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Archiv "Öffentlich geförderte Lachklinik" (22.09.2000)

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S C H L U S S P U N K T

[68] Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 38½½½½22. September 2000

eistliche als Anlagebe- trüger? Eine aberwitzi- ge Vorstellung, besten- falls als Romanfigur denkbar, nicht aber als Figur aus dem Hier und Jetzt.

Wie gründlich ich mich da verschätzt habe, zeigt ein Blick in unser Nachbarland Holland. Dort gibt es die

„Gereformeerde Gemeen- de“, dahinter verbirgt sich ei- ne streng calvinistische Kir- chengemeinschaft, die Ver- hütungsmittel verbietet und Frauen sogar vorschreibt, in welcher Kleidung sie in der Kirche zu erscheinen ha- ben.

Nicht wenige dieser Brü- der und Schwestern im Herrn sollen in den letzten Monaten massiv Aktien des niederlän- dischen Softwarehauses Baan gekauft haben. Die Motivla- ge lässt aber sehr aufhorchen:

Aus purer Nächstenliebe soll das alles geschehen sein. Und

zwar, weil etliche Pfarrer von den Kanzeln da oben die Mit- glieder der Religionsgemein- schaft drängten, die Gebrü- der Jan und Paul Baan zu un- terstützen, die – man höre und staune – ebenfalls Mit- glieder der Gereformeerde Gemeende sind.

Das Dilemma ist bloß, dass die wohltätigen Aktienkäufer für eine Baan noch den stol- zen Preis um 50 Euro bezahlt haben. Zu der Zeit hatte die Softwareschmiede durchaus noch einen guten Namen, war ehemals sogar ein respekta- bler Konkurrent der deut- schen SAP AG.

Doch die New Yorker Bör- senaufsicht kam einem der beiden Baan-Brüder, Jan, auf die Schliche. Die Ergebnisse der Baan Company waren nämlich mit Buchhaltungs- tricks künstlich hochgehalten worden. In Wahrheit aber hätten schon längst dicke Verluste ausgewiesen werden müssen.

Als die Sache ruchbar wurde, stürzte der Aktien- kurs steil ab. Anfang des Jahres standen Baan bei nur 14 Euro, und jetzt küm- mern sie mit knapp 3 Euro kläglichst vor sich hin. Ein calvinistischer Landwirt, der

dem Lockruf der Kanzel folgte, investierte 1,5 Millio- nen Gulden und steht jetzt vor dem Ruin. Seinen Hof wird er vermutlich verlie- ren.

Das eigentlich Kriminelle an der Geschichte folgt aber noch. Den Gerüchten zufol- ge sollen die beiden Baan- Brüder just zu der Zeit, in der die Titel noch in der Religionsgemeinschaft „zum Zwecke der Nächstenliebe“

als Hilfeaktion angepriesen wurden, bereits Aktien mas- siv verkauft haben.

Der dreistellige Millionen- betrag aus eben diesen Ak- tienverkäufen floss auf die Privatkonten der Gebrüder Baan, die sich davon luxu- riöse Villen leisten, wie sie aus Tausendundeiner Nacht nicht schöner sein können.

Viele der betrogenen Ak- tionäre sind jetzt arm. Wie

Kirchenmäuse. ✮

Finanzhaie (II)

Betrüger sind wirklich überall

A

ristoteles und Cicero führen das Lachen auf die Wahrnehmung von Defekten bei einem als unterle- gen beurteilten Menschen zurück. Dieser belustigende Aspekt wird zum Haupt- gegenstand der Komödie. Auch das Narren- und Clownswesen hat darin seinen Ursprung.

Britische Philosophen formulieren im 18. Jahrhundert die „Inkongruenztheo- rie“: Lachen entstehe, wenn eine Norm- abweichung wahrgenommen wird, die

der „common sense“ nicht tolerieren kann.

Nach Sigmund Freud setzt sich ein Mensch im Lachen über jene Hemm- schwellen hinweg, die durch verdrängte Sexual- und Aggressionsimpulse aufge- baut wurden. Der Humor „erspare“ es dem Gewissen, Mitleid zu empfinden.

Der Psychiater William F. Fry begann in den 70er-Jahren die physiologischen Auswirkungen des Lachens zu untersu- chen. Er begründete die „Humorphysio-

logie“ beziehungsweise Gelotologie, die heute an mehreren US-amerikanischen Universitäten gelehrt wird.

Fry analysierte die Arbeiten von Clowns, Komödianten und Kabaretti- sten. Er verwendete Videobänder die- ser „Humor-Praktiker“, um seine Pro- banden zum Lachen zu bringen. Es entstanden Weiterbildungszentren für Kinderärzte, Krankenschwestern und Sozialarbeiter, die ein systematisches Training zum Krankenhausclown offe- rieren.

In den 80er-Jahren entstanden ver- schiedene Fachgesellschaften im Bereich des „therapeutischen Humors“. Kon- gresse werden veranstaltet, Zeitschriften und Newsletters ins Leben gerufen. In den USA sind inzwischen mehrere Tau- send Mitarbeiter des Gesundheitswesens in diesen Gesellschaften organisiert.

In Birmingham rief der Sozialarbeiter Robert Holden vor knapp zehn Jahren eine „laughter clinic“ ins Leben, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.

Vom 29. September bis 1. Oktober fin- det im Kongresszentrum Messe Basel der 5. Internationale Kongress „Humor in der Therapie“ statt.

Informationen: Telefon: 00 41/61 68/

28 28. Internet: www.humor.ch

Dr. Michael Titze

G

Post Scriptum

Börsebius

Öffentlich geförderte Lachklinik

Die Gelotologie

beschäftigt sich ganz

ernsthaft mit der

Wissenschaft vom

Lachen. Auch die

Geschichte des thera-

peutischen Humors

wird untersucht.

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