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Fallbeispiel Quarz

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Academic year: 2022

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Fallbeispiel Quarz

Eberhard Nies

Grenzen der Grenzwertableitung

© Didier Descouens

(2)

Siliziumdioxid (SiO

2

)

• SiO4-Tetraeder

• eckenverknüpft über Sauerstoffatome

• „Anhydrid“ der Kieselsäure

• 3-dimensionale Strukturen

• Strukturen (kleine Auswahl)

• amorph (keine Fernordnung)

• kristallin (Fernordnung)

• α-, β-Quarz

• α-, β-Cristobalit

• α-, β-Tridymit

(3)

Siliziumdioxid (SiO

2

)

Modifikation der Oberfläche

• physikalisch

• chemisch

=> Beeinflussung der Reaktivität

(4)

Siliziumdioxid (SiO

2

): Befunde zur Wirkstärke

• Frisch gebrochene Oberflächen scheinen eine

stärkere toxische Wirkung aufzuweisen als gealterte Oberflächen (Vallyathan et al., 1995).

• Behandlungen wie Erhitzen, Ätzen mit Chemikalien oder Mahlen von Quarz kann die Oberflächeneigenschaften

und somit die Toxizität von Quarzpartikeln verändern (Fubini, 1998; Fubini et al., 1995).

• Durch Bindung dreiwertiger Ionen wie Al3+ oder Fe3+ kann die Wirkung von Quarz auf Zellmembranen abgeschwächt bzw. deren Zytotoxizität und Gentoxizität vermindert werden (Nolan et al., 1981; Schins et al., 2002).

(5)

Grenzwertableitung

Exposition  Effekt

Dosis-Wirkungs-Beziehung NOAEL / LOAEL

AGW / ERB

Modellierung, Extrapolation in den Niedrig-Dosis-Bereich

Adjustierung, Modellierung

Übertragung auf den Menschen

Bestimmung einer Schwelle oder eines Risikos definierte

Expositionsbedingungen, Response

Expositionsermittlung m. Confoundern,

Bestimmung v.

Krankheitshäufigkeiten

Tierdaten Humandaten

(6)

Dosis-Wirkungs-Beziehungen

keine Wirkschwelle ermittelbar

Stoffkonzentration

[%]

Schadenswahrscheinlichkeit

[%]

primär DNA-schädigende Stoffe

0

Schwellenwert

Stoffkonzentration

z. B. Reizstoffe

0

 Risikominimierung (ALARA)

 risikobasierter Grenzwert

 gesundheitsbasierter Grenzwert (AGW)

(7)

Dosis-Wirkungs-Kurve für Hexachlorbenzol

0 20 40 60 80 100

0 5 10 15 20

Dosis [mg/kg/d]

Tumorrate [%]

Goldhamster männl.

Goldhamster weibl.

(8)

Risikoextrapolation in den Niedrigdosisbereich

Goldhamster männl.

100

10 - 2 1

10 - 4

10 - 6

100 10 - 2 1

10 - 4 10 - 6

Tumorrate [%]

Dosis [mg/kg/d]

Goldhamster männl.

100

10 - 2 1

10 - 4

10 - 6

100 10 - 2 1

10 - 4 10 - 6

Goldhamster männl.

Goldhamster.

Goldhamster männl.

Goldhamster weibl.

100

10 - 2 1

10 - 4

10 - 6

100 10 - 2 1

10 - 4 10 - 6

Tumorrate [%]

Dosis [mg/kg/d]

(9)

Ratten-Inhalationsstudien

• Muhle et al. (1991)

• Übertragung auf den Menschen

• lineare Extrapolation des Tumorrisikos

• Toleranzkonzentration (4 : 1.000)

=> 19 µg/m³

16% Tumorrate, 0,74 mg/m³ 104 W, 5 Tage/W, 6 Std./Tag

Extrapolation Arbeitsstunden/Tag

x 6/8

Extrapolation Arbeitswochen/Jahr

x 52/48

Extrapolation Lebensarbeitszeit

x 75/40

Extrapolation

Ratte in Ruhe vs. Mensch (leichte Aktivität)

x 6,7/10

(10)

Ratten-Inhalationsstudien

NOAEL 0,1 mg/m³

28 Tage, 6 Std./Tag, 5 Tage/W

Zeitextrapolation x1/6

Extrapolation Arbeitsstunden/Tag

x 6/8

reduzierter Variabilitätsfaktor (Ratte empfindlicher als

Hamster u. Maus) x1/3

Extrapolation

Ratte in Ruhe vs. Mensch (leichte Aktivität)

x 6,7/10

• Henderson et al. (1995)

• Induktion von PMN

• „AGW-analoger Wert“

=> 5,6 µg/m³

(11)

Quarzwirkung und mechanistische Überlegungen

• COPD

• Entwicklung einer COPD ohne vorherige Entzündung unwahrscheinlich

• Silikose

• Silikose 1/1 bereits (schwache) manifeste Entzündung bei Unsicherheit der radiologischen Diagnostik

• Lungenkrebs

• Gentoxizität von untergeordneter Bedeutung für Krebsentstehung;

auch hierfür die chronische Entzündung entscheidend

Fazit: chronische Entzündung als relevanter Endpunkt analog zu GBS

=> toxikologische Wirkschwelle anzunehmen

(12)

Epidemiologie: Expositionserfassung

• Beurteilung/Ermittlung der Exposition

• historische Expositionshöhen => oft nur Schätzungen

• Dosis-Zeit-Beziehung: kumulierte Exposition UND Expositionszeit, in der die kumulative Dosis erreicht wird, sind von Bedeutung

• Entwicklung v. Staubreduktionmaßnahmen: z. B. Nassbohren, Brechen nur über Tage

• unterschiedliche Wirkstärken verschiedener Stäube

• Mischstäube (Quarz, Cristobalit)

• Partikelgrößenverteilung

• Confounder

• Rauchen

• GBS (granuläre biobeständige Stäube)

• Bergbau: Arsen, PAK, Radon, Asbest

(13)

Epidemiologie: Diagnostik

• ILO- „Staublungen“-Klassifikation

• ILO 1/1: Spezifität 97 bis 99%, aber Sensitivität nur 24-39 % (Baur, 2008)

• Anzahl und die Kompetenz der Leser der Röntgenbilder variiert erheblich

• Latenzzeit

• Silikose

• Mittelwert ca. 35 Jahre in einem Bereich von 18 bis 50 Jahren

• akute Silikose: wenige Monate bei türkischen Sandstrahlern von Jeans bei sehr hohen Expositionen (ca. 75 mg/m³ E-Fraktion Quarz)

=> Bedeutung der Beobachtungszeit (variiert in verschiedenen Studien)

• Lungenkrebs

• längere Latenzzeit als nichtmaligne expositionsbedingte Todesursachen

=> „Silikotiker haben geringeres Lungenkrebsrisiko“

(14)

Epidemiologie: Risikoquantifizierung

• hohes Hintergrundrisiko

• Hintergrundrisiko Lungenkrebs: 5 – 7 %

• Exzess-Risiko (zusätzl. Risiko) von 1 % entspricht einem relativen Risiko 1,2 – 1,14

• Exzess-Risiko von 4 : 1.000 entspricht einem relativen Risiko von 1,08 – 1,05

=> schwer nachweisbar

• Konkurrierende quarzinduzierte Todesursachen

• nichtmaligne Silikose und Silikotuberkulose

• höheres Risiko als für Lungenkrebs

• maligner Lungenkrebs

(15)

Epidemiologie: Risiken

Studien

q 01 Hnizdo, Sluis-Cremer (1993) q 02 Chen (2001)

q 03 Buchanan (2003) q 04 Churchyard (2004) q 05 Rego (2008) q 06 Sun (2011)

q 07 Park, Chen (2012) p 08 Steenland, Brown (1995) p 09 Mannetje (2001)

p 10 Morfeld (2005)

11 Möhner (2013) t 12 Checkoway (1997) t 13 Rice (2001)

t 14 Attfield, Costello (2004) t 15 Pukkala (2005)

t 16 Bergdahl (2010) t 17 Preller (2010) t 18 Chen (2012) t 19 Sogl (2012) u 20 Hughes (2001) u 21 McDonald (2005) u 22 Cassidy (2007) u 23 Andersson (2012)

(16)

Schlüsselstudie Silikose

• Deutsche Porzellanindustrie-Kohorte (Mundt et al., 2011)

• 17.644 Kohortenmitglieder

• Eintrittskriterium: Teilnahme an einem Screeningprogramm zwischen 1985 und 1987

• aufwändige Rekonstruktion der Expositionssituation (JEM)

• Evaluierung eines Schwellenwertes (Morfeld et al., 2013)

• Modellierung umfasst auch ein Modell ohne Schwellenwert

Mundt, K.A. et al. (2011):

Respirable crystalline silica exposure-response

evaluation of silicosis morbidity and lung cancer mortality in the German porcelain industry cohort.

Journal of Occupational and Environmental Medicine, 53, 282-289

(17)

Silikose: zur Frage der Wirkschwelle

• Mundt et al. (2011), Morfeld et al. (2013), Sun et al. (2011):

• insgesamt Effekte ab 150 µg/m3 unstrittig (LOAEL)

• einzelne Fälle von Silikose 1/1 auch bei Exposition im Bereich von 0-150 µg/m3

• Schwellenwertmodellierung nach Morfeld ergibt höhere Werte: 250 µg/m3 (95% KI: 160-300 µg/m3)

• Hinweis auf Relevanz von kurzfristig hohen Konzentrationen

(18)

Schlüsselstudie Lungenkrebs

• Sogl et al. (2012): Neuauswertung der „Wismut-Kohorte“

• deutscher Uranbergbau (58.987 Männer)

• Beschäftigung zwischen 1946 und 1989 mind. ½ Jahr

• bis Ende 2003 insgesamt 2.995 Todesfälle an Lungenkrebs

• kein erhöhtes Lungenkrebsrisiko je nach Modellauswahl bis zu 250 oder 500 µg/m3

Sogl et al. (2012):

Quantitative relationship between silica exposure and

lung cancer mortality in German uranium miners, 1946-2003.

British Journal of Cancer, 107, 1188-94

(19)

Endpunkt Lungenkrebs (Sogl et al., 2012)

(20)

100 250

25 150

50

5

µg/m³

Knickstelle Lungenkrebs (Sogl)

LOEL Silikose 1/1 (Mundt)

Hintergrundbelastung < 1 µg/m³ NAEL Silikose 1/1 (berechnet)

Faktor 10

Faktor 3

LOEL => NAEL

Faktor 10 Krebsrisiko 5 : 1.000 (Liu)

50

(21)

Umsetzung ins deutsche Regelwerk

Bekanntmachung des BMAS vom 6.7.2016, BMBl 2016, S. 623:

„Der AGS hat einen Beurteilungsmaßstab zu Quarz (A-Staub) von 50 μg/m3 (Überschreitungsfaktor 8) beschlossen.“

Bekanntmachung des BMAS vom 6.7.2016, BMBl 2016, S. 622:

„Bei der Festlegung von Beurteilungsmaßstäben ist u. a.

sicherzustellen, dass der Schutz der Beschäftigten gewahrt ist. [...]

Der Beurteilungsmaßstab ist bei der Gefährdungsbeurteilung und zur Kontrolle der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen und einzuhalten.“

• Der Beurteilungsmaßstab für Quarz soll in die Neufassung der TRGS 559 “Mineralischer Staub” einfließen.

28.06.2017

Grenzen der Grenzwertableitung 21

(22)

Grenzwerte ausländischer Organisationen

• SUVA (CH) 150 µg/m³ (Quarz)

• INRS (F) 100 µg/m³ (Quarz)

50 µg/m³ (Cristobalit, Tridymit)

• RIVM (NL) 75 µg/m³ (kristallines SiO2)

• SCOEL (EU) <50 µg/m³ (kristallines SiO2)

• OSHA/NIOSH (USA) 50 µg/m³ (kristallines SiO2)

• ACIGH (USA) 25 µg/m³ (kristallines SiO2)

• OCRC (Kanada) 25 µg/m³ (kristallines SiO2)

• TCEQ (Texas) 2 µg/m³ für Silikose (kristallines SiO2) 0,27 µg/m³ für Lungenkrebs (krist. SiO2)

Referenzen

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