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Archiv "Mangel an Gesundheitsfachkräften: Ein globales Phänomen" (19.10.2012)

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A 2070 Deutsches Ärzteblatt

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19. Oktober 2012

K

unj Desai, ein 35-jähriger As- sistenzarzt aus Sambia, sitzt nach einer 30-Stunden-Schicht mü- de und erschöpft in der Cafeteria des Universitätsklinikums Newark nahe New York und stellt sich den bohrenden Fragen von Matt Mc Al- lester. Der Reporter der „New York Times“ möchte wissen, warum der junge Akademiker seine Arbeitskraft kranken US-Bürgern zur Verfügung stellt statt denen seines Heimatlan- des – zumal er dort das Privileg ge- nießen durfte, nach dem Studium an der Universität von Lusaka seine chirurgische Weiterbildung begin-

nen zu können. Desai, sich die- ses Zwiespalts durchaus bewusst, stutzt zunächst und antwortet dann:

„Wissen Sie, in Sambia gaben wir vor, Ärzte zu sein – aber wir konn- ten dort nicht wie Ärzte arbeiten.“

(Ausgabe 7. März 2012)

Unterbesetzt, unterfinanziert

Es war Verzweiflung, die den jungen Arzt zum Auswandern bewogen hat.

Verzweiflung über die hohe Zahl an vermeidbaren Todesfällen im größ- ten, aber chronisch unterbesetzten und unterfinanzierten Krankenhaus von Lusaka. „Immer wieder funktio-

nierten Geräte nicht, das Labor war unzuverlässig und die Blutbank ständig leer. Das war schließlich zu schwer zu ertragen“, beschreibt De- sai seine persönliche Not – und die seines Volkes. Anfangs sei er idealis- tisch gewesen und fest entschlossen, sein Berufsleben in Sambia zu ver- bringen. Doch im Laufe der Monate und mit steigender Frustration wur- de die Vorstellung, für eine gewisse Zeit – also nur vorübergehend – im Ausland zu arbeiten, zu seinem kon- kreten Ziel. So schrieb Desai 2005 in die Bewerbungsunterlagen für ei- nen Arbeitsplatz in den USA: „Nach MANGEL AN GESUNDHEITSFACHKRÄFTEN

Ein globales Phänomen

57 Länder leiden an den Folgen eines gravierenden Mangels an Gesundheitsfach- kräften respektive deren Abwanderung in reichere Länder. Migration und Braindrain sind Schwerpunktthemen beim 4. World Health Summit vom 21. bis 24. Oktober in Berlin, den „The Lancet“ und das „Deutsche Ärzteblatt“ als Medienpartner begleiten.

Foto: picture alliance

Schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen im Heimatland treiben viele Gesundheitsfachkräfte in die Emigration.

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werde ich nach Sambia zurückkeh- ren und dort arbeiten, wo die Not am größten ist – in den ländlichen Ge- bieten.“

Heute ist davon keine Rede mehr.

Obwohl die Tatsache, dass er sein Versprechen gebrochen hat, ihm ein schlechtes Gewissen bereitet; vor al- lem wenn er an die Ärzte und Pfle- gekräfte denkt, mit denen er früher zusammengearbeitet hat: „Helden sind die Kollegen, die in Sambia ge- blieben sind. Sie haben nicht aufge- geben und sind nicht weggelaufen“, konstatiert Desai.

Was ihn denn in den USA halte, will der Reporter weiter wissen. Al- lem voran seine berufstätige Ehe- frau, die als Apothekerin arbeitet, und seine kleine Tochter. Dann aber auch der gute Verdienst, der der jungen Familie ein sorgenfreies und angenehmes Leben ermögliche, ant- wortet der Assistenzarzt und nennt konkrete Zahlen. Während ein Chirurg in New Jersey pro Jahr ei- nen Durchschnittslohn von 216 000 US-Dollar erhält, sind es in Lusaka nur 24 000 US-Dollar.

Die Beweggründe des emigrier- ten sambischen Arztes stimmen exakt mit den Ergebnissen einer Er- hebung der Weltgesundheitsorgani- sation (WHO) zum globalen Brain- drain überein. Danach führen nicht nur unzureichende Bezahlung, son- dern auch schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen im Heimatland zur Abwanderung von Ärzten, Pfle- gekräften, Hebammen und Gesund- heitshelfern. Inzwischen kann man von einer regelrechten Migrations- welle von medizinischem Personal rund um den Globus sprechen.

Mit katastrophalen Folgen: Der WHO zufolge herrscht in 57 Län- dern der Welt ein akuter Mangel an Gesundheitspersonal, so dass dort nicht einmal grundlegende Gesund- heitsleistungen erbracht werden können. Davon liegen 36 allein auf dem afrikanischen Kontinent. Oder statistisch anders ausgedrückt: In Afrika leben 14 Prozent der Weltbe- völkerung mit 25 Prozent der glo- balen Krankheitsbelastung, aber nur 1,3 Prozent des weltweiten Ge- sundheitspersonals. Doch wann ist die personelle Ausstattung eines

Landes im Gesund- heitsbereich „ange- messen“? Nach De- finition der WHO sollten wenigstens 2,3 gut ausgebildete Gesundheitsfachkräf- te (health care provid - ers) für die Versorgung von 1 000 Menschen zur Verfügung stehen. Diese müssen zumindest 80 Pro- zent der Bevölkerung erreichen, um qualifizierte Geburtshilfe leis- ten zu können oder Kinder zu impfen.

Von diesem Ziel ist man vor al- lem in den Ländern der Subsahara weit entfernt. Ebenso besteht ein eklatanter Mangel an Medizinern:

Während in den westlichen Län- dern ein Arzt-Patienten-Verhältnis von 1 : 500 oft übertroffen wird (zum Beispiel in Deutschland mit 1 : 200), steht in einigen afrikani- schen Ländern nur noch ein Arzt zur Versorgung von 50 000 Men- schen zur Verfügung.

Ärztemangel in Westeuropa:

Ein lokal begrenztes Problem

Das personelle Ausbluten im Ge- sundheitswesen betrifft jedoch nicht nur Entwicklungsländer, sondern auch reiche Staaten wie die USA, Großbritannien, die Schweiz und

Deutschland – wenn auch meist aus anderen Gründen. „Der gegenwärti- ge Ärztemangel in Mittel- und Westeuropa ist mehr als ein lokal begrenztes Problem reicher Länder bei der Versorgung ihrer ländlichen Regionen. Aber er trägt mit zu einer katastrophalen Versorgungslage in den ärmsten Ländern der Welt bei“, erläutert der Generalsekretär des Weltärztebundes, Dr. med. Otmar Kloiber, im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt.

In Europa habe der Beitritt wei- terer Länder zur Europäischen Uni- on (EU) in den Jahren 2004 und 2007 Gesundheitsfachkräften mehr Mobilität ermöglicht: „Der Zugweg geht von Osteuropa nach Zentraleu- ropa, und von Zentraleuropa nach Westeuropa. Beispielsweise werden

Nach Angaben der Bundesregierung waren im Juni vergangenen Jahres 93 100 sozialversi- cherungspflichtige Beschäftigte mit ausländi- scher Staatsangehörigkeit in Gesundheitsberu- fen tätig. Das entspricht etwa sechs Prozent der Gesamtzahl der Fachkräfte im Gesundheitswe- sen. Die Zahl der in Deutschland arbeitenden ausländischen Ärzte beträgt 2011 laut Bundes- ärztekammer 24 595. Die meisten von ihnen kommen aus dem europäischen Raum (circa 16 000). Spitzenreiter ist Österreich, gefolgt von Griechenland, Rumänien, Polen und der Russi- schen Föderation ( Bundesagentur für Arbeit vom 2. 4. 2012). Ärzte aus asiatischen Staaten (3 800), Afrika (1 000) und Amerika (650) spie- len dagegen eine untergeordnete Rolle.

Um ausländischen Fachkräften den Zuzug nach Deutschland zu erleichtern, ist es Ärzten

aus Nicht-EU-Staaten mit einem jährlichen Min- destbruttoeinkommen von circa 35 000 Euro seit dem 1. August erlaubt, hierzulande auf der Basis einer „Blue Card“ zu arbeiten. Die Gehalts- schwelle lag zuvor bei 66 000 Euro. Die Arbeits- erlaubnis gilt zunächst für vier Jahre, kann aber unter bestimmten Bedingungen verlängert wer- den. Ähnliche Zuzugserleichterungen plant das Bundesgesundheitsministerium auch für Pflege- kräfte aus Drittstaaten.

Für Ärzte und Krankenpflegekräfte aus dem EU-Ausland ist es dagegen schon seit Jahren re- lativ problemlos möglich, in Deutschland Fuß zu fassen, da innerhalb des europäischen Binnen- marktes das Prinzip der Freizügigkeit gilt. Eine EU-Richtlinie sorgt zudem dafür, dass die Examen von Ärzten, Hebammen und Krankenpflegeperso- nal überall automatisch anerkannt werden. PS

EINWANDERUNGSLAND DEUTSCHLAND

Foto: vario images

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19. Oktober 2012 ausgewanderte polnische Gesund-

heitsfachkräfte in ihrem Heimat- land durch Personal aus Weißruss- land und der Ukraine ersetzt“, be- schreibt Kloiber.

Mit insgesamt 24 595 ausländi- schen Ärzten zählt Deutschland gleichwohl nicht zu den Topfavo- riten unter den Zuwanderungslän- dern (Tabelle). Ein großer Stand- ortnachteil ist die Sprache. Hin- zu kommen unattraktivere Arbeits- bedingungen im Vergleich zu an- deren Staaten wie Großbritannien, den USA oder den skandinavi- schen Ländern. Dort ist in der Re- gel nicht nur die Bezahlung bes- ser, sondern man bevorzugt auch Teamarbeit.

So wundert es nicht, dass die USA weltweit der mit Abstand größte „Nettoaufnehmer“ für Ge- sundheitsfachkräfte sind. Dort ar- beiten 231 000 ausländische Ärzte und 100 000 Krankenschwestern.

Schon heute ist jeder vierte Arzt in den USA im Ausland ausgebildet worden, in Großbritannien ist es so- gar jeder Dritte. Der Braindrain nimmt dabei mitunter absurde Züge an: Nach einem Bericht der Deut- schen Stiftung Weltbevölkerung ar- beiten im englischen Manchester inzwischen mehr malawische Ärzte als in Malawi selbst.

Die Herkunftsländer indes leiden unter mangelnder Motivation des verbliebenen Personals sowie an ei- nem qualitativen und quantitativen Mangel an Gesundheitsleistungen.

Beispiel Nigeria: Um die Massen- flucht von Ärzten aus staatlichen Krankenhäusern zu stoppen, hat die nigerianische Ärztekammer (NMA) die Landesregierung von Kano An- fang September aufgefordert, den medizinischen Ausnahmezustand für die dort lebenden 3,7 Millionen Einwohner auszurufen.

Für den „systemischen Verfall“

der öffentlichen Gesundheitsein- richtungen (Vanguard 11. 9. 2012), gibt es mehrere Gründe: Zum einen wird dem Personal seit Monaten ei- ne von der nigerianischen Bundes- regierung verabschiedete Gehalts- erhöhung vorenthalten. Anderer- seits kritisiert die NMA die man- gelnde Arbeitsmoral von Ärzten in staatlichen Einrichtungen.

Doch es ist nicht zwingend das lukrative Ausland, das Ärzte in Ent- wicklungs- und Schwellenländern zur Kündigung animiert. Die Bin- nenmigration hat inzwischen einen größeren Einfluss auf die Personal- kapazitäten im öffentlichen Sektor als die Emigration. Nach einer ak- tuellen Studie (PLoS ONE 7[4]:

e35840. doi:10. 1371/journal.pne.

0035840) ist der „interne Brain- drain“ in Mosambik doppelt so groß wie der externe (62,4 Prozent respektive 37,6 Prozent).

Auf der Gewinnerseite stehen Nichtregierungsorganisationen, der private Sektor, Geberorganisationen (PEPFAR, Globaler Fond zur Be- kämpfung von HIV, TB und Ma - laria) und Stiftungen. Diese Form der Entwicklungshilfe unterminier- te und schwächte damit paradoxer-

weise die staatlichen Einrichtungen, die es eigentlich zu unterstützen gelte, kommentieren die Autoren.

Angesichts weiter auseinander- driftender wirtschaftlicher und demo- grafischer Trends geht der 2009 er- schienene „UN-Bericht zur mensch- lichen Entwicklung“ davon aus, dass der Migrationsdruck in den nächs- ten Jahren noch zunehmen wird.

Der Bericht argumentiert jedoch, dass der Braindrain in der Regel eher ein Symptom und nicht die Ur- sache einer unzureichenden Versor- gung im Gesundheits- und Bil- dungssektor ist.

Vereinte Nationen sehen auch positive Auswirkungen

Statt zu versuchen, die Migration zu beschränken, seien vielmehr ent- wicklungspolitische Handlungs- konzepte gefragt, mit denen die zu- grundeliegenden strukturellen Pro- bleme (geringe Bezahlung, unzurei- chende finanzielle Ausstattung) an- gegangen werden sollten, urteilen die Vereinten Nationen. Dass sol- che Strategien erfolgreich mit der Armutsbekämpfung verknüpft wer- den könnten, hätten Albanien, Ban- gladesh, die Kirgisische Republik und Sri Lanka bewiesen.

Der Report räumt zudem mit weiteren Stereotypen in der Wahr- nehmung von Migration auf: Das Argument, die Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften sei ausschließlich zum Schaden der Herkunftsländer, lassen die Autoren nicht gelten. Zu den Vorteilen zäh- len sie „gesellschaftliche Transfers“

wie das Einbringen neuer Ideen, Technologien sowie unternehmeri- scher Fähigkeiten, wodurch die wirt- schaftlichen Aktivitäten im Heimat- land unterstützt werden.

Allem voran stehen jedoch die Geldtransfers der Migranten, die sich zu einem „Motor der Weltwirt- schaft“ entwickelt hätten. Diese Überweisungen in die Herkunfts- länder summieren sich mittlerweile auf Beträge, die weit höher sind als die jährlichen Entwicklungshilfe- leistungen der Industriestaaten. Nach Angaben der Weltbank wurden 2010 offiziell 325 Milliarden US- Dollar transferiert. Von dieser re- gelmäßigen „Finanzspritze“ eines TABELLE

Anteil der im Ausland geborenen Gesundheitsfachkräfte (in Prozent) in einzelnen Ländern

Quelle: OECD 2007 Land

Neuseeland Australien Irland Kanada Großbritannien Luxemburg Schweiz USA Schweden Portugal OECD Frankreich Niederlande Norwegen Österreich Belgien Deutschland Ungarn Dänemark Griechenland Spanien Türkei Finnland Polen Mexiko

Ärztliches Personal

46,9 42,9 35,3 35,1 33,7 30,2 28,1 24,4 22,9 19,7 18,2 16,9 16,7 16,6 14,6 11,8 11,1 11,0 10,9 8,6 7,5 6,2 4,0 3,2 1,5

Pflege- personal

23,2 24,8 14,3 17,2 15,2 25,8 28,6 11,9 8,9 13,9 10,7 5,5 6,9 6,1 14,5 6,6 10,4 3,1 4,1 9,7 3,4 0,0 0,8 0,4 0,2

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19. Oktober 2012 A 2073 Migranten leben in den Herkunfts-

ländern ganze Familien. Diese sind erst dadurch in der Lage, Kinder zur Schule zu schicken, Medikamente zu bezahlen oder vielleicht sogar ein kleines Geschäft zu eröffnen.

Die Deviseneinnahmen kommen manchem ärmeren Staat nicht unge- legen, und so hat sich der „Export“

von Fachkräften zum Geschäftsmo- dell entwickelt. Beispielsweise ha- ben die Philippinen ein Emigrati- onsministerium eingerichtet, um Ausreisewillige gezielt zu beraten und zu betreuen. Einzelne philippi- nische Fachschulen haben lukrative Verträge mit ausländischen Gesund- heitsinstitutionen abgeschlossen, welche die asiatischen Fachkräfte gegen eine großzügige Ausbildungs- entschädigung übernehmen. Außer- dem gibt es Hunderte von Agentu- ren, die sich auf die Auslandsver- mittlung von Krankenschwestern spezialisiert haben.

Davon wiederum profitieren Län- der wie Großbritannien, die syste- matisch medizinisches Personal im

Ausland rekrutieren. Um solchen Praktiken Einhalt zu gebieten, hat die Weltgesundheitsversammlung im Mai 2010 den „Globalen Ko- dex“ zur internationalen Rekrutie- rung von Gesundheitsfachkräften verabschiedet. Diesen Kodex haben 193 Staaten, darunter Deutschland, unterschrieben. Er sieht vor, dass die Regierungen Gesundheitsfach- kräfte im Ausland nicht aktiv ab- werben dürfen. Vielmehr sollte die medizinische Versorgung vorrangig durch heimische Arbeitskräfte si- chergestellt werden.

Task shifting: Aufgaben werden Laien übertragen

Zudem sollten reiche Staaten Län- dern mit akutem Mangel an Ge- sundheitspersonal technische und finanzielle Unterstützung zur Ver- fügung stellen. Inwieweit diese Vorgaben jedoch eingehalten wer- den, bleibt abzuwarten, da alle Maßnahmen auf freiwilliger Basis erfolgen. Während der WHO-Ko- dex vom Generalsekretär des Welt-

ärztebundes uneingeschränkt be- grüßt wird, bewertet Kloiber ein an- deres Konzept der Organisation, das „task shifting“, skeptisch. Da- bei werden die Aufgaben von Ärz- ten, Krankenschwestern und Heb- ammen medizinischen Laien (com- munity health worker) übertragen.

„Angesichts der kritischen Versor- gungslage in einigen Ländern müs- sen wir das Konzept akzeptieren“, sagte Kloiber, gleichwohl kritisierte er, dass es nicht als „Notfalllösung für Notsituationen“ gedacht ist:

„Die WHO will daraus ein durchge- hendes Prinzip machen.“

Dieser Ansatz treibe womöglich noch mehr qualifiziertes medizini- sches Personal aus den Heimatlän- dern. Nicht zu unterschätzen seien qualitative Aspekte. Neben dem für einzelne Patienten verbundenen Ri- siko bei der medizinischen Versor- gung durch community health work - er fürchtet Kloiber eine potenzielle Gefährdung der Allgemeinheit, zum Beispiel im Hinblick auf Resisten- zen durch unsachgemäße antimi- krobielle und HIV-Therapie.

Die EU-Kommission in Brüssel sieht derweil eine Stärkung der

„zirkulären“ Migration als eine Lö- sung zur Behebung des Fachkräfte- mangels an: Ärzte sollen ermutigt werden, eine Zeit lang berufliche Erfahrungen im Ausland zu sam- meln, um dann in ihre Heimat zu- rückzukehren. Ob dieser Weg zu nennenswerten Steigerungen der Personalzahl führt, ist nach Ansicht von Kloiber allerdings fraglich. „So begrüßenswert der Ansatz des Aus- tausches auch ist – eine zirkuläre Migration allein kommt im Zweifel nur einer Umverteilung des Man- gels gleich.“

Resümee: Arbeitskräftemangel und Migration sind ein weltweites Phä- nomen, das die Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung sowohl in- nerhalb einzelner Länder als auch im Ländervergleich verstärkt. Die- sem Trend gilt es entgegenzutreten.

Die Generaldirektorin der Weltge- sundheitsorganisation, Dr. Margaret Chan, mahnt daher, dass „eine flä- chendeckende Gesundheitsversor- gung der wirkungsvollste soziale Gleichmacher“ ist.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Fotos: Your Photo Today

Verwaltung des Mangels: Staatli- che Einrichtungen im Gesundheitssys- tem können in vie- len Ländern der Subsahara nicht einmal die medizi- nische Grundversor- gung sicherstellen.

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