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Archiv "1436 in Gastein: „Ime ist geholffen worden“ - Aus der Geschichte der Badgasteiner Heilquellen" (11.12.1980)

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Aufsätze • Notizen

Wenn man die Entstehung der Ga- steiner Heilquellen begreifen will, muß man sich vergegenwärtigen, daß die Alpen — geologisch gespro- chen — ein sehr junges Gebirge sind und erst im Tertiär, also vor der Eis- zeit gefaltet, teilweise überschoben und bis zur heutigen Höhe gehoben wurden. Dabei sind Klüfte, Risse und Spalten entstanden, die für unsere Betrachtungsweise von besonderer Bedeutung sind. Die Hebung dauert noch heute an. Während der Eiszeit hobelten die Gletscher die von Flüs- sen durchströmten Täler aus und schufen u-förmige Trogtäler. Solch ein Tal zieht sich von Badgastein nordwärts und wird von der Ach durchflossen.

Sobald nach der Eiszeit ein Glet- scher schmolz, konnte das Schmelz- wasser im Gletschertrog einen See bilden, der seicht und langgestreckt.

zu sein pflegt. Auch der Salzburger Flachgau war einst ein See, der von Schottern zugeschüttet wurde und verlandete. An manchen Stellen blieb der Talboden sumpfig, und es bildeten sich Moorböden aus wie zwischen Salzburg und Hallein, die einen Badetorf bester Qualität lie- fern.

Wie entsteht nun das Gasteiner Thermalwasser, das aus achtzehn Quellen mit einer Wärme von etwa 47 Grad hervorsprudelt? Mit Hilfe der sogenannten Radiokohlenstoff- methode wurde nachgewiesen, daß das Thermalwasser aus Niederschlä- gen stammt, die versickert sind; bis zu seinem Wiederauftreten ist es 3500 bis 3800 Jahre unterwegs ge- wesen. Der Kurgast von heute badet somit in einem Wasser, das 1600 bis

1800 Jahre v. Chr. als Niederschlag gefallen ist. Die hohe Temperatur des Wassers rührt nach neuesten Forschungsergebnissen davon her, daß es in weitverteilten engen Klüf- ten, deren Entstehung oben darge- stellt wurde, in die Tiefe gesickert ist und dort erwärmt wurde. Denn mit der Tiefe steigt die Temperatur um rund drei Grad Celsius je hundert Meter. Allerdings ist dabei zu be- rücksichtigen, daß die oberflächen- nahen Bodenschichten das ganze Jahr über eine mittlere Temperatur besitzen. Entsprechend den durch- geführten Berechnungen kann an- genommen werden, daß das Nieder- schlagswasser von seinem Einsicke- rungsgebiet aus mindestens 2500 bis 3000 Meter in weitverteilten en- gen Klüften in die Tiefe sickert, um dann von dort aus in größeren und weiteren Klüften schnell aufzu- steigen.

Weitere Untersuchungen an den Isotopen des Gasteiner Thermalwas- sers haben den Nachweis erbracht, daß einige Zweige der Gasteiner Therme auch schon während vorge- schichtlicher Zeit in der Nähe der heutigen Warmwasseraustritte zir- kuliert haben.

Gasteiner Kurmittel: Radon, Badetorf, Sole, Mineralheilwasser Die Quellwässer enthalten Radon;

auf ihrem langen Wege fließen sie nämlich über radioaktive Ablagerun- gen und werden dabei radioaktiv. Da Radon eine sehr kurze biologische Halbwertzeit hat, nämlich 30 Minu- ten, findet man drei Stunden nach dem Baden kein Radon mehr im

Körper. Gemäß medizinischer Unter- suchungen stimuliert Radon das Ii- poidaffine Gewebe wie Nerven und endokrine Drüsen, wodurch die Kur- erfolge erklärt werden.

Unter Ausnutzung der oben erwähn- ten Moorböden, die sehr guten Ba- detorf liefern, entstand 1827 die er- ste Moorbadeanstalt als Kreuz- brücklbad im damaligen Großdorf Maxglan bei Salzburg. Weitere Moorbäder wurden in der Umge- bung von Salzburg auf einem Areal errichtet, das heute als engerer Kur- bezirk gilt. Im Jahre 1873 wurde der von Baron Carl von Schwarz erbaute neue „Cursalon" im aufstrebenden Neustadtteil eröffnet, der für damali- ge Verhältnisse moderne Kurein- richtungen enthielt und den „engli- schen" Teil des Schloßgartens von Mirabell als Kurpark einbezog. Da dieses erste Stadtkurhaus auch ei- nen Konzert- und Ballsaal aufwies, war es sehr populär. Fernerhin wird Bergwerks-Sole aus dem nahen Salzbergwerk Hallein und das Mine- ralheilwasser vom Glaubersalztyp aus dem nahen Wiestal als Kurmittel verwendet.

Berichte aus alten Chroniken In einer alten Chronik wird berichtet, daß „Anno 678... zween Jäger .. . den ersten Ursprung des warbmen Wassers gefondten" hätten.

Die älteste geschichtliche Nachricht über das Bad in der Gastein geht nicht weiter als bis in das Jahr 1350 zurück. Aus früheren Zeiten, vor al- lem aus dem Altertum und aus der Früh- und Vorgeschichte, fehlen jed- wede Hinweise auf die Gasteiner Quellen. Am ehesten wäre noch zu erwarten, daß die heißen Bäder in der Römerzeit bekannt gewesen sind, weil die Römer warme Quellen liebten und überall dort, wo sie sol- che fanden, große Badeanlagen er- richteten. In Badgastein sind aber keine Reste römischer Bäder, keine Weihesteine von Quellgöttinnen und dergleichen gefunden worden. Es ist dies um so merkwürdiger, als die Gasteiner Thermalquellen die heiße- sten in Österreich sind und sich im

FEUILLETON

1436 in Gastein:

„Ime ist geholffen worden"

Aus der Geschichte der Badgasteiner Heilquellen

Hans-Joachim von Schumann

2996 Heft 50 vom 11. Dezember 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Badgastein vor 150 Jahren Foto: Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek Aufsätze • Notizen Badgasteiner Heilquellen

Winter durch eine sichtbare Dampf- bildung bemerkbar machen.

Daß das Gasteiner Tal bereits zur Römerzeit begangen wurde, bewei- sen Einzelfunde römischer Münzen und eines römischen Schreibgrif- fels. Trotzdem muß man annehmen, daß man damals von der Existenz der Quellen keine Kenntnis hatte.

Dies läßt sich nur so erklären, daß zur Römerzeit und auch vielleicht schon früher die warmen Quellen noch nicht an die Oberfläche ge- langt waren. Der Hang des Badber- ges in Badgastein, aus welchem heute die warmen Wässer aufquel- len, ist ein Rutschgebiet. Neuere Un- tersuchungen haben erwiesen, daß die Gasteiner Heilquellen zwar in vorgeschichtlicher Zeit geflossen sind, aber durch spätere Felsgleitun- gen vorübergehend verschüttet wurden.

Im Jahre 1436 war Friedrich, Herzog von Steiermark, der spätere deut- sche Kaiser Friedrich III, als Kurgast in Gastein; hier „ist Ime geholffen auch frisch und gesundt worden."

Die „Badenfahrt" war damals wegen des schlechten Zustandes der Wege sehr beschwerlich; erst als 1534 die sogenannte Klammstraße vollendet war, wurde das Reisen erleichtert, und es wird berichtet, daß Fürsten und die höhere Geistlichkeit zwi- schen den Jahren 1534 und 1550 Bäderkuren durchgeführt hatten. Da in dieser Zeit der Gold- und Silber- bergbau aufblühten und viele zu großem Reichtum gelangten, wur- den auch Unterkünfte für die Bade- gäste aus Holz errichtet; allerdings beanstandete man die finsteren Zim- mer, die zu harten Betten und die geldgierigen Wirte sowie die unsau- beren Kellner. Fernerhin beklagte man sich über Wanzen und Mäuse.

Das Wasser wurde zu den Gasthäu- sern in offenen, hölzernen Rinnen geleitet. Man badete im allgemeinen allein in einer hölzernen Wanne; es gab aber auch Gemeinschaftsbäder in den Gasthöfen. Die Patienten ver- brachten am Vormittag drei bis sechs Stunden, am Nachmittag ein bis zwei Stunden im Wasser. Oft aß

und trank man im Wasser. Vor allem war es allgemein üblich, im Wasser zu frühstücken oder Gesellschafts- spiele zu veranstalten. Die Aufsicht war unzureichend. Es kam vor, daß manch einer ertrunken aufgefunden wurde.

Das gemeinsame Baden wurde von dem Erzbischof Paris Lodron 1641 verboten, als er eine Kur machte, später aber wieder zugelassen. Man- che Witze wurden über junge Frau- en gemacht, die zur Behebung ihrer Kinderlosigkeit gekommen waren und schwanger wurden.

Kuren und Baden im Mittelalter Die ärztliche Betreuung wurde von den Badern ausgeübt, die auch das Schröpfen und Aderlassen vornah- men, meist viel zu häufig. Es gab Kalender, die die für den Eingriff günstigen Tage angaben. P. Tassilo hat, wie Gerke berichtet, aus alten Handschriften des Stiftes Krems- münster einiges über Bäderwesen in Gastein zusammengestellt.

Die Medikamente eines hier im 17.

Jahrhundert tätigen Baders bestan- den in Kräutersäften gegen Stoff- wechselleiden, Holundertee zum Schwitzen, Wacholder in Beeren und als Schnaps zur Magenstär- kung. Gegen Magenweh und Grim- men gab es ein aus Kümmel, Kalmus und Enzian bereitetes Magenpulver.

Er verordnete auch ein Leberpflaster und eine mit Zitrone bereitete Frost-

beulensalbe. Beliebt war bei Blasen- leiden das aus Wacholder herge- stellte Kranawitwasser. Manche Kranke mußten vier bis fünf Liter täglich davon trinken. Damals scheint der Bader auch Kosmetiker gewesen zu sein, was ihm vielleicht mehr eintrug als seine ärztliche Kunst. Er hatte Schlüsselblumen- wasser und Weißlilienpulver auf La- ger, Medizinen, die gegen Sommer- sprossen, Runzeln und Nasenröte verwendet wurden und denen man einen günstigen Einfluß auf die Haut zuschrieb. Als Mundwasser empfahl er Salbei und gegen Haarausfall und Glatze eine Mixtur aus Salbei und Kranawitöl.

Niedergang des Badewesens nach dem Dreißigjährigen Krieg Die Wirren, die im 16. und 17. Jahr- hundert durch Bauernaufstände, Reformation und religiöse Verfol- gungen sowie durch den 30jährigen Krieg hervorgerufen wurden, und die Kriege außerhalb des Landes, die Europa im 18. Jahrhundet er- schütterten, führten zu einem Nie- dergang des Badewesens in Ga- stein. Ungünstig wirkten sich auch Pest, Hochwasserkatastrophen und Feuersbrünste aus. Ein neuer Auf- schwung setzte erst um 1751 ein, als das alte Spitalgebäude durch ein modernes ersetzt wurde. Das erste aus Stein gebaute und gut einge- richtete Haus, das als Schloß errich- tet worden war, wurde 1807 für die Unterbringung von Gästen freigege-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 11. Dezember 1980 2997

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Blick ins Gasteiner Tal und im Vordergrund auf Kur- und Kongreßhaus Foto: Archiv Aufsätze • Notizen

Badgasteiner Heilquellen

ben, die dort auch baden konnten;

alle Einrichtungen wurden sehr ge- lobt. Hingegen ließen die Einrichtun- gen in den übrigen Häusern sehr zu wünschen übrig. Manche Badezim- mer hatten nur ein Dach, so daß sie sehr zugig waren.

Prominente Gäste im 19. Jahrhundert

Als 1835 die neue Poststraße herge- stellt wurde, wurden viele Holzhäu- ser abgerissen und durch Steinbau- ten ersetzt; geräumige Einzelzimmer wurden eingerichtet. Die wenigen Gemeinschaftsbäder standen armen und unbemittelten Patienten zur Verfügung. Nun kamen viele promi- nente Gäste nach Badgastein wie Kaiser Wilhelm I, der 19 Sommer hier verbrachte; er wurde von Bis- marck und Moltke begleitet. Kaiser Franz Josef kurte hier siebenmal.

Eine Million Liter

Thermalwasser nach Hofgastein Bevor im Jahre 1829 eine hölzerne Thermalwasserleitung von Badga-

stein nach Hofgastein in Angriff ge- nommen wurde, transportierte man das warme Wasser in Fässern nach Hofgastein und Salzburg, wo es mit 29 Grad Röaumir gebrauchsfertig angekommen sein soll. Die Holzlei- tung nach Hofgastein wurde 1906 abgebrochen und durch innen emaillierte Eisenrohre ersetzt, die in einem Betonkanal verlaufen, so daß das warme Quellwasser fast unver- ändert dort eintrifft. Täglich werden eine Million Liter nach Bad Hofga- stein geleitet, und zwar in das Kur- zentrum und in 65 Betriebe mit eige- nen Thermalbadeinrichtungen.

1836 zählte man in Bad Hofgastein 927 Kurgäste, heute (1979) stehen 6500 Betten zur Verfügung.

Vom Plüsch befreit

Im Jahre 1905 wurde Badgastein an den Bundesverkehr angeschlossen, und 1909 wurde die Tauernbahn- strecke, die Kärnten mit Salzburg verband, dem Verkehr übergeben, nachdem ein acht Kilometer langer Tunnel fertiggestellt war. Diese tech- nischen Maßnahmen führten zum

weiteren Aufblühen von Badgastein.

Nun stieg sprunghaft die Zahl der Kurgäste von 13 470 im Jahre 1906 auf 21 492 im Jahre 1909. Unterbro- chen wurde dieser Aufschwung durch den ersten Weltkrieg, aber bald danach begann wieder ein neu- er Anstieg.

1973 zählte man eine Million Über- nachtungen in Badgastein.

Große Anstrengungen hat Badga- stein unternommen, um aus der Plüsch-Ära des 19. Jahrhunderts in die Moderne des 20. Jahrhunderts zu gelangen. Mit dem Bau des neu- en Gasteiner Kongreßzentrums hat Badgastein seine eigene Mitte op- tisch sichtbar gemacht —zum Anfas- sen sozusagen. Das knapp 30 Meter hohe Gebäude ist in den Hang hin- eingebaut.

Jedermann kann bequem mit dem eigenen Auto in das Kongreßzen- trum fahren und dort das Auto ab- stellen. Das Parkhaus am Wasserfall, dicht hinter dem Austria-Haus pla- ziert, ist das Einfallstor und kann 400

Fahrzeuge verkraften. Es ist direkt über Gänge, Treppen und Aufzüge mit dem Austria-Haus und dem Kon- greßzentrum verbunden. Zwischen dem Dach des Parkhauses und dem Boden des Kongreßsaales liegen elf Etagen Höhenunterschied. Zehn Lif- te, davon allein sieben im Kongreß- gebäude, verbinden diese beiden Ebenen und halten den Verkehr in Bewegung.

Vielseitigkeit ist in Badgastein Trumpf. Neben Wandern, Bergstei- gen und Golfen im Sommer ist der Clou in Badgastein das weltberühm- te Felsenbad mit drei großen Bek- ken, ein Hallenbad, dazu ein Heiß- wasser-Bewegungsbad und ein Schwimmbecken im Freien, im Win- ter so attraktiv wie im Sommer. Der Wintersport findet in drei Ebenen — zwischen 1000 m und 2700 m — und in allen Disziplinen statt.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Dr. phil. habil.

Hans-Joachim von Schumann Rembrandtstraße 30

4000 Düsseldorf

2998 Heft 50 vom 11. Dezember 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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