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Danksagung. Einleitung

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Academic year: 2022

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Komm,

wir retten uns!

Handlungswissen kompakt zusammengefasst

Patrick Oppliger

(2)

«Der Papalagi [=Europäer] lebt so, wie wenn die Palme ihre Blätter und Früchte festhalten wollte:

«Es sind meine! Ihr dürft sie nicht haben und nichts davon essen!»

Wie sollte die Palme neue Früchte tragen können?

Die Palme hat viel mehr Weisheit als ein Papalagi.»

Erich Scheurmann: Der Papalagi. Die Reden des Südsee-Häuptlings Tuiavii aus Tiavea

Inhalt

Danksagung ...2

Einleitung ...3

Der Weg zur Nachhaltigkeit ...5

Nachhaltigkeit ...6

Suffizienz ...12

Handlungsfelder ...17

Nahrungsmittel und Konsum ...19

Verkehr und Mobilität ...21

Wohnen und Energie ...23

Glossar ...26

Bildnachweis ...34

Endnoten...35

www.kommwirrettenuns.ch, info@kommwirrettenuns.ch Druckversion: gedruckt auf Recyclingpapier FSC-zertifiziert

Pro Druckausgabe wird ein Baum via Plant for the Planet (www.plant-for-the-planet.org) gepflanzt. Der Preis für die Druckversion ist kostendeckend, alle allfälligen Überschüsse werden an Plant for the Planet gespendet. Weiteres unter www.kommwirrettenuns.ch.

© Copyright 2019, Patrick Oppliger / Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), er- arbeitet im Rahmen der Master Thesis im Umwelttechnik und -management an der FHNW.

Die Inhalte der Broschüre stehen unter der Creative Commons 4.0 Lizenz (CC BY-NC-SA 4.0 DE). Du darfst es unter Nennung der Originalquelle vervielfältigen und nicht-kommerziell weiterverbreiten. Das Copyright der Fotos und Darstellungen nicht eige- ner Quelle liegen bei den jeweiligen Personen/Organisation. Für die Verwendung dessen sind die jeweiligen Personen, Institutionen oder Organisationen anzufragen!

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Einleitung

Der Planet Erde ist endlich und somit sind auch alle verfügbaren Ressourcen nur in be- grenzter Menge vorhanden. Dies führt unweigerlich dazu, dass wir bestimmten planetari- schen Grenzen folgen müssen, um langfristig unsere Bedürfnisse bedienen zu können. Über 7,7 Milliarden Menschen leben auf der Welt1 und einige der planetaren Belastungsgrenzen sind bereits überschritten.2 Bereits heue sind massive globale Auswirkungen spürbar. Im Sinne der Schadensbegrenzung und um die Zukunft unserer Spezies gewährleisten zu kön- nen, sind wir dringendst zum Handeln aufgefordert. Wie hoch der angerichtete Schaden effektiv ist, wird sich erst im Verlaufe dieses Jahrhunderts und den folgenden Jahrhunderten zeigen. Dabei sind in erster Linie wir in den westlichen Ländern aufgefordert, denn «Wohl- stand ist der grösste Verschmutzer». Dieser geht Hand in Hand mit höheren Treibhaus- gasemissionen, grösserem Ressourcenverbrauch sowie intensiveren Landnutzung einher, welcher den Boden zerstört und die Biodiversität reduziert.3 Die aktuelle Entwicklung ist trotz dieses Wissens alles andere als positiv. In den vergangenen Jahren haben westliche Län- der fortwährend die Umweltschäden des ausufernden Konsumverhaltens in andere Länder verlagert, die globalen CO2-Emissionen stiegen auch 2018 ungebremst.4 Die Fortschritte im Inland wurden somit mit steigender Belastung im Ausland überkompensiert, besonders im Globalen Süden. Fast drei Viertel der Umweltbelastungen haben wir SchweizerInnen dadurch bereits in ferne Länder ausgelagert.5 So erzeugt zum Beispiel eine Person in der Schweiz jährlich einen Rohstofffluss von 17 Tonnen im In- und Ausland (auch Materi- al-Fussabdruck genannt). Eine unglaubliche Materialmenge wird abgebaut, verarbeitet und transportiert, um unseren aktuellen Lebensstil zu ermöglichen. Dies sind drei Tonnen mehr als der Durchschnitt der EU-Länder6 und gar um über 13 Tonnen mehr als in Indien7. Glo- bal lebt die Menschheit seit 1970 auf Pump8, wir nagen seitdem an den Reserven der Welt und je länger wir so weiterfahren, desto grösser werden die gezwungenen Einschränkungen später ausfallen.

Die Wirkung, welche wir als Schweiz erzielen können, wird dabei massiv unterschätzt.

Die Grossbanken, Versicherungen sowie Grosskonzerne der Schweiz sind massgeblich am globalen Finanzmarkt bzw. Wirtschaftsmarkt beteiligt9,10 und die Schweiz ist zudem der wichtigste Rohstoffhandelsplatz der Welt.11 Wir führen Hochschulen, welche international zu den Besten zählen12 und sehr wichtige internationale Organisationen haben ihren Haupt- sitz in der Schweiz (ILO, UNHCR, WHO, WMO, UNECE, UNCTAD, IPCC und viele mehr13).

Eine andere Welt ist möglich und es liegt in unseren Händen, ob wir diese Chance packen wollen.

«Gerechte Teilhabe der Umwelt für alle Menschen auf der Welt – ob arm oder reich, ob heute oder morgen, ob hier oder sonst wo!»

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Erarbeitung dieser Broschüre, bzw. der dahinterstehenden Master Thesis in Umwelttechnik und -management an der FHNW, unterstützt und motiviert haben.

Zuerst möchte ich den Begleitdozenten Dr. Fredy Dinkel sowie den Experten Prof. Dr.

Christoph Hugi erwähnen, welche meine Master Thesis betreut und begutachtet haben.

Für die hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik bei der Erstellung dieser Arbeit danke ich herzlich.

Ebenfalls möchte ich mich bei meiner Lebenspartnerin Rebecca, meiner Familie und meinen Verwandten, meinen Kolleginnen und Kollegen bedanken, die mich bei dieser Ar- beit mit viel Geduld, Interesse und Hilfsbereitschaft unterstützten. Erst durch das Korrek- turlesen, den kritischen Inputs und Anmerkungen wurde diese Broschüre ermöglicht.

Ein besonderer Dank gilt auch allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner On- line-Umfrage, welche auf diese Weise einen wichtigen Beitrag für die Erarbeitung der Bro- schüre geleistet haben.

(4)

Wir haben einen genug hohen Wohlstand, ausreichende finanzielle Ressourcen, gutes Knowhow sowie eine starke Forschung, um heute diesen Wandel anzugehen. Besonders wichtig ist auch die Unterstützung unsererseits den Globalen Süden bei der Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Da sich diese aufstrebenden Länder an unserem Lebens- stil orientieren, sollten wir vorleben, dass Wohlstand und Glück nicht mit hoher Umwelt- belastung einhergehen muss.

Jedem Menschen, ob heute oder in den Folgegenerationen (intergenerationelle Gerech- tigkeit), ob hier in der Schweiz, in Äthiopien, in Bhutan oder sonst wo (intragenerationelle Gerechtigkeit), soll ein gleicher Anteil an den Umweltleistungen zustehen. Dies geht aber nur, wenn alle ihren eigenen Lebensstil nachhaltig gestalten. Dabei ist Verzicht nicht not- wendig, sondern ein suffizientes Leben nach eigenen Prioritäten, welches den eigenen ge- rechten Anteil der zustehenden Umweltbelastung nicht überschreitet. Aktuell überschrei- ten wir in der Schweiz die Grenze des sicheren Handlungsraums um den Faktor 3, unter Berücksichtiung des Bevölkerungswachstums bis 2030 gar um Faktor 3,4.14 Wenn jemand dennoch beim Konsum von Fleisch oder Fisch nicht kürzertreten mag, so soll nun denn auf das Fliegen verzichtet werden - brauch jemand die tägliche Ausfahrt mit dem Porsche, so wird diese Person nur noch selten tierische Produkte geniessen.

Diese Broschüre ist ein Auszug aus dem Umweltbüchlein «Komm, wir retten die Welt!

Umwelt- und Handlungswissen kompakt zusammengefasst», welches zusätzlich die grund- legenden Umweltleistungen und dessen Zustände sowie die relevantesten Eingriffe des Menschen auf die Umwelt thematisiert. Alle Themen stehen im Zusammenhang mit dem persönlichen Konsumverhalten und wie dieses optimiert werden kann.

Textgestaltung und Verweise

Im Glossar werden weitere Abkürzungen und Begriffe erklärt, welche jeweils unterstri- chen vorzufinden sind. Das Bildverzeichnis sowie die Quellen, auf welche mit Hochzahlen verwiesen werden, sind am Ende der Broschüre vorzufinden.

Der Weg zur Nachhaltigkeit

«Der Erde ist es dennoch egal, denn die Natur findet ihren Weg. Es ist ein langsamer Prozess, aber über die Jahrhunderte und Jahrtausende werden sich die Pflanzen und Tiere anpassen. Wer es nicht schafft, sich an übersäuerte Boden, verschmutztes Wasser und extreme Klimata anzupassen, stirbt aus. Der Planet wird sich dennoch weiter drehen. Er hat kein Umweltproblem, der Mensch hat es. Und der Mensch muss sich ändern oder

er wird geändert werden.»

vrgl. Leena Volland, Redakteurin und Kommunikationswissenschaftlerin

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Postwachstumsökonomie

Die Postwachstumsökonomie bezeichnet den notwenigen Weg für eine nachhaltige Zu- kunft, wie sich die Wirtschaft vom stetem Wachstumsdrang loslösen kann. Es gibt kein natürliches Ökosystem, in welchem ein ewiges Wachstum herrscht, sondern es existiert ein dynamisches Gleichgewicht. Aus diesem Grund sind die natürlichen Ökosysteme auch sehr stabil, sofern kein abruptes Ereignis oder ein menschlicher Eingriff dieses stört. Die Post- wachstumsökonomie nimmt die natürlichen Ökosysteme als Vorbild und strebt eine globale Gesellschaft im Gleichgewicht ohne aufgezwungenes Wachstum an. Es basiert zum einen auf lokaler und regionaler Produktion, anstelle der Marktwirtschaft im Sinne der Globali- sierung. Nur Dinge, welche vor Ort nicht oder nicht im gewünschten Masse erzeugt werden können, sollen importiert werden. Zum anderen bilden Selbstversorgung und Subsistenz zentrale Punkte der Postwachstumsökonomie. Die Subsistenz bestrebt die Selbstabdeckung der Grundbedürfnisse zur Sicherung der Existenzgrundlage und Lebensunterhalt (Nah- rung, Kleidung, Wohninfrastruktur, Fürsorge und Geselligkeit) durch die genannte lokale und regionale Produktion sowie durch lokale Gemeinschaften. Durch diese Bestrebungen können Abhängigkeiten von Fremdversorgungssystemen minimiert werden, die Auslage- rung der Umweltbelastung in ferne Länder werden reduziert und unterbunden.

«Alle Praktiken, welche dazu verhelfen, materiell über seine Verhältnisse zu leben, schmälern auf einem endlichen Planeten die Möglichkeiten anderswo oder in der Zukunft lebender Menschen.»

Niko Paech: Befreiung vom Überfluss

Nachhaltigkeit

Die Nachhaltigkeit setzt sich zum Ziel, ein Gleichgewicht zwischen Ressourcennutzung und deren natürliche Regeneration anzustreben. Auf diese Weise soll ein System möglichst stabil erhalten werden, um dessen Funktion auch zukünftig und langfristig zu gewährleisten.

Der Brundtland-Bericht, welcher 1987 durch die Weltkommission für Umwelt und Ent- wicklung der Vereinten Nationen (UN) veröffentlicht wurde, definierte die nachhaltige Ent- wicklung wie gefolgt:

Die Menschheit hat die Möglichkeit ihre Entwicklung nachhaltig zu gestalten, um die Bedürfnisse der aktuellen Generation zu decken, ohne die Gefährdung der Bedürfnisse der kommenden Generationen.

(«Humanity has the ability to make development sustainable to ensure that it meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.»)15

Letztendlich ist die nachhaltige Entwicklung kein fester Zustand, sondern ein Prozess, in welchem die Nutzung von Ressourcen, das Ziel von Investitionen, die technologische Entwicklung und der

institutionelle Wandel in harmonischer Übereinstimmung mit den zukünftigen und gegenwärtigen Bedürfnissen geschehen.

(«Yet in the end, sustainable development is not a fixed state of harmony, but rather a process of change in which the exploitation of resources, the direction of investments, the orientation of technological development, and institutional change are made consistent with

future as well as present needs.»)16

In den vergangenen 30 Jahren sind trotz des Brundtland-Berichts noch nicht die ent- scheidenden Schritte für eine nachhaltige Entwicklung eingeleitet worden.

Die Nachhaltigkeit kann durch zwei verschiedene Modelle dargestellt werden: Dem Drei-Säulen-Modell oder dem Vorrangmodell der Nachhaltigkeit (siehe Abbildung rechts).

Beide basieren auf den drei Bereichen Ökologie (Umwelt), Ökonomie (Wirtschaft) und Soziales (Gesellschaft).

• Die ökologische Nachhaltigkeit verlangt eine Lebensweise, welche die natürlichen Ressourcen nur in dem Masse beansprucht, wie sich diese regenerieren kann.

• Die ökonomische Nachhaltigkeit beruht auf einer Wirtschaft, welche dauerhaft ohne Schäden an Mensch und Natur verfolgt werden kann.

• Die soziale Nachhaltigkeit verfolgt eine Gesellschaft, welche soziale Spannungen frühzeitig beseitigt und dadurch Konflikte verhindert und dessen Lösung auf friedlichem Wege sucht.

Bei den Produkten wird des Öfteren der Begriff der Nachhaltigkeit für die Beschrei- bung eines bestimmten Aspektes oder einer bestimmten Eigenschaft dieses Gutes genutzt.

Druckerpapier wird z.B. als nachhaltig beschrieben, wenn dieses aus FSC-Holz produziert wurde, ein elektrisches Gerät bei geringem Energiebedarf und Lebensmittel, wenn es Max Havelaar und/oder Bio zertifiziert ist. Nachhaltigkeit wird daher stets häufiger als verkaufs- förderndes Argument genutzt. Bei Gegenständen sowie Geräten ist die effektive Nachhal- tigkeit oft schwierig für die einkaufende Person überprüfbar.

Wirtschaft Ökologie

Soziales

Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit Vorrangmodell der Nachhaltigkeit

Jeder Bereich wird als gleich wichtig und gleichberechtigt angesehen Aussage: Nachhaltigkeit kann nur bei

gleichwertiger Rücksichtnahme auf alle drei Bereiche erreicht werden.

Einzelne Bereiche werden in ihrer Beziehung und Abhängigkeit zueinander gesehen.

Aussage: Keine Wirtschaft ohne eine Gesellschaft, keine Gesellschaft ohne Ökologie

Soziales

Ökologie Wirtschaft

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Effizienz

Die Steigerung der Effizienz ermöglicht aus einem geringeren Einsatz von Energie und/

oder Ressourcen das gleiche Ergebnis (Ware oder Dienstleistung) zu erzeugen und betreiben.

Die Effizienz kann somit in Bezug auf den Materialbedarf und des Energieaufwandes für die Produktion, den Betrieb und des Recyclingsprozess, also über den gesamten Produktle- benszyklus optimiert werden. So benötigt zum Beispiel ein moderner LED-Bildschirm viel weniger Energie als ein altmodischer Röhrenbildschirm. Maschinen neuster Technologie sind fähig, mehr Teile in derselben Zeit zu produzieren. Der persönliche sparsamere Um- gang mit Ressourcen, wie zum Beispiel bei der Lebensmittelverschwendung (Food Waste) bildet aber auch ein guter direkter Hebel in Puncto Effizienz für jede Person. Dennoch können wir den Stromverbrauch einer Waschmaschine nicht wirklich beeinflussen (nebst gegebenen Waschprogrammen), nur die Waschtrommel optimal auszunutzen und dadurch die Anzahl Waschgänge auf ein Minimum zu reduzieren ist möglich. Die Steigerung der Effizienz ist wichtig, um den Energiebedarf zu reduzieren und eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen. Die höhere Effizienz wird zwar den Bedarf an den limitierten Ressourcen reduzieren können, letztendlich werden diese noch immer benötigt, die Knappheit tritt dann lediglich später auf. Die Problematik der endlichen Ressourcen ist somit nicht vollends auf diese Weise lösbar.

Wenn ich beim Gemüsekauf auf dem Markt gar den Landwirt selbst sehe, so bin ich auch eher bereit, das zu bezahlen, was ihm ein Leben in Würde ermöglicht. Diese persön- liche Beziehung intensiviert sich, wenn ich beim Bauernhof von ihm vorbei gehe und sehe, was ich mitfinanziere. In einer durchgängig globalisierten Marktwirtschaft sind die Produk- tionsumstände fern, die entstehenden Schäden durch eine intensive Landwirtschaft und die sozialen Folgen schlechter Entlöhnung nicht sichtbar. Die lokale sowie regionale Produk- tion ermöglicht somit eine Identifikation mit dem entstehenden Mehrwert der Investition durch den Kauf dieser Produkte.

Durch die geographische Annäherung von Konsumenten und Produzenten steigert sich den direkten Bezug und automatisch auch das Interesse einer fairen sowie nachhaltigen Herstellung. Die Produktionskette ist nun überschaubarer, meist sind die Auswirkungen gar sichtbar. Der Geldfluss zirkuliert lokal und generiert dadurch den Mehrwert direkt vor Ort. Weite Transportwege und hohe Logistikaufwände entfielen. Handwerkliche Berufe, welche auch durch die Auslagerung der Produktion vom Aussterben bedroht sind, könnten reaktiviert werden. Warum nicht die Schuhe durch den Schuhmacher um die Ecke, den ich kenne, neu besohlen? Oder das Sofa beim Polsterer im Nachbardorf frisch beziehen lassen?

Die Postwachstumsökonomie hinterfragt auch die durchgängige Automatisierung und Digitalisierung aller Arbeitsschritte. Warum sollten wir handwerkliche Tätigkeiten, welche wir gerne ausüben, durch Maschinen ersetzen? Aktuell müssen Angestellte handwerklicher Branchen durch die zunehmende Digitalisierung um Ihre Stelle bangen. Der Mensch schafft sich zurzeit mit dem Ziel der ewigen Produktionssteigerung schrittweise selbst ab. Die Post- wachstumsökonomie sieht daher auch ein Wandel in der Arbeitswelt vor. Die Entschleuni- gung der Gesellschaft und mehr Zeit für gemeinschaftliche Tätigkeiten sind notwendig. Es gibt zurzeit verschiedene Initiativen und Bestrebungen, welche eine Postwachstumsökono- mie anstreben wie zum Beispiel die Gemeinwohl-Ökonomie.

Nachhaltigkeitsprinzipien

Um die Entwicklung zu einer nachhaltigen Zukunft ganzheitlich anpacken zu können, bilden die drei folgenden Prinzipien eine wichtige Grundlage.

«Wenn Roboter alles Notwendige erledigen, bleiben für die Menschen virtuelle Realitäten und Fastfood.

In diesem Schlaraffenland verblödet man»

Bettina Dyttrich, Autorin und Redaktorin der WOZ

«So regional wie möglich, so global wie nötig.»

Niko Paech: Befreiung vom Überfluss

Effizienz

Suffizienz

Konsistenz Nachhaltige

Zukunft

Suffizienz, Effizienz, Konsistenz - Die nachhaltige Zukunft

Prozessoptimierung

dezentrale Energieversorgung LED-Beleuchtung

Sparsame Geräte

Abwärmenutzung Gezieltes Lüften Tröpfchenbewässerung

Car-Sharing Gebäudeautomation

Genügsamkeit Geringer Fleischkonsum Nachhaltiges

Wirtschaftswachstum

Velo statt Auto

Ferien in der Schweiz geringere Heiztemperatur

Wiederverwendung

Regenwasser nutzen saisonaler und lokaler

Konsum

Recycling Plusenergiehaus

biologischabbaubare Materialien Biomasse nutzeun Dinge reparieren

Wasserkraft Windenergie Solarenergie

(7)

Konsistenz bzw. Kreislaufwirtschaft

Die Konsistenzverfolgt die Annäherung von Natur und Technik. Eine naturverträgliche Technologie ohne Übernutzung der begrenzten Ressourcen soll auch keine Abfälle mehr produzieren. Alles wird im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gewartet/repariert, wiederver- wendet oder aufbereitet bzw. rezykliert und als Rohstoff für weitere Nutzungen zurückge- führt. Alles zirkuliert nahezu ewig in diesem Kreislauf, biologische Komponenten können sich gegebenenfalls auf natürliche Weise selbst abbauen. Daher sollten biologische auch nicht mit technischen Materialien untrennbar vereint werden, da dies sortenreiner Rückbau zur optimalen Wiederverwendung erschwert oder gar verunmöglicht (siehe Abbildung links unten).

In natürlichen Ökosystemen werden Produkte und Nebenprodukte von Organismen durch andere Organismen wiederverwendet. Diese Vorgänge sollten wir für unsere Bedürfnisse versuchen abzuschauen. Dabei deutet alles darauf hin, dass eine ressourceneffiziente Pro- duktionsweise im Sinne der Kreislaufwirtschaft, mehr Arbeitsplätze bieten wird und nicht weniger, wie dies häufig eingebracht wird.17 Langfristig müssen wir eine Wirtschaft im Sin- ne der Konsistenz aufbauen, damit Ressourcenprobleme umgangen werden können. Doch führt auch eine Kreislaufwirtschaft bei steigender Nachfrage zu Umweltschäden, da dies dennoch zu einem Mehrbedarf an Ressourcen-Input führt und nicht durch die zurückflies- senden Rezyklate abgedeckt werden kann. Eine Kreislaufwirtschaft ohne jegliche Abfälle funktioniert aber nur in der Theorie, in der Realität ist die hundertprozentige Wiederver- wertung aller Materialien nicht praktikabel. Zudem benötigt auch das Recycling Energie und ist mit Umweltbelastungen verbunden. Die Konsistenz wird daher in einer wachstumsorien- tierten Wirtschaft die Ressourcenprobleme nur verschieben aber nicht beseitigen können.

Die Forschung und Entwicklung sind in diesem Bereich besonders gefordert, die Wirt- schaft und Politik bildet auch hierfür den wichtigsten Hebelpunkte. Die Einführung von Kreislaufsystemen kann nur schrittweise erfolgen und ist sehr anspruchsvoll. Ein solcher Wandel benötigt mehrere Jahrzehnte. Der persönliche Beitrag zur Kreislaufwirtschaft liegt besonders im korrekten Rezyklieren aller Materialien (Abfalltrennung) und dem Reparieren kaputter Dinge (Repair Café). Die Machbarkeit in diesen Punkten hängt aber vom Produk- tedesign ab. Sind die Geräte so konstruiert, dass diese nicht reparierbar sind oder ist die Materialdurchmischung unauftrennbar, wird eine Reparatur und ein effizientes Recycling verhindert. Wiederrum hat somit auch hier der Bürger oder die Bürgerin nur minimalen Einfluss.

Suffizienz bzw. Genügsamkeit

Genügsamkeit, sprich Suffizienz, bezeichnet ein nachhaltiges Konsumverhalten. Bewuss- ter Konsum, welcher stets die Notwendigkeit dessen hinterfragt und Alternativen prüft.

Wenn wir lediglich das konsumieren, was für ein gutes Leben genügt, kann der Ressourcen- bedarf deutlich gesenkt und zugleich die Gesundheit und Lebensqualität gesteigert wer- den.18,19 Die Frage ob wir unseren Lebensstil für eine nachhaltige Zukunft ändern müssen, steht ausser Frage. Das aktuelle Konsumverhalten der Schweizer Bevölkerung übersteigt

«Wir Menschen sind intelligent genug, und wenn wir schnell unsere Aktivitäten vervielfachen, können wir vielleicht den Lauf der Dinge positiv beeinflussen.»

Anthony Barnosky und Elizabeth Hadly: Tipping Point for Planet Earth: How Close Are We to the Edge?

Neue Technologien können aber auch einen Rebound-Effekt erzeugen, was die er- hoffte Einsparung wiederrum wettmachen kann. So mag zum Bespiel der Besitzt eines Elektroautos die Nutzung ansteigen, da das Fahren nun ja umweltschonend ist. Zu- dem besteht die Problematik, dass die alten ausgedienten Maschinen oder Geräte ent- sorgt werden müssen, was wiederrum eine Umweltbelastung darstellt. Oft führen neue Technologien auch zu einer Problemverschiebung. So konnte die Landwirtschaft mit Pestiziden zwar Schädlinge in Schacht halten, zumindest kurzfristig, jedoch wirken sich diese negativ auf den Boden, die Insekten und die menschliche Gesundheit aus.

Durch den Rebound-Effekt oder die Problemverlagerung kann somit ein noch kritischeres Szenario hervorgerufen werden, als ohne die neue Technologie.

Aus diesen Gründen haben neue Technologien immer auch negative Seiten und können alleinig keine nachhaltige Zukunft ermöglichen. Die Umsetzung der Effizienz ist besonders eine Frage der Technologie und Forschung, welche besonders durch Politik und Wirtschaft angespornt wird. Die Forschung, Entwicklung sowie Einführung neuer Technologien und der Abbau bisherigen Gerätschaften benötigt viele Jahre. Einzelne Personen haben nur ei- nen begrenzten Einfluss auf die Effizienz, da die Technologie (Effizienz der Waschmaschi- ne, des Autos, des Fernsehers etc.) meist selbst den Handlungsspielraum vorgibt.

2803 6 0006 9

anaerobe Gärung Biologischer

Materialkreislauf Technischer

Materialkreislauf

Minimieren von Leckagen und negativen externen Effekten

Benutzer Anbieter / Händler

sammeln Biosphere

Rohstoffe Erneuerbare

Energien

rezyklieren

warten / länger nutzen

teilen Landwirtschaft

Biogas

Regenerierung

Gewinnung von biochemischem Ausgangsmaterial

Kaskaden

sammeln Teilehersteller Produkthersteller

aufarbeiten / überholen wiederverwenden /

umverteilen

Benutzer

Prinzip der Kreislaufwirtschaft

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Faktoren die unser Konsumverhalten beeinflussen

Unser Konsumverhalten wird durch viele Faktoren beeinflusst. Das soziale Umfeld bzw.

die Gesellschaft gibt uns eine Verhaltensnorm (soziale Norm) vor, woran wir und bewusst oder auch unbewusst orientieren. Wir wollen schliesslich Teil des Ganzen oder einer be- stimmten Gruppe sein und uns akzeptiert fühlen. Sich dieser sozialen Norm entgegenzustel- len, um sich umweltfreundlicher zu verhalten, kostet viel Mut und Energie, doch bringt dies auch unsere Mitmenschen zum Nachdenken. Im sozialen Umfeld folgen womöglich bald ähnliche Verhaltensänderungen, welche sich durch die ganze Gesellschaft fortpflanzt. Eine einzige Person kann daher einen sehr grossen Einfluss auf die Umwelt ausüben, welcher weit über das persönliche Verhalten hinweg reicht.

Die entscheidenden persönlichen Normen zum Umweltverhalten sind Problemwissen, Verantwortungsgefühl und Selbstwirksamkeit. Bin ich mir bewusst, dass die Umwelt durch mein persönliches Verhalten bedroht wird? Wie kann ich Einfluss nehmen, um die Umwelt- belastung zu reduzieren und welche Bereiche sind dabei besonders relevant? Fühle ich mich mit meinem Konsum dafür mitverantwortlich oder schiebe ich die Verantwortung ab? Bin ich mir bewusst, dass ich selbst in Relation zu meinem ökologischen Fussabdruck sehr viel bewirken kann, besonders wenn ich die Menschen in meinem Umfeld auch dazu inspirieren kann? Wir sind alle verpflichtet, unseren Teil der Verantwortung zu übernehmen, um allen Menschen auf der Welt und den zukünftigen Generationen ein Leben mit Qualität zu er- möglichen.

Die Kosten und Nutzen des persönlichen Verhaltens wichtig, um sich für oder gegen eine (nachhaltige) Handlung zu entscheiden. Dabei ist dies nicht nur in finanzieller Sicht zu werten, sondern es sind auch die sogenannten Verhaltenskosten relevant. Wieviel Zeit und Energie muss ich für die Verhaltensänderung aufbringen (ist sie einfach umzusetzen)? Ist mir dieser Mehraufwand wert, wenn ich dafür mein Handeln mit meinen inneren Werten an- gleiche (z.B. mich möglichst umweltfreundlich zu Verhalten)? Was denkt mein persönliches Umfeld darüber und bin ich bereit diese womöglich skeptischen Blicke entgegen zu nehmen?

Diese eingehenden Faktoren bestimmen unser grundsätzliches (Umwelt-)Verhalten, wel- ches aber durch unsere Gewohnheiten und Emotionen noch entscheidend beeinflusst wird.

Gewohnheiten, welche auf etwa die Hälfte unserer Handlunge zutreffen21,sind fest veran- kerte Abläufe, welche wir mehrheitlich unbewusst verfolgen. Darum bildet die Überwindung von Gewohnheiten ein wichtiger Punkt für ein umweltfreundliches Handeln im Sinne der Suffizienz. Da diese aber keine überlegten Entscheidungen sind und meist unbewusst erfol- gen, ist für diese Verhaltensänderung etwas Energie notwendig. Unterstützend dafür sind achtsamkeitsfördernde Tätigkeiten sowie die Selbstreflexion. Emotionen können situativ stark variieren und unser Konsumverhalten kurzfristig sowie langfristig beeinflussen. Wir kaufen in der Hektik und Wut anders ein als wenn wir gelassen und glücklich sind. Somit fördern Entschleunigung und Bekämpfung von Stress nicht nur unsere Gesundheit, sondern entlastet unser Portemonnaie und unseren ökologischen Fussabdruck.

das nachhaltige Mass der Erde um ein Vielfaches (siehe unter ökologischer Fussabdruck).

Ein «Weiter wie Bisher» hätte in naher Zukunft einen Kollaps unseres Ökosystems zur Fol- ge, mit unberechenbaren Auswirkungen für die gesamte Menschheit.

Im Zentrum der Suffizienz steht keine Technologie oder Gerätschaft, sondern die Ver- haltensänderung. Verhaltensänderungen sind meist grundsätzlich von heute auf morgen machbar, doch stellen sich dabei verschiedene persönliche und soziale Hürden. Die Suf- fizienz bildet aber den Bereich, in welchem jede Person selbst unmittelbar den grössten Beitrag leisten kann. Aus diesem Grund werden folgend diese Thematik und die Faktoren, welche die Suffizienz beeinflussen, genauer betrachtet.

Suffizienz

Kompensieren durch Konsumieren

Wir konsumieren ständig, doch hat sich die Art des Konsums in den letzten Jahrzehn- ten sehr stark verändert. Der notwendige Konsum wie zum Beispiel Nahrung und Wär- me macht nur noch einen Bruchteil aus, der «Luxuskonsum» (nicht lebenswichtige Güter) dominiert. Ob es nun Bedürfnisse oder Begierden sind, können wir meist gar nicht mehr unterscheiden. Zudem sind wir dank technologischen Fortschritten fähig, mit einem Maus- klick grosse Energiemengen zu steuern oder Waren aus allen Regionen der Welt herzubeor- dern. Die Energieintensität und auch der Zweck des Konsums haben sich somit sehr stark gewandelt.

Der «homo consumens», der stets konsumierende Mensch, ist geboren. Dabei suchen wir mittlerweile das Glück im Konsum von Dingen. Verleitet werden wir einerseits durch die Werbung, welche die Unzufriedenheit mit dem aktuellen Lebensstand bzw. den Wunsch des Habens für alles mit wunderbaren Bildern und Sprüchen erwecken will. Wir sind versucht, unsere Freizeit mit ihnen aufzuwerten, schliesslich gilt es, möglichst viel aus ihr herausholen.

Dabei haben wir den Überblick über die durchschnittlich 10‘000 Dinge, die eine Person in der westlichen Welt besitzt, schon längst verloren.20

«Menschen brauchen keine riesigen Autos; sie brauchen Respekt. Sie brauchen keine überfüllten Kleiderschränke.

Sie müssen sich attraktiv fühlen und sie brauchen Vielfalt, Schönheit, etwas Spannung.

Menschen brauchen Identität, Gemeinschaft, Herausforderungen, Anerkennung, Liebe, Freude.

Dies alle mit materiellen Dingen zu erfüllen, führt zu unstillbarem Appetit auf falsche Lösungen für echte Probleme. Die psychische Leere ist eine der Triebkräfte für den Wunsch nach materiellem Wachstum.

Eine Gesellschaft, die ihre materiellen Bedürfnisse artikuliert, sucht und findet auch immaterielle Wege, diese zu befriedigen. Sie benötigt dann viel weniger Rohstoffe und Energie,

bäte dafür aber höhere menschliche Erfüllung.»

Donella Meadows, Umweltwissenschaftlerin, Mitautorin von «Die Grenzen des Wachstums» des Club of Rome

«Zu viele Leute geben Geld aus, das sie nicht verdient haben, um Dinge zu kaufen, die sie nicht wollen, um Leute zu beeindrucken, die sie nicht mögen.»

Will Rogers, Komiker, Schauspieler, Autor sowie Cowboy

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Da sich die Forschung im Bereich des Wohlbefindens noch in den Kinderschuhen steckt, ist die wissenschaftliche Basis zwar nicht immer klar gegeben bzw. schwierig zu ermitteln26, Erfahrungsberichte von Probandinnen und Probanden sind jedoch durchwegs positiv be- haftet. Besonders StudentInnen, ManagerInnen und Yogis praktizieren erfolgreich die Me- ditation zur Förderung der Achtsamkeit.27, 28, 29, 30,31 Die Schulung des Körpergefühls erleich- tert auch die Selbstreflexion und die Wahrnehmung von Gewohnheiten, denn Gedanken, Gefühle, Handlungsimpulse und Handlungen können bewusster wahrgenommen und hin- terfragt werden.32 Die Achtsamkeitsförderung unterstützt somit das suffiziente Verhalten, denn es schult die Unterscheidung der Bedürfnisse und Begierden.

Faktoren, welche die Suffizienz fördern können

Die für dieses Umweltbüchlein geführte Umfrage in der Schweiz mit 1‘016 Teilnehmer- Innen ergab, dass folgende Punkte sich positiv auf das nachhaltige Verhalten auswirken.

Viele davon fördern/begünstigen sich dabei gegenseitig.

Klare Auswirkungen auf das nachhaltige Verhalten:

• Gemeinnützige Organisationen unterstützen

• Meditative Freizeitaktivtäten ausüben

• Yoga praktizieren

• Allgemein mehr Wert auf Freizeitaktivitäten legen, welche wöchentlich ausgeübt werden

• Teilzeit arbeiten (80 Prozent oder weniger) oder sich Selbstständig machen

• Lesen

• Malen, zeichnen und basteln

• Entspannt bzw. weniger gestresst zu sein

Tendenziell fördernd in den meisten Bereiche des nachhaltigen Verhaltens:

• Glücklich sein

• Gärtnern

• In einer Beziehung leben

Dabei gibt es mehrere Überschneidungen mit den Punkten, welche suffizient lebende Menschen im Buch «Genug genügt. Mit Suffizienz zu einem guten Leben» von Marion Leng, Kirstin Schild und Heidi Hofmann schilderten.

«Weniger Konsum und Verbrauch von natürlichen Ressourcen heisst mehr Zufriedenheit im Leben.

Und für mehr Zufriedenheit braucht es mehr Zeit, Ruhe und Achtsamkeit.»

Marion Leng, Kirstin Schild und Heidi Hofmann: Genug genügt. Mit Suffizienz zu einem guten Leben

Der Konsum ist oberflächlich geworden, denn es ist gar nicht mehr möglich, alle Be- sitztümer regelmässig zu nutzen. Den Stress, welcher wir womöglich schon bei der Arbeit haben, pflanzt sich dadurch auch in der Freizeit fort und verhindert die ersehnte Glück- lichkeit. Wir kommen nicht mehr zur Ruhe und konsumieren weiter, weil wir hoffen, doch noch glücklich(er) zu werden. Dabei stressen wir uns mit der neuen Flut an Gegenständen noch mehr, da wir eigentlich gar nicht mehr wissen, was wir mit all diesen sollen. Die Kon- sum-Teufelsspirale ist geboren und wir finden nur schwer wieder hinaus. Der Mensch ist zudem die einzige Spezies auf der Erde, die Dinge zu produzieren vermag, welche eigentlich niemand begehrt.

Entrümpeln um Selbstbestimmung wiedererlangen

Der Abbau von den unzähligen Dingen, die wir besitzen, wird auch von suffizient leben- den Personen als befreiend und entlastend bezeichnet.22 Es sind weniger Gegenstände zu pflegen oder zu ersetzen, wenn diese kaputt gehen. Der Druck des Brauchens der Unmen- gen an Besitztümer lässt nach. Dabei gilt es sich zudem vom Drang Neues kaufen zu lösen.

Auch hier beschreiben viele Menschen als befreiend, nichts zu kaufen und zu brauchen, was einen lediglich belastet. Das Wiedererkennen von den eigenen effektiven Bedürfnissen nimmt ein zentraler Punkt der Suffizienz ein. Dadurch wird der bewusste Konsum, indivi- duell abgestimmt auf sich selbst, wieder möglich, was fördernd für die Lebensqualität und Zufriedenheit ist.23,24 Aber nicht nur der materielle Konsum sollte überdacht werden, son- dern auch die Freizeitaktivitäten. Sich mehr Zeit für die wichtigsten und liebsten Tätigkeiten zu nehmen, ermöglicht auch häufigere Fortschritte. Angestrebte Ziele werden eher erreicht, die Glücksmomente sowie die Motivation einem Hobby nachzugehen erhöhen sich.

Achtsamkeit – sich selbst wieder kennenlernen

Wieder mehr im Hier und Jetzt leben, sich auf etwas vertieft fokussieren und konzent- rieren, sein eigenes Inneres sowie die äussere Umgebung bewusster wahrnehmen zu kön- nen – all dies sind Punkte, welche durch ein achtsameres Leben gefördert werden sollen.

Besonders zur Stressbekämpfung kommen verschiedenste Übungsarten der Achtsamkeit zum Zuge (Meditation, MSBR, Yoga, autogenes Training usw.), wobei alle ähnliche Ziele zur Achtsamkeitsförderung verfolgen. Diese Übungen fördern gemäss unzähligen Studien die Wahrnehmung des eigenen Körpers, die Stressresistenz, die psychische und physische Widerstandsfähigkeit, die Konzentration, das Selbstbewusstsein, die Kreativität, das Ge- nussempfinden und weitere positive Eigenschaften. Die Achtsamkeit gilt daher als effektiver Weg zur Bekämpfung von Stress, Konzentrationsschwächen, Depressionen, Schlafstörun- gen, Burn-Out-Symptomen und weiteren Überlastungssymptomen.25

«Alexander erzählt von den Glücksgefühlen, die er empfindet, wenn er im Supermarkt vor einem Regal steht und realisiert, «ich brauche gar nichts davon».»

Marion Leng, Kirstin Schild und Heidi Hofmann: Genug genügt. Mit Suffizienz zu einem guten Leben

«Wir müssen den armen, verirrten Papalagi vom Wahn befreien, müssen im seine Zeit wiedergeben.

Wir müssen ihm seine kleine, runde Zeitmaschine zerschlagen und ihm verkünden, dass von Sonnenaufgang bis -untergang viel mehr Zeit da ist, als ein Mensch gebrauchen kann.»

Erich Scheurmann: Der Papalagi. Die Reden des Südsee-Häuptlings Tuiavii aus Tiavea

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Handlungsfelder

Wir überschreiten das nachhaltige Mass mit unserem Lebensstil massiv. Damit wir die natürliche Funktionalität möglichst im Gleichgewicht halten und die Regenerierbarkeit der Welt gewährleisten, müssen wir diesen zwangsläufig ändern. Die Tabelle unten stellt die Umweltbelastung des aktuellen Lebensstils dem nachhaltigen Ziel mit unterschiedlichen Bi- lanzierungsmethoden gegenüber. Unsere extravagante Konsumationsweise ist klar ersicht- lich.

CO2-eq34 UBP35 Ökologischer Fussabdruck36 Aktuelle Grösse 14 t CO2-eq pro

Jahr/Person 23,4 Mio. UBP pro

Jahr/Person 2,9 Erden

Nachhaltiges Mass 0,6 t CO2-eq pro

Jahr/Person 7,8 Mio. UBP pro

Jahr/Person 1 Erde

Überschreitung 23-fach 3-fach 2,9-fach

Als interessanter Vergleich um eine Vorstellung über die Umweltbelastung unseres Le- bensstils zu erlangen dient die CO2- bzw. Kohlenstoffentnahme von Bäumen aus der At- mosphäre. Ein Hektar gesunder mitteleuropäischer Wald, also ein Feld von 100 m x 100 m, kann jährlich rund 13 Tonnen CO2 aufnehmen und in Sauerstoff (O2) wandeln.37 Somit müsste jede Schweizerin und jeder Schweizer über eine Hektare Wald in unserer Region zur Verfügung haben, damit die durch den Konsum verursachten Treibhausgasemissionen kompensiert werden könnte.

Fragen, welche den nachhaltigen Konsum fördern

Folgende Fragen33 sollten vor dem Konsum gestellt werden, um zu verhindern, dass wir uns nicht weiterhin in der Konsum-Teufelsspirale bewegen:

• Brauche ich es wirklich oder will ich es nur haben (weil es andere haben)?

• Gefällt mir dieses Ding oder vielmehr die Strategie, mit der dafür geworben wird?

• Will ich es haben, damit ich fitter, klüger, entspannter oder einfach cooler werde?

Und wenn ja: Kann dieses Ding wirklich so ein Wunder vollbringen?

• Gibt es vielleicht einen anderen Weg, wie ich mein Ziel erreichen kann, ohne noch mehr Dinge anzuhäufen?

• Wie lange muss ich arbeiten, um mir dieses Teil leisten zu können? Was könnte ich sonst mit meiner Zeit anfangen, das mich mehr befriedigen würde?

• Besitze ich etwas, das ich durch diesen Gegenstand ersetzen möchte?

• Bin ich wirklich bereit, diesen Gegenstand abzustauben, zu reinigen, für seine Reparatur zu bezahlen oder ihn anderweitig zu pflegen?

• Falls ich durch den Kauf einen Gegenstand ersetze, den ich bereits habe, was stimmt dann mit dem Alten nicht?

• Falls ich dieses Ding wirklich brauche, gibt es dann irgendeine Möglichkeit, es auf einer Plattform im Internet zu finden (Occasion, Ausleihen) oder es von FreundInnen, NachbarInnen oder Verwandten zu leihen?

Mit Suffizienz zu mehr Lebensqualität

Generell lässt sich sagen, dass nachhaltiges Konsumverhalten und Genügsamkeit im Sin- ne der Suffizienz folgende Mehrwerte bringen können:

• spart oft Geld

• fördert die persönliche Gesundheit aber auch die der Mitmenschen

• steigert Freude und Lust auf bestimmte Ereignisse

• erhöht Wertschätzung für Dinge

• steigert Glücksempfinden einer Tätigkeit

• entschleunigt und reduziert den Stress

• spart häufig Zeit bzw. lässt die Zeit optimaler nutzen

• reduziert Umweltbelastungen nachhaltig

• ermöglicht tiefergehende soziale Beziehungen

(11)

Nahrungsmittel und Konsum

Handlungen

1 Statt wöchentlich 1,1 kg Fleisch/Fisch, eine Portion à 125 g essen.39 -1‘393’000 UBP 2 Nahrungsverschwendung beim Konsum vermeiden (ohne Lieferkette,

Verluste Produktion, Aussortierung etc.).40

Mit Resten kochen, Lebensmittel korrekt lagern, nicht zu viel einkaufen, Lebensmittel vor dem Food-Waste retten (z.B. www.grassrooted.ch, App TooGoodToGo).

-936’000 UBP

3 Statt täglich 3 Tassen Kaffee, eine Tasse alle 2 Tage trinken.41 -547’000 UBP 4 Statt wöchentlich 6,5 Gläser Wein und ein Liter Bier, 2 Gläser Wein à

1dl und 5 dl Bier trinken.42 -361’000 UBP

5 Statt wöchentlich 3,5 Joghurts, 410 g Käse und 11,4 dl Milch,

2 Joghurts, 70 g Käse und 5 dl Milch konsumieren.43 -340’000 UBP 6 Nur biologisch angebaute und fair gehandelte Lebensmittel einkaufen.44

Hilfreich ist dafür: www.labelinfo.ch -262’000 UBP

7 Nur halb so viele Kleidungsstücke kaufen. Statt 16 kg Kleidung noch 8 kg, statt 6 Paar Schuhe noch 3 pro Jahr. Sorge tragen und Kleidungs- stücke selbst flicken oder flicken lassen.45

-234’000 UBP 8 Den Kauf von elektronischen Geräten nach der Notwendigkeit hin-

terfragen, Geräte ausleihen (www.sharley.ch) oder beim Kauf Occasi- on-Geräte in Betracht ziehen. Defekte Geräte versuchen zu reparieren.46

Repair Cafés: www.repair-cafe.ch

-160’000 UBP

9 Möglichst nur noch saisonale und regionale Lebensmittel einkaufen.

Lebensmittel per Flugtransport und aus Gewächshäusern meiden.47 -131’000 UBP 10 Statt wöchentlich 2 Tafeln noch ½ Tafel Schokolade (50g)

konsumieren.48 -109’000 UBP

11 Statt Butter eine Alternative basierend auf pflanzlichen Fetten

(z.B. palmölfreie Margarine) wählen.49 -83’000 UBP

12 Statt wöchentlich 3,5 Eier höchstens 1,5 Eier

konsumieren.50 -80’000 UBP

Mit den folgend geschilderten einflussreichsten Handlungen (dargestellt als «Morgen»), welche auf Verhaltensänderungen basieren, lässt sich die persönliche Umweltbelastung (in UBP) bereits um rund 36 Prozent reduzieren (siehe Abbildung unten). Das nachhaltige Ziel für den sicheren Handlungsraum ist ganz unten dargestellt. Um dieses zu erreichen sind wir aber zusätzlich auf neue Technologien und Investitionen angewiesen.

Folgend werden jeweils für diese drei Hauptbereiche, Nahrungsmittel und Konsum, Ver- kehr und Mobilität sowie Wohnen und Energie, rund 10 Handlungen in dessen Effektivi- tät gelistet. Zudem werden weitere effiziente Tipps zur nachhaltigen Verhaltensänderung genannt. Alle Handlungen sind ohne oder mit sehr geringen Investitionen umsetzbar und bedeuten keinen Verzicht, sondern eine genügsame nachhaltige Lebensweise. Die Einspar- potentiale sind auf Basis des durchschnittlichen Konsums einer Person in der Schweiz er- mittelt worden, daher können diese individuell natürlich variieren38. Sie sollen aber aufzei- gen, worin die grössten Hebelpunkte der persönlichen Umweltentlastung bestehen.

Wichtig: Wenn Du etwas Umweltfreundliches tust, was nicht genannt wird, so heisst dies nicht, dass es nichts bringt - behalte diese Handlungen bei!

Einige Punkte verlangen zu Beginn viel Energie zur Anpassung. Hierbei sind Zwischen- ziele sehr hilfreich, um Schritt-für-Schritt Dein Verhalten in gewünschter Weise anzupassen.

Versuche aber auch nicht auf einmal möglichst viele Handlungsfelder anzugehen, sondern konzentriere Dich auf einige davon. Um die Motivation nicht von Beginn an zu verlieren, nehme Dir die Ziele zum Einstieg vor, welche für Dich am einfachsten sind und Dich am meisten zum Anpacken reizen. Eine Liste mit diesen ausgewählten Handlungen an der Kühlschranktür oder an einem anderen Ort wo Du täglich hinschaust, kann Dir Hilfe beim Erreichen Deiner Ziele leisten. Generell gilt es umweltbelastenden Konsum mit folgenden Prioritäten einzudämmen:

1) Vermeiden – Brauche ich es?

2) Vermindern – Geht auch weniger?

3) Alternativen prüfen – Geht es auch anders?

4) Kompensieren – Punkte 1 bis 3 nicht möglich, (z.B. www.myclimate.org) Muss als Ausnahme gelten, darf umweltbelastenden Konsum keines falls egalisieren!

Tausche das Wissen dieses Umweltbüchleins mit den Personen in Deinem Umfeld aus.

Versuche auch gemeinsam Ziele anzupacken, denn dies motiviert Dich zusätzlich.

Umweltbelastung pro Person, heute und zukünftig

- 36 % - 67 %

Heute Morgen Nachhaltiges

Ziel

0 UBP 5 Mio. UBP 10 Mio. UBP 15 Mio. UBP 20 Mio. UBP 25 Mio. UBP

Nahrungsmittel und Konsum Verkehr und Mobilität Wohnen und Energie

Umweltbelastung Nahrungsmittel und Konsum pro Person

- 43 % - 68 %

Heute Morgen Nachhaltiges

Ziel

0 UBP 2 Mio. UBP 4 Mio. UBP 6 Mio. UBP 8 Mio. UBP 12 Mio. UBP

Nahrungsmittel Bekleidung Gesundheit

10 Mio. UBP Dienstleistungen

(12)

Verkehr und Mobilität

Handlungen

1a Alljährliche Flugreisen meiden, innerhalb von 5 Jahren weniger als 10‘000 km fliegen (hin- und zurück). Auch Geschäftsreisen meiden, dafür Telefon-Konferenzen machen.51

-1‘102’000 UBP 1b Statt ins Ausland fliegen, Ferien in der Schweiz mit dem ÖV geniessen

(nicht im Einsparpotential oben berücksichtigt).52 -1‘156’000 UBP 2 Die Autofahrten in der Freizeit von aktuell 73 km auf unter 20 km pro

Woche reduzieren.53 -609‘000 UBP

3 Die Autofahrten zum Einkauf von aktuell 25 km pro Woche zukünftig zu 50 Prozent mit dem Bus und zu 50 Prozent mit Velo zurücklegen oder zu Fuss gehen.54

-239’000 UBP 4 Jährliche Restaurantbesuche und Hotelübernachtungen um 20 Prozent

reduzieren.55 -234‘000 UBP

Für ArbeitspendlerInnen (nicht im Einsparpotential oben berücksichtigt):

1 Arbeitswege ab 5 km mit dem Velo, E-Bike oder ÖV zurücklegen (ge-

rechnet mit dem aktuellen Durchschnitt von 25 km).56 -1‘987‘000 UBP 2 Fahrgemeinschaften zur Arbeit mit mindestens einer/einem Beifahr-

erIn machen. Aktuell fahren im Schnitt 1,1 Personen pro Auto zur Arbeit.57

Websites: www.idosh.me/, www.e-carpooling.ch, www.mitfahrangebot.ch, www.transpool.org, www.verkehrsclub.ch/vcs/auto/autoteilen/carpooling/

-812’000 UBP

3 Arbeitswege bis 5 km können gut zu Fuss, per Velo, oder E-Bike zu- rückgelegt werden (ein Drittel aller PendlerInnen nutzen dafür das Auto).58

-410’000 UBP

Tipps

• Vermögen und Vorsorgegelder bei nachhaltigen Banken anlegen.

(z.B.: Alternative Bank Schweiz www.abs.ch, Freie Gemeinschaftsbank www.gemeinschaftsbank.ch, Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken www.gls.de).

• Produkte mit Palmöl meiden.

• Abfall stets korrekt entsorgen (kein Littering betreiben) und immer korrekt sor- tiert dem Recycling zurückführen.

• Statt Mineralwasser in Flaschen nur noch Hahnenwasser konsumieren.

• Im Hofladen oder Wochenmarkt vor Ort Lebensmittel zu Fuss oder mit dem Fahrrad einkaufen gehen.

• Mehrwegpackungen bevorzugen und nicht schnell verderbliche Lebensmittel oder andere Produkte unverpackt einkaufen.

• Bei Neukauf von Notebooks, Computern, Druckern, Fernseher etc. nur die spar- samsten wählen (www.topten.ch), welche nicht überdimensioniert sind.

• Wenn möglich fair produzierte Produkte kaufen (www.faircustomer.ch).

Einfluss der Ernährungsstile

Die Ernährungsart hat einen sehr grossen Einfluss auf die persönliche Umweltbelastung.

Die Abbildung unten stellt die verschiedenen Haupternährungsstile in ihrer Nachhaltigkeit gegenüber.

FleischvernichterIn 8‘408‘500 UBP

+ 28 Prozent

Durchschnitt 6‘552‘000 UBP

Referenz

FlexitarierIn 5'354'600 UBP

- 18 Prozent

VegetarierIn 4'982'200 UBP

- 24 Prozent

VeganerIn 4'209'500 UBP

- 36 Prozent

Umweltbelastung Verkehr und Mobilität pro Person

- 51 % - 77 %

Heute Morgen Nachhaltiges

Ziel

0 UBP 1 Mio. UBP 2 Mio. UBP 3 Mio. UBP 4 Mio. UBP 6 Mio. UBP

Hotels und Restaurants Private Mobilität

5 Mio. UBP

(13)

Wohnen und Energie

Handlungen

1 Nur noch Ökostrom bzw. Strom von erneuerbaren Energiequellen be-

ziehen.59 -702‘000 UBP

2 Heiztemperatur auf die optimalen und empfohlenen Werte von max.

20°C im Wohnzimmer und 17 °C im Schlafzimmer einstellen.60 -134’000 UBP 3 Täglich im Schnitt eine statt zwei Stunden Fernsehen (am TV und Com-

puter), dafür mehr Bücher lesen, Gesellschaftsspiele machen, Spazieren gehen oder etwas anderes energieschonendes tun.61

-72’000 UBP

4 Durchgehend LED-Lampen einsetzen.62 -49’000 UBP

5 75 Prozent der Wäsche bei 30 °C, 25 Prozent bei 60 °C waschen.

Die Wäsche wenn möglich immer an der Luft trocknen lassen.63 -35’000 UBP 6 Den Warmwasser-Boiler auf 50 °C statt 55 °C einstellen.64 -33’000 UBP 7 Alle Geräte nach Gebrauch ausziehen oder mit Schalter, Schaltuhr oder

schaltbarer Steckerleiste ausschalten lassen, um den Standby-Verbrauch zu reduzieren.65

-31’000 UBP 8 Während der Nacht und bei Abwesenheit tagsüber die Raumtemperatur

um 1 °C bis 2 °C, bei längeren Abwesenheiten um 2 °C bis 3 °C absen- ken.66

-30’000 UBP 9 Kochen nur mit geschlossenem Deckel, Dampfkochtopf oder

optimalerweise mit Isolierpfanne.67 -30‘000 UBP

10 Bei der Duschbrause und den Wasserhähnen einen Durchflussreduzierer (Aquaclic) mit 5 l/min oder weniger montieren. Die WC-Spülung manu- ell oder mit der Spül-Stopp-Taste früher stoppen.68

-22‘000 UBP

Tipps

• Ökologisch fahren: niedertourig, kein abruptes Beschleunigen und Bremsen, Reifendruck stets prüfen, Klimaanlagen und Sitzheizungen ausschalten, voraus- schauendes Fahren, Motor bei längeren Standzeiten abschalten (Baustellenam- peln, Bahnschranken etc.).

• Dachlastenträger/Skihalter etc. stets demontieren, wenn diese nicht mehr benö- tigt werden.

• Wenn ein neues Auto gekauft und effektiv eines benötigt wird, ein leichtes sowie kompaktes wählen, welches sich für die übliche Anwendung eignet, sprich kein SUV oder leistungsstarken Sportwagen. Wenn möglich ein elektrisches Auto oder mindestens ein Hybrid-Fahrzeug kaufen. Hilfreich ist dafür www.topten.ch.

Beim Autokauf sich nicht auf seltene Bedürfnisse fixieren wie z.B. grosser Stau- raum für allfällige Reisen, Platz für Gruppenausflüge oder bei Elektroautos Reich- weiten über 300 km (durchschnittliche Tagesdistanz über alle Verkehrsmittel ist 36,8 km, weitaus der grösste Teil aller Autofahren sind unter 100 km).

Es ist finanziell und ökologisch sinnvoller, in solchen Ausnahmefällen, ein pas- sendes Fahrzeug zu mieten, als täglich mit einem überdimensionierten Fahrzeug herumzufahren.

Umweltbelastung Wohnen und Energie pro Person

- 16 % - 62 %

Heute Morgen Nachhaltiges

Ziel

0 UBP 2 Mio. UBP 4 Mio. UBP 6 Mio. UBP 8 Mio. UBP

Energieverbrauch Haushalt Wohnen ohne Energie Staatliche Nachfrage

(14)

Weitere effiziente Tipps

Die folgenden Tipps lassen sich nicht oder nur schwer den genannten drei Bereichen zuordnen. Die Effizienz ist jeweils sehr hoch. Einige davon haben ein besonders grosses Potential im sozialen Umfeld, da andere Personen zum gleichen Handeln ermutigt werden können.

• Initiativen im Bereich Umwelt unterstützen und stets abstimmen gehen.

• Politiker mit einem nachhaltigen Umweltprogramm wählen (www.ecorating.ch, www.smartvote.ch).

• Im sozialen Umfeld über die Umwelt sprechen, andere zu einer nachhaltigen Ver- haltensänderung ermutigen.

• NGOs im Bereich Umwelt und Sozialem unterstützen.

• Yoga, Achtsamkeits- oder Meditationsübungen praktizieren.

• Teilzeit arbeiten (80 Prozent oder weniger).

• Statt Google www.ecosia.org für die Internetsuche nutzen. Durch die Werbeein- nahmen dieser alternativen Suchmaschine werden Aufforstungsprojekte auf der ganzen Welt finanziert.

• Unterstütze auch andere Aufforstungs- bzw. Baumpflanzprojekte wie zum Bei- spiel: www.plant-for-the-planet.org, www.onetreeplanted.org,

www.baumboerse.ch, www.nature.org/en-us/get-involved/how-to-help/

plant-a-billion/.

• Kompensiere Deine CO2-Emissionen via www.myclimate.org,

www.southpole.com oder vergleichbaren Plattformen. Dies soll aber keineswegs ein Freipass für das Fliegen, Autofahren etc. darstellen, denn vermeiden ist natür- lich viel nachhaltiger und effektiver, anstatt kompensieren!

Gute Apps fürs Smartphone

• myblueplanet

• WWF Ratgeber

• Magazin Greenpeace Schweiz

• FloarApp

• Too Good To Go

• Sharley

• Mobility Schweiz

• car2go

• sharoo

• BlaBlaCar – Mitfahrgelegenheit

Tipps

• Keine chemischen Pestizide und Düngemittel im Garten oder Vorplatz ausbringen.

Statt monokulturellen Rasen einen diversen Garten mit einheimischen Pflanzen, Steinhäufen etc. pflegen.

• Möbel und Haushaltsgegenstände wenn möglich aus nachhaltigem Holz (FSC-Zertifizierung oder vergleichbar) statt anderen Materialien kaufen. Optima- lerweise ist das Holz aus Schweizer Produktion.

• Nur noch ökologische Reinigungsmittel, Kosmetika und Duschmittel ohne Mik- roplastik nutzen.

• Bei kalten Tagen und Nächten Rollläden runterlassen, damit die Wärme weniger entweicht.

• Den Kühlschrank / das Gefrierfach einmal im Jahr abtauen und Reif-/Eisschich- ten entfernen. Die Lebensmittel stets vor Lagerung im Kühlschrank abkühlen, Tiefgefrorenes im Kühlschrank auftauen lassen.

• Die Dichtungen der Fenster prüfen und gegebenenfalls erneuern.

• Im Sommer nachts und am Morgen lüften. Tagsüber den Lichteinfall durch das Herunterlassen der Rollläden senken. Dadurch werden Klimageräte in der Woh- nung meist überflüssig.

• Im Winter drei bis vier Mal kurz und kräftig während fünf Minuten lüften (Stoss- lüften, möglichst viele Fenster auf einmal öffnen). Keine Fenster durchgehend gekippt lassen.

• Bei Neukauf von Haushaltsgeräten, Beleuchtungsmitteln, Heizungen etc. nur die sparsamsten wählen (www.topten.ch), welche auch nicht überdimensioniert sind.

(15)

Globaler Süden

Als Globaler Süden wird auf neutrale und nicht-wertende Weise die Ländergruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer bezeichnet. Dieser Begriff löst die bisherige wertende Weise von Erster, Zweiter und Dritter Welt bzw. Entwicklungs- und Schwellenländer ab, da diese als diskriminierende Bewertung von Ländern der Welt gelten. Diese Bezeichnung des Globalen Südens hat seine Wurzeln in den geographischen Gegebenheiten, denn die Mehrheit dieser Ländergruppe befindet sich südlich des Äquators. Es sind aber durchaus auch Länder im Norden mit diesem Begriff gemeint. Die Merkmale für diese Länder des Globalen Südens sind:

• geringere industrielle Entwicklung

• Verschuldung

• hohe soziale Ungleichheit, höherer Armutsanteil

• geringerer Bildungsgrad, geringere Lebenserwartung

• koloniale Erfahrung

Das Pendant zum Globalen Süden ist der Globale Norden, welcher die neue nicht-wer- tende Bezeichnung für die Industrieländer ist. Diese Begriffe gelten mittlerweile als etabliert.

Internalisierung der externen Kosten

Schon seit längerer Zeit werden von NGOs, Naturwissenschaftlern und zunehmend auch von umweltbewussten Ökonomen die Internalisierung der externen Kosten gefordert.

Die Politik ist bei der Einführung der notwendigen Gesetzgebungen sehr träge. Die Ein- führung der CO2-Steuern auf Treibstoffe war ein wichtiger Schritt, doch ist diese Abgabe bei weitem noch nicht kostendeckend (siehe vorhergehend genannte externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz). Längerfristig muss für jedes Produkt und jede Dienst- leistung die Internalisierung der externen Kosten angestrebt werden. Nur so kann das aktu- ell herrschende Marktversagen und den damit einhergehenden ökologischen sowie sozialen Schäden vermindert und der Konsum in eine nachhaltige Richtung gesteuert werden. Die Internalisierung der externen Kosten ist die Aufgabe des Staates bzw. der Regierung. Als KonsumentIn können wir aber versuchen, stets ökologisch und fair produzierte Produkte mit vertrauenswürdigen Labels einzukaufen, da bei diesen nur minimale externen Kosten ent- stehen.

IPCC

Der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ist ein zwischenstaatlicher Aus- schuss für Klimaänderungen, auch “Weltklimarat” genannt, mit Sitz in Genf und wurde von der UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) und dem WMO (Weltorganisation für Meteorologie) im Jahr 1988 ins Leben gerufen. Der IPCC fasst den Stand der wissen- schaftlichen Forschung zum Klimawandel für politische Entscheidungsträger zusammen.

Er veröffentlicht alle etwa fünf bis sieben Jahre einen Sachstandsbericht sowie diverse Son- derberichte. Diese gelten in der Wissenschaft als glaubwürdigste und fundierteste Darstel- lung über das Klima, seine Veränderungen und über Möglichkeiten des Umgangs damit.70 Darin wird am Menschen verursachten Klimawandel seit langem nicht mehr gezweifelt.

Glossar

Externe Kosten

Die externen Kosten bezeichnen durch einen Konsum verursachte Kosten, welche im Preis nicht inbegriffen sind bzw. durch die konsumierende Person nicht bezahlt wird. So sind beispielsweise im Benzin-/Dieselpreis die durch den Verkehr verursachten Umwelt-, Gesundheitskosten etc. nicht gedeckt. Das Bundesamt für Raumentwicklung schätzte z.B.

die externen Kosten des motorisierten privaten Strassenverkehrs im Jahr 2015 auf rund 12,8 Milliarden CHF (Umwelt-, Gesundheits- und Unfallskosten, wobei Luftverschmutzung, Klimaerwärmung und Lärmbelastung die grössten Posten darstellen).69 Auch die Schäden an Umwelt und Natur durch das Ausbringen von Pestiziden der industriellen Landwirt- schaft zahlt die konsumierende Person beim Kauf des Lebensmittels nicht. Gemäss der IN- FRAS Studie «Volkswirtschaftliche Kosten des Pestizideinsatzes in der Schweiz» von 2014 entstehen in der Schweiz jährlich rund 100 Millionen CHF nicht gedeckte Kosten durch die Anwendung von Pestiziden. Im Vergleich zu den Kosten für die Pestizide, fällt pro Franken Pestizidmittel rund 75 Rappen externe Kosten an.

Diese externen Kosten werden in der Regel durch die Allgemeinheit oder durch direkt betroffene Personen, in Form von gesundheitlichen Problemen, bezahlt. Werden die auf diese Weise entstehenden externen Kosten über eine längere Zeit betrachtet, so wäre es in der Regel preiswerter, sofort alternative Wege zu suchen, um die Auswirkungen zu reduzie- ren oder gar zu vermeiden. Meist siegt aber auf Grund unseres Wirtschaftssystems die kurz- fristig orientierte Denkweise des raschen Profits. Auf diese Weise entstehen bei praktisch allen Produkten und Dienstleistungen externe Kosten, die nicht durch die konsumierende Person selbst bezahlt werden. Besonders Menschen des Globalen Südens leiden darunter, da Umwelt- und Sozialstandards weit unter den unseren liegen. Importe aus diesen Regio- nen sind für uns sehr billig, verursachen aber meist sehr hohe externe Kosten. Bei den ex- ternen Kosten spricht man häufig auch von einem Marktversagen.

(16)

Der durchschnittliche Weltbürger benötigt für seinen Lebensstandard und Lebensstil umgerechnet somit 1,7 Erden (ökologischer Fussabdruck geteilt durch Biokapazität der Welt). Die westlichen Länder übertreffen diesen Durchschnitt bei weitem (siehe Abbildung unten). Die grösste Problematik stellt sich in den aufstrebenden Ländern des Globalen Sü- dens, deren Ziel ein Lebensstil und Wohlstand wie in den westlichen Ländern ist. Da es fatal für die Umwelt und Menschheit wäre, wenn jeder Mensch auf der Welt wie wir in der Schweiz knapp 3 Erden benötigen würde, muss diese Entwicklung verhindert werden. Da- bei sollen jedoch nicht die Länder des Globalen Südens umdenken, denn auch sie haben das Recht auf Wohlstand wie wir es seit längerem haben, sondern wir müssen zeigen, dass alter- native Wege gar eine bessere Gesundheit und höherer Lebensstandard erbringen können.

Kohlenstoffdioxidsenke, Kohlenstoffsenke, CO2-Senke

Eine Kohlenstoffdioxidsenke oder Kohlenstoffsenke ist ein Reservoir, welches Kohlen- stoff aufnehmen und langfristig speichern kann. Als wichtigste natürliche Kohlenstoffsen- ken gelten die Wälder und die Ozeane. Es gibt aber auch Technologien, das sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS), welche den Kohlenstoff aus der Atmosphäre lösen, um diesen dann dauerhaft in unterirdische Lagerstätten pumpen zu können. Um das 1,5°-Ziel des Pariser-Klimaabkommens erreichen zu können, sind solche Technologien mit hoher Wahrscheinlichkeit unabdingbar.

Ökobilanz

Mit einer Ökobilanz, oder auch Lebenszyklusanalyse, wird die Umweltwirkung/Umwelt- belastung eines Produktes, einer Dienstleistung oder eines Prozesses/Betriebs anhand der Emissionen und des Ressourcenbedarfs analysiert und berechnet. Auf diese Weise können Verbesserungspotentiale ermittelt und ausgeschöpft, Alternativen gegenübergestellt sowie ökologische Risiken frühzeitig aufgedeckt und vermieden werden. Das Auffinden von inef- fizienten Prozessen und deren Optimierung kann mit einer Kosteneinsparung einher gehen, was die Ökobilanz auch wirtschaftlich sehr interessant macht. Für den Konsumenten/die Konsumentin ist durch die Quantifizierung der Umweltbelastung ein nachhaltiges Verhalten einfacher umsetzbar. Es gibt verschiedene Indikatoren zur Bewertung in Ökobilanzen, die gängigsten Methoden sind die Darstellung als Treibhausgaspotential (CO2-eq) und Umwelt- belastungspunkte (UBP).

Ökologischer Fussabdruck

Der ökologische Fussabdruck ist keine Ökobilanz im eigentlichen Sinne, sondern quanti- fiziert die notwendige Bodenfläche, um die Bedürfnisse und Konsumansprüche eines Men- schen, einer Region, eines Landes oder der Welt erfüllen zu können. Es wird somit die Bodenflächen aufsummiert, welche für die Herstellung von Nahrung, Textilien, Energie etc.

aber auch zur Deponierung von Müll, Reinigung bzw. Bindung von Emissionen wie zum Beispiel CO2 sowie Abwässern benötigt werden. Dieser ökologische Fussabdruck wird der sogenannten Biokapazität des Landes oder Gebietes gegenübergestellt, um den Grad der Nachhaltigkeit zu erhalten. Dabei werden auch Flächen wie Wüste, Ozeane, Berge, sprich weniger produktive respektive fruchtbare Böden mit einberechnet. Übersteigt der ökolo- gische Fussabdruck einer Person die Biokapazität pro Person, so gilt dies als Indikator für eine Übernutzung der verfügbaren Ressourcen in der jeweiligen Region, im jeweiligen Land oder weltweit. Somit besteht ein ökologisches Defizit und wir zehren an den noch ver- fügbaren Reserven dieser Welt. Anhand dieses Indikators ermittelt das Global Footprint Network alljährlich den «Country Overshoot Day» der Länder sowie den «Earth Overshoot Day», also den Tag an welchem die nachwachsenden Ressourcen für das jeweilige Jahr eines Landes oder für die Welt aufgebraucht sind. Diesen Overshoot Day erreichte die Schweiz 2019 am 7. Mai, die Welt am 29. Juli (siehe Abbildung rechts oben). Um 2030 wird dieser Tag voraussichtlich bereits Ende Juni sein.71 Seit den 70er Jahren lebt die Menschheit auf Pump, der Earth Overshoot Day tritt von Jahr zu Jahr immer früher auf. Dieser Zustand kann logischerweise nicht lange aufrechterhalten werden, denn die Reserven sind endlich.

Overshoot Day

Welt Schweiz

1970 1980

1990 2010 2000

2019

1961 1970

19801990 2000 20102019 Länder 2019

1. Jan 1. Apr 1. Jul

Qatar USA Schw eden

Italien China Südafrika

1. Okt

Mexik

o Peru KolumbienUrugua y

Kuba

Durchschnitt aller Länder: 1,7

U.S.A Australien

Südkorea Russland Deutschland

Schweiz Vereinigtes Königreich

Italien Frankreich

Japan

Spanien China Brasilien

Indien

5,0 4,1 3,5 3,3 3,0 2,9 2,9

2,8 2,8 2,6 2,3 2,2 1,8 0,7 Wie viele Erden wir benötigen,

wenn die weltweite Bevölkerung leben würde wie...

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