Ne- benwirkungen von Grad ≥ 3 waren im Kontrollarm etwas häufiger (64,2 vs. 57,4 %)
Günter Springer/red.
Im Fokus Onkologie 2021; 24 (4)