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Ökologische Fallenwirkung von einjährigen Blühstreifen – Laufkäfer als Ökozeiger

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214 Agrarforschung Schweiz 9 (6): 214–217, 2018 K u r z b e r i c h t

Werden Blühstreifen von Nützlingen und Bestäubern als Nistplatz gebraucht, könnte ein Umbrechen zu einer Zerstörung der Nachkommen führen. Dies würde den Blühstreifen zu einer ökologischen Falle machen. In der vorliegenden Studie konnte die Hypothese einer ökolo- gischen Falle für Nützlinge und Bestäuber jedoch nicht bestätigt werden. Es wurden 35 verschiedene Arten Laufkäfer gefangen, sechs davon stehen auf der Roten Liste.

Ökologische Fallenwirkung von einjährigen Blühstreifen – Laufkäfer als Ökozeiger

Dominik Füglistaller1, Christina Lädrach1, Christian Ramseier1, Michael Rauch1, Franziska Widmer Etter1, Alexander Burren1, Pius Korner-Nievergelt2 und Hans Ramseier1

1Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz

2oikostat GmbH, Rothmättli 16, 6218 Ettiswil, Schweiz Auskünfte: Dominik Füglistaller, E-Mail: dominik.fueglistaller@bfh.ch

Um vermehrt Biodiversitätsförderflächen (BFF) in Acker- gebieten zu etablieren und um die Trachtlücke zwischen Mai und Ende Juli zu schliessen wurde auf das Jahr 2015 der Blühstreifen für Bestäuber und andere Nützlinge als BFF bewilligt. Der Blühstreifen ist ein einjähriges Ele- ment und kann nach einer Standzeit von mind. 100 Ta- gen wieder umgebrochen werden. Dabei stellt sich die Frage, ob der Blühstreifen so zu einer ökologischen Fal- le wird (Schlaepfer et al. 2002). Insekten, insbesondere Abb. 1 | Teilansicht der Versuchsanlage mit Barber- und Eklektorfallen (schwarz) am Standort Lützelflüh.

(Foto: Hans Ramseier, Oktober 2014)

source: https://doi.org/10.24451/arbor.6180 | downloaded: 14.2.2022

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Ökologische Fallenwirkung von einjährigen Blühstreifen – Laufkäfer als Ökozeiger | Kurzbericht

215 Agrarforschung Schweiz 9 (6): 214–217, 2018

Wildbienen und andere Nützlinge, welche im Boden oder auf den Pflanzen der Blühstreifen überwintern, könnten beim Umbrechen des Blühstreifens getötet werden.

Das Phänomen der ökologischen Falle ist seit 30 Jahren bekannt. Ein grosser Teil der Studien dazu betreffen Vö- gel. Bei den Insekten ist jedoch wenig bekannt (Ries und Fagan 2003).

Versuchsdesign

Um die Fallenwirkung auf Wildbienen und andere Nütz- linge zu prüfen, wurde ein Versuch mit Eklektor- und Barberfallen angelegt (Abb. 1). An sieben Standorten wurden die Habitate Blühstreifen ohne Bodenbearbei- tung im Herbst (BSo), Blühstreifen mit Bodenbearbeitung im Herbst (BSb), extensive Wiese (ExWi) und Kunstwiese (KW) untersucht. Je nach Standort wurden bis zu acht Er- hebungen vorgenommen (Zeitraum: Oktober bis April).

In jedem Habitat wurden drei Eklektor-, sowie je drei Barberfallen innerhalb und ausserhalb der Eklektorfal- len installiert (Abb. 2). Mit Eklektorfallen werden Arth- ropoden, welche aus dem Boden kommen abgefangen, mit Barberfallen auf der Oberfläche laufende Arthropo-

Tab. 1 | Einteilung der gefangenen Gliederfüssler in taxonomische Gruppen.

Organismengruppe

Laufkäfer / Carabidae Spinnentiere / Arachnida Übrige Gliederfüssler / Arthropoda

Asseln / Isopoda

Blattwespen / Tenthredinidae Hundertfüssler / Chilopoda Ohrwürmer / Dermaptera Raubfliegen / Asilidae Schmetterlinge / Lepidoptera Wildbienen / Apoidae

Kurzflügler / Staphilinidae Springschwänze / Collembola

Schlupfwespen / Ichneumonidae Mücken / Nematocera

Pflanzenläuse / Sternorrhyncha Tausendfüssler / Myriapoda

Milben / Acari Käfer / Coleoptera

Ameisen / Formicidae div. Dipteren / Diptera

den. In allen Fallen wurden die Tiere mit Ethylenglycol (verdünnt mit Wasser im Verhältnis 2:1) direkt im Feld konserviert.

Die gefangenen Arthropoden wurden sortiert und in ta- xonomische Gruppen eingeteilt. Aufgrund der teilweise tiefen Zahl an Organismen innerhalb einigen Gruppen wurden diese in «übrige Gliederfüssler» zusammenge- fasst (Tab.1). Die Laufkäfer wurden von einem Spezialis- ten bis auf Artniveau bestimmt. Zudem wurden diese mit Hilfe des Ecology-Atlas der Carabidae (Luka et al.

2009) in Gilden (Artengruppe, Lebensraumpräferenz) eingeteilt.

Statistische Auswertung

Bei der Modellierung der Daten wurde ein «occupancy model» mit einem Poisson- und Negativbinomialmodell verwendet. Dabei wurde mit der Software R 3.4.2 und dem package «rstan» (Stan Development Team 2018) gearbeitet. Ein «occupancy model» besteht also aus zwei Teilen, einem zur Modellierung der Auftretens- wahrscheinlichkeit psi und einem zur Modellierung der Fangwahrscheinlichkeit p.

Abb. 2 | Schematische Darstellung der Versuchsanordnung zur Überprüfung einer ökologischen Fallenwirkung von Blühstreifen auf Nützlinge.

Habitat (Blühstreifen bearbeitet/unbearbeitet, Extensive Wiese, Kunstwiese) Barberfalle

Eklektorfalle

ca. 20 m

ca. 3,1 m

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Kurzbericht | Ökologische Fallenwirkung von einjährigen Blühstreifen – Laufkäfer als Ökozeiger

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Habitat und Datum wurden als Einflüsse auf die Auf- tretenswahrscheinlichkeit berücksichtigt. Habitat als Faktor, Datum als linearer und quadratischer Einfluss:

psi ~ Habitat + Datum linear + Datum quadratisch

Die Fangwahrscheinlichkeit unterscheidet sich im Mo- dell pro Habitat, Standort, Fallentyp und Datum. Habitat und Fallentyp sind feste Faktoren, Standort ein Zufalls- faktor und Datum eine Kovariable (linearer und quad- ratischer Effekt):

p ~ Habitat + Fallentyp + Datum linear + Datum quadratisch + (1|Standort)

Auftretens- und Fangwahrscheinlichkeit

Die Auftretenswahrscheinlichkeit pro Standort (Stand- ort-Habitat-Kombination) und Erhebungszeitpunk war generell sehr hoch, weil in vielen Fällen (> 87 %) mindes- tens eine der geleerten Fallen mindestens ein Individu- um enthielt. Interessanter ist die Fangwahrscheinlich- keit, welche vor allem auch die Häufigkeit repräsentiert.

Denn je häufiger eine Organismengruppe ist, umso hö- her ist die Fangwahrscheinlichkeit von mind. einem In- dividuum. Unterschiede zwischen den Habitaten waren oft klein (Abb. 3). Ameisen und Pflanzenläuse waren in ExWi deutlich häufiger vertreten. Auch einige andere Organismengruppen zeigten bei ExWi den höchsten

geschätzten Mittelwert, allerdings mit grosser Über- lappung mit Vertrauensintervallen anderer Habitate.

KW schnitten bei mehreren Organismengruppen am schlechtesten ab. Zwischen BSo und BSb konnte mit dem gewählten Versuchsdesign kein Unterschied festgestellt werden. Der Unterschied war bei keiner Organismen- gruppe signifikant. Tendenziell konnten mehr Kurzflü- ger und Mücken in BSb als in BSo gefangen werden und Pflanzenläuse mehr in BSo als in BSb. Zwischen ExWi und KW gab es in den meisten Organismengruppen Tenden- zen zugunsten der ExWi.

Es gab angedeutete Unterschiede zwischen den Habita- ten, insbesondere fanden sich etwas mehr Insekten in den Extensivwiesen und weniger in den Kunstwiesen, mit ein paar Ausnahmen unter den Organismengrup- pen.

Die zwei Blühstreifenverfahren unterschieden sich nur bei wenigen Organismengruppen und gegensätzlich.

Die Interaktion zwischen Habitat und Fallentyp ergab keine Unterschiede.

Gefangene Laufkäfer

Insgesamt wurden aus allen Habitaten 456 Individuen aus 35 Arten gefangen. In BSb-Flächen konnten mit 124 Individuen aus 24 Arten am meisten Laufkäfer ge- fangen werden, gefolgt von KW (118 Individuen, 20 Ar- ten), ExWi (112 Individuen, 22 Arten) und BSo (102 Indi- viduen, 19 Arten). Alle gefundenen Arten liessen sich in

Abb. 3 | Fangwahrscheinlichkeit pro Organismengruppe und Habitat gemäss dem occupancy model, wobei die Fangwahrscheinlichkeit nebst dem Fallentyp mutmasslich vor allem von der Häufigkeit abhängt. Die angegebene Fangwahrscheinlichkeit gilt für die Barberfalle (ausser- halb der Eklektorfalle). Schätzwert und 95 % Unsicherheitsintervalle sind angegeben.

Blühstreifen bearbeitet

Ameisen Carabidae Div. Dipteren fer Kurzflügler Milben Mücken Pflanzenläuse Schlupfwespen Spinnentiere Springenschwänze Tausendfüssler Übrige Gliederfüssler

Fangwahrscheinlichkeit

Blühstreifen unbearbeitet Extensivwiese Kunstwiese

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

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Ökologische Fallenwirkung von einjährigen Blühstreifen – Laufkäfer als Ökozeiger | Kurzbericht

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Literatur

b Hoess R, 2016. Laufkäferspezialist, Persönliches Gespräch 04.01.2016 b Luka H., Marggi W., Huber C., Conseth Y. & Nagel P, 2009. Coleoptera, Cara-

bidae. Ecology – atlas. Centre Suisse de Cartographie de la Faune, Neuchâtel, 678 S.

b Ramseier H., Füglistaller D., Lädrach C., Ramseier C., Rauch M. & Widmer Etter F., 2016. Blühstreifen fördern Honig- und Wildbienen. Agrarforschung Schweiz 7 (6), 276–283.

bRies L. & Fagan W.F., 2003. Habitat edges as a potential ecological trap for an insect predator. Ecological Entomology 28, 567–572.

bSchlaepfer M.A., Runge M.C. & Sherman P.W., 2002. Ecological and evolution- ary traps. Trends in Ecology & Evolution 17 (10), 474–480.

bStan Development Team, 2018. RStan: the R interface to Stan. R package version 2.17.3. Zugang: http://mc-stan.org/.

Abb. 4 | Zeigt die verschieden Artengruppen. Wobei neun Artengruppen auf Generalisten (eurytope Artengruppen) und drei Artengruppen auf Spezialisten (stenotope Artengruppen) hinweisen.

zwölf verschiedene Artengruppen unterteilen (Abb. 4).

Am meisten Arten und Individuen konnten den eury- topen Arten zugeordnet werden (Lebensraum-Genera- listen).

Der Vergleich zwischen den Habitaten zeigt, dass in KW am wenigsten Artengruppen (7 Gruppen) und in BSb am meisten Artengruppen (10 Gruppen) gefunden wurden.

Gemäss Expertenaussagen (Hoess 2016, persönliche Mit- teilung) sind sechs Arten selten bis sehr selten (Harpalus tardus, Bembidion lunulatum, Nebria salina, Bradycellus csikii, Calathus fuscipes, Ophonus ardosiacus). Ausser bei den Arten Nebria salina (Zählungen: KW = 20, ExWi = 12, BSb7) und Bembidion lunulatum (Zählungen: BSb = 8) handelte es sich um Einzelfänge (Zählungen < 5). Bei Nebria salina muss angemerkt werden, dass diese Art gehäuft vorkommt und sich nicht homogen über ein Feld verteilt. Die Fangmethode kann hier eine Rolle ge- spielt haben. Bei den anderen seltenen Arten konnten keine Unterschiede zwischen den Habitaten festgestellt werden.

Schlussfolgerungen

Die Resultate können die Hypothese der ökologischen Fallenwirkung bei einjährigen Blühstreifen nicht bestä- tigen. Der Zusammenhang zwischen der Zerstörung der Nachkommen und dem Umbrechen des Blühstreifens konnte nicht aufgezeigt werden. Dies wird durch die Tatsache gestützt, dass keine Wildbienen in den Eklek- torfallen gefangen wurden. Trotzdem konnte gezeigt werden, dass Wildbienen in diesen Streifen während der Blühphase vorkamen (Ramseier et al. 2016). Dies lässt da- rauf schliessen, dass diese Organismengruppe den Blüh- streifen als Nahrungshabitat besucht, jedoch nicht als Nistplatz benutzt, vermutlich weil gar nicht genügend freie Bodenfläche vorhanden ist.

Die Blühstreifen sind auch für landwirtschaftlich wichtige Nützlinge wie Laufkäfer attraktiv, was sicher ein weiterer Nutzen für die Schädlingsregulierung in den angrenzen- den einjährigen Kulturen sein kann. Ebenso interessant ist die Diversität dieser Tiere und dass seltene Arten ge- funden wurden, welche auf der roten Liste stehen. n 0

2 4 6 8 10 12 14

eurytope Art

Anzahl Arten eurytope Acker- und Pioniervegetationsart stenotope Pioniervegetationsart eurytope Grünland- und Pioniervegetationsart eurytope Pioniervegetations- und Gnlandart eurytope Übergangszonen- und Waldart eurytope Acker-,Ufer- und Feuchtgebietsart eurytope Grünland- und Ackerart eurytope Grünland- und Übergangszonenart eurytope Pioniervegetations- und Übergangszonenart stenotope Ackerart stenotope Grünlandart

Referenzen

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