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Gesinnungsschnüffelei gefährdet Demokratie

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tionsdienst der Christlich Demokratischen Union Deutschland

Nr. 14/70 9. April Bonn

1970

24. Jahrgang

Z8398

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Thema der Woche

Gesinnungsschnüffelei gefährdet Demokratie

Die SPD will die politische Gesinnung aller Wähler des Landes Nordrhein-Westfalen überprüfen und in Listen erfassen. Damit wird der Versuch unternom- men, in die politische Intimsphäre der Bürger einzu- dringen. Eine solche Aktion kann, wie der General- sekretär der CDU, Dr. Heck, betont, nur zu Mißtrauen und Unfrieden im Zusammenleben der Bürger führen.

Ist dies, so fragt Dr. Heck im folgenden Beitrag, jenes Mehr an Demokratie, das die SPD-Bundes- regierung versprochen hat, oder wird nicht die Gefahr deutlich, daß aus dem Gerede über eine Demo- kratisierung der Gesellschaft die totale Politisierung auch des pri- vaten Lebens entstehen kann?

Die Absicht der SPD, alle Erwach- senen in Nordrhein-Westfalen nach

ihrer politischen Einstellung in Listen zu erfassen, trägt Züge an sich, die mit einer Demokratie nicht übereinstimmen; sie offenbart An- sätze zu einer Politisierung des privaten Lebens, wie sie mit dem Freiheitsbegriff des Grundgesetzes nicht mehr vereinbar wäre. Deshalb reicht es nicht aus, daß die SPD nun versucht, sich mit ein paar un- deutlichen Erklärungen vom Unmut

Die CDU/CSU trauert um Graf Spreti

Die Nachricht von der Ermordung des deutschen Botschafters in Gua- temala, Karl Graf von Spreti, muß jeden, dem die Menschlichkeit noch etwas gilt, mit Abscheu, Bestürzung und tiefer Trauer erfüllen. Als an den inneren Gegensätzen seines Gastlandes völlig Unbeteiligter wurde er das unschuldige Opfer eines Verbrechens. Sein gewaltsa- mer Tod beleuchtet wie ein greller Blitz die schauerliche Szene von Brutalität und Unmenschlichkeit, mit denen politische Gegensätze nicht nur in jenem Teile der Welt in zunehmendem Maße ausgetragen werden. Man kann nur hoffen, daß die grausame Ermordung des Gra- fen von Spreti die Gewissen wach- rüttelt und mit dazu beiträgt, der Unmenschlichkeit und der rück- sichtslosen Gewalt ein Ende zu setzen.

Mit der Familie des Toten trauert das deutsche Volk um einen Mann, der ihm in vielen Jahren und an verantwortlichen Stellen mit seiner ganzen Kraft gedient hat. Sein Wir- ken als Bundestagsabgeordneter

der Christlich-Sozialen Union von 1949 bis 1956 und seine Tätigkeit als Botschafter in oft schwieriger Mission während 14 Jahren waren gekennzeichnet von selbstloser Hin- gabe an die ihm gestellten Aufga- ben.

Die Union wird Karl Graf von Spreti, ihren auf so tragische Weise aus dem Leben gerissenen Freund, den bewährten deutschen Politiker und Diplomaten, immer in dankba- rem Andenken behalten. Sie ist sei- ner Gattin und seinen Kindern in tiefem Mitgefühl und großer Trauer verbunden.

In einem Telegramm hat der Bun- desvorsitzende der CDU, Dr. Kiesin- ger, den Hinterbliebenen des er- mordeten Botschafters sein Beileid ausgesprochen. „Wir sind erschüt- tert darüber", so heißt es in dem Telegramm, „daß er, ein völlig Un- beteiligter, Opfer eines unmensch- lichen Terrors wurde, und daß es nicht gelungen ist, sein Leben zu retten. Ich spreche Ihnen und Ihrer Familie meine herzlichste Anteil- nahme aus."

der öffentlichen Meinung über diese Aktion zu befreien.

Es zeugt zudem von einer wenig noblen Haltung, daß nun dem Lei- ter des sozialdemokratischen Mei- nungsinstituts Infas die Verantwor- tung zugeschoben werden soll.

Ministerpräsident Kühn selbst und der Wahlkampfleiter der SPD, Mini- ster Figgen, haben die Ortsver- bände angewiesen, das Material zu beschaffen. Die Anleitung trägt ihre Unterschrift, bei ihnen liegt die Ver- antwortung und von ihnen muß man eine eindeutige Erklärung erwar- ten.

Die SPD-Mitglieder sollen nicht nur festhalten, was sie oder ihre Freunde über die politische Ein- stellung von Bekannten und Nach- barn vermuten. Sie sollen darüber hinaus auch Gespräche führen und Hausbesuche machen, um die Ge- sinnung wirklich aller Bürger zu er- kunden und auszuwerten. Figgen hat nun erklärt, die so gewonnenen Listen sollten nach der Wahl ver- nichtet werden.

In der von ihm mit herausgegebe- nen Anleitung heißt es jedoch ein- deutig, die Unterlagen böten auch nach der Wahl ein großartiges Material für die weitere politische Aktivität. Und Ministerpräsident Kühn war auf Anfrage nicht bereit, sich zu diesem Punkt eindeutig zu äußern.

Aber die entscheidende Frage ist nicht die künftige Behandlung der Listen, sondern ihre Anlage über- haupt. Es geht hier um eine Ge- sinnungsschnüffelei, um den Ver- such, mit der politischen Sonde in die Intimsphäre einzudringen, der nur zu Mißtrauen und Unfrieden im Zusammenleben der Bürger führen kann.

Die Frage muß gestellt werden, ob dies jenes Mehr an Demokratie ist, das die sozialdemokratisch ge- führte Bundesregierung verspro- chen hat. Wir haben schon immer davor gewarnt, daß aus dem Ge- rede über eine Demokratisierung der Gesellschaft schließlich eine totale Politisierung selbst des pri- vaten Lebens entstehen würde. Die Listenakion der SPD in Nordrhein- Wesfalen scheint alle diese War- nungen zu bestätigen.

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Seite

Kiesinger warnt vor Hegemonie Moskaus 2 Spitzengliederung bleibt ungelöst 3 Dr. Heck: Schöne

Worte und nichts

dahinter 5 Die Linke auf dem Vormarsch 8

In rund acht Wochen werden die Wähler des größten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen über die politische Zukunft ihres Landes zu

entscheiden haben. Die gegenwärtige SPD/FDP- Landeskoalition hat in den vergangenen Jahren das Land an Rhein und Ruhr mehr verwaltet als regiert. Überzeugende Vorschläge, die Struktur Nordrhein-Westfalens zu verbessern, wurden nicht vorgelegt.

Die CDU wird mit ihrem Spitzenkandidaten Köppler mit großer Zuversicht in diesen Wahlkampf gehen, weil sie ein klares und detailliertes Programm vorzuweisen hat. Es ist ein abgewogenes Programm, das Prioritäten setzt und Nordrhein-Westfalen die Bedeutung zukommen lassen will, auf die es auch in Zukunft Anspruch hat.

Die CDU wird in den kommenden Wochen ihre Pläne mit der

Bevölkerung diskutieren und wird deutlich machen, daß die Zukunft des Landes nur von der Union sicher gestaltet werden kann.

(Siehe Beitrag Seite 7)

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In Bonn beginnt in der näch- sten Woche sozusagen ein parla- mentarisches Marathon: Vier Sit- zungswochen folgen einander nach der Osterpause. Die Abge- ordneten werden ein reichhalti- ges Programm zu bewältigen haben.

Das Schwergewicht der Ta- gungswoche vom 13. bis 17. April liegt auf der Behandlung von Gesetzesinitiativen der CDU/

CSU-Bundestagsfraktion. Dazu gehören die erste Beratung eines Entwurfs zu einem Gesetz über die Förderung sozialer Hilfs- dienste. Wie schon in diesem In- formationsdienst berichtet, geht es dabei um durch Gesetz er- weiterte Möglichkeiten Men- schen zu finden, die sich dem sozialen Dienst widmen wollen und die diese Aufgabe wegen der Gefahr finanzieller Einbußen nur sehr beschränkt oder gar nicht leisten konnten. Die Abge- ordneten Horten und Frau Schroeder hatten vor kurzem die Presse über den in ihrer Initia- tive entwickelten Gesetzentwurf unterrichtet und dabei breite Zu- stimmung gefunden. Man wird sehen, ob die Koalition bereit ist, diese bedeutsamen Maßnah- men zu unterstützen.

Gleiche Beachtung verdient ein Antrag der CDU/CSU zur mittelfristigen Finanzplanung, durch den Ausbau und Neubau von Hochschulen gefördert wer- den sollen. Nach Ansicht der Opposition wird die unter dem früheren Bundesminister Dr.

Stoltenberg erreichte Bundes- kompetenz für Fragen der Bil- dungspolitik zu wenig genutzt.

Dieses Versäumnis geht zu Lasten von Studenten und Pro- fessoren. Die Abgeordneten Dr.

Martin, Dr. Schober und andere Mitglieder der CDU/CSU werden im Parlament ihren Antrag ver- treten, mit dem die soziale Lage der Schriftsteller, Komponisten und bildenden Künstlern verbes- sert werden soll.

In einem Informationsgespräch mit den Betroffenen erhielten die Abgeordneten wertvolle Anre- gungen, die nun ihren parlamen- tarischen Niederschlag in dem erwähnten Antrag gefunden ha- ben.

Von der Öffentlichkeit nicht so stark gewürdigt, wie es notwen- dig wäre — dafür aber um so mehr von Fachleuten — wurde ein im Bundestag eingebrachter Antrag der Abgeordneten Picard, Dr. Martin, Dr. Jungmann, Dr.

Götz und anderer zur Situation der psychiatrischen Behandlung und Betreuung der Bevölkerung in der Bundesrepublik.

Europapolitik

Kiesinger warnt vor Hegemonie Moskaus

Der Bundesvorsitzende der CDU, Dr. Kurt Georg Kiesinger, bezeichnete in einem Zeitungsinterview die Festigung des Atlantischen Bündnisses und ein energisches Vorantreiben der politischen Einigung Europas als die wirklich großen Aufgaben der kommenden Jahre. Dr. Kiesinger beschwor zu- gleich die Vereinigten Staaten, auch angesichts der Ostpolitik der neuen Bundesregierung ihr militärisches Engagement in Europa beizubehalten, weil ein Truppenabzug unausweichlich zu einer sowjetischen Hegemonie in Europa führen würde.

Frage: Herr Dr. Kiesinger, der Bundeskanzler reist am Wochen- ende nach bewegten politischen Wochen hier in Deutschland in die Vereinigten Staaten. Welche Bedeu- tung messen Sie diesem Besuch bei?

Antwort: Eine sehr große. Wie immer man die ostpolitischen Be- mühungen der Bundesregierung einschätzen mag: Sicher ist, daß ohne ein unvermindertes Engage- ment der Amerikaner in Europa keine erfolgreiche Ostpolitik mög- lich ist. Dazu gehört vor allem die fortdauernde Präsenz der amerika- nischen Streitkräfte in Europa. Bun- deskanzler Brandt wird dies seinen amerikanischen Gesprächspartnern sehr deutlich sagen müssen.

Frage: Ist nicht die Sorge berech- tigt, daß man in den Vereinigten Staaten gerade im Hinblick auf die neue Ost- und Deutschlandpolitik der Regierung Brandt eher einer Verringerung der amerikanischen Präsenz in Europa zuneigen wird?

Antwort: Diese Sorge ist leider nicht unbegründet. Erst vor wenigen Tagen hat zum Beispiel der demo- kratische Senator Young in einer Rede vor dem Senat in Washington

gefordert, Präsident Nixon solle Brandt bei seinem Besuch die Zu- rückziehung von 100 000 Mann aus der Bundesrepublik ankündigen.

Wenn Bonn die weitere Anwesen- heit von US-Truppen nicht auf Hel- ler und Pfennig bezahle, müsse man sogar alle Streitkräfte abzie- hen. Zur Begründung führte der Se- nator an, die Zurückziehung der Truppen sei möglich, „da ja die Drohung einer kommunistischen Ag- gression nicht mehr existiere".

Ich zweifle nicht daran, daß Prä- sident Nixon die Lage richtiger ein- schätzt. Aber er ist von der Stim- mung im Kongreß und von der öffentlichen Meinung nicht unab- hängig.

In seinem Bericht an den Kongreß vom 18. Februar hat er noch einmal bestätigt, daß die gegenwärtigen amerikanischen Truppenstärken in Europa „zumindest bis Mitte 1971"

aufrechterhalten werden. So wie die Dinge liegen, muß man aber einen zunehmenden Druck zur Zurück- ziehung der amerikanischen Streit- kräfte befürchten, und zwar ohne die Voraussetzung gleichwertiger Maßnahmen des Ostens.

Dieser Meinungstrend ist um so unverständlicher und um so gefähr-

licher, als der Präsident in seinem Bericht mit allem nüchternen Ernst darauf hinwies, daß in den siebziger Jahren „die Sowjets über strategi- sche Streitkräfte verfügen werden, die an unsere eigenen herankom- men und in einigen Kategorien sie übertreffen werden".

Es wäre nicht nur für uns, son- dern für ganz Westeuropa verhäng- nisvoll, wenn sich das amerikani- sche Engagement in Europa tatsäch- lich verringern würde. Ein Abzug der amerikanischen Truppen würde un- ausweichlich zu einer sowjetrussi- schen Hegemonie in Europa führen.

Moskau würde seine Vormacht dann auch gegen einen europäischen Zu- sammenschluß einsetzen. Damit wäre die Chance der Einigung West- europas verloren.

Frage: Gibt es nicht auch ame- rikanische Besorgnisse, vor allem wirtschaftlicher Art, gegenüber einer europäischen Einigung?

Antwort: Solche Befürchtungen gibt es in der Tat. Viele Amerika- ner fürchten die Konkurrenz einer Europäischen Wirtschaftsgemein- schaft, insbesondere wenn sie durch den Beitritt Großbritanniens und anderer Länder erweitert sein wird.

Präsident Nixon sagte jedoch da- zu, daß Amerika möglicherweise da- bei Opfer bringen müsse, daß aber der mögliche wirtschaftliche Preis eines wirklich geeinten Europas durch den Gewinn an politischer Dynamik des Westens mehr als auf- gewogen werde.

Diese Einsicht des Präsidenten, wie überhaupt eine bei allem Frie- denswillen nüchterne Einschätzung der weltpoltischen und im beson- deren der europäischen Situation sollte von seinem deutschen Ge- sprächspartner bestätigt und be- kräftigt werden. Festigung des At- lantischen Bündnisses und energi- sches Vorantreiben der Einigung Westeuropas sind die wirklichen großen Aufgaben der kommenden Jahre.

Terror an der Mauer beenden

Der Parlamentarische Geschäfts- führer der CDU CSU-Bundestags- fraktion von Wrangel hat in einer Erklärung die Bundesregierung auf- gefordert, bei den Gesprächen mit Ost-Berlin von den SED-Machtha- bern wenigstens für die Dauer der Verhandlungen die Einstellung aller Gewalttätigkeiten an der Mauer zu verlangen.

Das Treffen zwischen Bundes- kanzler Brandt und dem Vorsitzen- den des Ostberliner Ministerrats Stoph wurde von einer sicherlich verständlichen Woge der Gefühle begleitet.

Die CDU/CSU ist der Auffassung, daß es nun an der Zeit ist, insbe- sondere auch angesichts der vor- liegenden Forderungen Ost-Berlins, die Möglichkeiten künftiger Ge- spräche sorgfältig und nüchtern zu analysieren. Es ist notwendig, ele- mentare Voraussetzungen für ein Gesprächsklima zu schaffen, das unserer Meinung nach einstweilen nicht besteht. Dies gilt besonders

auch für die geplante Begegnung in Kassel.

Deshalb appelliert die CDU/CSU in Fortsetzung der Erklärung, die der Vorsitzende der Fraktion, Dr.

Barzel, am 20. 3. 70 im Deutschen Bundestag abgegeben hat, jetzt an die Bundesregierung, alles in ihrer Kraft Stehende zu tun, um

# Ost-Berlin aufzufordern, wenig- stens für die Dauer der Gespräche alle Gewalttätigkeiten an der De- markationslinie und an der Mauer in Berlin unverzüglich einzustellen.

Dieser Appell ist keine Maximalfor- derung, keine Vorbedingung, son- dern er entspricht einem selbstver- ständlichen Anliegen der Menschen hüben und drüben. Mit dieser For- derung sind nicht einmal mensch- liche Erleichterungen verbunden, sondern es geht hier um den mini- malen Abbau von Unmenschlichkei- ten.

# Wenn Pressemeldungen stim- men, denen zufolge nach der Erfur- ter Begegnungen Verhaftungen vor- genommen wurden, sollte die Bun-

desregierung Ost-Berlin unverzüg- lich auffordern, die Menschen aus der Haft zu entlassen.

# Ost-Berlin sollte alle staatlich gelenkten Angriffe und Diffamierun- gen auf Repräsentanten der Bun- desrepublik Deutschland - gleich- gültig ob sie der Koalition oder der Opposition angehören - einstellen

Die CDU/CSU behält sich vor, besonders zu den Punkten 1 und 2 gegebenenfalls Fragen im Deut- schen Bundestag einzureichen.

Die CDU/CSU will einem Gewöh- nungsprozeß entgegenwirken, jn dessen Verlauf die für die Un- menschlichkeiten Verantwortlichen von ihrer moralischen und politi- schen Verantwortung quasi frej gesprochen werden und in dessen Verlauf Gewalttätigkeiten wie Mord an der Mauer und Verhaftungen von Menschen, die sich an Sympa- thiekundgebungen beteiligten, Zu Alltäglichkeiten werden, bei denen man zur Tagesordnung übergeht.

Die Tagesordnung künftiger Ge- spräche darf nicht weitgehend von einem erweiterten Verhandlungs- katalog der anderen Seite be- stimmt werden.

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Nr. 14/1970 Union in Deutschland Seite 3

Bundeswehr

Spitzengliederung bleibt ungelöst

Verteidigungsminister Schmidt hat mit Wirkung vom 6. April Änderungen in der Organisation der militärischen Spitzen- gliederung der Bundeswehr befohlen. Änderungen der Ge- samtorganisation unserer Verteidigung sind seit langem über- fällig. Schmidt hat sich jedoch vorerst mit Maßnahmen auf dem militärischen Sektor begnügt und diese auch nur mit halbem Herzen getroffen.

Schmidt konnte seine Entschei- dung schon jetzt, zwei Monate vor Abschluß seiner „Bestandsauf- nahme" treffen, weil er — wie er selbst sagt - auf Vorarbeiten seines Vorgängers aufbauen konnte.

Helmut Schmidt hatte sich schon als Abgeordneter intensiv mit den Fragen der Verteidigung und ihrer Organisation befaßt. Noch in seinem vor Jahresfrist veröffentlichten Buch

„Strategie des Gleichgewichts" hat er mit Nachdruck zwei Organisa- tionsforderungen erhoben, die er in den letzten Monaten wieder fallen- lassen mußte.

Er wollte den Inspekteuren der Teilstreitkräfte die Einzelentschei- dung über alle Beförderungen bis zum Obersten einschließlich zuwei- sen. Die Fachleute der Personal- abteilung seines Ministeriums haben ihn belehrt, daß dadurch die ein- heitliche Personalsteuerung der An- wärter für hohe und höchste Füh- rungspositionen unmöglich gemacht worden wäre. Er wollte das „Hinein- regieren" von nichtmilitärischen Ab- teilungen des Ministeriums in die Truppe unterbinden. Die Juristen sei- nes Ministeriums haben ihn belehrt, daß es unmöglich sei, die Inspek- teure für etwas verantwortlich zu machen, wofür sie keinen Sachver- stand besitzen und in ihren Stäben auch nicht zur Verfügung haben können.

Was hat Schmidt nun tatsächlich geändert? Er hat den Inspekteuren des Heeres, der Luftwaffe und der Marine truppendienstliche und Disziplinarbefugnisse gegenüber ihren Teilstreitkräften verliehen, sie zu dem gemacht, was sie de facto längst waren: Befehlshaber. Diese Entscheidung ist unstrittig.

Beim eigentlichen Kern des Pro- blems der militärischen Spitzenglie- derung, dem Verhältnis General- inspekteur-lnspekteure, hat dem neuen Verteidigungsminister der Mut zur eigenen Courage gefehlt.

Praktisch bleibt hier alles beim alten. Weder wird der General- inspekteur Oberbefehlshaber der Bundeswehr und militärischer Vor- gesetzter der Inspekteure und damit deren Teil Streitkräfte (Modell A), noch sind die Inspekteure auf die Ebene des Generalinspekteurs ge- hoben worden, um mit diesem zu- sammen als Vereinigte Stabschefs den gemeinsamen Oberbefehl aus- zuüben (Modell B).

Die Inspekteure, die jetzt auch rechtlich die volle Verantwortung für ihre Teilstreitkräfte tragen und insoweit dem Minister direkt unter- stellt sind, bleiben als Abteilungslei-

ter gleichzeitig der ministeriellen Hierarchie, d. h. den Weisungen des Generalinspekteurs unterworfen.

„Ob eine solche Zusammenfassung auch die für die Streitkräfte ange- strebte Klarheit der Befehlsstruktur bringt, kann erst die Erfahrung leh- ren", heißt es in dem Bericht der Organisationskommission, die Schmidts Entscheidung vorbereitete.

Was wäre richtig gewesen? Die Führungsstäbe der Teilstreitkräfte müßten von der Verquickung mit ministeriellen Aufgaben befreit und aus dem Verteidigungsministerium ausgegliedert werden. Daß dadurch die dem Minister nach dem Grund- gesetz allein zustehende Befehls- und Kommandogewalt (Art. 65 a)

wäre, müßte ein Stab beigegeben werden, der paritätisch zu besetzen wäre.

Der eigentliche Wert einer sol- chen „joint-chiefs"-Lösung bestünde in dem Zwang zur Kooperation, zur gmeeinsamen Entscheidung dreier, in ihrem militärstrategischen und taktischen Denken notwendiger- weise unterschiedener oberster Re- präsentanten der Teilstreitkräfte un- ter dem Vorsitz eines neutralen „Er- sten unter Gleichen". Gültige Be- schlüsse würden also Einstimmig- keit unter den Vieren voraussetzen.

Nur so würde ein Höchstmaß an militärischer Einheitlichkeit erzielt werden können.

Wer die Bundeswehr als ein Gan- zes sieht, wer den „Partikularismus der Teilstreitkräfte" überwinden will, muß Generalinspekteure und Inspekteure gleichberechtigt um einen Tisch versammeln und sie zu einstimmigen Entscheidungen zwin- gen.

Die „Sicherheitspolitischen Leit- sätze" der CDU/CSU vom Februar sehen diese Regelung vor. Schmidt hat die bequemere Lösung vorge- zogen. Auch künftig wird der Gene- ralinspekteur versuchen, auf Grund seiner herausgehobenen Stellung innerhalb des Ministeriums beson- deren Einfluß auf die Ministerent- scheidungen auszuüben. Folglich werden auch die Inspekteure, nun für „ihre" Teilstreitkräfte möglichst

Eine SPD-„Blötz-Karriere"

Als neuen Vizepräsidenten des Bundesnachrichtendienstes hat die SPD den Hauptgeschäftsführer ihrer Hamburger Landesorganisation, den 38jährigen Dieter Blötz, vorgeschla- gen. Der SPD-Funktionär verfügt weder über die notwendigen Kennt- nisse noch Erfahrungen für diese wichtige Position. Diese jüngste Entscheidung der SPD hat in der deutschen Öffentlichkeit, die seit der Regierungsübernahme der SPD im Bund in personalpolitischer Hin- sicht die Auswüchse sozialdemokra- tischer Machtpolitik kennengelernt hat, starke Kritik hervorgerufen.

Selbst in den der SPD sonst nicht sehr kritisch gegenüberstehenden Zeitungen wird die Berufung von Blötz als krasser Fehlgriff bezeich- net.

Der Sprecher der CDU, Willi Weiskirch, erklärte dazu:

„In die Spitzenfunktionen des BND gehören Persönlichkeiten, de-

ren Qualifikation nicht durch die Parteizugehörigkeit, sondern aus- schließlich durch hervorragende Sachkenntnisse nachgewiesen sein muß. Es wäre unerträglich und für die Sicherheit der Bundesrepublik höchst gefährlich, wenn jede poli- tische Machtverschiebung in Bonn auch einen Wechsel in den Füh- rungspositionen des Bundesnach- richtendienstes nach sich zöge."

Die Einseitigkeit sozialdemokra- tischer Personalpolitik, heißt es in einer Erklärung des Hamburger CDU-Landesvorsitzenden Rollmann, MdB, weitet sich zu einem bundes- weiten Ärgernis aus. „Die Berufung eines sozialdemokratischen Partei- funktionärs in ein so hohes öffent- liches Amt der dafür nicht die not- wendige Erfahrung mitbringt, ist ein erneutes Beispiel dafür, daß die SPD im Vollgefühl der Macht eine Personalpolitik unter dem Motto ,Der Staat sind jetzt wir' betreibt."

ausgehöhlt werden würde, ist eine unbewiesene Behauptung Schmidts.

Die Inspekteure müßten neben ihrer Führungsverantwortung für ihre Teilstreitkräfte mit dem Gene- ralinspekteur im Ministerium den Vereinigten Führungsstab der Streit- kräfte, den Generalstab, bilden, mit dessen Hilfe der Minister die Bun- deswehr im Frieden führt. (Daß bei jeder Lösung die operative Unter- stellung aller der NATO assignier- ten Verbände unangetastet bleibt, versteht sich von selbst). Diesem Vereinigten Führungsstab, dessen Stabschef der Generalinspekteur

viel „herauszuholen", über den Weg des unmittelbaren Vortrags beim Minister versuchen, derartigen („fal- schen") Einflüssen zu begegnen.

Das alte Hickhack wird also fortge- setzt.

Die militärische Spitze einer mo- dernen Armee ist heute nicht mehr nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam zu organisieren. Als Al- ternative bietet sich nicht an: jeder wie er kann oder wie er Ellbogen hat; sondern: Kooperation des höchsten Sachverstandes, team- work, militärisches Spitzenmanage- ment. Carl Damm, MdB

Dr. Kurt Georg Kiesinger, der Bundesvorsitzende der CDU, be- ging am 6. April seinen 66. Ge- burtstag. Die Feier fand im eng- sten Familienkreise statt.

Dr. Gerhard Schröder, frühe- rer Bundesaußenminister und Vorsitzender des außenpoliti- schen Ausschusses des Bundes- tages, ist nach neuntägigem Stu- dienaufenthalt aus Japan zurück- gekehrt. Schröder führte Ge- spräche mit dem japanischen Ministerpräsidenten Sato, mit Außenminister Aichi und ande- ren Ministern. Außerdem besich- tigte er Wirtschaftsbetriebe und besuchte die Weltausstellung in Osaka.

*

Franz Josef Strauß, Vorsitzen- der der CSU, wurde am Montag dieser Woche in der Washing- toner NASA-Zentrale von dem deutsch-amerikanischen Rake- tenforscher Wernher von Braun empfangen. Im Gespräch wur- den Fragen der Raumfahrt und der dabei möglichen Zusammen- arbeit behandelt.

Dr. Hans Filbinger, Minister- präsident von Baden-Württem- berg, wird am 15. April an den Bodensee reisen. Filbinger wird sich über den geplanten Ausbau großflächiger Erholungsgebiete orientieren, ein bekanntes Indu- striewerk besichtigen und ein In- formationsgespräch in einer neu- rologischen Klinik führen.

Gustav Bosselmann, nieder- sächsischer Justizminister und stellvertretender Landesvorsit- zender der CDU dieses Landes, wurde zum Kreisvorsitzenden der Soltauer CDU wiedergewählt.

*

Otto Fricke, Ehrenvorsitzender der niedersächsischen CDU, hat auf eine neue Kandidatur im Landtagswahlkreis Goslar ver- zichtet. Der Nachfolge-Kandidat ist der Oberbürgermeister der Stadt, Degenhardt.

*

Josef Stingl, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit in Nürn- berg, erklärte auf einer Presse- konferenz in Hamburg, daß das am 1. Juli 1969 in Kraft getre- tene Arbeitsförderungsgesetz die Arbeit seiner Behörde erleichtert und ein System zur Förderung beruflicher Bildung und Fortbil- dung geschaffen habe.

Prof. Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg, ehemaliger Bürger- meister von Groß-Berlin und frü- heres Mitglied des Berliner Ab- geordnetenhauses, hielt während eines USA-Aufenthaltes an der Wayne State University in De- troit einen Vortrag zum Problem des deutschen Kirchenkampfes unter Hitler.

(4)

Der Bundesvorsitzende der CDU, Dr. Kurt Georg Kiesinger, hat in seinem Wahlkreis eine Mitgliederwerbeaktion begon- nen. In einem Rundbrief an alle Mitglieder des CDU-Kreisverban- des weist Kiesinger darauf hin, daß die CDU bei ihren Ausein- andersetzungen mit der SPD/

FDP auf eine noch größere Akti- vität aller CDU-Mitglieder ange- wiesen ist.

„Zu dieser stärkeren Aktivität gehört auch eine Werbeaktion, die nunmehr in meinem Wahlkreis begonnen wird", heißt es u. a. in dem Schreiben Kiesingers. „So hat sich z. B. der CDU-Kreisver- band Hochschwarzwald das Ziel gesetzt, mindestens 1000 neue Mitglieder zu werben und sich vor allem um Neuaufnahmen aus den Kreisen der Jugend zu be- mühen, die ja schon mit 16 Jah- ren die Möglichkeit haben, Mit- glied der CDU zu werden. Als Ihr Bundestagsabgeordneter und als Vorsitzender der CDU bitte ich Sie, mich, die Kreis- und Ortsvorstände bei dieser Werbe- aktion tatkräftig zu unterstützen und mich persönlich über das Ergebnis Ihres Bemühens zu in- formieren.

Unter dem Motto: Jeder Par- teifreund wirbt in seiner Familie, in seinem Freundes- und Be- kanntenkreis ein Mitglied der CDU rufe ich Sie deshalb auf, mit Entschlossenheit und Selbst- vertrauen an der Aufbauarbeit unserer Partei mitzuwirken.

Öffentlichkeitsarbeit

Parlamentarische

Ordnung braucht die Opposition

Unsere heutige letzte Folge der Studie von Prof. Steffani über „Möglichkeiten der Op- position" beschäftigt sich noch einmal ausführlich mit den Merkmalen, die die außer- parlamentarische von der par- lamentarischen Opposition un- terscheidet.

In der Bundesrepublik ist dieser allgemeine Sachverhalt dadurch

„dramatisiert" worden, daß sich eine Reihe politischer Interessengruppen mit dem Anspruch, sie repräsentier- ten die außerparlamentarische Oppo- sition, betont ins öffentliche Be- wußtsen brachten. Bei dieser selbst- ernannten außerparlamentarischen Opposition („die"!) handelt es sich um ein Konglomerat diverser mehr oder weniger fest organisierter Grup- pen und um Einzelpersonen, die primär durch ihre Protesthaltung gegenüber der Politik und Verhal- tensweise staatlicher Repräsentan- ten in Parlament und Regierung verbunden sind.

Den formellen Anlaß, sich als außerparlamentarische Opposition zu deklarieren und zu formieren, bot der nicht unbegründete Vorwurf, die parlamentarische Opposition des Bundestages habe bereits zu einem Zeitpunkt zunehmend darauf ver- zichtet, ihre systemnotwendige Kon- troll-, Kritik- und Alternativfunktion wirksam und überzeugend wahrzu- nehmen, als sie dazu rein zahlen-

mäßig noch hätte in der Lage sein müssen. Mit der Bildung der Gro- ßen Koalition hatte diese struktu- relle Fehlentwicklung ihr kritisches Stadium erreicht. Die Anklage lau- tet: Die Reduzierung der parlamen- tarischen Opposition auf eine Mini- Opposition, die als reale soziale Macht kein ernsthaftes Gegenge- wicht zur aufgeblähten Regierungs- majorität zu sein vermag, stellt die Funktionsfähigkeit des parlamenta- rischen Systems in Frage.

Grundlegende Probleme können in der parlamentarischen Durch- schlagskraft öffentlich ausgetragen werden. Ernsthaft umstrittene Sach- fragen werden ausgeklammert, um die Koalitionseintracht nicht zu ge- fährden. Vertrauliche Koalitionsab- sprachen rangieren vor öffentlicher Diskussion und Konfrontation.

Dieser systembezogene Vorwurf wurde noch dadurch zusätzlich ver-

schärft, daß die Mini-Opposition nur sehr partiell mit den Zielsetzungen der aktiven außerparlamentarischer Oppositionsgruppen konform geht.

Die außerparlamentarische Oppo- sition findet in der parlamentari- schen keinen zuverlässigen , Ge- sinnungspartner". Weder auf Bun- des- noch auf Landesebene. Ge- rade in den Großstädten und Stadt- staaten, dem Wirkungsfeld jener außerparlamentarischen Opposition, sind die politischen Grundauffassun- gen zwischen ihr und der parla- mentarischen Opposition in der Re- gel noch kontroverser als mit der etablierten Regierungsmehrheit.

Bei einer derartigen Sachlage läßt sich — falls Resignation verworfen wird - der eigene Einfluß schwer- lich anders als durch dramatische Selbstdarstellung potenzieren. Daß man sich dabei auch jener Aktions- formen bedient, die von der Bür- gerrechtsbewegung in den USA ent- wickelt wurden (einer außerparla- mentarischen Opposition besonde- rer Art), ist grundsätzlich durchaus legitim. Der Beweis für die Über- zeugung, daß der Verzicht auf ge- waltlose Aktionen mit demokrati- schen Spielregeln unvereinbar ist und letztlich auch dem erklärten Ziel, der Freiheit und sozialen Ge- rechtigkeit mehr Raum zu schaffen, kaum dienlich sein dürfte, muß da- bei allerdings erbracht werden.

APO ohne klare Zielsetzung

Jene politische Aktionsgruppe, die sich die außerparlamentarische Op- position nennt, läßt sich als ein lockeres Koalitionsgefüge mannig- facher politischer Interessengruppen

— unter denen die der politisch ak- tiven Jugend eine dominierende Rolle spielen — beschreiben, die primär durch ihren Protest gegen den politischen Status quo der Bun- desrepublik und ihrer Bündnispart-

Fernsehen, Funk, Film

Für eine - nach eigenem Eingeständnis - „be- dauerliche Fehlleistung" hat die Redaktion des SPD- orientierten „funk-report" den Fernsehchefredak- teur des Bayerischen Rundfunks, Rudolf Mühlfenzl,

„um Nachsicht und Entschuldigung" gebeten, „funk- report" hat damit, „obwohl Herr Chefredakteur Mühlfenzl bis zur Stunde nicht mit einem offiziellen Berichtigungsverlangen an uns herangetreten ist", den Vorwurf zurückgenommen, Mühlfenzl schreibe unter dem Pseudonym Rufus Mücke „agressive Glossen und Kommentare aus einer Rechtsaußen- Position", „funk-report" in seiner Entschuldigung:

„Es lag sowohl dem Autor unserer Hintergrund-In- formation als auch der Redaktion dieses Informa- tionsdienstes völlig fern, mit einer «in der Hektik der Schlußredaktion ins Stenogramm gekommenen und in der Korrektur unbeachtet gebliebenen For- mulierung die positive Grundhaltung von Herrn Mühlfenzl zur Demokratie und zum parlamentari- schen Rechtsstaat in Frage zu stellen".

Damit hat „funk-report" (Redakteurin: die frühere Sekretärin und Sachbearbeiterin beim Parteivor- stand der SPD, Barbara Bortfeld) nach seinen un- qualifizierten Angriffen gegen das Zweite Deutsche Fernsehen eine zweite publizistische Panne erlebt, deren Peinlichkeit kaum noch zu übertreffen ist.

Die Entschuldigung im Fall Mühlfenzl ist allerdings völlig unzureichend, denn im Zusammenhang mit den diffamierenden Angriffen gegen den Chefre-

dakteur war über „große Unruhe" innerhalb der

„Reporf'-Redaktion des Bayerischen Rundfunks be- richtet worden, „funk-report" hatte dabei die Re- daktionsmitglieder Allerdt und Bärwanger genannt, die ihre Mitarbeit bereits aufgekündigt hätten. In seiner Entschuldigung erwähnt der oft nur schlecht informierte „funk-report" kein Wort darüber, daß der erwähnte Redakteur Dr. ßerwanger (er schreibt sich nicht mit ä) nur deshalb München verlassen will, weil er beim Sender Freies Berlin eine interessante- re Position gefunden hat. „funk-report" verschweigt auch, daß sich der Redakteur Allerdt nur deshalb befristet vom Bayerischen Rundfunk hat beurlauben lassen, um die Leitung der „Bayerischen Wähler- initiative" zu übernehmen, die der SPD für die be- vorstehenden Landtagswahlen Schützenhilfe leisten will. Die Liste der Falschbehauptungen könnte noch weiter fortgesetzt werden.

Eine kleine pikante Story am Rande; derSPD-Kreis- verband Ravensburg hatte in einem Antrag zum SPD- Landesparteitag Baden-Württemberg gefordert, den SPD-Bundesvorstand zu beauftragen, die Eignung des SPD-Rundfunkreferenten Schwartz für sein Amt zu überprüfen. Schwartz habe durch seine unquali- fizierten Angriffe auf den Moderator des „ZDF-Ma- gazins", Löwenthal, der Partei schweren Schaden zugefügt. Er habe auch berechtigten Zweifel daran erweckt, daß die SPD als Verteidigerin der Mei- nungsfreiheit gesehen werde.

ner zusammengehalten wird — weit weniger durch eine gemeinsame klare Zielsetzung. Wäre dies nicht der Fall, hätte längst der Prozeß zur Bildung einer Partei — gege- benenfalls einer „Partei neuen Typs"

mit „wahrhaft innerparteilicher De- mokratie" — ernsthaft eingeleitet werden können.

Es gibt sicherlich zahlreiche Grün- de dafür, warum es hierzu bisher noch nicht kam - ganz abgesehen von der prinzipiell ablehnenden Hal- tung jener antiparlamentarischen Re- volutionäre unter den Akteuren der außerparlamentarischen Opposition, die das bestehende „System" in all seinen Erscheinungsformen zerstö- ren und auf eine bisher nirgendwo klar formulierte Weise alles ganz anders und natürlich viel besser machen wollen.

Auch in ihrer bisherigen Erschei- nungs- und Wirkungsform hat die außerparlamentarische Opposition, neben mancherlei Fehlleistungen, wichtige positive Funktionen erfüllt, indem sie Grundprobleme, offenkun- dige Versäumnisse, gefährliche Fehl- entwicklungen und etlich Tabus bun- desrepublikanischer und „west- licher" Politik scharf kritisch zur Diskussion stellte und damit ins öffentliche Bewußtsein brachte.

Es liegt nun wesentlich bei die- sen Gremien, insbesondere den

„etablierten Parteien", solche Re- formen und Sachentscheidungen zu treffen und zu vollziehen, die die Kluft zwischen „etablierter Macht"

und außerparlamentarischer Oppo- sition überbrücken helfen. Ein Sy- stem, das die Loyalität eines erheb- lichen Teils seiner politisch aktiven Jugend zu verlieren droht, ist In existentieller Gefahr.

(5)

Nr. 14/1970 Union in Deutschland Seite 5

Kulturpolitik

Dr. Heck: Schöne Worte — und nichts dahinter

Bildung ist unser Schicksal, das ist ein Wort, das seit Jahren umgeht. Es mag manchem übertrieben vorkommen, aber es ist nicht falsch. Wir sind ein Volk, das von der Industrie lebt. Wir sind darauf angewiesen, daß Bildung und Wissen, Forschung und Technik ständig zunehmen. Wir würden sonst im harten Wettbe- werb der Nationen rasch zurückgeworfen. Die Folge wäre, daß wir schon bald unseren Platz unter den ärmeren Ländern einnehmen müßten. Diese Ansicht vertritt der Generalsekretär der CDU, Dr. Bruno Heck, im fogenden Artikel, in dem er sich zugleich ausführlich mit den Schwächen der Bildungspolitik der SPD auseinandersetzt.

Unser Volk sieht das schon. In allen Umfragen zeigt sich, daß un- sere Sorgen um die Schulen und Hochschulen von den meisten ver- standen werden. Eine stabile Wirt- schaft ist die Voraussetzung dafür, daß wir in geordneten und sicheren Verhältnissen leben können. Sicher- heit unserer Arbeitsplätze, Stabili- tät des Geldes, das wir verdienen, das setzt voraus, daß wir heute unser Bildungs- und Ausbildungs- wesen richtig ordnen. Das sieht heute im großen und ganzen jeder ein.

„Fortschritt"

wird zur Plage

Die Sozialdemokraten haben die- se Aufgabe, die sich im Grunde ge- nommen aus einer sehr einfachen und nüchternen Einsicht ergibt, mit dem Gedanken an eine allgemeine Fortschrittlichkeit verquickt. Unser Schulsystem müsse nicht in erster Linie leistungsfähiger, es müsse vor allem fortschrittlich sein. Auch an den Hochschulen Jst der Fortschritt, oder besser gesagt, das, was als Fortschritt ausgegeben wird, Trumpf;

dieser „Fortschritt" darf auf keinen Fall aufgehalten werden, wie rück- schrittlich das, was dazu angeboten wird, in Wahrheit auch immer sein mag; denn das, was durch den Nimbus des Fortschrittes geadelt, gelegentlich vorgetragen wird, ist oftmals nur geeignet, eine wirklich fruchtbare Entwicklung zu durch- kreuzen oder aufzuhalten.

Die Fortschrittlichkeit der SPD hält sich im allgemeinen allzu lange bei großen Plänen auf; der wirk-

liche Fortschritt im Lande, besser gesagt, in den Ländern, wird von denen geleistet, die Schule und Uni- versität nicht als Funktion einer Ideologie, sondern als Aufgabe für unser Volk sehen.

Von den neuen Universitäten, die bisher in der Bundesrepublik Deutschland gegründet worden sind, geht nicht eine auf das Konto eines sozialdemokratischen Kultus- ministers. Ob Bochum, Dortmund, Bielefeld, Düsseldorf, Konstanz, ob Trier, ob Ulm oder andere Neu- gründungen genannt werden, sie sind von uns, von Kultusministern der Union geplant und angepackt worden. In den Ländern, in denen die SPD regiert, ist außer Reden nichts gewesen. Das gilt auch für Hessen, das für die Sozialdemokra- ten so eine Art „sozialistisches Musterländle" geworden ist.

Der einzige Versuch einer sozial- demokratischen Landesregierung, eine Universität zu gründen, ist in Bremen versucht worden. Seit fast einem Jahrzehnt stolpert dieses Un- ternehmen von einer Blamage zur anderen. Gründungsausschüsse und Gründungssenate werden berufen und verlassen die Stadt wieder, weil sie kein Klima vorfinden, in dem eine Universität gedeihen könnte.

Professoren, die mit den Vorberei- tungen, mit der Gründung einer Uni- versität in Bremen befaßt worden sind, haben resigniert, weil, wie sie sagen, alles immer wieder in dem dort herrschenden Opportunismus hängenbleibe, weil das politische Zweckmäßigkeitsdenken in Bremen höher gewertet werde als der Sach- verstand.

Katalog der Mißerfolge

So bleibt vorerst folgende Bi- lanz: die SPD hat bei den Univer- sitätsgründungen nichts zuwege ge- bracht. Das mag auf den ersten Blick überraschen, da es den So- zialdemakraten schon gelungen ist, sich als besonders bildungsfreund- lich darzustellen. Wie aber sieht die Wirklichkeit im einzelnen nun aus?

Vor kurzem erst haben die Sozial- demokraten ihr bildungspolitisches Aushängeschild, den Berliner Schul- senator Evers, verloren. Er ist zu- rückgetreten, weil er bei seinen

Parteifreunden die notwendige Un- terstützung vermißte. Angesichts der Haltung des Senats seien in Berlin nicht einmal mehr kleine Fortschritte möglich, so schrieb er in seinem Rücktrittsbrief an Herrn Schütz, den Regierenden Bürger- meister von Berlin. Allen Verspre- chen zum Trotz seien ihm nicht ge- nügend Geldmittel zurVerfügung ge- stellt worden. Die bildungspoliti- schen Notwendigkeiten würden auch nicht annähernd berücksichtigt.

Evers hat seine Kritik nicht auf seine Berliner Parteifreunde einge-

schränkt. Er hat sich auch gegen den Haushalt von Bundesfinanzmi- nister Möller gewandt, in dem eben- falls nicht genügend Mittel für die Bildungspolitik zur Verfügung stün- den. Evers sprach resignierend die Hoffnung aus, daß wenigstens sein Rücktritt so aufrüttelnd wirken möge, daß die Bildungspolitik in Berlin sich zum Besseren wenden werde.

Aber dieser Wunsch ist Hoffnung ge- blieben: Sein Nachfolger, Senator Löffler, hat bereits erklärt, er habe keine finanzielle Morgengabe für sein Amt erhalten und müsse auf der Grundlage der alten Finanzpläne weiterarbeiten.

Ein verwirrendes Bild

Nicht viel besser steht es in Hes- sen. Dort wird in einem Papier aus Kreisen der SPD, das sich „Hessen- politik 70" nennt, ganz offen zuge- geben, daß die hessische Hoch- schulgesetzgebung gegenwärtig ein verwirrendes Bild biete. Der hessi- sche Kultusminister von Friedeburg, erst seit kurzem im Amt, wird ange- griffen, ja, es wird schon von sei-

nem möglichen Nachfolger gespro- chen. Von Friedeburg hätte nach dem Scheitern seiner Pläne — sie sind im übrigen an der SPD ge- scheitert - zurücktreten müssen, wenn er genügend Format besessen hätte - so lautet die Kritik aus Krei- sen der gleichen SPD. Viel sei ohnehin nicht mehr zu retten. Er, Friedeburg, solle sich an Senator Evers ein Beispiel nehmen.

Was ich bislang zur sozialdemo- kratischen Bildungspolitik sagen mußte, klingt nicht sonderlich freund- lich — ich weiß es. Aber ich habe nur wiederholt, was sozialdemokra- tische Stimmen selbst vorgebracht haben. Evers ist nicht von der Op- position aus dem Amt gedrängt worden, und von Friedeburg wird von seinen eigenen Parteifreunden so taktlos angegriffen. Das weist auf eine weitere, vielleicht die entschei- dende Schwäche der sozialdemo- kratischen Bildungspolitik hin. Es fehlt ihr an geeigneten Repräsen- tanten, die in der Lage wären, das viele Gerede und Pläneschmieden endlich durch entschlossenes Han- deln abzulösen.

Dilemma wurde sichtbar

Hessens Kultusminister von Frie- deburg trat erst im Zusammenhang mit seiner Vereidigung in die SPD ein; Bundesbildungsminister Leus- sink ist, soweit man weiß, bis heute noch nicht Mitglied der Partei.

Die SPD verfügt in ihren eigenen Reihen über keine Kräfte, die den Aufgaben gewachsen wären. Und die ausgeborgten Fachkräfte haben in der Partei nicht das notwendige Ansehen und die notwendige Auto- rität. Evers war der einzige, den man sich vorzuzeigen traute. Wo immer ein Platz zu besetzen war, wurde nach ihm gerufen, in Hessen wie auch in Bonn. Nun hat sein Rück- tritt das Dilemma der SPD offen sichtbar gemacht.

Mangel an Persönlichkeiten

In Nordrhein-Westfalen ließ die SPD auf unseren glänzenden Kul- tusminister Mikat Herrn Holthoff fol- gen. Er legte einen Hochschulge- setzentwurf vor, den sein eigener Ministerpräsident in spektakulärer Weise zurückziehen mußte. Schließ- lich wurde ihm die Verantwortung für die Hochschulpolitik ganz abge- nommen. Ein Wechsel im Amt, der sich auf diese Weise ausreichend als notwendig erwiesen hatte, kann von der SPD offensichtlich nicht vorge- nommen werden, weil sie niemand anzubieten hat. Soeben hat Minister- präsident Kühn seinen eigenen Staatssekretär für Hochschulfragen öffentlich fallenlassen, weil die Par- tei das verlangt hat.

Die Tatsachen sprechen für sich

In Bonn ist schon davon die Rede, daß Minister Leussink abgelöst werden soll. Er hat es hinnehmen müssen, daß — zum erstenmal übri- gens - in der Mittelfristigen Finanz- planung die Mittel für die Hoch- schulen sinken werden. Und das zu einem Zeitpunkt, da die Abiturienten

auf der Straße stehen, weil die Uni- versitäten sie nicht mehr aufnehmen können.

Leussink hat auch nicht verhin- dern können, daß 70 Millionen sei- ner Mittel, die für Hochschulbauten dringend benötigt werden, gesperrt worden sind. Auch die Bundesregie- rung erkennt offensichtlich den Bil- dungsfragen nicht jenen Rang zu, der ihnen zukommt. Doch gerade darauf hat ja eben auch Senator Evers schon hingewiesen.

So ergibt die Bilanz, daß hinter den schönen Worten der Sozialde- mokraten nicht viel steht. Wer heute von Bildungspolitik spricht, der denkt an die Kultusminister Vogel in Rheinland-Pfalz oder Hahn in Ba- den-Württemberg oder an die ehe- maligen Minister Stoltenberg und Mikat, um nur einige der Kulturpoli- tiker der Union zu nennen. Nach- dem Schütte in Hessen abtreten mußte und Evers in Berlin gegangen ist, kann die SPD nicht auf einen einzigen namhaften Repräsentanten mehr verweisen. Diese Tatsachen sprechen eine Sprache für sich; wir brauchen sie nicht weiter zu kom- mentieren.

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BRIEFE

Ausgesprochenes Stiefkind der SPD in Schleswig-Holstein ist m. E.

die Agrarpolitik. In einem Agrarland wie dem unseren müßte von der CDU deutlich gesagt werden, wie uninteressiert und nebensächlich die Sozialdemokraten diese Frage behandeln.

Manfred Seh., Flensburg Antwort: Ministerpräsident Dr.

Lemke hat sich mit dieser Frage auf der Agraroplitischen Landes- tagung am 6. April in Rendsburg befaßt und u. a. erklärt:

„Welche Vorstellung die SPD von der Bedeutung der Landwirtschaft in diesem Lande hat, erkennt man daran, daß die SPD-Fraktion in der zweiten Lesung des Landeshaus- halts 1970 beantragte, die Ausgaben des Haushalts des Landwirtschafts- ministeriums um 15,4 Mio. DM zu kürzen. In dieser Summe waren u. a. alle kostensenkenden Maßnah- men enthalten. Auch wenn man die 4,25 Mio. DM zur Deckung der von der SPD-Fraktion beantragten zu- sätzlichen Ausgaben abzieht, wäre immer noch eine reale Kürzung von 11,15 Mio. DM verblieben.

Darüber hinaus sollten Maßnah- men mit einem Ansatz von 12,8 Mio.

DM nach Vorstellung der SPD-Frak- tion aus dem Haushalt herausge- nommen und nur dann durchgeführt werden, wenn die sogenannte Kon- junkturausgleichsrücklage aufgelöst wird. Diesen Vorgang kann man wohl nur als trauriges Indiz für die Intensität werten, mit der sich diese Fraktion mit den Fragen der Landwirtschaft beschäftigt."

Aus den Vereinigungen

Unsozialer Vorschlag des Hamburger

Senats

Zur Ankündigung des neu- en Hamburger SPD/FDP-Se- nats, im Bundesrat einen Ge- setzentwurf zur Änderung des Ladenschlußgesetzes einbrin- gen zu wollen, erklärte der Vorsitzende des Diskussions- kreises Mittelstand der CDU/

CSU-Bundestagsfraktion, Heinrich Gewandt, MdB:

Die Ankündigung der neuen Ham- burger SPD/FDP-Koalition, im Bun- desrat einen Gesetzentwurf zur Än- derung der Ladenschlußzeiten ein- zubringen, wird weder im Bundes- rat noch im Bundestag Aussicht auf Erfolg haben.

Eine Ausdehnung der Ladenschluß- zeiten wäre ein sozialer Rückschritt, würde zu einer nicht unerheblichen Verteuerung der Lebenshaltungs- kosten führen und die ohnehin schwierigen Personalprobleme im Einzelhandel noch verschärfen.

Mit zunehmender Freizeit des Verbrauchers und bei gleichbleiben- den Ladenöffnungszeiten wächst die Zeit zum Einkaufen. Dieser Trend wird sich auch in den nächsten Jahren durch die gewerkschaft- lichen Forderungen nach Arbeits- zeitverkürzung fortsetzen.

Mit einer Aufhebung oder Neu- regelung des Ladenschlußgesetzes

würden die von der Rechtspre- chung anerkannten und die vom Gesetzgeber gewollten Ziele dieses Gesetzes, wie gleiche Wettbewerbs- chancen und verstärkter Arbeits- schutz für die im Einzelhandel Be- schäftigten, gefährdet. Das könnte dazu führen, daß die schon beste- hende Abwanderung von qualifizier- ten Verkaufskräften in andere Be- rufe, unter Hinweis auf eine gere- geltere Arbeitszeit, sich verstärkt.

Die Qualität der Verkaufskräfte würde sinken und damit verbunden eine Verminderung der Dienstlei- stungen im Einzelhandel. Der dar- aus entstehende Wettbewerb um die Verkaufskräfte im Einzelhandel würde zu Lasten des Fachhandels und der kleineren und mittleren Betriebe ausgehen.

Es ist daher völlig unverständlich, warum der neue Hamburger Senat sich zu einer solchen Maßnahme entschlossen hat, die jeder sach- lichen Fundierung entbehrt. Auch die Verbraucher selbst haben sich an die bewährten Landenschlußzei- ten gewöhnt. Rund vier Fünftel aller Verbraucher haben sich gegen eine Veränderung der Ladenschlußzeiten ausgesprochen, wie erst eine am 24. März 1970 über „Einkaufsge- wohnheiten und Ladenöffnungszei- ten" von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände veröffent- lichte repräsentative Umfrage unter den Verbrauchern ergab.

Einen gerechten Weg finden

In der am 8. April erschienenen neuesten Ausgabe der Sozialen Ord- nung beginnen die CDU-Sozialaus- schüsse eine neue Runde in der Mitbestimmungsdiskussion. Damit soll die Entscheidung der CDU in der Mitbestimmungsfrage vorberei- tet werden, die spätestens für den im November stattfindenden Re- formparteitag zu erwarten ist.

Zum Auftakt der neuen Mitbe- stimmungsdiskussion veröffentlichen die Sozialausschüsse Analysen des Mitbestimmungsberichtes der soge- nannten Biedenkopf-Kommission durch namhafte Sozialwissenschaft- ler, Journalisten und Politiker. Be-

Hinweise und Termine

Kommentar zum Grundgesetz

Der Grundgesetz-Kommentar von Schmidt-Bleibtreu/Klein kann als ein im Ganzen äußerst nützliches Buch bezeichnet werden. „Er hält seinerseits eine wohltätige Mitte zwischen dem bloßen Anmerkungs- kommentar (wie einst dem von Giese) und den wuchtigen, manchen zu wuchtigen Werken von Maunz- Dürig, Mangoldt-Klein und dem Bonner Kommentar".

In der zweiten Auflage ist all das verbessert worden, was dem einen oder anderen Rezessenten in der ersten Auflage noch verbesserungs- würdig erschien. Der Kommentar kann jedem, der mit der Verfassung zu arbeiten hat oder sich für die Verfassung interessiert, ein wertvol- ler Wegweiser sein. Der Kommentar besitzt als einziger volle Aktualität bis zur letzten Verfassungsände- rung.

Bruno Schmidt-Bleibtreu/Franz Klein:

Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Hermann-Luchterhand-Verlag, Neuwied und Berlin, 84 DM.

Woche vom 12. 4. bis 18. 4.1970 -16. Woche

13. 4. CDU - Bund Präsidium Bonn

14. 4. CDU - Bund Bundesausschuß

f. Agrarpolitik Bonn 16./17. IV. CDU-Bund Bundesausschuß für

Verteidigungspolitik

Bonn 17./18. 4. LV Rheinland

u. Westfalen

Gemeinsamer Parteitag Leverkusen 17./18. 4. LV Niedersachsen Gemeinsamer Parteitag Hannover

In der Sendereihe „Ein Wort zur Politik" des Südwestfunks wird der Generalsekretär der CDU, Dr. Heck, am Sonntag, den 12. April, von 13.10 bis 13.20 Uhr sprechen.

Vorschau

20. 4. CDU - Bund Präsidium Bonn

20. 4. EAK - Bund Bundesarbeitskreis Bonn 21. 4. CDU - Bund Landesgeschäftsführer-

konferenz

Köln 23. 4. CDU - Bund Vorsitzendenkonferenz

d. Landesverbände und d. Vereinigungen

Bonn

23. 4. CDU - Bund Bundesvorstand Bonn 24. 4. JU - Berlin Landesvorstand

Landesausschuß

Berlin 24. 4. Union d. Vertriebe-

nen u. Flüchtlinge

— Bund

VorstandS9itzung Bonn

sondere Beachtung verdienen die Darlegungen des CDU-Bundestags- abgeordneten und Unternehmers El- mar Pieroth, der sich für die Ver- wirklichung der vollen Parität aus- spricht.

Nach Auffassung Pieroths sind die anzustrebenden Ziele durch eine relative Verstärkung der Ar- beitnehmervertreter im Aufsichtsrat bis dicht unter die Grenze der Pa- rität nicht zufriedenstellend zu ver- wirklichen. Damit könnte zwar der Argumentationshaushalt der Ent- scheidungsorgane um die typischen Arbeitnehmerargumente erweitert und im Entscheidungsprozeß die In- teressen der Arbeitnehmer stärker berücksichtigt werden.

Es gehe jedoch nicht um die Veränderung der Verhaltensweise der Unternehmensleitung, sondern um die institutionelle Absicherung der Ansprüche der Arbeitnehmer im Interessenkonflikt. Deshalb verlangt der Unternehmer Pieroth, „die in- stitutionelle Mitbestimmung sollte eine Konstruktion vorsehen, die für den Fall des offen zu Tage treten- den Interessenkonfliktes taugt. Die Parität ist für diesen Fall nach wie vor die konsequenteste Lösung"- Für Pieroth ist „die paritätische Lö- sung bis heute noch ohne Alterna- tive".

Neue Zeitschrift der Jungen Union

Die Junge Union des Bezirks Rheinhessen-Pfalz wird vierteljähr- lich die Zeitschrift „Junior" heraus- bringen. Das in einer Auflage von 3000 Exemplaren erscheinende Blatt bedeutet einen wichtigen Schritt zur Meinungsbildung. Jeder, der in der Jungen Union zur Feder greifen will, kann in dem neuen Pu- blikationsorgan zu Worte kommen.

Der „Junior" will Informationen bie- ten und die Diskussion anregen.

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Nr. 14/1970 Union in Deutschland Seite 7

Aus den Landesverbänden

20 Jahre SPD-Politik sind genug

Ihren entschlossenen Willen, die SPD-Herrschaft in Nieder- sachsen zu brechen, bekundeten am Wochenende die rund 300 Delegierten des CDU-Landesverbandes Hannover auf ihrem Landesparteitag in Uelzen. „20 Jahre SPD-Politik in Niedersachsen sind genug", rief der als Spitzenkandidat für die voraussichtlich Mitte Juni stattfindenden Landtagswahlen vorgeschlagene Landwirtschaftsminister Wilfrid Hasselmann unter dem Beifall der Delegierten aus.

In einer mitreißenden Rede for- derte der Landeschef der CDU dazu auf, den Blick nach vorn zu rich- ten und mit einer geschlossenen Mannschaft anzutreten. Einen unge- wöhnlich harten Wahlkampf, der den Einsatz aller Kräfte erforderte, kün- digte der mit großer Mehrheit wie- dergewählte Vorsitzende des CDU- Landesverbandes Hannover, Kultus- minister Richard Langeheine, an.

(Von 248 abgegebenen Stimmen entfielen 205 auf Langeheine; 21 Delegierte stimmten gegen ihn; 22 enthielten sich der Stimme.)

Langeheine machte die „Fern- steuerung aus der Baracke in Bonn" in der „euphorischen Stim- mung" nach dem „Machtwechsel" in Bonn für das Scheitern der Koali- tion in Niedersachsen verantwort- lich. Von den Koalitionspartnern ausgehandelte Abmachungen sollten auf einmal nicht mehr gelten. Die CDU sei aber kein Erfüllungsgehilfe für die Koalition in Bonn. Die FDP habe gezeigt, daß sie nicht nach beiden Seiten offen, sondern ein Anhängsel der SPD sei.

Zu Stellvertretern Langeheines wählten die Delegierten Justizmini- ster Gustav Bosselmann, den CDU- Bezirksvorsitzenden in Hannover Heinz Detleff Drape (MdL), sowie den Präsidenten des niedersächsi- schen Sparkassen- und Giroverban- des Dr. Josef Stecker.

Augenfällig war das starke Drän- gen nach einem einheitlichen Lan- desverband, in dem die bisherigen Landesverbände Hannover, Braun- schweig und Oldenburg aufgehen sollen. Diese Forderung kam vor allem in einem einstimmig angenom- menen Antrag zum Ausdruck, der zum Inhalt hat, den § 16 des Bun- desstatuts zu ändern mit dem Ziel, Landesverbände künftig nur noch nach Bundesländern zu gliedern. In Kontakten mit den Landesverbän- den in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen soll dieses Ziel angestrebt werden.

Scharfe Kritik an der Gesell- schafts- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung übte der Hauptge- schäftsführer der Sozialausschüsse, Dr. Norbert Blüm. Die als „Regie- rung der inneren Reformen" ange- tretene neue Bundesregierung habe bislang jedoch nur Versprechen ge- macht, diese aber nicht halten kön- nen. Blüm warf der Regierung vor, durch ihre Deutschlandpolitik von ihrem Versagen in der Gesell- schaftspolitik ablenken zu wollen.

Es habe sich bereits ein „Kartell gegenseitiger Rücksichtnahme" ge- bildet. Nur die CDU/CSU könne in diese festgefahrene Lage Bewe- gung bringen. Blüm forderte, den Burgbacher Plan umgehend zu ver- wirklichen.

Demokratisierung der Kandidatenwahl

Für eine Änderung der Wahlge- setze sollen die nordwürttembergi- schen Abgeordneten in Bund und Land eintreten, damit die Kandi- daten für Gemeinderat, Kreistag, Landtag und Bundestag künftig nur noch von Parteigremien aufgestellt werden können, in denen alle Mit- glieder die Möglichkeit haben, an der Aufstellung mit Stimmrecht mit- zuwirken.

Diesem Antrag, den die Junge Union auf dem Landesparteitag in Öhringen eingebracht hat, stimmte jetzt auch der CDU-Landesvorstand Nordwürttemberg zu und reichte ihn an alle Instanzen weiter. In dem Antrag wird außerdem gefordert, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß Kandidaten auch

schon früher als erst ein Jahr vor der nächsten Wahl aufgestellt wer- den können.

Zahlreiche andere Anträge wur- den vom Landesvorstand der CDU Nordwürttemberg behandelt, die sich mit Fragen der Verwaltungsre- form, der Kulturpolitik, der Sozial-, Wirtschafts- und Wohnungspolitik sowie mit der Vermögensbildung be- fassen, wurden beschlossen und an die zuständigen Stellen geleitet.

In einem Antrag wird auf die unbefriedigende Handhabung des Naturschutzes hingewiesen und vor- geschlagen, daß die Institution des Kreisbeauftragten für Naturschutz auf eine demokratische Basis ge- stellt wird.

Die baden-württembergische Landesregierung wird von den CDU-Abgeordneten Ganzenmül- ler und Dr. Roth aufgefordert, die Sport-, Musik- und Gesangver- eine im Lande mit einer Informa- tionsschrift über steuerliche und finanzielle Probleme aufzuklären, soweit die Vereine davon be- troffen sind. Damit soll eine bes- sere Information der Vereine er- zielt werden. Gleichzeitig soll der Verwaltungsablauf vereinfacht werden, da informierte Bürger die Verwaltung entlasten.

Die vier bisher bestehenden kulturpolitischen CDU-Landes- ausschüsse in Baden-Württem- berg wollen sich zur gemeinsa- men Vertretung der Kulturpolitik zusammenschließen. Die konsti- tuierende Sitzung soll am 14. Mai stattfinden. Eine gemeinsame Arbeit soll besonders die Hoch- schul- und Schulpolitik umfas- sen. Bis zur Bildung eines Sekre- tariats will die CDU-Landtags- fraktion die Federführung über- nehmen.

IN KURZE

Gegen den Ausschluß von Westberlinern für „jede Form von Wehrdienst" protestierte der Berliner CDU-Bundestagsabge- ordnete Jürgen Wohlrabe bei Bundesverteidigungsminister Hel- mut Schmidt. Wohlrabe beruft sich auf eine Rückfrage bei den drei Westmächten, die gegen einen freiwilligen Dienst von Westberlinern in der Bundeswehr nichts einzuwenden haben.

Die CSU-Landtagsfraktion hat auf einer ihrer letzten Sitzungen beschlossen, daß in Zukunft Polizeibeamten im Polizeivoll- zugsdienst zum Ausgleich der besonderen Erschwernisse ihres Dienstes eine unwiderrufliche Polizeizulage in Höhe von 100 DM gewährt wird. Der An- trag soll sich auch, wie die CSU- Fraktion hofft, auf die schwierige Nachwuchswerbung positiv aus- wirken.

Klares Programm für den Wahlkampf

Die CDU in Nordrhein-Westfalen wird mit einem klaren und detail- lierten Programm in den Wahlkampf für die Landtagswahl am 14. Juni gehen. Der Entwurf dieses Aktions- programms wird z. Z. in den Kreis- verbänden der Partei diskutiert und vom gemeinsamen Landesparteitag am 17./18. April in Leverkusen ver- abschiedet.

Das Programm wird — im Gegen- satz zu dem NRW-Plan von Mini- sterpräsident Kühn, der lediglich eine ministerielle Fleißarbeit und einen Wunschkatalog darstellt - eindeutige Prioritäten setzen. Dar- über hinaus hat die CDU für die verschiedenen Regionen des Lan- des an Rhein und Ruhr besondere Strukturpläne zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung erar- beitet, um dem Land wieder seine frühere Spitzenstellung, die es unter der SPD-Führung verloren hat, zurückzugeben.

Der Wahlkampf wird - wie der Vorsitzende des CDU-Landespräsi- diums Heinrich Köppler vor Journa- listen in Düsseldorf ausführte — als breit angelegte Sachdiskussion mit der Bevölkerung geführt und wird offensiv gegen die SPD als den Hauptgegner gerichtet sein. Wäh- rend die derzeitige Regierungspar- tei in Nordrhein-Westfalen ihr Inter- esse nur auf die großen Städte und die industriellen Ballungsgebiete konzentriert hat und die dringend notwendige Strukturverbesserung der wirtschaftsschwachen Gebiete vernachlässigte, mißt die CDU vor

allem der regionalen Strukturpolitik größte Bedeutung bei.

Auch auf dem entscheidend wich- tigen Gebiet der Bildungspolitik hat die SPD/FDP-Koalition in Nordrhein- Westfalen versagt. Das Durchein- ander im Schul- und Hochschulwe- sen war, wie der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Dr. Wilhelm Lenz, nachwies, noch nie so groß.

Während die SPD die Erwachsenen- bildung und das berufsbildende Schulwesen mehr als stiefmütterlich behandelt hat, geht es der Union um einen harmonischen Vierklang der Bildungspolitik, der in gleicher Weise die Schule, die Hochschule, spielen, vor allem die Entwicklung der Preise und der Konjunktur, über die in der Bevölkerung zunehmende rung des Schulwesens ab und setzt sich nachdrücklich für eine bundes- einheitliche Lösung ein.

Neben den landespolitischen Schwerpunkten werden im Wahl- kampf natürlich auch bundespoli- tische Fragen eine wichtige Rolle, vor allem die Entwicklung der Preise und der Konjunktur, über die in der Bevölkerung zunehmende Sorge herrscht. Die Deutschland-, Ost- und Europapolitik, deren aktu- elle Problematik Dr. Franz Josef Bach/MdB eingehend erläuterte, fordert ebenfalls klare Stellungnah- men.

Die CDU geht mit großer Zuver- sicht in diesen Wahlkampf. Das intensive Gespräch mit den Wäh- lern, von denen sieben neue Jahr- gänge erstmals an die Urnen gehen, wird ihre Arbeit in den nächsten Wochen bestimmen.

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Informationen

Die Linke

auf dem Vormarsch

Nicht erst seit der peinlichen Niederlage des schwächsten Bonner Kabinettsmitgliedes, Egon Franke, im Kampf um seine Hausmacht in Hanno- ver weiß man, wie wenig spektakulär, jedoch um so gründlicher um die künftig be- stimmende Richtung inner- halb der SPD gekämpft wird.

Nicht laute, große Siege, son- dern Punktgewinne sind heute bei den Sozialdemokraten ge- fragt.

Die Schwächung des gemäßigten Flügels und die der ausgleichenden Mitte vollzieht sich mit behutsamer Regelmäßigkeit. Mehr und mehr wer- den die Umrisse eines gut einge- spielten linken Blocks sichtbar, der sich, gestützt auf die jungsozialisti- sche Opposition der Partei, an- schickt, die führenden Positionen zu besetzen. Die SPD von 1980 wird mit der SPD von heute wahrschein- lich nur noch den Namen gemein- sam haben; Programm und Stil wer- den von Leuten geprägt sein, die eine neue sozialistische Ideologie verwirklichen wollen.

Die Entwicklung auf den SPD- Parteitagen von Hannover und Heil- bronn bestätigte diesen Trend. In Baden-Württemberg blieben zwar der SPD-Landeschef Krause, die vier SPD-Minister und die Land- tagsabgeordneten noch nicht auf der Strecke; der progressive Flügel ver- stand jedoch gleichwohl unter den übrigen Delegierten Anhänger zu gewinnen und für seine Interessen zu werben. In Hannover indessen wurde dieser beharrliche Zug nach links in der Abwahl des langjähri- gen Vorsitzenden des Bezirksver- bandes, Egon Franke, sehr deutlich erkennbar. Sein Nachfolger, Profes- sor von Oertzen, gilt als ein Mann,

der einen linksorientierten Kurs steuern wird.

Dieser gegenwärtig überall zu be- obachtende Prozeß innerhalb der SPD, die Partei wieder von einer Volkspartei weg und zu einer neuen Klassenpartei hinzusteuern, birgt große Gefahren sowohl für die Lan- des- als auch für die Bundespolitik in sich.

Egon Franke ist nicht so sehr über seinen unbeweglichen Füh- rungsstil und über seine ihn an- geblich sehr absorbierende Bonner Tätigkeit gestolpert, die ihn heutzu- tage oft vom heimatlichen Schlacht-

feld fern sein läßt - er ist vielmehr daran gescheitert, weil er als star- rer Dogmatiker an den Godesberger Thesen festhält, die unter anderem den Gedanken der Volkspartei sehr stark propagierten. Die kommenden Leute sind flexibler, obschon im Prinzip von gleicher Härte in der Durchsetzung ihrer Ziele.

Auch Willy Brandt hat das ange- schlagene Prestige seines Partei- freundes durch die Mitnahme nach Erfurt nicht auffrischen können.

Sicher ein weiteres Anzeichen da- für, daß die „kritische Opposition" in der sozialdemokratischen Partei immer mehr an Boden gewinnt. Auf gar keinen Fall kann in der SPD von heute Politik gegen die soge- nannten Progressiven gemacht wer- den. Wer sich mit den „Fortschritt- lichen" nicht zu arrangieren versteht, wird ein ähnliches Schicksal wie Egon Franke hinzunehmen haben.

In Hannover hat deshalb nicht nur Franke, sondern auch Willy Brandt eine Niederlage erlitten.

Die dümmsten Kälber...

Wer immer in diesen Tagen mit ostdeutschen Kommunikationsmit- teln in Berührung kommt, wird schnell begriffen haben, daß dieses Jahr 1970 zum Lenin-Jahr deklariert wurde und daß allüberall im Ost- block des „genialen Führers des Proletariats" gedacht wird.

In der freien Welt freilich wird dieses Mannes mit zwiespältigen Gefühlen gedacht. Lenin gilt in der westlichen Hemisphäre als der Ur- heber und geistige Vater jenes tota- litären Systems, das nahezu die Hälfte des alten Deutschen Reiches entgegen dem Willen der betroffe- nen Deutschen unter seiner Knute hält. So mußte denn für die Bun- desrepublik Deutschland, insbeson- dere aber für das Bundesland West- Berlin, kaum Anlaß bestanden haben, dieses Mannes in irgend- einer Form zu gedenken. Eher hätte noch nahegelegen, aus Anlaß des Lenin-Jahres auf die Verbrechen hinzuweisen, die im Namen eben jenes Lenin begangen wurden. Doch weit gefehlt. Unter ausdrücklicher

Zustimmung des Berliner Senats will die Postdirektion einen Sonder- stempel mit dem Lenin-Portrait her- ausgeben.

Daß es sich bei dieser Entschei- dung der Landespostdirektion um eine politische Instinktlosigkeit ersten Ranges handelt, steht außer Frage.

Der Fraktionsvorsitzende der oppositionellen West-Berliner CDU, Heinrich Lummer, verurteilte denn auch diese unglaubliche Entschei- dung in einer Presseerklärung: „Man kann die Tatsache, daß die Landes- postdirektion Berlin mit ausdrück- licher Zustimmung des Senats einen Sonderstempel für Lenin, einen der geistigen Väter der Mauer und des Schießbefehls, herausgibt, nicht ein- fach als Geschmacklosigkeit baga- tellisieren. Vielmehr handelt es sich hier um eine politische Verirrung, die Erinnerungen an das Lenin-Wort den Kommunisten den Strick liefern, wachruft, wonach die Kapitalisten an dem sie selbst eines Tages auf- gehängt werden."

Stichwort

Aufgelesen... Aufgelesen...

„Die Auseinandersetzung zwi- schen Regierung und Opposition über die Deutschlandpolitik sollte nicht entarten. Es ist schon traurig genug, daß es zwischen beiden zu keiner Zusammenarbeit kommt. Zur Zeit ist man jedoch auf bestem Wege, mit überharten Bandagen zu kämpfen.

Hierzu hat am gestrigen Freitag auch Regierungssprecher Conrad Ahlers seinen Beitrag geleistet. Ein journalistischer Freund von ihm hat ihm schon kürzlich bescheinigt, daß

er große Geschicklichkeit besitze, im geeigneten Augenblick das fal- sche Wort zu sagen. Das tat er, als er vor dem Erfurter Treffen eine Be- merkung machte, die drüben als abfällig aufgefaßt wurde. Willi Stoph behauptete allerdings hinterher, er hätte die Ironie in den Worten des Bonner Regierungssprechers her- ausgehört, als dieser von .halbwegs zivilisierten Zuständen' in Erfurt ge- sprochen hatte.

Jetzt hat Ahlers den offensicht- lich schriftlich festgelegten Satz fal-

lenlassen, die Berliner Mauer und die Befestigung der innerdeutschen Grenze seien zu einer Zeit gesche- hen, ,als die Bundesregierung von Politikern der CDU/CSU geführt wurde'. Ahlers mit seinem Sprach- gefühl hat sich sagen müssen, daß dies so verstanden werden könnte, die CDU/CSU trage mit Verantwor- tung dafür, daß es zum Mauerbau kam.

Das war ein Tiefschlag. Wenn Ahlers es nicht so gemeint hat, sollte er es schleunigst sagen."

„Kölnische Rundschau", 4. 4. 70

7 4U\\

Wochen- ende

Die Ermordung des deut- schen Botschafters in Guatemala, Karl Graf von Spreti, hat weltweit Empö- rung und Abscheu ausgelöst.

Die Untat kann man nicht mehr ungeschehen machen.

Um so mehr muß jetzt die Frage in aller Klarheit beant- wortet werden, ob von deut- scher Seite alles getan wurde, um die Freilassung des Diplomaten zu erreichen.

Bundesaußenminister Wai- ter Scheel hat vor der Presse in Bonn keine gute Figur gemacht. Die Entsen- dung eines Beamten nach Guatemala war, das zeigt sich jetzt deutlich, nicht aus- reichend, um mit dem nötigen Nachdruck die Forderung nach Freigabe und Auslösung von Spretis zu erheben.

Wohl von dem Echo seiner Ausführungen bewogen, entschloß sich Minister Scheel spontan zu einem Flug nach Lateinamerika, um „dem Staatspräsidenten von Gua- temala die deutsche Haltung noch einmal darzulegen".

Willi Weiskirch, der Sprecher der CDU, nannte diese Nach-

richt „gespenstisch".

Daß Scheel sich um ein Gespräch mit dem Staats- präsidenten bemühen wolle, nachdem gerade dem Bot- schafter dieses Landes in Bonn die baldige Abreise nahegelegt worden war, zeugt nach den Worten des Sprechers nicht gerade von politischem Fingerspitzenge- fühl und Takt. Die Rolle des Außenministers sei bei dieser erschütternden Tragödie du- bios und von seltener Unent- schlossenheit gewesen.

Union in Deutschland — Informationsdienst der Christlich Demokratischen Union Deutschlands. Verantwortlich für den Inhalt: Heinz Winkler- Redaktion- Wolfganq Ballhorn Anton Georg Grutzner, Dr. Peter Wellert. Anschrift der Redaktion: 53 Bonn, Nassestr. 2, Telefon 5 29 31. Verlag: Union Verlag Bonn, Presse und Informationsdienst der CDU Deutschlands Verlagsgesellschaft mbH., 53 Bonn, Argelanderstr. 173, Telefon 22 00 40. Verlagsleitung: Peter Müllenbach, Gerhard Braun. Bankverbindung Commerzbank Bonn, Nr. 1124 932, Postscheckkonto Köln 193 95. Abonnementspreis vierteljährl. DM 6,—, Einzelpreis DM 0,50. Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, Bonn.

Der Informationsdienst erscheint wöchentlich Redaktionsschluß dieser Ausgabe: 8. April

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