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Stellungnahme zum Umgang mit Rechtsextremismus und rechtsextrem organisierten Personen

im Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften

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Der Fachbereichsrat des Fachbereichs Sozial- und Bildungswissenschaften (FB 1) hat am 13. Juni 2018 ein Diversity-Leitbild verabschiedet und sich damit in Lehre und Forschung dem Prinzip der Verschiedenheit von Menschen verpflichtet. Dazu gehören sowohl der anerkennende Umgang mit Vielfalt als auch das entschie- dene Handeln gegen jede Form diskriminierender Praxen oder Haltungen: „Dis- kriminierende Praxen sind Äußerungen und Handlungen, die individuell und insti- tutionell gegen einzelne Personen oder soziale Gruppen im Hinblick auf bestimmte Diversitätskategorien gerichtet werden. Das betrifft den Lehrraum, Gremien- räume, aber auch Pausen und den Campus“ (FB 1-Diversity-Leitbild 2018).2

Das Kollegium formuliert mit diesem Leitbild die deutliche Missbilligung von ras- sistischen, antisemitischen, islamfeindlichen, sexistischen, homo- und transfeind- lichen sowie anderen diskriminierenden Äußerungen und Handlungen und setzt diesem Verhalten ein Selbstverständnis als diversitybewusster und für soziale Ge- rechtigkeit engagierter Fachbereich entgegen.

Aus aktuellem Anlass und auf Wunsch von Student*innen des FB 1 möchte der Fachbereich dieses Diversity-Leitbild um eine Stellungnahme zum Umgang mit Rechtsextremismus und rechtsextrem organisierten Personen ergänzen. Mit die- ser Stellungnahme verfolgt das Kollegium des FB 1 auch die Absicht, dem „Syn- drom Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ (Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld 2002), durch

„Wahrnehmen- Deuten- Handeln“ (Paritätischer Wohlfahrtsverband 2016) un- missverständlich entgegenzutreten.

Wir setzen uns mit dieser Stellungnahme mit Nachdruck für die Verschiedenheit von Menschen und die Meinungsvielfalt sowie einen respektvollen und solidari- schen Umgang miteinander ein. Dazu gehören eine Atmosphäre und Diskussions-

1 verabschiedet vom Kollegium des FB 1 im Oktober 2020

2 https://www.fh-potsdam.de/sozial-und-bildungswissenschaften/

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kultur, in der sich Studierende und Lehrende für ein gleichberechtigtes Miteinan- der aller Menschen an der Hochschule einsetzen und für Demokratie, Vielfalt und Antidiskriminierung eintreten. In einer solchen von Respekt, Diskurs und Aner- kennung getragenen Lehr-Lern-Beziehung können sich u.E. die fachlich-ethischen Prinzipien der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik im beruflichen Habitus der Studierenden verankern und über die FH Potsdam hinaus wirksam werden.

Bildung und Ausbildung brauchen Austausch, freie Meinungsäußerung und Selbs- treflexion; dies ist für uns in Lehre und Forschung Grundsatz und Vision zugleich.

Wichtig ist dabei auch der Diskurs über unterschiedliche Positionen oder Über- zeugungen. Doch gehören dazu keine menschenverachtenden Positionen, Über- zeugungen und Weltverschwörungstheorien, deren Ansinnen keine Diskussions- kultur in der Vielfalt ist, sondern vielmehr zu Einstellungen und Handeln auffor- dern, die der UN-Menschenrechtscharta, dem Grundgesetz und der Berufsethik der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik widersprechen (im sozialwissen- schaftlichen Diskurs ist hier von der toxischen Verbindung Rassismus, Antisemi- tismus und Frauenfeindlichkeit die Rede). Deshalb ist eine klare Abgrenzung ge- genüber allen Äußerungen und Handlungen, die einer menschrechtsorientierten und demokratischen Einstellung widersprechen, notwendig.

Notwendige und überfällige Thematisierung von Rassismus, Diskriminierung und sozialer Ungerechtigkeit, die wir aktiv unterstützen, dürfen aber die offene De- batte und das Aushalten von Differenzen nicht schwächen. Der freie Austausch von Argumenten ist konstitutiv für eine demokratische Gesellschaft, Intoleranz, öffentliche Anprangerung oder der Versuch, komplexe gesellschaftlich Fragen in moralische Gewissheiten zu überführen, stehen dem Wesen der Wissenschaft entgegen. Die an unserem Fachbereich gelehrten Berufe haben einerseits eine hohe Verantwortung Rassismus, Diskriminierung und soziale Ungerechtigkeit zu identifizieren und kritisch zu thematisieren, andererseits müssen sie gerade des- wegen auch die wirkende Verbindung zu Adressaten halten können, die sich ras- sistisch, diskriminierend oder verfassungsfeindlich verhalten.

Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte benennt dies in ei- ner Stellungnahme folgendermaßen: Dabei ist entscheidend "(…) dass die Grund- und Menschenrechte einen zentralen rechtlichen Maßstab für die schulische und außerschulische Bildung bilden. Demzufolge müssen Lehrer_innen und Akteure

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der außerschulischen Bildung rassistische und rechtsextreme Positionen kritisch thematisieren. Dabei sind das Gebot der Kontroversität in der Bildung und das parteipolitische Neutralitätsgebot des Staates gemäß Artikel 21 Grundgesetz zu beachten. Aus diesen lässt sich jedoch nicht ableiten, dass von Parteien eingenom- mene rassistische Positionen als gleichberechtigte legitime politische Positionen darzustellen sind. Rassistische Positionen stellen vielmehr den Grundsatz der allen Menschen gleichermaßen zustehende Menschenwürde und den damit einherge- henden Grundsatz der Rechtsgleichheit aller Menschen in Frage. Hierbei handelt es sich um nicht verhandelbare Grundsätze des Grundgesetzes."3

Aus aktuellem Anlass ist es uns deshalb wichtig, im FB 1 eine Auseinandersetzung zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und rechtsextrem orga- nisierten Personen zu initiieren und u.a. mit Blick auf das Parteiprogramm und den Haltungen innerhalb der AfD zu diskutieren, wo sich die AfD auch aus politik- wissenschaftlicher Perspektive nicht nur rechtspopulistisch, sondern auch rechts- extrem verhält und äußert. Arnim Pfahl-Traugheber hat hierzu in seiner Publika- tion 2019 analytisch und sehr differenziert Stellung genommen. So werden

„Funktionsträger mit Kontexten zum traditionellen Rechtsextremismus“ identifi- ziert (Pfahl-Traughber 2019, S. 23) oder eine „Relativierung des Antisemitismus“

durch viele Aussagen von AfD Mitgliedern unterlegt (Pfahl-Traughber 2019, S.

19).

Nach unserer Einschätzung widerspricht die AfD weitestgehend den Grundsätzen der Berufsethik des DBSH (2014) auf der Grundlage des Ethikkodex der Internati- onal Federation of Social Work und der International Association of Schools of Social Work (IFSW; IASSW,2004) und damit den Grundprinzipien des Verstehens und Handels in unserer Profession. Dies gilt für alle unsere Studiengänge.

Der Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften wird in Kooperation mit der BTU Cottbus Strategien Aktionen planen und durchführen, die sich mit dem Thema zunehmender antidemokratischer und menschenverachtender Tenden- zen wie Rechtsextremismus und Diskriminierung wie u. a. Rassismus befassen werden.

3 https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/ANA- LYSE/Analyse_Das_Neutralitaetsgebot_in_der_Bildung.pdf

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Sollte den Prinzipen eines respektvollen Diskurses und Miteinanders durch diskri- minierendes wie rassistisches Verhalten und rassistische Äußerungen – sei es in Seminaren, sei es auf dem Campus – verletzt werden, verpflichten sich das Deka- nat und die Lehrenden des FB 1 zu folgenden Schritten:

- Schutz der angegriffenen Personen

- Eröffnung eines Dialoges innerhalb und außerhalb des Seminars - Aufzeigen der berufsethischen Kontexte

- Aufzeigen der Folgen solcher Diskriminierung u.a.m.

Als präventive Maßnahmen sind uns konkret folgende Angebote wichtig:

- Seminarreihen und/oder Ringvorlesungen werden angeboten, die das Ent- stehen und die Folgen von Rassismus aufzeigen und mögliche Projekte zur Prävention aufzeigen (z. B. den „anti-bias-approach“, das Bildungskonzept

„Social Justice und Diversity“).

- Ansprechpartner*innen werden genannt, die für individuelle Beratung und Intervention zur Verfügung stehen.

- berufsethische Positionen werden auf vielfältige Weise sichtbar gemacht und zum Thema in den Lehrveranstaltungen.

- rassistische oder rechtsextreme sowie antisemitische Verhalten oder Äu- ßerungen werden verfolgt und gegeben falls angezeigt.

- antidemokratische und insgesamt diskriminierende Verhalten oder Äuße- rungen werden nicht geduldet und verfolgt.

Ein erster Schritt wird eine mit der BTU Cottbus gemeinsam organisierte Ringver- anstaltung im Wintersemester 2020/21 darstellen, bei der es um folgende The- men geht:

„Völkisch autoritäre und (extrem) rechte Akteur*innen an Hochschulen (Sozia- ler Arbeit) - Analysen und Handlungsstrategien"4

 11.11.2020: Prof. Dr. Heike Radvan mit „Völkisch autoritäre und (extrem) rechte Akteur*innen an Hochschulen (Sozialer Arbeit) - Analysen und Handlungsstrategien“

 25.11.2020: Esther Lehnert zum Schwerpunkt Professionsgeschichte und Wahrnehmungsdefizite

4 Hier handelt es sich um eine erste Planung. Veränderung werden wir in einer aktuellen Einla-

dung Anfang Oktober bekannt geben.

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 9.12.2020: Gesa Köbberling zum Thema Wahrnehmungshaltungen in der Sozialen Arbeit bezogen auf Opfer rechtsextremer Gewalt

 13.1.2021: Gideon Botsch: Die AfD in Brandenburg

Literatur

DBSH (2014): Berufsethik des DBSH. Ethik und Werte. Forum Sozial, Nr. 4, 2014: 1-43.

Online unter: https://www.dbsh.de/media/dbsh-www/redaktionell/pdf/Sozialpoli- tik/DBSH-Berufsethik-2015-02-08.pdf. [letzter Zugriff: 30.7.2020]

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikatio- nen/ANALYSE/Analyse_Das_Neutralitaetsgebot_in_der_Bildung.pdf

FB 1-Diversity-Leitbild (2018): Online unter: https://www.fh-potsdam.de/sozial-und-bil- dungswissenschaften/ [letzter Zugriff: 30.7.2020]

IFSW/IASSW, International Federation of Social Workers/International Association of Schools of Social Work (2004): Global Statement of Ethical Principles. Online un- ter: https://www.ifsw.org/global-social-work-statement-of-ethical-principles/ [letzter Zugriff: 30.7.2020]

Pfahl-Traughber, Armin (2019): Die AFD und der Rechtsextremismus, Eine Analyse aus politikwissenschaftlicher Sicht, Springer VS

Der Paritätische Wohlfahrtsverband (Hrsg.) (2016): Wahrnehmen- Deuten- Handeln, Rechtsextremismus in der Sozialen Arbeit keinen Raum bieten, (2.Auflage)

Miteinander gegen Hass, Diskriminierung und Ausgrenzung, Eine Handreichung der Wohlfahrtsverbände zum Umgang mit Rassismus, Antisemitismus und Rechtextremis- mus, AWO Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband e.V., Diakonie Deutschland, Zentralwohlfahrtsverband der Juden in Deutschland e.V., 2017

Referenzen

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