Wer Bücher nach dem Titel wählt, könnte von Frank Huylers Erzählungen ent- täuscht sein. Denn Halbgöt- ter in Weiß und reißerische Geschichten sucht man hier vergeblich. Der Autor schil- dert vielmehr ganz alltägliche Begebenheiten an einer ame- rikanischen
Klinik. Dabei gelingt es ihm ausgezeichnet, die Schicksale seiner Patien- ten mit seinen eigenen Schwierigkeiten in einem oft belastenden Beruf zu ver- knüpfen. Huyler schildert sich selbst ganz menschlich als einen Arzt mit Stärken und Schwächen. Ein positives Bild von seinem Berufsethos vermittelt er zum Beispiel in der Geschichte „Meinungs- verschiedenheiten“. Tag und Nacht kämpft er scheinbar aussichtslos um das Leben des 28-jährigen Cowboys Mr.
Johnson. Sogar als ihm sein Vorgesetzer vorwirft, dass er den Patienten nur noch künstlich am Leben erhalten wolle, gibt er nicht auf. Huy- ler wird auf eine andere Stati- on versetzt. Als er Monate später die Cafeteria besucht, sieht er einen Zeitung lesen- den Mann: Mr. Johnson.
In einer weiteren Geschich- te gibt der Autor einen ganz ehrlichen Einblick in seine we- niger bewundernswerten Ge- danken, die ihn aber gerade deswegen umso glaubwürdi- ger erscheinen lassen. So be- richtet er in „Der tote See“, dass er das Gefühl auch ge- nießt, wenn er schlechte Nach- richten übermitteln muss:
„Meine Stimme gibt den Ge- schehnissen Gestalt, ganze Fa- milien hängen an meinen Lip- pen. Eine dunkle Eitelkeit, die ich halbwegs zu unterdrücken suche, ergreift von mir Be- sitz.“ Ähnlich differenziert wie sich selbst beschreibt Huy- ler auch die Charaktere seiner Kollegen und Patienten.
Er zeigt eindrucksvoll, dass auch auf einer hoch technisier- ten Intensivstation und Not- aufnahme das Menschliche immer im Vordergrund stehen kann. Im Gegensatz zu vielen anderen autobiografischen Erlebnisberichten von Ärzten sind diese Momentaufnahmen des Klinikalltags aber auch li- terarisch anspruchsvoll und schon allein deshalb lesens- wert. Gisela Klinkhammer
Gerichtsmedizin
Packend
Gunther Geserick, Klaus Vendu- ra, Ingo Wirth: Zeitzeuge Tod.
Spektakuläre Fälle der Berliner Gerichtsmedizin. Militzke-Ver- lag, Leipzig, 2001, 224 Seiten, 15 SW-Abbildungen, 19 A
Die Hemmschwelle für Ge- walttaten bis hin zum Mord sinkt immer mehr. Die foren- sische Medizin hilft, den Tat- vorgang zu klären und den Täter zu überführen. Auch Serienmorde, politische Mor- de und Selbstmorde fallen in ihr Gebiet. Die Entwicklung der Gerichtsmedizin im 20.
Jahrhundert wird anhand von
spektakulären Fäl- len aus den Archiv- büchern des Insti- tuts für Rechtsme- dizin der Charité zu Berlin geschil- dert.
Begonnen hatte das Institut als Berliner Lei- chenschauhaus zur Identifika- tion von unbe- kannten Lei- chen (bis 1930).
Von der Uhlenhuthschen Re- aktion, die Menschen- und Tierblut unterscheidet, bis zur heutigen DNA-Analyse konnten die Ergebnisse im- mer stärker differenziert wer- den. Der Leser lernt die ver- antwortungsvolle Arbeit der Obduzenten kennen, folgt ihren Überlegungen und ab- schließenden Bewertungen.
Bekannte Na- men begegnen ihm: Karl Lieb- knecht, Rosa Luxemburg, Walther Rathe- nau, Klaus Bon- hoeffer (Kreisau- er Kreis), Vin- cenz Müller und Dean Reed.
Die Beschrei- bung der meist grauenhaften Vor- gänge wechselt ab mit medizinhistori- schen und gerichtsmedizini- schen Darstellungen. Haut- nah erlebt der Leser die deutsche Geschichte vom Kaiserreich über die Weima- rer Republik, die NS-Zeit und die DDR. Das brisante Thema wurde von den Auto- ren in packender Weise auf- bereitet. Maja Rehbein V A R I A
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 7½½½½15. Februar 2002 AA451
Ratgeber
Verständliche Information
Hans-Joachim Hofmann: Hand- buch Erbrecht für den Arzt.Feh- ler vermeiden · Streit verhindern · Steuern sparen. (Arzt & Wirt- schaft Bibliothek). Ecomed Ver- lagsgesellschaft, 86899 Lands- berg, 2000, 296 Seiten, 39 A Das Thema „Erben und Ver- erben“ ist für viele Men- schen unangenehm, da es ei- ne Auseinandersetzung mit dem Tod bedeutet. Tritt dann der Sterbefall ein, trifft er die Menschen unvorbe- reitet und hinterlässt oftmals menschliche und finanzielle Katastrophen. Viele Proble- me, die dabei entstehen, könnten durch einige Vor- bereitungen, zum Beispiel durch Abfassen eines Testa- ments oder Erbvertrages, abgewendet werden. Auch die Kenntnisse über das Erbrecht sind in der Bevöl- kerung nur rudimentär vor- handen. Das Handbuch will hier Abhilfe schaffen und enthält Hinweise, die der Leser braucht, um seinen Nachlass wunschgemäß zu ordnen.
Der Autor, der als Chefre- dakteur der Zeitschrift „Arzt und Wirtschaft“ die wirt- schaftlichen Sorgen und Nöte niedergelassener Mediziner kennt, wendet sich dabei spe- ziell dieser Berufsgruppe zu.
Nach dem ABC der wichtig- sten Begriffe des Erbrechts wird daher auch zunächst dargestellt, wie sich ein Erbe einer Arztpraxis verhalten soll. Handelt es sich dabei um eine zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ver- tragsarztpraxis, sind Vor- schriften des Sozialgesetzbu- ches V zu beachten.
Nach den Einführungen in die Besonderheiten des Vertragsarztrechts wird die gesetzliche Erbfolge be- schrieben. In Stichworten werden die wichtigsten Be- griffe des Erbrechts erläu- tert. Mit Beispielen wird verdeutlicht, wie sich der Unterschied zwischen einem Testament und einem Erb- vertrag im konkreten Fall auswirkt. Das Buch gibt vie- le wichtige Hinweise für das Abfassen eines Testaments oder eines Erbvertrages und erläutert die Vor- und Nach- teile einer bestimmten Re- gelung. Barbara Berner
Arztgeschichten
Alltägliche Begebenheiten
Frank Huyler: Notaufnahme.Geschichten zwischen Leben und Tod.
Verlag C.H. Beck, München, 2001, 174 Seiten, gebunden, 14,90 A Bücher