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Interview mit dem Soziologie-Professor Dr. Ueli Mäder : 40 Jahre später : was bleibt?

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(1)Interview mit dem Soziologie-Professor Dr. Ueli Mäder : 40 Jahre später : was bleibt?. Autor(en):. Mäder, Ueli / Ryser, Philipp. Objekttyp:. Article. Zeitschrift:. Akzent. Band (Jahr): - (2013) Heft 3:. 40 Jahre Longo maï. PDF erstellt am:. 31.01.2022. Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-843080. Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind.. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch.

(2) akzent magazin. I. Schwerpunkt. /nferwew m/Y dem Soz/o/og/e-Professor Dr. De//' Mäder. 40 Jahre später: Ufas ö/e/'bt? /ryp] Die 68er wo/ften die We/f verändern, Stru/rturen au/farec/ien und Autoritäten stürzen. Es entsfanden v/e/e soz/a/e Bewegungen. Longo mai gibt es beute nocb. l/l/esba/b e/genf/ic/i? Darüber unferb/e/ten wir uns mit dem ßas/er Soz/o/ogie-Professor und A/f-68er De// Mäder. Die späten 60er- und frühen 70er-Jahre waren eine. bewegte Zeit. Es entstanden soziale Bewegungen, die sich für wichtige Anliegen wie die Gleichberechtigung, den Umweltschutz, Menschenrechte, nachhaltige Entwicklung und den Weltfrieden einsetzten. 1973 wurde in Basel die Selbsthilfe-Genossenschaft Longo mai gegründet.. Akzent Magazin: Was war das für eine Zeit, als Longo mai gegründet wurde? De// /Wäder: Es war eine Ze/f, in der v/'e/ bewegt wurde. 7972 begann /cb zu studieren. W/r baben dama/s d/'e. Zeitschrift «So/idar/'faf» gegründet und hatten im. A/u 4000 Abonnenf/nnen. Auch die Veransfa/fungen,. we/cbe wir über das «So/idarifafs/romifee für Afri/ca, Asien und Lafe/'nameriAra» organisierten, waren sehr gut besucht. Es bamen sogar 500 bis 600 /nferess/'erfe, um Referate zu Themen wie der ßefre/'ungsbewegung Ere/imo in Mozambique oder der MPLA in Ango/a zu hören.. Akzent Magazin: Es wurde viel debattiert kritisiert!. -. Bild oben. zuecben. /ch erinnere mich an ein Spie/ mit der Juniorenauswah/ im Handba//. A/t Bundesrat Eurg/er bam auf mich zu und sagte mir, dass ich m/'f meinen /angen Haaren nicht sp/'e/en dürfe. Das war ein Stein des Ansfosses. Heute sp/'e/f das doch be ine ßo//e mehr. Da müssen die Jugend/ichen v/'e/ mehr tun, um zu provozieren oder aufzufaüen.. und. L/e/i /Wäder: /n der7äf. /ch ging 7977 in die POCH. Wir machten auch sonst v/'e/e Sponf/'-Abf/'onen, demonstrierfen be/'Aufobahneinweihungen, gründeten Wohngemeinschaften und nahmen Strafent/assene sowie Jugend/iche bei uns auf, die aus Heimen geflüchtet waren, /ch erinnere mich, dass wir v/'e/e Debatten m/'f Exponenten von Longo mai' und der Hydra führten. M/'ch persön/ich hat es immer sehr gefreut, wenn sich Menschen bonbref und praxisorientiert engag/'eren. /ch verfo/gte d/'e Longo-ma/'-Enfw/'cb/ungen sehr woh/wo//end.. Akzent Magazin: Herrschende Normen und Werte wurden nicht einfach nur abgelehnt, sondern man wehrte sich aktiv dagegen!. Akzent Magazin: Was war der Grund dafür? De/i Mäder: D/'e fesfgezurrten, engen Sfrubfuren, we/che über Jahre h/'nweg unh/'nterfragt gego/fen hatten, trugen sicher/ich zum Protest be/'. Das bann man s/'ch heute fast n/'chf mehr vorsfeflen, wie wir dama/s /'n der Schu/e gesch/agen worden waren. Das war e/'n autoritäres, einengendes Peg/'me.. Akzent Magazin: Aus diesem Grund wurden auch neue Lebens- und Ausdrucksformen ausprobiert, Häuser besetzt, Wohngemeinschaften gegründet, Konzerte und Happenings organisiert? De/i Mäder; Man probierte neue Wohn- und Lebensformen aus. Es war w/'chf/'g, aus den b/e/'nbürger/ieben Sfrubfuren auszubrechen, Ere/'he/'f zu er/eben. Das war nafür/ieb auch e/'ne Horizonferwe/'ferung.. De//' /Wäder: Es gab dama/s v/'e/e D/'ensfverwe/'gerer,. bereif waren, für ihre Überzeugung ins Gefängn/'s zu gehen. Doch es reichte schon v/'e/ weniger, um and/'e. 30. Akzent Magazin: Darum ging es letztlich auch bei Longo maï. Doch all diese «neuen» Lebensformen. Ueli Mäder. Bild rechts oben Gemeinschaftsküche in Limans. Bild rechts unten. Mittagspause in Limans.

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(4) akzent magazin. I. akzent magazin. Schwerpunkt. -J-. III I. [IpaWtM:. ' %. können auch einengend wirken: Man verliert die Privatsphäre, das schöne, behütende Netz der Kleinfamilie fällt weg. Man hat Versammlungen, an denen man teilnehmen muss, gemeinsame Morgen-, Mittag- und Abendessen, muss sich einordnen. Das kann mit der Zeit ganz schön anstrengend sein.. Ueli Mäder: Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Das war auch bei uns der Fall. Wir hatten die Illusion, dass du, wenn du aus der kleinbürgerlichen Familie ausbrichst und über die Schwelle in die Kommune - wie wir damals sagten kommst, zu einem freien Menschen wirst. Das waren eine masslose Überforderung und eine schmerzliche Erfahrung. Es ging halt auch bei uns nicht nur freiheitlich zu und her. Es ist eben schon so, dass man, wenn man sich so deutlich von etwas abgrenzen möchte, Gefahr läuft, die Strukturen zu reproduzieren, von denen man sich eigentlich absetzen möchte. So können sich Mechanismen verselbstständigen. Neben der Kuhstallwärme, welche in einer solchen Gemeinschaft produziert wird,. -. entsteht immer auch viel Zwangsgeborgenheit und ein hohes Ausmass an sozialer Kontrolle, weil immer alle sehen, was die anderen machen. Das kann sehr einengend sein.. Ueli Mäder: Ich habe den Eindruck, dass es den «Longos» gelungen ist, dieTheorie sehr stark mit der Praxis zu verbinden. Sie gingen aufs Land und versuchten sich im Bereich der Nahrung - in einem Bereich,. der sinnlich wahrnehmbar ist - zu engagieren. Das ist etwas, was funktioniert. Es ist auch verbunden mit einer Ruhe einerseits und einer Intensität der sozialen Beziehungen andererseits, die man sich gar nicht mehr gewohnt ist.. Akzent Magazin: Auch 40 Jahre nach ihrer Gründung hat Longo mai nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Jeden Sommer fahren Hunderte von Menschen, die aus der Gesellschaft ausbrechen wollen, auf einen Hof von Longo mai. Die allermeisten bleiben dann doch nicht. Dabei gäbe es genug Gründe, die dafür sprächen, aus unserer leistungsorientierten Wettbewerbsgesellschaft auszubrechen. Weshalb erleben solche alternativen Lebens- und Wohnformen trotzdem keinen Boom?. 32. mjJà. \V '. X "". vfr. -. ^. N. ;. v. V. Sf. SMKÄ. HS. 5. "•. iji ovum'»—» .4. Ü". 3. -V. t- /. vtft v. ;. *..*. '. «s. '. f. *?wjrs". ;. •-. £ps;'. '. V:'. -. v. f 0mß :v.L7. fc>. vJTO. C. <. V. r^.. Lp'" >i. tv*?«jT-v»£-. sc. Akzent Magazin: Longo maï gibt es trotzdem noch. Weshalb?. ^ X;; #*.' .A'.. *. '. k. Schwerpunkt. :. 4. s P«/-*. I. msSt?. fflÊkitiLf. •Ä-. -aHHnâ. Bild. Ueli Mäder: Weil man halt eingespannt ist in diesem System, in dem man gewohnt ist, in der Konkurrenz zu leben, wo man sich immer ein bisschen auf Kosten von anderen Vorteile verschaffen kann, weil man ein gewisses Belohnungssystem gewohnt ist, das in der Regel mit materiellen Anreizen verknüpft ist. Man mag das kritisieren, doch man ist in einem gewissen Sinn davon infiziert. So gesehen, ist es verständlich, dass man sich die Alternative im Kopf sehr schön ausmalen und vorstellen kann. Wenn man sie dann in der Praxis einlösen will, bereitet das grösste Mühe. Schliesslich landet man da auch nicht Knall auf Fall im Himmel auf Erden, sondern in einem Lebensalltag, der mit vielen mühsamen Aspekten verbunden. oben. Wei. "Nachwuchs°n9os» in Limans Uko-Q-, I. .Gäranlagen. Llrnans. !"d rechts Rückk,. ehrvon der ionim srWeide. ist.. Akzent Magazin: Wie beurteilen Sie Longo mai heute?. sie Ueli Mäder: Mich freut's, dass es sie gibt, dass leisten und wichtige Arbeiten im Migrationsbereich die verbinden, ihre Vorstellungen mit einer Praxis Ernährung wichtig ist, gerade heute im Bereich der den und Landwirtschaft. Früherhaben wir-von kritisiert ein auch wenig Praxis Progressiven aus - diese Versuch, und als einen fast schon individualistischen wollen, zu und pflegen das eigene Gärtchen hegen auch beurteilt. Aber ich habe den Eindruck, dass es einen eine gewisse Unabhängigkeit gibt, selber und miteinander Bauernhof, ein Stückchen Land zu haben, abzumachen, wie man leben möchte. heutigen Akzent Magazin: Braucht es Longo mai in der Gesellschaft. Ist diese Lebensform ein bisschen ein Leuchtturm, der zeigt, dass es auch anders ge¬. '"""Mi. Ueli Mäder: Ich habe «Leuchttürme» und «Vorbilder» nicht so gern. Es hat bei Longo maï Menschen, die einfach und bescheiden und auch eigenwillig ihren eigenen Weg gehen und etwas durchziehen - etwas machen -, das ihnen wichtig erscheint. Das ist etwas Wertvolles. Diese Lebensweise, in der man nicht einseitig von einer Erwerbsarbeit abhängig ist, ermöglicht eine gewisse Eigenständigkeit.. Akzent Magazin: Hatten Sie früher auch daran gedacht, sich Longo mai anzuschliessen? lte//" Mäder: Ich wurde schon nach der Matur Vater und musste deshalb sehr früh Geld verdienen. Das hat bei mir einen gewissen Pragmatismus entstehen lassen. Aufgrund meiner Verantwortung für die Kinder auf der einen und für den Beruf auf der anderen Seite hatte ich gar nicht die Möglichkeit, mich so intensiv einer Praxis zu verschreiben. Später überlegten meine Frau und ich einmal, auf einen Hof zu ziehen. Letztlich blieben wir bis vor wenigen Jahren in. 33.

(5) Maya in der Schreine-. unserer WG. Dort waren w/'r ze/'fwe/'se acht Frwachsene und neun /C/'nder. Das hade e/'ne Sf/'mmungs/'nfens/fäf/ W/r würden heufe noch so /eben, wenn w/'r n/'cbf a//e hätten rausgehen müssen. Danach bezogen me/'ne Frau und /ch zum ersfen Ma/ /'n unserem Lehen zu zwe/'f e/'ne Dre/z/mmerwohnung. Akzent Magazin: Heute, so scheint es, gibt es kaum mehr starke soziale Bewegungen. Weshalb? De// Mäder: Der F/ndruck tauscht. Auch /ch assoz/'/'ere m/'t soz/'a/en Bewegungen immer noch Öko/og/'e-, Frauen-, Anf/'-A/CW- und Dr/'ffwe/fhewegungen d/e/'en/'gen, d/'e ehen /'n den 70er-Jahren enfsfanden s/'nd und für d/'e /'ch m/'ch auch se/her engag/'erfe. Wenn man /'n d/'esen a/fen soz/'a/en Bewegungen v/erortet war, me/'nf man, das se/' a//es passé. Das sf/'mmf aher n/'cht. Fs g/'hf heufe w'e/e neue soz/'a/e ßewegungen, d/'e wen/'g bekannt s/'nd: zum ße/'sp/'e/ /'m M/'graf/'onshere/'ch oder das Drban Garden/'ng. W/'r s/'nd da fe/'/we/"se h//'nd, we/7 es n/'cht ganz so spekfaku/är /'st w/'e d/'e Occupy-ßewegung oder Demonsfraf/'onen, he/' denen ganz w'e/e geme/'nsam auf d/'e Strasse gehen. Fs g/'ht so/che neuen soz/'a/en Bewegungen zugunsfen der Sans-Pap/'ers oder /'m ßere/'ch «ßec/a/'m the Streets«, we/che s/'ch zum Z/'e/ setzen, städtischen. -. Akzent Magazin: Weshalb sind diese Bewegungen nicht mehr so radikal wie in den 70er-Jahren, fallen nicht mehr so auf?. rei von Limans. De// Mäder: D/'e früheren Bewegungen waren durch autoritären gese//scha/t//chen Strukturen geprägt. Das hat der Auflehnung d/'ese enorme /Craft gegeben. H/nzu kam e/'n Moment der Fre/'he/'f. A/s /'ch 7S08 /'n Par/'s war, /as /'ch auf e/'ner Hauswand den Satz: Soyez réa/isfes, demandez /'/'mposs/'b/e. Das waren für m/'ch e/'ne enorm anspornende F/'ns/'chf und e/'ne woh/fuende /7or/'zonferwe/'ferung. Weuf/'ge Bewegungen versuchen der /Comp/ex/'fäf mehr gerecht zu werden. Das /'st woh/ sf/'mm/'ger und schw/'er/'ger. d/'e. Baum zurückzuerkämpfen und /eer stehende Gehaude zu nutzen.. 34. akzent magazin.

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