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Persönliche Haftung des Geschäftsführers der Komplementärs-GmbH einer Kommanditgesellschaft

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VGH München, Beschluss v. 16.07.2018 – 4 ZB 16.1972 Titel:

Persönliche Haftung des Geschäftsführers der Komplementärs-GmbH einer Kommanditgesellschaft

Normenketten:

AO § 34 Abs. 1, § 69, § 191 HGB § 161

Leitsätze:

1. Der Geschäftsführer einer Komplementärs-GmbH haftet nicht nur für deren Schulden begrenzt auf das Gesellschaftsvermögen dieser Gesellschaft, sondern auch für die Steuerschulden der GmbH &

Co. KG persönlich. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

2. Infolge der Haftungsregelungen in §§ 69, 34, 191 AO stehen Steuerschuldner und

Haftungsschuldner gleichberechtigt nebeneinander, sodass beide für dieselbe steuerrechtliche Leistung in Anspruch genommen werden können. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

3. Gesellschaftsrechtliche Beschränkungen der Haftung haben keinen Einfluss auf die grundsätzlich unbeschränkte, lediglich auf die Steuerschuld begrenzte persönliche steuerrechtliche Haftung.

Beide Haftungsvorschriften sind nebeneinander anwendbar; die Haftungstatbestände des Privatrechts ergänzen die des Steuerrechts, soweit sie über diese hinausgehen, umgekehrt beschränken sie aber nicht die Haftungstatbestände der Steuergesetze. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

4. Die Haftung nach § 69 AO knüpft an ein persönliches Verhalten des gesetzlichen Vertreters an, wobei ausreichend ist, dass der gesetzliche Vertreter seinen Pflichten nach § 34 AO nicht

nachgekommen ist und nicht dafür gesorgt hat, dass die Steuern aus den Mitteln gezahlt werden, die er verwaltet. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

5. Ein Geschäftsführer handelt grob fahrlässig, wenn er ungeachtet bestehender Steuerschulden Gewinne an die Gesellschafter auskehrt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Gewebesteuerhaftung, Persönliche Haftung des Geschäftsführers der Komplementärs-GmbH einer Kommanditgesellschaft, Keine Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen, Verletzung der Mittelvorsorgepflicht, Steuerschulden, Kommanditist, Haftungsbeschränkung, Haftungsbescheid

Vorinstanz:

VG München, Urteil vom 21.04.2016 – M 10 K 15.5005 Fundstelle:

BeckRS 2018, 17242  

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 482.661,87 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Inanspruchnahme als Haftungsschuldner für die Gewerbesteuerschulden der J. KG im Veranlagungszeitraum 2007.

2

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Gegenstand der Handelstätigkeit der am 20. November 2006 in das Handelsregister eingetragenen J. KG (im Folgenden: GmbH & Co. KG) waren der Kauf einer Wohnanlage in M., deren Verwaltung und die Vornahme aller dafür erforderlichen Handlungen. Komplementärin der J. KG war die mit

Gesellschaftsvertrag vom 14. November 2006 gegründete J. GmbH, deren (Mit-)Geschäftsführer der Kläger war. Kommanditisten der Gesellschaft waren die B. GmbH mit dem Kläger als einzigem Gesellschafter sowie die A. GmbH, deren Gesellschafter die beiden weiteren Mitgeschäftsführer der J. GmbH waren. Am 31. Dezember 2006 erwarb die GmbH & Co. KG die Wohnanlage in M., die sie zum 1. Mai 2007 mit erheblichem Gewinn wieder veräußerte.

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Mit Bescheid vom 17. Juni 2008 setzte das Finanzamt für das Veranlagungsjahr 2007 für die GmbH & Co.

KG den Gewerbesteuermessbetrag auf 0,00 Euro fest. Der Bescheid erging vorläufig und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

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Die GmbH & Co. KG wurde nach entsprechendem Gesellschafterbeschluss mit Wirkung zum 30. November 2008 aufgelöst und der Geschäftsbetrieb ohne Liquidation eingestellt, was am 4. November 2008 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde. Die Auflösung der Komplementärin J. GmbH erfolgte nach entsprechendem Gesellschafterbeschluss ebenfalls zum 30. November 2008 mit sich anschließendem Liquidationsverfahren. Auch dieses wurde am 4. November 2008 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Ab 30. November 2008 wurden der Kläger und eine weitere

Mitgeschäftsführerin/Mitgesellschafterin zu Liquidatoren der Komplementärin (J. GmbH i.L.) bestellt; der dritte Mitgeschäftsführer / Mitgesellschafter schied mit Wirkung vom 30. November 2008 aus der Gesellschaft aus. Die Liquidatoren waren einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des

§ 181 BGB befreit. Ausweislich der Jahresbilanz 2008 verfügte die GmbH & Co. KG zum 31. Dezember 2008 noch über ein Umlaufvermögen von 520.624,16 Euro.

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Am 4. Dezember 2008 ordnete das Finanzamt eine Außenprüfung der GmbH & Co. KG an, die am 26./27.

Januar 2009 durchgeführt wurde.

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Am 9. Januar 2009 eröffneten der Kläger und die beiden weiteren Mitgesellschafter jeweils als gesetzliche Vertreter ein Gemeinschaftskonto für die A. GmbH und die B. GmbH, Kommanditisten der GmbH & Co. KG, auf das am 9. Januar 2009 und am 13. Januar 2009 das noch vorhandene Umlaufvermögen der GmbH &

Co. KG überwiesen wurde. Am 19. Januar 2009 wurde die Löschung der GmbH & Co. KG in das Handelsregister eingetragen.

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Mit Bescheid vom 7. September 2009 änderte das Finanzamt nach Abschluss der Außenprüfung den für die GmbH & Co. KG mit Bescheid vom 17. Juni 2008 vorläufig auf 0,00 Euro festgesetzten

Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2007 auf 185.383,- Euro. Mit Bescheid vom 15. September 2009 setzte die Beklagte die von der GmbH & Co. KG zu zahlende Gewerbesteuer für das Jahr 2007 zunächst auf 482.001,00 Euro zuzgl. 12.050,00 Euro Nachzahlungszinsen fest, reduzierte diesen Betrag jedoch mit Bescheid vom 7. Juli 2011 auf 479.934,- Euro zuzgl. 11.997,50 Euro Nachzahlungszinsen, nachdem der Gewerbesteuermessbetrag im Einspruchsverfahren mit Bescheid vom 9. Mai 2011 auf 184.590,- Euro verringert worden war. Der Bescheid vom 7. Juli 2011 war an den persönlich haftenden Gesellschafter der GmbH & Co. KG, die J. GmbH, vertreten durch den Kläger als alleinvertretungsberechtigten Liquidator gerichtet.

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Mit Schreiben vom 7. Juli 2011 hörte die Beklagte den Kläger zur Möglichkeit der Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid für die Gewerbesteuerschuld der GmbH & Co. KG an und forderte ihn zu weiteren Angaben auf. Mit Haftungsbescheid vom 3. April 2012 wurde der Kläger gesamtschuldnerisch als Liquidator der Komplementärin (J. GmbH) in Höhe des bei dieser noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens von 23.729,13 Euro für die von der GmbH & Co. KG zu entrichtenden Gewerbesteuer 2007 in Anspruch genommen. Die ebenfalls als Liquidatorin eingesetzte Mitgesellschafterin erhielt einen Haftungsbescheid gleichen Inhalts. Nachdem der Kläger im weiteren Verlauf den geforderten Betrag bezahlt hatte, wurde

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dieser Haftungsbescheid mit Bescheid vom 11. Januar 2016 aufgehoben. Das gegen den Haftungsbescheid angestrengte Klageverfahren wurde übereinstimmend für erledigt erklärt und eingestellt.

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Mit weiterem - hier streitgegenständlichen - Haftungsbescheid vom 27. Dezember 2012 wurde der Kläger gesamtschuldnerisch in Höhe von 506.391,00 Euro für die von der GmbH & Co. KG geschuldete

Gewerbesteuer für das Jahr 2007 persönlich in Anspruch genommen. Gegenüber der weiteren als Liquidatorin eingesetzten Mitgesellschafterin wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erlassen. In der Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, der Kläger sei zur Haftung heranzuziehen, weil er im Haftungszeitraum gesetzlicher Vertreter der Steuerschuldnerin (GmbH & Co. KG) gewesen sei. Ihm habe es oblegen, deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit sei die Steuerschuld nicht entrichtet worden, obwohl die Steuerschuldnerin noch über einen Kassenbestand in Höhe von 520.694,16 Euro verfügt habe und Rückstellungen in Höhe von 482.001,00 Euro für die Gewerbesteuer 2007 getätigt worden seien. Nach Mitteilung des Bevollmächtigten des Klägers sei das Aktivvermögen auf die Konten der jeweiligen Gesellschafter ausbezahlt worden, obwohl aufgrund der Prüfungsanordnung des Finanzamtes vom 4. Dezember 2008 keine Gelder mehr hätten ausgekehrt werden dürfen. Die Auflösung der

Steuerschuldnerin zum 4. November 2008 sei zumindest grob fahrlässig, weil diese zu diesem Zeitpunkt ausweislich der Bilanz noch über erhebliches Aktivvermögen verfügt habe und noch Verbindlichkeiten zu bedienen gewesen seien. Der Kläger werde im Rahmen des Auswahlermessens zur Haftung

herangezogen, weil er im Haftungszeitraum Liquidator der Steuerschuldnerin gewesen sei und über die Mittel der Gesellschaft verfügt habe.

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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 13. November 2015 beim Verwaltungsgericht Klage, die nach Reduzierung der Haftungssumme durch Änderungsbescheide vom 11. Dezember 2015 und 11. Januar 2016 auf zuletzt 482.661,87 Euro infolge von Zahlungen auf die geschuldete Gewerbesteuerschuld nur noch in diesem Umfang aufrechterhalten wurde.

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Mit Urteil vom 21. April 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der streitgegenständliche Haftungsbescheid finde seine Rechtsgrundlage in § 191 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. §§ 69, 34 Abs. 1 AO. Ob der Gewerbesteuerbescheid vom 7. Juli 2011 der GmbH & Co. KG wirksam bekannt gegeben worden sei, habe auf die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners keinen Einfluss. Im Übrigen bestehe eine

Personengesellschaft wie die GmbH & Co. KG so lange als Unternehmen fort, bis alle gemeinschaftlichen und steuerrechtlichen Rechtsbeziehungen beseitigt seien. Eine Kapitalgesellschaft sei auch nach Löschung im Handelsregister als fortbestehend anzusehen, solange sie steuerliche Pflichten zu erfüllen habe. Die Adressierung des Gewerbesteuerbescheids habe daher ungeachtet ihrer Löschung im Handelsregister noch an die J. GmbH erfolgen können. Der Kläger gehöre zu den in § 34 Abs. 1 Satz 1 AO genannten Personen. Nach dieser Vorschrift habe der gesetzliche Vertreter juristischer Personen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet werden. Bei einer Kommanditgesellschaft treffe diese Pflicht den persönlich haftenden Gesellschafter. Sei dieser - wie hier - eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, habe deren Geschäftsführer die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft und somit die steuerlichen Pflichten der Kommanditgesellschaft zu erfüllen. Gegen diese Pflicht habe der Kläger verstoßen. Die Steueransprüche seien mit Ablauf des Erhebungszeitraums entstanden; der Festsetzung durch Gewerbesteuerbescheid komme insoweit nur deklaratorische Wirkung zu. Im Übrigen sei der Gewerbesteuerbescheid vom 7. Juli 2011, der eine Gewerbesteuer für 2007 in Höhe von 479.934,00 Euro festsetze, bestandskräftig. Durch das Bewirken der Löschung der GmbH & Co. KG habe sich der Kläger außerstande gesetzt, die bereits

entstandene, aber noch nicht fällig gewordene Gewerbesteuer zu erfüllen, obwohl zum 31. Dezember 2008 noch ein Umlaufvermögen von 528.162,46 Euro vorhanden gewesen sei. Dieser Betrag sei im Januar 2009 auf ein Gemeinschaftskonto der beiden Kommanditistinnen gebucht worden, so dass die Steuerschuldnerin über kein Vermögen mehr verfügt habe. Die Pflichtverletzung sei auch grob fahrlässig gewesen. Angesichts der Tatsache, dass die Gewerbesteuer nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt sei und es noch zu einer abweichenden Einschätzung durch das Finanzamt habe kommen können, sowie der angekündigten Außenprüfung durch das Finanzamt hätte eine Verteilung des vorgehaltenen Geldes nicht vorgenommen werden dürfen. Wer als gesetzlicher Vertreter in diesem Stadium die Liquidation einer Gesellschaft betreibe bzw. die Auflösung beschließe, ohne dafür Sorge zu tragen, dass die vor der Auflösung entstanden Steuern

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festgesetzt und entrichtet werden könnten, handle in jedem Fall grob fahrlässig. Weil die Steuerschuld nicht erfüllt worden sei, sei der Beklagten insoweit ein Schaden entstanden. Die Pflichtverletzung sei für den Schaden auch kausal, weil dieser nicht eingetreten wäre, wenn der Kläger mit Rücksicht auf die künftige Fälligkeit der Steuerschulden die noch vorhandenen Mittel auf dem Geschäftskonto der GmbH & Co. KG zurückbehalten hätte. Das dort vorhandene Geld hätte zur Begleichung der Steuerschuld ausgereicht. Die Beklagte habe sowohl ihr Entschließungsermessen als auch das Auswahlermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Nach Art. 62 GO seien Gemeinden verpflichtet, Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften zu erheben. Bestehe die Möglichkeit, Abgaben, die ein Steuerschuldner nicht entrichtet habe, vom

Haftungsschuldner zu erhalten, sei die Gemeinde gehalten, die Abgaben von diesem zu fordern. Das Entschließungsermessen sei hierbei in der Regel auf Null reduziert. Auch das Auswahlermessen sei rechtmäßig ausgeübt worden. Die weitere eingetragene Liquidatorin sei ebenfalls (gesamtschuldnerisch) in Anspruch genommen worden. Die Inanspruchnahme des dritten Gesellschafters sei ermessensfehlerfrei ausgeschlossen worden. Da die J. GmbH im Hinblick auf die noch zu erfüllenden Steuerpflichten trotz Löschung insoweit noch als fortbestehend gelte, könne der Kläger als Liquidator in Anspruch genommen werden. Die Beklagte müsse nicht auf einen ehemaligen Gesellschafter zurückgreifen, der noch dazu im Ausland lebe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Steuerschuld nicht bei den Gesellschaftern der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortbestehenden GmbH & Co. KG zu realisieren, weil die Auflösung der GmbH & Co. KG vor Festsetzung der Gewerbesteuer keinen Einfluss auf deren rechtliche Existenz habe. Insoweit bestehe sie als Unternehmen fort.

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Gegen dieses Urteil wendet sich der Zulassungsantrag des Klägers.

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Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

15

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. April 2016 bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 VwGO).

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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (s. dazu BVerfG, B.v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 - JZ 2009, 850/851). Das Verwaltungsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger als Haftungsschuldner für die Gewerbesteuerschuld der GmbH & Co. KG im

Veranlagungszeitraum 2007 in Höhe der im Bescheid genannten Haftungssumme in Anspruch genommen werden kann.

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a) Der Kläger trägt vor, er hafte als Geschäftsführer bzw. als Liquidator der Komplementärs-GmbH nur für deren Schulden und somit begrenzt auf das Gesellschaftsvermögen dieser GmbH. Dementsprechend habe er auch den mit Haftungsbescheid vom 3. April 2012 geforderten Betrag beglichen. Soweit es um die Steuerschulden der GmbH & Co. KG gehe, scheide eine Inanspruchnahme des Klägers aus. Vielmehr hätten die beiden Kommanditistinnen, die im Zeitpunkt des Haftungsbescheids noch existiert hätten, als Steuerschuldnerinnen in Anspruch genommen werden müssen. Das verkenne das Verwaltungsgericht.

Durch die persönliche Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner werde die gesetzlich zulässige Gestaltungsform, nämlich die beschränkte Haftung des Komplementärs, ausgehöhlt.

18

Dieses Vorbringen kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Geschäftsführer der Komplementärs-GmbH nicht nur für deren Schulden, begrenzt auf das Gesellschaftsvermögen dieser Gesellschaft, sondern auch für die

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Steuerschulden der GmbH & Co. KG persönlich haftet. Bei einer Kommanditgesellschaft haben die

geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter (§§ 161, 114, 125, 164, 170 HGB) die Pflichten zu erfüllen, die dieser Gesellschaft in steuerrechtlicher Hinsicht auferlegt sind (§ 34 Abs. 1 AO). Ist persönlich haftender Gesellschafter - so wie hier - eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, haben deren

Geschäftsführer (§ 35 GmbHG) die steuerlichen Pflichten dieser Gesellschaft (§ 34 Abs. 1 AO) und somit die steuerlichen Pflichten der Kommanditgesellschaft zu erfüllen; befindet sich die Gesellschaft in Liquidation, sind die bestellten Liquidatoren die gesetzlichen Vertreter der GmbH (§§ 68 Abs. 1, § 70 GmbHG). Der Kläger kann sich daher nicht darauf berufen, dass er im Hinblick auf die Steuerschulden der GmbH & Co. KG nicht zum haftenden Personenkreis i. S. v. § 34 AO gehöre, denn er haftet als

Geschäftsführer der Komplementärs-GmbH mittelbar auch für deren Steuerschulden.

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Entgegen der Auffassung des Klägers hätte die bei Erlass des Haftungsbescheids allein noch bestehende B. GmbH nicht als Kommanditistin der GmbH & Co. KG vorrangig als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werden können bzw. müssen. Die Durchsetzung des Steueranspruchs bei der Kommanditistin scheitert daran, dass deren Haftung nach außen hin auf den Betrag ihrer im Handelsregister eingetragenen Haftsumme (§ 172 Abs. 1 HGB) beschränkt ist und sie nur in Höhe dieser Einlage den Gläubigern der Gesellschaft unmittelbar haftet (§ 171 Abs. 1 HGB). Im vorliegenden Fall beträgt die Einlage lediglich 1000,00 Euro. Die Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin scheidet aus, weil die B. GmbH als

Kommanditistin keine gesetzliche Vertreterin der Steuerschuldnerin ist und somit die Voraussetzungen des

§ 34 AO bei ihr nicht vorliegen. Da infolge der Haftungsregelungen in §§ 69, 34, 191 AO Steuerschuldner und Haftungsschuldner gleichberechtigt nebeneinander stehen und beide für dieselbe steuerrechtliche Leistung in Anspruch genommen werden können (Tipke/Kruse, AO, Stand: März 2018, Vor § 69 Rn. 12), konnte die Beklagte den Kläger durch Haftungsbescheid nach § 69 i.V.m. § 34 AO zur Zahlung der Steuerschuld der GmbH & Co. KG verpflichten.

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Da die Haftungsvorschriften in §§ 69, 34, 191 AO eine eigene persönliche Haftung des Geschäftsführers bzw. im Fall der Liquidation des Liquidators als gesetzlichem Vertreter (§§ 68, 70 GmbHG) begründen, greift auch der Einwand der auf das Gesellschaftsvermögen der Komplementärs-GmbH beschränkten Haftung nicht durch. Denn dieser Einwand beachtet nicht, dass zwischen den Haftungsansprüchen nach § 69 ff AO und den Haftungsvorschriften des Privatrechts zu differenzieren ist. Gesellschaftsrechtliche Beschränkungen der Haftung haben keinen Einfluss auf die grundsätzlich unbeschränkte, lediglich auf die Steuerschuld begrenzte persönliche steuerrechtliche Haftung. Beide Haftungsvorschriften sind

nebeneinander anwendbar; die Haftungstatbestände des Privatrechts ergänzen die des Steuerrechts, soweit sie über diese hinausgehen; umgekehrt beschränken sie aber nicht die Haftungstatbestände der Steuergesetze (Tipke/Kruse, a.a.O., vor § 69 Rn. 22).

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b) Der Kläger macht weiter geltend, eine schuldhafte Pflichtverletzung liege nicht vor. Die Verpflichtung, die Steuerschuld zu erfüllen, treffe nicht ihn persönlich, sondern die Gesellschaft. Er habe durch Ausschüttung der Gelder an die ehemaligen Kommanditisten der GmbH & Co. KG gerade dafür Sorge getragen, dass die Steuerschulden erfüllt würden, weil die finanziellen Mittel dort für die Erfüllung der Steueransprüche zurückgestellt worden seien. Daher könne ihm auch nicht der Vorwurf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung gemacht werden.

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Diese Ausführungen sind nicht geeignet, Zweifel am Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers zu begründen. Die Haftung nach § 69 AO knüpft an ein persönliches Verhalten des gesetzlichen Vertreters an. Es ist ausreichend, dass der gesetzliche Vertreter seinen Pflichten nach § 34 AO nicht nachgekommen ist und nicht dafür gesorgt hat, dass die Steuern aus den Mitteln gezahlt werden, die er verwaltet. Die Pflichtverletzung liegt schon allein darin, dass die Gewerbesteuer der GmbH & Co. KG nicht bezahlt wurde bzw. dass in Kenntnis der noch zu erwartenden endgültigen Steuerfestsetzung die

vorhandenen Geldmittel nicht bei der Steuerschuldnerin zurückbehalten wurden (Verletzung der

Mittelvorsorgepflicht). Darüber hinaus wurde durch die Auskehrung des Restvermögens verhindert, dass die Beklagte die Steuerschuld bei der GmbH & Co. KG einziehen konnte; bei der Steuerschuldnerin waren dadurch keine Finanzmittel mehr vorhanden. Sofern der Vortrag des Klägers darauf abzielen sollte, dass der Beklagten kein Schaden entstanden ist, so verhilft auch das dem Antrag nicht zum Erfolg. Durch die

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Mittelauskehrung konnte die Beklagte den Anspruch gegen die GmbH & Co. KG nicht mehr durchsetzen.

Dass die Gesellschafter, an die die Finanzmittel weitergegeben wurden, die Steuerschuld begleichen könnten, ist für den eingetretenen Haftungsschaden unerheblich, zumal wie oben ausgeführt die Beklagte mangels eines durchsetzbaren gesetzlichen Anspruchs auf deren freiwillige Zahlung angewiesen wäre. Der Haftungsschaden wäre nur entfallen, wenn die Steuerschuld rechtzeitig bezahlt worden wäre. Eine Zahlung der ausstehenden Gewerbesteuerschuld ist aber bis zuletzt nicht erfolgt.

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Die Pflichtverletzung ist auch schuldhaft. Ein Geschäftsführer handelt grob fahrlässig, wenn er ungeachtet bestehender Steuerschulden Gewinne an die Gesellschafter auskehrt (Tipke/Kruse, a.a.O., § 69 Rn. 39).

Durch die Auskehrung des Gesellschaftsvermögens hat der Kläger die noch vorhandenen Finanzmittel der Steuerschuldnerin dem Zugriff der Beklagten entzogen und an die - wie er selbst vorträgt - nur beschränkt haftenden Kommanditistinnen übertragen.

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2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Diese weist weder bei der Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen noch bei der Rechtsanwendung über das normale Maß hinausgehende Schwierigkeiten auf. Solche legt auch der Kläger in der Begründung seines

Zulassungsantrags nicht dar (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Hierfür genügt der pauschale Hinweis auf den Umfang der Urteilsbegründung ebenso wenig wie die Behauptung, dass das Verwaltungsgericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen sei.

25

3. Der Rechtssache kommt auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung zu (§

124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

26

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden muss (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14.

Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Diese Voraussetzungen wurden weder im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, noch liegen sie vor.

27

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

28

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtkräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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