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Siehe, das ist Gottes Lamm

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Academic year: 2022

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Siehe, das ist Gottes Lamm

«Des andern Tages sieht Johannes Jesum zu sich kommen, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt» (Johannes 1,29).

«Des andern Tages sieht Johannes Jesum zu sich kommen, und spricht: Siehe das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde hinwegnimmt» (Englische Übersetzung).

Johannes des Täufers einzige Aufgabe war es, von Christo zu zeugen. Er war der Morgenstern, der die aufgehende Sonne verkündete. Als die Sonne erschien, hatte er keinen Grund mehr zum Leuchten. Ihr könnt euch Johannes nicht erklären ohne Jesum; der Eine Grund für seine Existenz ist Jesus. Ich wünsche, es möchte so mit uns sein, möchten wir sagen können: «Christus ist mein Leben.» Möchte unser Leben so sein, daß es ohne Jesum nicht verstanden werden kann; nehmt ihn hinweg, und unser ganzer Charakter wird ein unerklärliches Geheimnis sein. Mir ist bange, daß manche Namenchristen leicht ohne Christum ausgelegt werden könnten; vielleicht sogar besser, wenn es keinen Christum gäbe; aber wenn wir wie Johannes wahre Zeugen Jesu sind, werden wir in Jesu den bewußten Zweck unsers Wesens finden und Lebens sein. Zu diesem Zweck wurden wir geboren, und zu diesem Ende sind wir in die Welt gekommen, daß wir für den Herrn Jesum Christum zeugen. Forschet und sehet, meine Brüder, ob es so mit euch gewesen ist.

Es ist gut, die spezielle Eigenschaft zu beachten, in der unser Herr dargestellt ward, als Jo- hannes ihn ankündigte. Dieser wußte viel von dem Herrn Jesu und hätte ihn in mannigfaltigem Lichte und in verschiedenen Eigenschaften zu malen vermocht. Er hätte besonders auf ihn hin- weisen können als das große Vorbild der Tugend, den Stifter einer höhern Art des Lebens, den großen Lehrer der Heiligkeit und Siebe; dies erschien indes dem Täufer nicht als das Erste und Wichtigste an unserm Herrn, sondern er verkündete ihn als Einen, der in die Welt gekommen war, um das große Opfer für die Sünde zu sein. Er hob die Hand empor, zeigte auf Jesum und rief: «Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.». Er sagte nicht, «Siehe, das ist das große Vorbild;» ohne Zweifel würde er das seiner Zeit gesagt haben. Er sprach nicht einmal:

«Siehe, das ist der König rind der Führer einer neuen Zeit»; diese Thatsache würde er keineswegs geleugnet, sondern sich derselben gefreut haben. Dennoch ist der erste Punkt, bei dem er verweilt und das, was seine Begeisterung erregt: «Siehe, das ist Gottes Lamm.» Johannes der Täufer sieht ihn als das Sühnopfer für die Sünde und deshalb ruft er: «Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.»

Vereine Brüder„ wir können uns darauf verlassen, daß dies eine sehr praktische Wahrheit sein muss; denn Johannes war äußerst praktisch. Was ist die Summa und der Kern seiner Lehre anders als: «Thut Buße. Thut rechtschaffene Früchte der Buße. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt»? Er hat ein Wort für: Jeden, der kommt; sogar den römischen Kriegsleuten sagt er: «Laßt euch begnügen an euerm Solde.» Johannes ist kein Theoretiker und kein Streiter für bloße Dogmen; er hat es mit dem Lesen rind dem Charakter zu thun und verlangt rechtschaffene Werke der Buße; dennoch macht er es zu einem Hauptpunkt, daß unser Herr das Opfer für die Sünde ist. Dies ist in Wirklichkeit der Text seiner Lebenspredigt. Seid gewiß, daß etwas wunderbar Praktisches in dieser Wahrheit ist, und daß die, welche sie verdunkeln in der Meinung, praktisch zu sein, da beste Werkzeug zur Beförderung des Wohles der Menschen bei seite legen. Für die Verbesserung der Sitten und die Ueberwindung des Bösen und die Aufrichtung des Reiches der

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Gerechtigkeit in der ganzen Welt giebt es keine Wahrheit, gleich der, die Jesum als das von Gott bestinwnte Opfer zur Hinwegnahme der Sünde der Menschen offenbart. Der strenge Täufer, der wahre Elia, der ernstlich die Sünde bekämpfte und das Schwert an ihren Nacken legte, sah, daß nichts gethan werden könne, wenn er nicht auf das Lamm Gottes hinwiese, welches der Welt Sünde trägt. Wenn Buße gepredigt wird, so muß Jesus Text rind Inhalt der Rede sein.. Er bringt Leben, Kraft, Energie in das, was sonst eine tote, moralische Abhandlung sein würde. O ihr, die ihr Menschen von der Sünde erretten wollt, sehet zu, daß ihr das große Opfer für die Sande predigt. Es ist klar, daß diese Lehre etwas mit der Buße zu thun hat, denn der Apostel der Buße führt sie ein: er, dessen erstes Wort war, «Thut Buße», stellte Jesum als den großen Sündenträger auf; denn er sah, und ich wünschte, Alle möchten es sehen, – daß eine sehr genaue Verbindung zwischen dem Entstehen, dem Wachsen und der Reinheit der Buße und dem Sündentragen unsers Herrn Jesu Christi stattfindet.

Bruder, es ist Thatsache, daß wir, je mehr wir mit bußfertigen Sündern zu thun haben, desto mehr die Notwendigkeit eines Sündenträgers suhlen. O ihr, die ihr nie gesündigt habt und in eure eigne Selbstgerechtigkeit eingehüllt seid, ihr bildet euch ein, durch eure eignen Werke in den Himmel kommen zu können; das Tragen der Sünde durch den Sohn Gottes scheint euch durchaus nicht nötig; aber weiltet ihr einmal, wie Johannes esthat, inmitten eines belasteten Volkes, das klagend und seine Stunden bekennend zu ihm kant, so iviirdet ihr fühlen, daß nichts als der Glaube an das verordnete Sühnopfer es mit Gott versöhnen kann. «Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt,» ist der Text, den Evangelisten lieben, weil sie ohne ihn nicht den Geängsteten gegenübertreten können, die sich um sie drängen.

Meine Brüder, in dem Maße, wie ihr eure Mitmenschen weislich liebt, werdet ihr das Opfer für die Sünde schätzen. Euer Verkehr mit denen, welche nahe daran sind umzukommen, wird euch den Heiland schätzen lassen. O, was sollte ich thun, wenn ich gesandt wäre, zu dieser ungeheuren Menge zu predigen, und kein Sündenopfer hätte, euch zu verkünden! Könnte mir nicht das Herz brechen bei einer so unnützen, so grausamen Aufgabe, wie die, die Sünde strafen zu müssen und doch keine Vergebung und folglich keine Hoffnung zu verkündigen haben? Nun, da ich von Einem reden kann, der an seinem eignen Leibe am Holze die Uebertretung, Missethat und Sünde der Menschen getragen hat, finde ich meine Aufgabe ernst, aber sicherlich irrst bffnnngslos oder auch nur traurig. Glücklich bin ich vielmehr, daß es mir verstattet ist, ein solches Heil zu verkünden.

Selig sind die Lippen, denen es erlaubt ist zu rufen: «Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.» Ihr seht also, wie der praktische Charakter der Sendung des Johannes nur dazu beitrug, daß er den Herrn zuerst in seiner Eigenschaft als pferlamm darstellte.

Wenn Johannes der Täufer nicht gefühlt hätte, daß die Hauptsache bei unserm Herrn die sei, daß er das Opfer für die Sünde war, so hätte er sehr passend auf ihn als ein Vorbild hinlveisen konmen zu der Zeit, da er die Worte unseres Textes sprach. Der Heiland hatte noch Niemandem die Thatsache und die Bedeutung seines künftigen Todes offenbart: seine Passion lag noch in dunkler Zukunft, während sein Leben gerade im Begriff war, sich vor der öffentlichen Beobachtung zu entfalten. Er hatte eben erst die heilige Ruhe des väterlichen Daches zu Nazareth verlassen, und der Reiz jugendlicher Heiligkeit umgab ihn. Sollte die Welt nicht jetzt auf ihn aufmerksam gemacht und sein Beispiel überall bekannt werden? In seiner Zurückgezogenheit war sein Wandel so gewesen, daß er dem strengen und frommen Täufer aufgefallen und dieser sich verpflichtet fühlte, anzuerkennen, daß sein jüngerer Verwandter würdiger als er sei, indem er sprach: «Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde.» Aber Johannes scheint nicht, als er den Herrn nach seiner Taufe sieht, an sein schon begonnenes gottseliges Leben zu denken, oder an das heilige Leben, das er in ihm vorhersehen konnte; sondern er heftet sein Auge auf diese lvunderbare Persönlichkeit in ihrer Eigenschaft als Opferlamm und verweilt allein dabei, wenn er spricht:

«Siehe, das ist Gottes Lamm.» Bruder, jenes Zeitalter hatte ein Beispiel so dringend nötig, wie das unsrige es hat; aber es hatte noch mehr einen Heiland nötig, und Johannes sieht das zuerst, was das Erste ist. Laßt mich hinzufügen, daß der Zeitpunkt doppelt geeignet war, bei unsers

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Herrn Beispiel zu verweilen, da er eben von jener Versuchung in der Wüste zurückkehrte, in der die Kämpfe seines Lebens sich vorgebildet hatten. Man kann heini Lesen der Er zählung die vierzig Tage der Versuchung nirgends anders hineinbringen, als gerade hier. Wir lesen, daß unser Heiland gleich nach seiner Taufe in die Wüste geführt ward, um von dem Teufel versucht zu werden.

Versucht wurde er, aber er gab in keinem Punkte nach. In dem dreifachen Kampfe hatte er die Macht der Finsternis überall besiegt, und gewaffnet zum Streit, in einer Rüstung, die er geprüft und erprobt, stand nun der Kämpfer vor Johannes; und es wäre nicht sonderbar gewesen, wenn der Mann Gottes ausgerufen hätte: «Siehe, das ist der Vollkommene, in dem der Fürst dieser Welt keinen Raum hat. Ahmt sein erhabenes Beispiel nach.» Aber nein, des großen Täufers Auge ruht nicht darauf: das Blut und die Wunden der Passion sind vor seinem Geistesauge, und vor allem Andern sieht er das Opferlamm in dem wunderbaren Wesen, das jetzt in der Mitte der Menge steht. Die Thatsache, daß er das fi r die menschliche Sünde verordnete Opfer ist, reißt die ganze Seele des Predigers hin, und er ruft: «Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt.

Brüder, ich wünsche, dem Tälifer hierin zu gleichen. Ich möchte rneine Gedanken über Chris- tum auf seinen Versöhnungstod konzentriert haben, von jetzt an und immerdar. Während der kurzen Zeit, in der es mir noch vergönnt sein mag, meine Stimme in der Wi ste zu erheben, möchte ich von dem Lamme Gottes zeugen. Der Jahre mögen wenige sein, in denen ich noch diese Heerde leite, aber um das Kreuz herum soll für mich stets der rt der grünen Auen sein und von dem pfer unsers Herrn sollen die ischen Wasser fließen. Viele andere beschäftigen sich mit andern Seiten des Werkes unsers Herrn; Einige, daran zweifle ich nicht, in treuer Meinung, und lndere in böser Absicht: ich kann es ihnen sehr wohl überlassen, ihr Bestes oder Schlirnnistes zu thun;

denn lvenigstens Einem mag es verstattet sein, für den Gekreuzigten getauft zu werdeir, für das Kreuz abgesondert, der Versöhnung durch Blut gewidn et zu werden. Ich kenne keine Versöhnung als durch Stellvertretung, keinen Stellvertreter als Christum.» Fürwahr, er trug linsere Krankheit rind lud auf sich unsere Schmerzen. «Der Verkündigung dieser Thatsache weihe ich mich bis an mein Lebensende.

l.

Um unserm Text noch näher zu kommen, lenke ich eure Aufmerksamkeit zuerst daralif hin, das Johannes Christum als ein Opfer darstellte mit klarer persönlicher Wahrnehmvin dieser Thatsache. Wenn ein Mann sagt:» Siehe! «so sieht er selbst etwas; er sieht dies Etwas mit Klarheit müd wünscht deshalb, daß ihr es sehet, und darum ruft er: Siehe! Siehe!» Johannes war von seiner Geburt an zum Herolde Christi verordnet worden; aber er wußte augenscheinlich nicht, wer das Lamm Gottes sei. Als Kindlein hüpfte er in dein Leibe seiner Mutter, da er der Mutter unsers Herrn nahe kam; aber dennoch kannte er Jesum nicht als das Lamm Gottes. Er sagt: «Ich kannte ihn nicht.» Einige nehmen an, daß Johannes und Jesus niemals in ihren froheren Jahren zusammengekommen seien; aber ich finde es schwer, dies zu glauben. Ich sehe hier einen ganz andern Sinn. Johannes kannte Jesum, aber er kannte ihn nicht als den Sündenträger. Ich denke, er muß das Leben des heiligen Kindes, seines nahen Verwandten, gekannt haben, als es zunahm an Gnade bei Gott und den Menschen; aber er hatte noch nicht an ihm das bestätigende Siegel gesehen, das ihn als den Sohn Gottes bezeichnete. Johannes schätzte den Charakter des Herrn sehr hoch, so daß er, als Jesus zu ihm kain, um sich taufen zu lassen, sprach: «Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde.» Doch sagt er: «Ich kannte ihn nicht.» Er kannte ihn als Einen von hohem und heiligern Charakter, aber er sah noch nicht das Zeichen, das Gott im Geheimen seinem Knechte gegeben hatte; denn er sah nicht den Geist Gottes herabfahren und auf ihm bleiben.

Johannes vermutete mit vieler Gewißheit, daß Jesus der Sohn des Höchsten sei, dessen Vorlälifer

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er war; aber ein Zeuge darf nicht seinen eigenen Mutmaßungen folgen, wie richtig sie auch sein mögen. Johannes, als des Herrn Knecht, wagte nicht, etwas nach seinem eigenen ungeleiteten Urteil zu wissen; er wartete auf das geheime Zeichen. Gewisse Prediger erzählen ihren Hörern alles, was ihr eignes, wundervolles Hirn erfindet; aber der wahre Diener Gottes darf nicht seine eigenen Gedanken oder Meinungen vortragen, sondern muß auf ein Wort von Gott warten. Die Botschaft sollte direkt von dem Meister kommen: «So spricht der Herr.» Ob gleich Johannes an Jesu so wunderbare Charakterzüge sah, daß er überzeugt war, er sei viel größer als er: selber, sagt er dennoch: «Ich kannte ihn nicht.» Er wollte nichts wissen, was ihm nicht von Gott, dem Herrn, der ihn gesandt hatte, offenbart war.

Aber als er zuletzt dies persönliche Zeichen empfing, als er unsern herrn in die Wasser des Jordans tauchte und den Himmel offen und die Taube herabfahren sah und die Stimme sprechen hörte: «Dies ist mein lieber Sohn,» da kannte er ihn und war fortan gewiß. Als er nachher sprach, da sagte er nicht: «Ich denke, dies ist das Lamm Gottes,» oder: Ich habe den Eindruck erhalten, daß er der Sohn Gottes ist. Nein, er rief kühn aus: Sehet ihn! Seht für euch selber. Dies ist das Lamm Gottes! Ich spreche mit dem Ton der Ueberzeugung; nichts kann mich erschüttern. Der Herr hat das Zeichen gegeben, und von jetzt an lege ich zuversichtlich Zeugnis ab. Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. «

Von nun an war der Herr Jesus Christus für Johannes den Täufer mehr, als er allen andern zu sein schien. Denen, welche den Heiland sahen, wird er als ein einfacher, geringer Jude erschie- nen sein, der sich durch nichts besonderes auszeichnete, es sei denn durch die Sanftmut seines Benehmens und etwas Hinnnlisches in seinem Wesen; aber für den Täufer war er nun vor Allen und über Alle. Wenn jemand kam, um sich taufen zu lassen, so bekannte er dem Johannes seine Sünden; aber als Jesus kam, ohne eigne Sünde, die er zu bekennen hatte, flüsterte er daindas Ohr des Johannes:» Ich trage die Sünde der Welt? Ich denke, er that es; jedenfalls war dies für Johannes eine Wahrheit, und für ihn war Jesus fortan das unvergleichliche Opfer, die e ine Sühne für menschliche Sünde.

Dies war eine außergewöhnliche Wahrheit für Johannes. Es bedurfte eines Sünders der Gnade, ehe ein Jude «da Lamm, welches der Welt Sünde trägt» sah. Der Silbe dachte, das Opfer Gottes müßte nur für sein auserwähltes Volk sein; aber Johannes sah über alle Grenzen der Nationalität und alle Einschränkungen der Racen hinweg und scharrte klar in Jesu, «das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt.» Erinnert euch daran, daß Johannes aus einem Priestergeschlecht stammte;

er war wohl bekannt mit Opferlämmern. Aber als Priester sah er nie ein pferlanini an einem Ort, der vorl der geweihten Stelle weit entfernt war. Es gab nur einen Altar, und der war zu Jerusalern, rind dort mußte das Opferlanmn sein und nicht an Jordans einsamem Strom. Dennoch sah Johannes an einem Ort, der nie in einer besonderen Weise dem Dienste gewidmet worden war, das eine große Opfer inmitten des Volkes stehen. «Siehe, sagt er,» dies ist das Lamm Gottes.

«Bemerkt, wie gut der Herr ihn unterwiesen, rnid wie völlig er sich von natürlichen Vorurteilen freigemacht hatte!

Geliebte, ich bete, daß jeder von uns für sich selber Jesum als das Opfer für die Sünde ken- nen möge. Ihr werdet als Kinder gelehrt zu glauben, daß Jesus das Lamm Gottes ist; aber alle Offenbarung in dem Buche muß wiederum dein Herzen geoffenbart werden, sonst wirds sie nicht wirklich erkannt und wahrgenommen. Wenn das Leben der Wahrheit in unser Leben eingehen soll, so muß sie eine Sache, nicht nur des Kopfglaubens, sondern des Herz glaubens sein. Daß Jesus das stellvertretende Opfer, die Versöhnung für unsere Sünden, die Sühne für unsre Missethat ist, muß uria von dem hl. Geist gelehrt werden. Ich kann mit Wahrheit vor.euch erklären, daß ich nicht diese Lehre des stellvertretenden Opfers als eine unter vielem Theorien predige, sondern als die errettende Thatsache, die ich selber als solche erfahren. geh muß dieses predigen oder nichts. Ich weiß nichts unter euch ohne allein Jesum Christum, den Gekreuzigten, weil ich weder Hoffnung nach Trost habe außerhalb des großen Versöhnungsopfers. Er ward für uns zur Sünde gemacht, er, der von keiner Sünde wußte, auf daß wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Er

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ward ein Fluch für nns, denn es steht geschrieben:» Verflucht ist jedermann, der am Holz hänget.

«Ich bete, daß ein jeder in dem Volke Gottes eine klare Erkenntnis von Christo als dem Sünden tragenden Lamm erlangen und daß sie ihm in sein eignes Selbstbewußtsein eingeschrieben werben möge, denn dann wird ihn nichts darin erschüttern. Wenn die / Menschen finden, daß ihre eigne Befreiung von der Sünde müd ihr eigner Friede mit Gott, ans dein Versöhnungsopfer fließt, so wird diese große Wahrheit ein Teil ihrer innern Erfahrung und kann ihnen niemals entrissen werden.

O nrein Bruder, wenn das große Opfer dich errettet hat, so wirst du nie im Stande sein, daran zu zweifeln; du wirst eher an deinem eignen Dasein zweifeln als an dieser gesegneten Thatsache, daß er unsre Senden selbst getragen hat an seinem Leibe auf dem Holz und daß wir durch ihn mit Gott versöhnt sind. Es war bei Johannes eine Sache persönlicher Wahrnehmung.

ll.

Laßt uns ein wenig weiter gehen. Johannes stellt mit Rachdruck unsern Herrn als das pfer dar:»

Siehe, das ist das Lamm Gottes. «Dies ist mehr, als ohannes von allen Lämmern gesagt haben würde, von denen er je gehört oder gelesen seit der ersten Verordnung des ppers. Er gedachte der Erstlinge der Heerde, die Abel opferte und des Opfers von süßem Geruch, das Noah darbrachte; er kannte die Opfer Abrahams, Isaaks und akobs; er war vertraut mit dem Lamm des Passahinahles und den Lämmern an Israels hohen Feiertagen. Er gedachte der Tausende von Opfern, die von David, Salomo und anderen K’önigen bei den großen nationalen Festen gebracht waren; aber er geht an ihnen allen vorüber, als wenn sie bloße Schatten wären, deutet mit dem Finger auf den Menschen Christus Jesus und sagt von ihm:» Dies ist das Lamm Gottes. «

Hierin, meine ich, begriff der Täufer alles ein, was vorhergegangen war. Da war das tägliche Lamm, wovon ich euch am Anfang des Dienstes vorlas, aus 2. Mos. 29. Es ward das ganze Jahr lang ein Lamm jeden Morgen und ein Lamm jeden Abend geschlachtet alle Fahrhunderte der Geschichte Israels hindurch. Immer und allezeit war das beständige Opfer eines Lammes das Sinnbild des Wohnens Jehovas unter seinem Volke. Aber Johannes deutet mit dem Finger auf ein einziges Opfer und sagt:» Dies ist das Lamm. «Alle andern täglichen Lämmer waren nur Vorbilder dieses,» Siehe das Lamm. «

Saßt mich eure Aufmerksamkeit auf ein andres wunderbares Lamm lenken, das Passahlamm, das geschlachtet ward in der Nacht, da Israel aus Egypten ging, da jeder Hebräer die Ueber- schwelle und die Seitenpfosten seiner Thür mit Blut bestrich und der Anblick dieses Blutes für die Verschonung der Familie genügte, nach dem Worte Jehovas: Wenn ich das Blut sehe, will ich vorübergehen. Dieser Passahläinmer waren viele und sie waren jedem jüdischen Herzen heilig, aber Johannes geht an ihnen allen vorüber und spricht:» Siehe, das Lamm Gottes. «

Meint ihr nicht, daß ihm auch das Lamm vor der: Seele stand, von dein Jesaias, der große evangelische Prophet, redet? Lag ihm nicht die berühnite Stelle im Sinn:» Er ist wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt S Johannes der Täufer ruft: «Dies ist der, von dem der: Prophet sprach:»

Siehe, das Launu Gottes. «

Ja, und wenn die Augen des Johannes ebensowohl in die Zukunft wie in die Vergangenheit sich gewendet hätten, so daß er die Jahrhunderte hinab hätte blicken und an den Gesichten des Sehers von Patmos teilnehmen können, so hätte er das Lamm in der Mitte des Th rones gesehen und das Lied des Lammes, das erlvürgt ist, gehört; aber nachdem er alle Gesichte seiner kiiustigen Herrlichkeit geschaut, würde er immer noch mit dem Finger auf den Christ Gottes, der unter dem Volke stand, gewiesen und gesprochen haben:» Siehe, das Lamm. «Alles, was ihr von Opfern und Sünde Tragen im alten oder: neuen Testament leset, alles, was ihr je von der Hinwegnahme der Sünde gehört habt oder hören werdet, läßt sich falls es wahr ist, in diese Worte

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zusammenfassen:» Siehe, das Lamm. «Es ist etwas Großes, wenn wir unser Zeugnis in Einen Brennpunkt znsairnnendräugen können. Möge jeder Diener Gottes das thun rind sein Zeugnis dafür ablegen, daß kein anderer Name den Menschen gegeben ist, darinnen wir sollen selig werden.

Es giebt im ganzen Weltall keine andere Reinigung für die Sünde als jenes große Opfer, welches die Sünden der Welt hinweg nimmt.

lll.

Wir wollen noch einen Schritt weiter gehen:

Johannes erklärte Jesum, da er ihn in seiner Eigenschaft als Opfer beschrieb, sehr vestinimt für das Opfer Gottes.Er sagt:» Siehe, das Lamm Gottes. «Diese Worte haben eine sehr tiefe Bedeutung.» Das Lamm Gottes. «Erinnerte der Täufer damit nicht an den Tag, wo Abraham mit Isaak nach dem Berge ging, von dem Gott ihm gesagt hatte?» Und Isaak sprach zu seinem Vater: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Lamm zum Brandopfer? Und Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird ihm ersehen ein Lamm zum Brandopfer. ohannes scheint jetzt, Jahrhunderte später, zu sprechen, «Nun ist das Wort des Vaters der Gläubigen erfüllt. Siehe, wie Gott versehen hat! Siehe das Lamm Gottes. Unter dem alten jüdischen Gesetz sagte ein Mann, wenn er gesündigt hatte, zu sich:» Ich muß gehen und ein Lamm suchen «; und er ging zu seiner eignen Heerde oder zu einem achbar, um eins zu kaufen. Das war das Lamm, was er für seine eigene Uebertretung brachte. Aber ihr und ich haben nicht zu gehen, um ein Lamm zu suchen. Gott hat schon ein Lamm ersehen, und mir haben nur Gottes Lamm anzunehmen. Und ist es nicht wunderbar, daß er, gegen den alle Sünde gethan wird, selbst das Opfer für die Sünde bereitete? Sehet die Sünde des Menschen und das Lamm Gottes. Jesus ist des Vaters geliebter Sohn, sein teurer, sein ein ziger Sohn, und dennoch gab er ihn für uns alle dahin; und Gottes Sohn wurde Gottes Lamm. O mein Vater, mein Vater, sündige ich, und giebst du das Opfer her? Jedoch, wenn der Vater: für ein Opfer sorgen mußte, warum war es eins so nahe seinem Herzen? Er,’konnte das Opfer nirgends anders finden als in seinem eignen Busen. Er hatte nur Einen Sohn, seinen Eingebornen;» Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab. «Jehova gab seinen einzigen Sohn zum Opfer hin! Saßt Erd’ und Himmel voll Staunen sein. Geliebte, wenn ihr es bedenkt, wer anders hätte ein Opfer für die Sünde der Welt geben können? Niemand wird die Fähigkeit dazu beanspruchen. Und wenn Gott selbst ein Opfer bereitete, lvelches andere konnte er finden, als seinen ihm gleichen Sohn? Wer anders konnte die Ehre wieder herstellen, die dem gebrochenen Gesetz gebührt? Wer anders konnte der göttlichen Gerechtigkeit die Genugthuung bieten, die sie verlangte? Entweder rnußte die Gerechtigkeit verletzt werden oder der Mensch auf ewig verderben a es war kein Auslveg alls diesem Dilemma, bis der Sohn des Höchsten sich herabließ, ein Opfer zu werden und die Sünde durch seinen eignen Tod hinwegzuthun. So, seht ihr, mußte der Herr: selber für ein Opfer sorgen, und dieses Opfer mußte sein eingeborner Sohn sein.

Ich glaube nicht, daß ich weiter predigen kann, denn eine Schwäche ist über mich gekommen, und es bedarf auch nichts mehr, wenn ihr nur wieder und wieder diese Eine köstliche Wahrheit in eurem Herzen bewegen wollt: Jesus ist das Lamm, welches Gott ersehen hat, und er ist das Lamm, welches Gott selber am Altar darbrachte. Doch, ich muß mich noch aufraffen, um ein wenig mehr zu sagen. Wer war es, der das Lanmn Gottes opferte? Wer war der Priester an jenem furchtbaren Tage? Wer war es, der ihn schlug? Wer war es, der ihn plagte? Wer verursachte ihm die bitterste Qual von allen, als er ausrief: Waruni hast du mich verlassen?» War es nicht der Vater selbst? Dies war eines der schwersten Dinge in der Versuchung Abrahams – «Nimm Isaak, deinen einigen Sohn, den du lieb hast und opfere ihn zum Brandopfer.» Er selbst mußte das

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Amt versehen bei dein Opfer. Dies that der göttliche Vater! Er ist das Lamm, das Lamm Gottes.

Und nun bleibt heute noch die lichte Seite der Wahrheit. Er ist das Lamm, das Gott allezeit annimmt, annehmen muß, mit Freuden annimmt. Bringe du nur Jesum mit dir, so hast du Gott ein angenehmes Opfer gebracht. Es kann dir nicht fehlen, Vergebung zu erlangen, wenn du den Namen Jesu geltend machst. Wenn du das Fetteste deiner Rinder und das Köstlichste deiner Heerde brächtest, so möchtest du Gott sagen hören: «Ich will dein Opfer nicht annehirien!» Aber wenn du Gottes eignes Opfer bringst, kann er dich nicht zurückweisen. Du bist angenommen in dem Geliebten; deine llnannehnibarkeit vor Gott wird durch Christi Annehmbarkeit überboten;

diese bedeckt deine Sünde, sie bedeckt dich; sie macht dich dein Herzen Gottes teuer.

So weit sind wir mit diesem gesegneten Spruch gekommen, «zu Wassern, in denen wir schwim- men können.» «Siehe das Lamm Gottes.»

IV.

Leiht mir euer Ohr ein wenig länger, während ich euch viertens zeige, daß Johannes den Heiland darstellt, wie er die Sünde trägt und hinwegträgt. Die, welche die revidierte Uebersetzung haben, werden sehen, daß die Revisoren die Worte: «Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinweg nimmt haben stehen lassen, aber weislich die Randbemerkung gemacht:» die Sünde der Welt trägt. «Beide Bedeutungen sind hier. Um die Sünde hinweg zu tragen, muß sie erst getragen werden. Der Herr Jesus hat sowohl die Sünde genommen, als sie hinweg genommen. Verweilt eine Minute bei der ersten Thatsache, daß die Sünde wirklich auf Christum gelegt war. Ich sah neulich unter den Greueln des stygischen Pfuhles, den ich in letzter Zeit habe überblicken müssen, so faule Lehren wie diese: – daß die Uebertragung der Sünde auf einen Anderen unsittlich sei. Aber ist nicht die Schrift voll davon?» Der Herr warf unser aller Sünde auf ihn. «Die Sünde ward von Christo getragen; ja, thatsächlich von ihm getragen;» welcher unsre Sünden selbst getragen hat an seinem Leibe auf dem Holz «(engl. Ueb.). Sie mögen daraus machen, was ihnen beliebt. Ich werde nicht erklären, noch verteidigen, aber ich sage ohne Zaudern, daß die Sünde der Welt auf Christum gelegt war, und daß er sie trug und sie hinweg trug. Das Schwerste, was es im Weltall giebt, ist die Sünde, man weiß, daß die Erde sich aufgethan hat unter ihrer unerträglichen Last.

Weder Engel noch Menschen können unter der Last der Sünde stehen, sie drückt sie tiefer hinab als in die unterste Hölle. Als die Sünde auf das Lamm Gottes gelegt ward, da trug es sie; aber sein Schweiß war wie große Blutstropfen und seine Seele war betrübt bis in den Tod. Das Gewicht der Welt zu tragen wäre nichts gewesen im Vergleich mit dem Tragen der Sünde der Welt.

Das Beste von allem ist indeß, daß unser Herr die Last nicht nur trug, sondern sie hinweg nahm.» Er nimmt die Sünde der Welt hinweg. «Die Sünde, die auf Christum gelegt war, blieb nicht da, er nahm sie hinweg – sie bleibt nicht länger. Wir lesen in der Schrift vieles über die Sünde, daß Gott sie vergiebt, sie austilgt, sie vergißt, sie in das Meer wirft, sie hinter seinen Rücken wirft und viele andere ausdrucksvolle Redeweisen, aber dies ist in einiger Hinsicht die beste – er nimmt sie hinweg. Gelobt sei sein Name! Mein Hörer, wenn du an Jesum glaubst, so brauchst du nicht zu fragen:» Wo ist meine Sünde? «Jesus nahm sie hinweg. Durch sein Tragen derselben trug er sie hinweg. Sie ist dahin, auf immer dahin – gänzlich vernichtet.» In denselben Tagen wird man die Missethat Israels suchen, spricht der Herr, aber es wird keine da sein; und die Sünde Judas, aber es wird keine gefunden werden. «Wir rühmen uns dessen, daß durch das Opfer Christi am zreuze der Sünde ein Ende gemacht wurde. Er wehrte dein Uebertreten, machte der Sünde ein Ende und brachte die ewige Gerechtigkeit. Dies ist ein Evangelium, wert, daß man es glaubt, wert, daß man dafilr lebt, wert, dasi man dafür stirbt. Verflucht sei alle Lehre, die in Widerspruch damit kommt. Dies ist der Himmel für eine Seele, deren Sünden sie zur Hölle

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herabziehen: die Sünde kann vergeben werden, denn Jesus ist» das Lamm Gottes, lvelches der Welt Sünde hinwegnimmt. «Was für ein Anblick ist dies! Die Augen können nie wieder schmerzen, die einmal die Sünde von Jesu haben hinwegnehmen sehen.

V.

Ich muß indes eure Aufmerksamkeit auf einen anderen Punkt lenken, darauf, daß Johannes un- seru Herrn darstellt, wie er fortwährend die Sünde hinwegnimmt.» Siehe das Lamm Gottes, daß der Welt Sünde hinweg nimmt. «Siehe die Sünde der Welt als Eine ungeheure Masse, und Jesus verfährt damit wie mit einem Ganzen und ninirnt sie hinweg. Johannes braucht nicht die vergan- gene Zeit; noch die zukünftige, sondern die gegenwärtige -» Er riiwnit die Si ude der Welt hinweg.

«Unsers Heilandes Versöhnungsopfer, obgleich nur einmal dargebracht, ist doch inmnerwährend in seiner Wirkung. Er nmßte in einem gewissen Zeitpunkt sterben, und es waren Gründe da, weshalb sein Tod gerade in dem besonderen Augenblicke stattfand; doch dringt die Zeit nicht ein in das Wesen desselben. Das Opfer könnte vor einer Million Jahre dargebracht worden sein, und er wur- de als das Lamm Gottes immer noch Sünde hinwegnehmen; oder das wirkliche Opfer hätte noch länger hinausgeschoben sein können, wenn es der unendlichen Weisheit so gefallen, und dennoch würde das Laruni Gottes jetzt die Sünde hinwegnehmen. Auf das Datum seines Todes kounrit es nicht an, sein Opfer ist wirksam vor und nach dem Ereignis. Unser Heiland war das Lamm, das erwürget ist vor Anfang der Welt in dem irtschluß, dem Bund und den Gedanken Gottes.

Sein Opfer errettete Adam und Noah und Moses und David und alle Heiligen, ehe noch der Name Golgatha so hochberühnit geworden. Ehe er starb, stand er vor Johannes dem Täufer als der, der die Sünde der Welt hinwegniunut; und heute, obwohl sein Tod vor: 1800 Jahren stattfand, niiunit er noch immer die Sünde der Welt hinweg.» In seiner Person war er stets der Sündenträger, und durch seinen Tod hebt er die Sünde auf ewig aug. Er ist erschienen, «durch sein eignes Opfer:

die Sünde aufzuheben.» Sein ewiges Verdienst bleibt auf immer dem Herrn ein süßer Geruch und tilgt auf immer das faule Aergernis menschlicher llebertretnng. Als der,große Reiniger nimmt er die Sünde der Welt fortwährend hinweg und wird fortfahren sie hinwegzunehmen.

Gelobt sei Gott, ich habe heute einen Heiland, so prisch und voller Macht, als wäre er diesen selben Morgen für meine Sünde gekreuzigt. Er ist jetzt so sehr im Stande mich zu erretten, als wenn er zu dieser Stunde am Kreuze hinge. Jene seine teuren Wunden bluten der Wirkung nach immerwährend; seine Nägelmale sind das Zeichen einer unerschöpflichen Meile des Verdienstes, die stets für die Hinwegnahme meiner Schuld fließt, ewig wirksam, unaufhörlich sündereinigend.

Hier ist es, wo wir ruhen. Es ist die großartigste Thatsache in der Geschichte aller Jahrhunderte, daß Jesus die Sünde der Welt hinwegnimmt. Wir wissen nicht, was geschehen ist, ehe dies Son- nensystem geschaffen ward, und wir brauchen es nicht zu wissen. Wir können nicht weissagen, was geschehen wird, wenn Sonne, Mond und Sterne verschwinden werden wie vorübergehende Funken vom Ambos der Macht; aber es wird niemals eine neue Thatsache geben, welcher dieser ersten aller Wahrheiten gleichkommen kann – daß der Sohn Gottes die menschliche Natur annahm und in dieser Natur die Sünde trug und hinwegtrug. Dies ist die Wahrheit, die vor allen andern angeschaut werden muß.

Obgleich ich zu schwach bin, euch zu predigen, wie ichs wünschte, fühle ich für mich selbst große Freude in dem Blick auf den Sündenträger, der meine Sünde hinweggenommen hat. Wie ich wünsche, daß ihr alle dasselbe fühltet! Dies ist Kern und Stern meiner Theologie. Aber ihr müßt selber das Lamm Gottes annehmen, ihr müßt es selber kennen, ihr müßt selber daran glauben, dann wird es sicherlich die Sünde hinwegnehmen, die jetzt auf euch lastet. Jesus will sie ganz fortnehmen, so daß sie euch nie wieder belasten soll. Er will sie austilgen: sie soll aufhören zu

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sein: ihr sollt nicht mehr unter der Verdammnis sein, sondern auf immer frei davon. Gott helfe euch, Jesum zu kennen, von dem ich zu euch rede!

Vl.

Der letzte Punkt ist dieser – Johannes zeugte von der Allgenugsamkeit des göttlichen Opfers:

«welches der Welt Sünde hinwegnimmt.» Kein andrer in der ganzen Welt kann die Sünde hin- wegnehmen als das Lamm Gottes. Es giebt keine Sünde, die Jesus nicht hinwegnehmen kann.

Es giebt keine Grenze für den Wert seines großen Opfers: er nimmt die Sünde der Welt hinweg.

Es giebt keinen andern Sündenträger, keine andre Versöhnung, keine andre Genugthuung. Kein Fegefeuer weder: in der Gegenwart noch in der Zukunft vermag die Sünde hinwegzunehmen. Kei- ne Schmerzen der Hölle sind als Heilmittel möglich, ob man dies auch wähnt: weder Verlauf der Jahre, noch Bitterkeit der Reue kann die Sünde wegnehmen: Jesus nimmt die Sünde der Welt hinweg, und außer ihm ist kein andrer.

Merkt euch, «ernininit die Sünde der Welt hinweg:» jede Art Sünde, die je in der Welt gethan ward, von allen Arten Menschen, von allen aeen, an allen Orten. Er tilgt Sünden von langer Dau- er, von erschlverender Strafbarkeit oder schreiender Greuelhaftigkeit: jede Sünde, die innerhalb der Grenzen der Welt einbegriffen werden kann, nimmt Christus hinweg. O bußfertiger Sünder, ob deiner Sünden auch so viele wären wie der Haare auf deinem Haupt und jede so Schwarz wie die Mitternacht des Tophet, dennoch nimmt Christus jede Sünde hinweg. Wenn du auch Gott geflucht und deine Mit menschen erschlagen hättest, kornmt doch solche Sünde wie diese inner- halb des Bereiches von der Welt Sünde. «Eben wie ein andrer Spruch sagt:» Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben; «so ist auch dieser Spruch zu verstehen! Jesus nimmt die Sünde der Welt so hinweg, daß alle, die an ihn glauben, nicht länger der Sünde schuldig sein sollen, sondern begnadigt und vor Gott gerechtfertigt sind. Hörst du dies? Es ist nichts in diesem Spruch, was irgend einen Menschen von der Gnade ausschließt. Siehe, ich setze vor euch eine offene Thür. Es ist alles in meinem Text, was jeden von euch, der sich der Schuld bewußt ist, bewegen kann, zu dem Herrn Jesus zu kommen und ihn als Stellvertreter und Opfer anzunehmen.

Christus wird keines Menschen Sünde wegnehmen, der nicht an ihn glaubt. Christus hat so die Sünde hinweggenommen, daß jeder, der an ihn glaubt, leben soll. Wenn du jetzt kommen willst und deine Hand auf dieses göttliche Opfer legen, so wirst du es allgenugsam finden, was auch die Beschaffenheit deiner Schuld sein mag. O herrliches Evangelium! Wie süß, es zu predigen!

Ich,bin fertig, wenn ich noch dies gesagt habe. Johannes der Täufer scheint mir seine Seele erleichtert zu haben durch das Aussprechen dieser Worte. Er war ganz müde gemacht durch die Schriftgelehrten uns Pharisäer, Doktoren und Zweifler, die um ihn herum gekämpft hatten. Er hatte sich verteidigen intressen und war von unzähligen Fragen geguält worden. Erst der eine und dann der andere; diese Frage und jene Frage; und nun endet Johannes den Wortkampf, indem er auf einen zeigt, dessen Gegenwart seinem Herzen Freude war. Dort steht der Heiland, und Johannes hält mit Erörterungen inne rind ruft:» Dort ist er!’Siehe das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde trägt. «Es ist fi r mich eine hohe Freude, mich von denen abzuwenden, die das ewige Evangelium verdunkeln, aus der Mitte des Streites herauszutreten und euch frohlockend zuzurufen – Jesus ist der Sohn Gottes; er ist das Opfer für die Sünde, er nimmt sie hinlveg.

Glaubet an ihn und lebet. Es ist mehr Freude in einer Predigt, als in Jahren der Disputation. O, daß jeder in dieser Versammlung an Jesum glauben machte und leben! Was für eine Erguicknng ist es für des Predigers Gemüt, endlich zu seiner Botschaft zu kommen, weg von den Winkelzügen derer, die einfache Wahrheit verwirren, zu Sachen, die wirklich mit dem ewigen Heil zu thun

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haben. Laßt jene in Frage stellen und mit Sorten spielen – das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.

Mit welcher Gewißheit spricht der Täufer! Keinen Augenblick schlvankt er oder spricht mit vorsichtiger Zurückhaltung. K’eine Debatte stört die Grundlage seines Vertrauens. Vor seinen Augen sieht er klar den Sündenträger, und er heißt andere ihn sehen, wie er ihn sieht. Für ihn bleibt kein Zweifel, denn er hatte den Himmel über dem Haupte Jesu sieh aufthun sehen, und hatte die Stimme Gottes gehört, die sprach:» Dies ist mein lieber Sohn. «Liebe Freunde, die Kennzeichen, die beweisen, daß unser Herr Jesus das stellvertretende Opfer für die Sünde ist, sind mir so klar, wie sie je Johannes dem Täufer waren. Ich spreche entschieden, weil ich mehr als gewiß bin, daß mein.Herr das große Opfer für die Sünde ist. Ich könnte an dieser Lehre nicht zweifeln, auch wenn ich versuchte, es zu thun. Meine Hoffnung, meine Freude, mein ganzes Sein dreht sich um meines Herrn Stellvertretung. Diese Wahrheit ist in den Einschlag und in die Scheerung meines Wesens eingewoben. Jesus litt an meiner Statt. Einer der Führer in der religiösen Welt sagt uns, daß wir noch nicht zu einer befriedigenden Theorie über die Versöhnung gelangt sind. Möge er für sich selber sprechen. Tausende von uns wissen, was wir glauben und wissen, was Jesus für uns that. Wo hat der Mann gelebt? Was für Trost ist im Leben und im Tode für einen, der nicht klar diese erste der Wahrheiten sehen kann? Ich danke Gott, daß ich eine Definition der Versöhnung habe, die mir sehr klar, gewiß und voller Trost ist. Hier ist sie -» Er hat unsere Sünden selbst geopfert an seinem Leibe auf dem Holz. «Darauf kann ich leben und darauf kann ich sterben. Ich bin des stets wiederholten Geschwätzes über eine» Theorie der Versöhnung überdrüssig bis zum Tode; zum Tode; ich habe keine Theorie, denn ich glaube an die Versöhnung selbst. Gott erhalte uns fest in dein Glauben, der einst den Heiligen überliefert ist, so werden wir reichlich Trost haben.

Und doch, noch eins, es scheint eine tiefe Angst des Johannes in den Worten meines Textes zu liegen. Er sagt: «Siehe das Lamm Gottes.» Und er thut dies um derer willen, die um ihn her sind.

Wir wünschen nicht, daß andre mut uns glauben, weil wir sie nötig haben, um wns zu unterstützen.

Johannes war nicht ein Mann aus braunem Papier geschnitten, in derselben Form wie tausend andre, sondern er war ein eigenartiges, in sich abgeschlossenes Individuum. Er wußte das Lamm Gottes für sich selber zu sehen, ob andere Leute es sahen oder nicht. enn ich euch die Lehre von dem stellvertretenden Opfer redige, S ist das nicht, weil ich unfähig bin, allein diese Wahrheit zu glauben. Schon lange habe ich aufgehört, Köpfe zu zählen. Die Wahrheit ist gewöhnlich in der:

Minorität in dieser bösen Welt. Ich habe für mich selbst Glauben an den Herrn Jesum, einen Glauben, der wie wirt einem heißen Eisen in mich hineingebrannt ist. Ich danke Gott, was ich glaube, werde ich glauben, selbst wenn ich allein es glaubte. Wenn ich der Letzte bin, der sich der Stellvertretung des Herrn Jesu rühmt, so will ich mich für geehrt halten, sein Kreuz allein zu tragen. Aber es ist große Liebe für seinen Nebenmenschen in dem Herzen eines jeden, der den Herrn Jesum gesehen hat, wie er die Sünde trägt. Diese große That der Liebe läßt den, der sie anschaut, wünschen, daß alle Menschen sie anblicken und leben möchten. Warst du jemals halb verhungert und fandest dann Brot? Dann weiß ich, du hattest Mitleid mit deinem hungernden Bruder. unser: Instinkt sogar treibt uns, das Gute zu verbreiten, was wir empfangen haben.

elbst Hunde thun das. Einem armen Hunde wurde sein Bein im Hospital geheilt, und nicht viele Wochen später brachte er einen andern lahmen Hund zu demselben Hause der Barmherzigkeit.

Auch wir wünschen, Menschen zu Christo kommen zu sehen, weil unsre zerbrochenen Herzen durch seine sanfte Hand geheilt worden sind. Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. Brüder, ich war nahe daran, unter deut Bewußtsein der Sünde umzukommen; ich war fast verdammt;; ich fühlte den Zorn Gottes in meiner Seele wogen und wallen wie ein Meer von Feuer, ich fand keine Erleichterung, keinen Trost. Selbst das Wort Gottes eruiutigte mich nicht. Man sagte mir vom Glauben an Jesum; aber bis ich lernte, daß Jesus das große, von Gott verordnete Opfer für die Sünde sei, sah ich nichts in ihm, das mich ermutigen konnte. Als ich gelernt hatte, daß er die Strafe getragen und der Gerechtigkeit Genüge geleistet, da fand ich das glorreiche Geheinmis, und meine

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Seele hatte Ruhe. Das Gewissen wirft uns wie ein Spiegel die Thatsachen zurück, so wie Gott sie sieht. Gott macht, daß ein erwecktes Gewissen das verlangt, was seine Gerechtigkeit verlangt.

Die Forderung des Gewissens ist das Echo der Forderung der göttlichen Regierung. Das Gewissen fordert Sühne, weil die Notwendigkeit der Sache und die Natur Gottes sie fordern.?bis ich lernte, daß eine solche Sühne bereitet war, o, da empfand ich die süßeste Ruhe! Ich wünschte, ihr alle thätet das. Ihr, die ihr kein Sühnopfer geltend zu rnachen habt, wie könnt ihr das Gewicht eurer Sünden tragen? Was wollt ihr mit ihnen thun, wenn der Todesschweiß alls eurer Stirn steht? Ihr, für die, eurem eignen Glaubensbekenntnis zufolge, keine Schuld bezahlt, keine Strafe getragen ist, wie wollt ihr euch vor der Gerechtigkeit verantworten an ihrem großen und schrecklichen Tage?

Gläubige blicken auf Jesum als den, der alle ihre Schuld bezahlt hat und sie fürchten sich nicht vor dem Rechnungstage.. Aber wohin wollt ihr blicken? O, was wollt ihr thun? Bleibt nicht ohne Glauben an den, der an des Sünders Stelle stand. Sein Werk ist grade das, dessen eure Seele bedarf, um Frieden zu finden. Die Genugthuung Jesu wird eurer Seele Genugthuung geben, und nichts andres sonst. Das Gewissen schreit wie der Roßigel: Gieb, gieb, «und sein Sehnen wird nie aufhören, bis es Christum findet, dessen Eine, volle Genugthuung es auf ewig zufriedenstellen wird.

» Siehe das Lamm Gottes. «Ich werde euch allen am Tage des Gerichts gegenüberstehen, und ich zittre nicht davor, es zu thun, denn ich habe euch die ganze Wahrheit gesagt, soweit ich sie kenne. Wenn ihr das Opfer für die Sünde verwerft, so kann ich es nicht ändern! Aber ich bitte euch, nehmt es an und findet, daß das Lamm Gottes eure Sünde hinweggenommen hat. Gehet hin in Frieden. Der Herr gehe mit euch. Amen.

Vor der Predigt verlesen: 2. Mose 29,38-46, Jesaja 53, Johannes 1,19-51.

Predigt von C.H.Spurgeon Siehe, das ist Gottes Lamm 16. Oktober 1887

Aus Das stellvertretende Opfer Christi

Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukrichen

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