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Glycerinbildung in Abhängigkeit von derReinzuchthefe und der Gärtemperatur

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 19/01

526

KLAUSSÜTTERLIN, UNIVERSITÄTFREIBURG IMBREISGAU, PETRAHOFFMANN-BOLLER, HANSUELIPFENNINGER, DANIELPULVER UNDJÜRGGAFNER,

EIDGENÖSSISCHEFORSCHUNGSANSTALTWÄDENSWIL

D

as wichtigste Nebenprodukt der alkoholischen Gärung ist Glycerin, mengenmässig nach den Hauptgärungsprodukten Äthanol (Trinkalkohol) und Kohlendioxid an dritter Stelle. Je nach Gärbedingun- gen werden 4 bis 10% des im Traubensaft enthaltenen Zuckers zu Glycerin umgewandelt. Glycerin ist ein höher wertiger Alkohol mit leicht süssem Ge- schmack. Aufgrund seiner Dickflüssigkeit bildet es

«Schlieren» beim Schwenken des Weinglases.

Glycerin hat die Eigenschaft Wasser zu speichern, was in seiner chemischen Struktur begründet liegt.

Deshalb bildet die Hefezelle Glycerin. Sie schützt sich damit vor dem «Austrocknen», hervorgerufen durch den hohen Zuckergehalt des Traubensafts.

Wein beinhaltet durchschnittlich zwischen 6 und 12 g/l Glycerin, Bier im Vergleich dazu bis zu 3 g/l. Gly- cerin trägt nicht zum Aroma des Weins bei, wohl aber zum Geschmack. Weine mit hohem Glyceringehalt werden bei Verkostungen als geschmeidiger und

«körperreicher» empfunden als Weine mit niedrige- rem Glyceringehalt.

Seit längerem ist bekannt, dass die Gärtemperatur Auswirkungen auf die Glycerinproduktion von Wein- hefen hat. Bei höheren Gärtemperaturen bilden die Hefen mehr Glycerin als bei niedrigeren Gärtempera- turen. Die optimale Temperatur für eine maximale Glycerinproduktion liegt, je nach verwendetem He- festamm, zwischen 22 °C und 32 °C.

Die Reinzuchthefe W15

1991 wurde aus einem Müller-Thurgau Traubenmost an der FAW die inzwischen kommerziell erhältliche Reinzuchthefe W15 selektioniert. W15 gehört der Art Saccharomyces cerevisiaean. Die besondere Eigen- schaft dieser Hefe liegt in einer erhöhten Glycerinbil- dung. Sie ist um 2 bis 5 g/l höher als bei anderen Saccharomyces cerevisiae Stämmen. Gekoppelt an die erhöhte Glycerinbildung ist die vermehrte Bil-

dung von Bernsteinsäure (Succinat). Normalerweise enthält Wein zwischen 0,2 und 0,7 g/l Bernsteinsäu- re, mit W15 vergorene Weine können bis zu 2 g/l Bernsteinsäure aufweisen.

Molekularbiologische Gründe für die Temperaturabhängigkeit

Ein wichtiger Aspekt der Diplomarbeit lag in der Su- che nach den molekularen Ursachen der Temperatur- abhängigkeit der Glycerin- beziehungsweise Bern- steinsäurebildung. So wurde mit molekularbiologi- schen Methoden die Sequenz des für die Glycerin- produktion verantwortlichen Gens (GPD1) sowohl bei der Hefe W15 als auch bei W27 entschlüsselt und nach Unterschieden gesucht. Die Hefe W27 wurde als Vertreter von Reinzuchthefen mit durchschnittli- cher Glycerin- und Bernsteinsäurebildung für diesen Vergleich ausgewählt. Da keine gravierenden Unter- schiede gefunden wurden, liegt die Vermutung nahe, dass die Glycerinproduktion unter dem Einfluss wei- terer Gene reguliert wird. Diese Gene sind bekannt und Bestandteil weiterer Forschungen auf diesem Ge- biet, die sich an diese Diplomarbeit anschliessen.

Gärversuche mit unterschiedlichen Temperaturen

Um die sensorischen Auswirkungen der Glycerin- und Bersteinsäuremengen auf das Endprodukt Wein zu testen, wurden folgende Gärversuche in der Kel- lerei der FAW unternommen: jeweils 100 Liter eines Müller-Thurgau Traubensafts wurden bei den Temperaturen 10 °C, 15 °C, 20 °C und 25 °C mit der Reinzuchthefe W15 vergoren. Zum Vergleich wurden bei denselben Temperaturen Gärungen mit der Hefe W27 (Hefe mit durchschnittlicher Glycerin- und Bernsteinsäureproduktion) durchgeführt. Die Men- gen an Glycerin (Abb. 1), Bernsteinsäure (Abb. 2), Al- kohol, Zucker und Essigsäure wurden während und nach Abschluss der Gärung analysiert. Die Glycerin- werte nehmen mit ansteigender Temperatur zu: W15 von 4,9 g/l bis 7,8 g/l und W27 von 4,9 g/l bis 6,2 g/l;

WEINBEREITUNG

Glycerinbildung in Abhängigkeit von der Reinzuchthefe und der Gärtemperatur

Im Rahmen einer Diplomarbeit der Universität Freiburg im Breisgau, durchgeführt an der Eid-

genössischen Forschungsanstalt Wädenswil (FAW), wurde u.a. nach den Auswirkungen einer

erhöhten Glycerinbildung bei Gärungen mit der Hefe W15 geforscht. Versuchsweise wurden da-

bei acht verschiedene Weine bereitet, die sich aufgrund unterschiedlicher Gärtemperaturen und

des Einsatzes zweier verschiedener Hefen sensorisch deutlich voneinander unterscheiden.

(2)

SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 19/01 527 der gleiche Anstieg ist bei der Bernsteinsäure zu be-

obachten. Die Essigsäurewerte sind bei beiden Hefen nicht erhöht (0,3 g/l), die Alkoholwerte liegen bei 12%. Auf einen biologischen Säureabbau im An- schluss an die alkoholische Gärung wurde aus senso- rischen Gründen verzichtet. Die Gäraromatik der He- fen sollte nicht durch den Einfluss der Milchsäure- bakterien verändert werden.

Unterschiedliche Gärverläufe

Die Gärkurven von W15 (Abb. 3) und W27 (Abb. 4) zeigen die Abnahmen der Oechslegrade im Verlauf der Zeit. Alle Gärkurven liegen im erwarteten Be- reich, das heisst, je tiefer die Gärtemperatur, desto länger dauerte die Gärung. Überraschend ist die Kon- tinuität der Zuckerabnahme der Variante W15/10 °C:

Nach Einsetzen der Gärung (fünf Tage nach dem Ein- impfen der Hefe) wurde eine Zuckerabnahme von ziemlich genau 5 °Oe pro Tag festgestellt, was die Gärkurve fast zu einer Geraden werden lässt.

Auch die Gärdauer ist mit 26 Tagen bei 10 °C Gär- temperatur erstaunlich schnell. Die Hefe W15 eignet sich also hervorragend für Gärungen bei niedrigen Temperaturen. Sie zeigt jedoch nicht die typischen Ei- genschaften einer Kaltgärhefe, was eine untypisch hohe Esterbildung mit der Folge einer «Esterfruchtig- keit» wäre.

Sehr positiv für die Praxis ist das schnelle Einset- zen der Gärung mit W15, vor allem bei den Varianten mit tieferen Temperaturen. In der Zeit bis zum Gär- beginn können die eingeimpften Reinzuchthefen noch von unerwünschten Hefen, die natürlich im Most vorhanden sind, verdrängt werden. Durch den schnellen Gärbeginn der Hefe W15 wird dieses Risi- ko minimiert.

Was bei niedrigeren Gärtemperaturen ein Vorteil ist, zeigt sich bei der Variante W15/25 °C als Nachteil:

Die Gärung war zu schnell. Innerhalb von nur drei Ta- gen war die alkoholische Gärung abgeschlossen (Abb. 3). Negative sensorische Aspekte zeigten sich bei dieser Variante nach etwa vier Monaten Reifung im Edelstahltank. Der Wein wies dann bereits eine un- typische Alterungsnote (UTA) auf. Da dieser Fehlton bei keiner anderen Variante auftritt, könnte eine Ur- sache der zu schnelle Gärverlauf sein. Schnell gären- de Hefen verbrauchen mehr Stickstoff. Dieser einset- zende Stickstoffmangel bedeutet einen zusätzlichen Stress für die Hefe im Verlauf der alkoholischen Gärung.

Die Reinzuchthefe W15 hat übrigens bei keiner Gärtemperatur geschäumt.

Bei allen Gärtemperaturen der zum Vergleich einge- setzten Hefe W27 fand – verglichen mit W15 – der Be- ginn der Gärung später statt. Dies wirkt sich bei den kälteren Varianten als Nachteil aus, bei den wärme- ren jedoch als Vorteil, wegen der oben beschriebe- nen Gründe. Mit dem späteren Gärbeginn verbunden ist eine etwas längere Gärdauer im Vergleich zu W15, dies ist jedoch kein Nachteil (Abb. 4).

Beide Hefen zeigen hervorragende Praxiseigen- schaften. Wie durch das Karyotyping (Sichtbarma- chen der Bandenmuster der Chromosomen eines He-

festamms) bestätigt, haben sich die eingeimpften He- fen bei jeder Variante gegenüber den anderen im Most vorhandenen Hefen durchgesetzt.

Sensorische Unterschiede

Nach Beendigung der Weinbereitung wurden die Weine einem sensorischen Test unterzogen. Gemein- sam haben alle Varianten eine sortentypische Aroma- tik, die an Lindenblütenduft erinnert. Auch die für Müller-Thurgau typischen Muskataromen (Terpene) kommen bei jeder Variante deutlich, wenn auch un- terschiedlich intensiv, zum Vorschein.

WEINBEREITUNG

Abb. 3: Gärverlauf für die Reinzuchthefe Lal- vin W15 bei 10 °C, 15 °C, 20 °C und 25 °C.

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 °C 15 °C 20 °C 25 °C

Gärtemperatur W15 W27

Glycerin g/l

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

Gärtemperatur

Bernsteinsäure (Succinat) g/l

W15 W27

10 °C 15 °C 20 °C 25 °C

Gärkurven W15

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10

28.9.

W15 10 °C W15 15 °C W15 20 °C W15 25 °C

°Oe

29.9.30.9.1.10.2.10.3.10.4.10.5.10.6.10.7.10.8.10.9.10.10.10.11.10.12.10.13.10.14.10.15.10.16.10.17.10.18.10.19.10 .

20.10.21.10.22.10.23.10.

Abb. 1: Vergleich der gebildeten Glycerin- mengen der Hefen W15 und W27 bei unterschiedlichen Gärtemperaturen im Jungweinstadium.

Abb. 2: Vergleich der gebildeten Bern- steinsäuremengen der Hefen W15 und W27 bei unter- schiedlichen Gärtem- peraturen im Jung- weinstadium.

(3)

Die von den beiden Hefen gebildete Aromatik weist aber auch deutliche Unterschiede auf:

Weine mit W15 vergoren besitzen alle mehr «Kör- per» und «Frische».

Die mit W27 vergorenen Varianten zeigen eine mehr oder weniger ausgeprägte Sensorik in Rich- tung Südfrüchte.

Bei Gegenüberstellungen der Weine der verschie- denen Gärtemperaturen (W15 und W27) zeigt sich deutlich, dass der degustativ wahrgenommene Kör- per der Weine mit dem Glyceringehalt in Verbindung steht. Die kälter vergorenen Varianten zeigen sich im

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WEINBEREITUNG

Production de glycérine en relation avec la culture pure de levure utilisée et la température de fermentation

Pendant la fermentation, les levures fabriquent de la glycérine comme principal sous-produit. La glycéri- ne est considérée comme un porteur de substances aromatiques. La levure de culture pure sélectionnée à la Station fédérale de recherches à Wädenswil (FAW) produit plus de glycérine et partant, plus d'acide suc- cinique (succinite) que d'autres levures de culture pure. En plus de la souche de levures, la production de glycérine dépend aussi de la température de fermentation.

100 l de jus de raisin Müller-Thurgau ont été fermentés à différentes températures avec la levure de cul- ture pure W15 et cent autres, à titre de comparaison, avec la levure de culture pure W27 (qui produit des quantités moyennes de glycérine et d'acide succinique). Voici le résultat de ces essais:

Evolution de la fermentation: W15 convient tout particulièrement pour les fermentations à basses tem- pératures; la fermentation démarre rapidement. A 25 °C, le processus de fermentation est trop rapide avec W15: au bout d'environ quatre mois, un goût atypique de vieillissement (GAV) était déjà décelable au test sensoriel. Avec la levure de culture pure W27, la fermentation a démarré plus tard qu'avec W15 à toutes les températures et elle a aussi duré plus longtemps.

Profil aromatique: Les vins fermentés avec W15 ont beaucoup de corps et de fraîcheur, les vins W27 pré- sentent un profil aromatique d'agrumes. Pour les deux levures, les dégustatrices et dégustateurs ont don- né la préférence à ceux dont la température de fermentation se situait entre 15 et 20 °C; dans l'ensemble, les vins fermentés avec W15 ont obtenu des meilleurs notes que les vins W27.

On peut se procurer un set de dégustation des h uit vins expérimentaux en bouteilles de 0,5 l (avec les va- leurs analytiques assorties) pour sa petite dégustation personnelle moyennant une contribution aux frais de Fr. 60.-.

Station féd. de recherches Wädenswil, Jürg Gafner, Section spécialisée AnaTech, Microbiologie et Biologie moléculaire, case postale 185, CH -8820 Wädenswil. Tél. 0041/1/783 63 50, Fax 0041/1/783 62 24 ou 0041/1/780 63 41. E-mail: juerg.gafner@faw.admin.ch

R

ÉSUMÉ

Gärkurven W27

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10

28.9 .

W27 10 °C W27 15 °C W27 20 °C W27 25 °C

°Oe

29.9 . 30.9.1.10

. 2.10.3.10

. 4.10.5.10

. 6.10.7.10

. 8.10.9.10.10.10

.

11.10.12.10.13.10.14.10.15.10.16.10.17.10.18.10.19.10.20.10.21.10 . 22.10.23.10.

Duft verhaltener, verglichen mit den wärmeren Vari- anten. Letztere sind fruchtiger und spritziger; der Grund dafür ist wahrscheinlich der höhere Gehalt an Bernsteinsäure. Negative sensorische Eigenschaften (UTA) zeigen sich – wie oben beschrieben – schon nach vier Monaten bei der Variante W15/25°C.

Erste Degustationen mit Praktikern und Praktike- rinnen haben gezeigt, dass die bei 15 °C und 20 °C vergorenen Varianten der beiden Hefen W15 und W27 deutlich besser beurteilt wurden gegenüber 10

°C und 25 °C. Zusätzlich haben wir festgestellt, dass die Weine, die mit W15 vergoren wurden, von den Degustatoren und Degustatorinnen doppelt so oft be- vorzugt wurden wie die mit W27 vergorenen Weine.

Versuchsset

Da die Sensorik ja auch eine Sache des persönlichen Geschmacks ist, bietet die FAW jedem Interessenten alle acht Weine in einem Set zur persönlichen Degu- station an. Das Set beinhaltet jeweils 0,5 l jeder Vari- ante mitsamt den Analysenwerten. Somit kann sich je- der Weinbereiter an dem Geschmacksbild orientie- ren, welches ihm am besten gefällt.

Das Set kann zum Unkostenbeitrag von Fr. 60.– be- zogen werden von:

Eidgenössische Forschungsanstalt Wädenswil, Jürg Gafner, Fachbereich AnaTech, Mikrobiologie und Mo- lekularbiologie, Postfach 185, CH-8820 Wädenswil.

Tel. 0041/1/783 63 50, Fax 0041/1/783 62 24 oder 0041/1/780 63 41. E-Mail: juerg.gafner@faw.admin.ch Abb. 4: Gärverlauf für

die Reinzuchthefe Lal- vin W27 bei 10 °C, 15 °C, 20 °C und 25 °C.

Referenzen

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